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Zellen, welche dem Skelett hier diese, dort jene Form geben? Und wenn das erstere zutreffen sollte, was veranlaßt die Mesenchymzellen zu einer asymmetrischen Aufstellung? Ich kann diese Fragen nur aufwerfen, vermag aber fast nichts zu ihrer Lösung beizutragen. Es ist bei der Empfindlichkeit der dispermen Larven nahezu unmöglich, für eine Gastrula die Anordnung der Mesenchymzellen genau festzustellen und dann aus dieser Gastrula noch einen Pluteus zu züchten. Dies aber wäre vor allem nötig, um in diesen Fragen zu exakteren Ergebnissen zu gelangen. Ich habe eine Anzahl Dreier-Gastrulae von Sphaerechinus (Versuch No. 10) zur Zeit, wo das Mesenchym geordnet war, abgetötet und konnte bei einigen von ihnen Asymmetrieen in dem Mesenchymring finden, welche vielleicht auf die des Skeletts ein Licht werfen könnten. Ein solcher Fall ist in Fig. 23 (Taf. IV) wiedergegeben. Die Larve ist sehr wohlgebildet, besitzt aber auf der einen Seite der Medianebene 18, auf der anderen nur 13 Mesenchymzellen, ja vielleicht wäre es richtiger, die Trennung in 19 und 12 vorzunehmen. Auf der Seite mit den wenigen Mesenchymzellen ist die Skelettanlage kleiner und auch von etwas anderer Form. Es sei gleich hier bemerkt, daß ich in anderen Fällen noch viel erheblichere Störungen in der Anordnung des Mesenchymkranzes gefunden habe. Bleiben wir aber bei unserem Fall, so dürfte er wohl auf normale Verhältnisse beziehbar sein. Es ist bekannt, daß die Mesenchymzellenzahl sehr erheblich variieren kann. Oben (p. 96) wurden für Echinus Variationen zwischen 58 und 91 in der gleichen Zucht konstatiert. Bei Sphaerechinus habe ich allerdings in zwei verschiedenen Zuchten als Extreme die Zahlen 27 und 38 gefunden; das würde also ziemlich gut zu den (halben) Zahlen stimmen, die wir oben für die beiden Seiten unserer Larve festgestellt haben.

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Ist nun die Mesenchymzellenzahl vom Larventypus abhängig 1), so erscheint es nach unseren oben dargelegten Erfahrungen einleuchtend, daß sie in dispermen Keimen rechts und links verschieden sein kann. Genauer besehen, ist die Sachlage allerdings. nicht so ganz einfach. Wir müssen nämlich unterscheiden zwischen der Mesenchymzellenzahl, die ein bestimmter Larvenbezirk liefert, und derjenigen Zahl, die er später zugeteilt erhält. Sind zwei

zum

1) Wir wissen, daß sie nicht davon allein abhängig ist, sondern mindesten von einem anderen Moment: der Kerngröße (27,

p. 69 ff.).

verschiedene Seeigellarven in der Zahl ihrer Mesenchymzellen verschieden, so kann dies nur daher rühren, daß sie eine verschiedene Zahl gebildet haben. Ist dagegen in einer Larve die Mesenchymzellenzahl rechts eine andere als links, so beruht dies darauf, daß von den gebildeten Mesenchymzellen auf die eine Seite mehr gewandert sind als auf die andere. Soll sich in beiden Erscheinungen die gleiche Verschiedenheit des Typus äußern, so läßt sich dies nur in der Weise denken, daß zwischen der Zahl der Mesenchymzellen, die ein bestimmter Larvenbezirk liefert, und derjenigen, die er später wieder an sich zieht, eine Korrelation derart besteht, daß die Tendenz, Mesenchymzellen zu bilden, und diejenige, sie an sich zu ziehen, ungefähr gleich groß ist.

Ich besitze für diese Annahme in der Tat gewisse Anhaltspunkte. Im Kapitel E, Abschnitt II war von dispermen Blastulae die Rede, bei denen nur ein Teil der zur Mesenchymbildung berufenen Blastulawand solche Zellen abgegeben hat. Nun ist in Fig. XXII (p. 58) eine junge Dreiergastrula von Echinus abgebildet, bei der der Mesenchymring in zwei Dritteln ganz normal entwickelt ist, wogegen im dritten Drittel nur 2 solche Zellen liegen. Was uns an dieser Larve besonders interessiert, ist die Gesamtzahl der Mesenchymzellen. Sie beträgt 45. Die Larve stammt aus dem oben schon besprochenen Versuch No. 12, bei dem sowohl in dispermen wie in normalen Gastrulae ungewöhnlich hohe Mesenchymzellenzahlen konstatiert worden sind. Danach darf es als nahezu sicher bezeichnet werden, daß unsere Larve um etwa ein Drittel zu wenig Mesenchymzellen besitzt, und dies würde wieder kaum anders zu erklären sein, als daß ein Larvendrittel keine solchen Zellen geliefert hat. Was liegt aber dann näher als anzunehmen, daß das Drittel, in dem die Mesenchymzellen fehlen, dasjenige ist, in dem keine gebildet worden sind?

