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daß sie natürlich die Wünsche freundschaftlicher und theile nehmender Seelen von selbst noch mehr hervorrufen und bes flügeln.

Die Weltern der Braut geben ihre Tochter, der Va ter die Liebe und das Kleinod seines Herzens aus seinen Armen in ein fremdes Land, wohin er sie nur mit seinen Gedanken, mit seinen regesten Wünschen begleiten kann, und gewiß daselbst oft mit seinen Gedanken aufsuchen wird. Eine Familie läßt ihre wahre Zierde, Geschwister und Freunde ihre Schwester und Freundinn, in die Fremde über's Meer ziehen; und es ist wohl kein Zweifel, daß diese Stunde, die ein glückliches Eheband knüpft, auch unserer Stadt und dem Kreise derer, die sie näher kann= ten, eine Blume ihrer Art, einen Gegenstand ihrer Hochachtung, Liebe und Freundschaft raubet. Sie folgt ihrem Geliebten in ein fremdes Land, in die Nation eis ner andern Sprache, mit sanfter und fester Entschlossen= beit, mit Liebe und Ergebung. Sie trennt sich von den Ihrigen, um mit ihm Eins zu seyn, sein Glück zu bauen und in seinem Glücke das ihrige zu finden. Alles was uns hier Religion, Freundschaft, Gefühl der Menschheit und des Christenthums sagen, fordert uns zu einem Wunsche und Gebethe auf, das in solchem Falle und in gewissen Umständen gewiß kein bloßer Gebrauch, sondern die reinste Sprache des Herzens wird.

Gütiger Gott, du Herr und Vater des menschlichen Schicksals! zwey Personen stehen hier vor dir, um sich vor deinen Augen auf ihre Lebenszeit Hände und Herzen zu geben, und einen Bund der Treue und Liebe vor dir zu bekräftigen, der der Grund des Glückes derselben seyn soll und mit deinem Segen gewiß auch seyn wird. Du, der sie zusammen geführt hat, verbinde du sie auch mit

deiner Kraft, mit deinem Segen, knüpfe ihre Herzen und Hände mit dem Bunde der innigen Liebe und Treue, der süßesten Freundschaft, einer täglich wachsenden Hochachtung und Harmonie an einander. Laß das Ja, das sie hier sprechen werden, vor dir gesprochen seyn und nimm du es in deine segnende Vaterhand auf. Ihre Tage müsfen fröhliche Tage, ihre Ehe ein glücklich paradiesischer Stand, und die Zweige desselben fröhliche Zweige werden. Der Mann sey in seinem Lande, seiner Ehegattinn, die ihm aus Liebe folgte, Freund, Rath und Hülfe; die Gattinn des Mannes Ehre und Freude, seine sanfte gesellige Freundinn bis zu jener lehten Stunde, die alles Sterbliche scheidet. Ein jeder Tag, jedes neue Geschäft, jede. neue Situation des Lebens mache sie einander werther, knüpfe sie inniger und fester, daß auch in der Entfernung das Herz der Weltern über ihr sanftes süßes Gefühl erfreuet werde, und eine schöne und edle Sprosse, englischund deutschen Blutes voll Glück und Segens, daraus erwachse. Bekräftige unsere Wünsche und Gebethe, du Vater der Liebe!

XXXIX.

Ueber die Göttlichkeit und den Gebrauch der

It eir

Bibel.

(3u Riga gehalten.)

st eine Grundwahrheit in den Lehren des Christenthums, wogegen man tiefere, verschlossenere Zweifel zu hegen, die man aber auch in seinem Betragen sehr übel anzuwenden pflegt, so ist es die Lehre von der heiligen Schrift.

Wir Alle sind Christen; wir bekennen also mit diesem Nahmen schlechthin, daß wir eine Offenbarung Gottes durch Jesum annnehmen; daß wir mit dem bloßen Lichte der Natur in allem nicht so weit kommen können, als wir zu unserer Beruhigung bedürfen; daß wir die Bibel für eine Vollfüllung, ein Supplement dieses Lichtes ansehen, daß wir, was sie sagt, durchweg für göttlich erkennen, es also glauben, ihm also gemäß uns betragen, und durch die Versprechungen, die uns dieses göttliche Buch für dieses und ein zukünftiges Leben mittheilt, gewiß und fürwahr glücklich zu werden erwarten. Dieß alles schließt der Nahme, Christen, ein: denn Christus hat seine Offenbarung auf das alte Testament ge= gründet, und das neue Testament durch seine Nachfolger gestiftet. Bloß dadurch werden wir Christen, wenn die Bibel als eine Sprache Gottes an die Menschen, der

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Erkenntnißgrund unserer Religionswahrheiten und Religionspflichten und Religionshoffnungen wird, nach dem wir glauben, leben und die Zukunft erwarten.