Man darf hierbei, wie schon oben betont, nicht an eine besondere Attraktion eines Larvendrittels auf die in ihm entstandenen Mesenchymzellen denken; unsere in Rede stehende Larve lehrt ja selbst durch die wahllose Mischung großer und kleiner Mesenchymzellen, daß in ein Drittel auch solche Mesenchymzellen gelangen, die einem anderen Drittel entstammen. Sondern nur die allgemeine Attraktion für Mesenchymzellen überhaupt würde proportional zu denken sein der Gesamtmenge mesenchymatischen Materials, das ein bestimmtes Drittel gebildet hat. Ob sich auf diesem Weg unserem Problem vielleicht näher kommen läßt, müssen künftige Untersuchungen lehren.

Endlich sei hier noch darauf hingewiesen, daß ich einige disperme Dreierplutei gefunden habe, deren Pigmentierung stark asymmetrisch war. Wenn man beachtet, wie auffallend symmetrisch die Chromatophoren in normalen Larven verteilt sind 1), und andererseits, wie stark in einer und derselben Zucht der Gehalt an Chromatophoren variieren kann, so wird man für diese Verhältnisse zu dem gleichen Schluß geführt, zu dem wir uns bei der Körperform und beim Skelett genötigt sahen, daß in den einzelnen Dritteln der Dreierplutei ein verschiedener individueller Typus zur Entfaltung gelangen kann. Und zur Erklärung dieser Erscheinung würden genau die gleichen Betrachtungen anzustellen sein, wie für die anderen Asymmetrieen.

Die Ueberzeugung, daß die in diesem Abschnitt besprochenen Erscheinungen, wenn auch nicht ausschließlich, so doch zum größten Teil dadurch bedingt sind, daß sich in den verschiedenen Larvenbereichen ein erblich verschiedener Larventypus ausprägt, legte es nahe, disperme Dreierplutei aus bastardierten Eiern zu züchten, wo dann in manchen Fällen auf jeder Seite ein anderer Speciestypus erwartet werden konnte. Die Versuche, die ich in dieser Richtung angestellt habe, waren jedoch erfolglos. Strongylocentrotus Zwar habe ich aus 30 Dreiern der Kombination

Echinus

(Versuch vom 25. Januar 1902) einen jugendlichen Pluteus erhalten; doch war dieser zu abnorm, um für unsere Frage von Bedeutung zu sein. Ueberdies ist ja von dieser Specieskombination bei der fast völligen Identität der beiden Larventypen kaum mehr zu erwarten, als bei homospermer Befruchtung. Ich habe deshalb Strongylocentrotus 3 Versuche mit der Kombination Sphaerechinus

angestellt.

Allein von mindestens 60 isolierten Dreiern aus drei verschiedenen Zuchten vermochte kein einziger zu gastrulieren. Offenbar heißt es den ohnehin schwächlichen Bastardkeimen doch zu viel zumuten, wenn sie sich nun auch noch mit abnormen Chromatinkombinationen abfinden sollen.

VI. Dreierplutei mit partiellem Defekt.

Unter dieser Bezeichnung sollen nicht Larven verstanden sein, denen ein bestimmtes System, wie der Darm oder das Pigment, fehlt, sondern solche, bei denen ein bestimmter Teil eines

1) Man vergleiche die von mir in 23 abgebildeten Normallarven.

solchen Systems fehlt, während das Uebrige in voller Normalität vorhanden ist.

Teilen wir, um die Art dieser partiell-defekten Larven näher zu bestimmen, den Larvenkörper in 4 Hauptsysteme ein, nämlich: 1) Ektoderm mit der Wimperleiste und dem Mund,

2) Darm,

3) primäres Mesenchym mit dem von ihm gebildeten Skelet, 4) sekundäres Mesenchym (Chromatophoren),

so ist vor allem zu erwähnen, daß es an den beiden erstgenannten Systemen partielle Defekte in dem hier gemeinten Sinne nicht gibt. Das Streben, den epithelialen Abschluß nach außen zu bewahren und also Ektoderm und Entoderm als kontinuierliche Blätter zu erhalten, ist vielleicht die stärkste Tendenz, die unseren Keimen innewohnt. Ein irgendwo offenes Ektoderm oder Entoderm gibt es nicht, und wo durch Austritt pathologischer Zellen nach innen oder nach außen ein Loch entstehen würde, legen sich die benachbarten Zellen, wie wir sehen werden, alsbald wieder aneinander. Defekte in unserem Sinn bieten nur das primäre und sekundäre Mesenchym und ihre Derivate dar.