Indessen sind doch unter dem Mantel des christlichen Nahmens verborgen, die in dieser Grundlehre unserer Religion nichts weniger als Christen sind. Bey einigen keimen so viel geheime Zweifel gegen die Wahrheit, bey andern herrschen so viel praktische Keßereyen gegen den Gebrauch der Bibel, daß es ohne Zweifel ein seltsamer Anblick seyn würde, in diesem Puncte die Denkart eines jeden enthüllt zu sehen. Ich sage, einige nähern 3 weifel nur mit dem Unterschiede, daß manche sie nicht nähren wollen, und sich, so oft sich einer meldet, selbst betäuben, ihre Vernunft gefangen nehmen wollen, und alles unterdrücken, was auf die Art emporsteigt; manche hingegen tragen sie auf der Zunge; kein Wiß ist ihnen willkommener, als etwa ein Spottwort auf die Bibel, kein lächerlicher Gedanke ihnen angenehmer, als dieß heilige Buch den Menschen lächerlich zu machen.

Beyde diese Gattungen von Menschen verdienen Aufmerksamkeit, nur jene aus Mitleiden und Theilnahme; diese aus Mitleiden und Verachtung. Ich bin nicht damit zufrieden, wenn Jemand sich selbst in solche Lage bringt, um Zweifel, die er doch fühlt, mit Gewalt nicht fühlen zu wollen, Zweifel, die er doch denkt, mit Ge= walt, auch wenn sie schon halb herausgedacht sind, niederzustoßen. Dieß ist eine unnüße Gefangennehmung der Vernunft, ein sehr schädlicher Triumph gegen sich selbst, ja eine rechte Qual seines Wesens. Ein solcher Zweifel wird, wie ein schwimmendes Korkholz, mit Gewalt in den Abgrund hinuntergestoßen, und kommt, je öfter man ihn stößt, mit Gewalt wieder heraus, und endlich Herder's Werke z. Rel. u. Theol. 4. Th.

R

bildet man sich ein, daß solche Zweifel wirklich unauflöslich sind, weil man sie sich selbst nicht auflösen wollte oder konnte. Es ist also wahrlich heilige Pflicht gegen uns selbst, hierin uns zu schonen, ein Mahl allen solchen dunkeln Stimmen recht Gehör zu geben, und errsthaft zu horchen, was sie sagen, was man ihnen entgegen sehen kann; was man glauben und was man verwerfen müsse. Das alles müssen wir einmahl mit aller Aufrichtigkeit der Seele, Unparteylichkeit des Herzens und Anz. strengung unserer Ueberlegung vor uns ausmachen, sonst find wir Treulose gegen uns selbst.

Die andere Gattung von Zweiflern ist schon roher und kühner. Was sie vielleicht bey sich selbst noch nicht recht überlegt haben, das läugnen sie vor den Ohren Anderer, und was sie mit sich selbst vielleicht nicht einmahl ernstlich und strenge überlegen können, das verspotten sie mitelendem Wige. Der Wiß, die leidige Spötteren ist überhaupt in Sachen der Religion von jeher von sehr schlim men Folgen gewesen. Er gattet sich so sehr selten mit reifer kalter Vernunft und ruhiger Ueberlegung, daß er vielmehr diese immer in dem Grade ausrotter, in dem er in der Seele zunimmt. Je mehr wißige Brocken man, gelesen oder auf der Zunge hat, um desto mehr wird man sich des eigenen kalten Nachdenkens überheben: der Spott kommt jedesmahl zwischen mit seiner lächerlichen Miene, er vertritt uns den Weg des Nachforschens, er schneidet uns eine Capriole von Spotteinfall vor, und damit sind wir hinweggescheucht. Wir wollen zum zweyten Mahle vielleicht nachdenken, allein der Spotteinfall ist wieder da, wir lachen wieder, statt zu untersuchen, und kommen also nie zur Erkenntniß der Wahrheit. -Sind's also nicht schändliche Leute, die solche Spottzweifel wie ein Salg

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