Am auffallendsten sind diese partiellen Defekte im Skelett; sie waren an 5 der von mir gezüchteten, sonst völlig gesunden Dreierplutei zu konstatieren. Vier von diesen Larven sind in Fig. 29 a-32 (Taf. V) abgebildet. Ich beginne die Beschreibung mit dem Echinuspluteus der Fig. 31 (Versuch No. 8). Das Skelett ist auf der linken Seite typisch gebildet; nur der Oralstab ist etwas kurz und, was seltener und darum auffallender ist, das Ende des Mittelstabes ist ziemlich weit von der Medianebene entfernt. Auf der rechten Seite ist nur der Scheitelstab vorhanden, der ungefähr da, wo die Teilung in Anal- und Zwischenstab beginnen sollte, wie abgeschnitten aufhört. Trotz dieses Defektes ist die Larve annähernd symmetrisch, wenn auch da, wo das Skelett fehlt, etwas verkümmert.

Dieses Objekt läßt drei verschiedene Kerngrößen unterscheiden; der Bereich der kleinsten Kerne nimmt den durch die rote Linie begrenzten Bezirk ein. Er stößt im Scheitelteil der Larve an einen großkernigen Bezirk an, von dem er sich sehr leicht abgrenzen läßt, wogegen die Grenze gegenüber dem Bezirk der mittelgroßen Kerne nicht überall so sicher zu bestimmen ist; doch zieht sie jedenfalls vom After nach links unten, wie in der Figur angegeben. Unsere Larve folgt also dem Typus b (Fig. XL, p. 92), und zwar verlaufen die beiden Grenzen fast genau wie an der Larve der

Fig. 11 (Taf. II). Danach sind wir aber berechtigt, auch die dritte Grenze, die sich infolge der zu geringen Kernunterschiede nicht beobachten läßt, dorthin zu setzen, wo sie sich in Fig. 11 c findet. Und diese Grenze, die in Fig. 31 durch die graue Linie bezeichnet ist, trifft nun aufs genaueste mit der Stelle zusammen, wo der Scheitelstab aufhört, während auf der anderen Seite die untere Grenze des kleinkernigen Drittels am Ende des linken Mittelstabs vorbeizieht. Kurz gesagt: der Skelettdefekt ist genau auf den von einer der drei primären Blastomeren stammenden Larvenbereich lokalisiert.

Das Gleiche gilt für die Strongylocentrotus-Larve der Fig. 29 a (Versuch No. 5). Hier ist das rechte Skelett vollständig und normal. Auffallend ist daran nur, daß der Mittelstab über die Medianebene nach links reicht und daß der Scheitelstab einen mächtigen Seitenast trägt, wie er bei den normalen Kontrolllarven dieser Zucht nicht vorkommt. Vom linken Skelett existiert nichts als ein im Niveau des rechten Mittelstabs gelegenes quer gerichtetes Stäbchen. Diese Larve hat einen kleinkernigen Bereich, der sehr genau mit dem Defekt zusammentrifft, wie dies aus der rot markierten Grenzlinie in Fig. 29 a ersichtlich ist. Dieser Bezirk ist ohne Zweifel kleiner als ein Drittel des Larvenkörpers, was vermutlich so zu erklären ist, daß eine der 3 primären Blastomeren kleiner war als die beiden anderen. Ich habe zwar nach Möglichkeit Exemplare mit gleich großen Blastomeren ausgewählt, doch sind solche mit geringeren Ungleichheiten nicht völlig zu vermeiden. Wie aber auch die Kleinheit dieses Drittels zu erklären sein mag, wichtig ist uns hier nur, daß der Defekt genau auf diesen Larventeil beschränkt ist. Da die Scheitelspitze des Pluteus außerhalb des kleinkernigen Bereiches liegt, so ist es nicht undenkbar, daß der sonderbare Ast des rechten Scheitelstabes nichts anderes ist als der oberste Teil des linken Scheitelstabs, der abnorm verschoben und in Ermangelung einer eigenen Fortsetzung mit dem rechten verschmolzen wäre. Daß diese Erklärung nicht unwahrscheinlich ist, wird ein Blick auf Fig. 29b lehren, die den oberen Teil einer Strongylocentrotus-Larve mit gekreuzten Scheitelstäben darstellt, wie solche in manchen Zuchten nicht selten sind.

Der linke Teil des Anallappens gehört gleichfalls einem skelettbildenden Drittel an; die diesem Bezirk zukommenden Skelettteile sind also zu erwarten und in der Tat durch jenes quer gelagerte Stäbchen repräsentiert, das wohl als Mittelstab anzusprechen ist. Das Fehlen des gleichfalls zu erwartenden linken.

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