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WILSON entstanden normale Plutei; meine oben erwähnten Objekte dagegen hatten sich ausnahmslos pathologisch entwickelt. Wir stoßen also hier auf die nämlichen Differenzen, wie bei den dispermen Doppelspindel-Eiern; und wenn wir nach der Ursache dieser Verschiedenheit fragen, so werden wir auf das gleiche variable Moment gewiesen, wie dort: ob sich nämlich die schließlich entstehenden einwertigen Zellen durch Vermittelung zweioder mehrpoliger Mitosen bilden. Für die von mir verfolgten Fälle wäre das letztere anzunehmen. In der Tat waren bei einigen Objekten, bei denen die erste Furche durch Pressung unterdrückt worden war und die ich vor der Uebertragung in das Zuchtgefäß längere Zeit unter dem Deckglas beobachtet hatte, in einzelnen Blastomeren die zwei Kerne verschmolzen und dann vierpolige Mitosen aufgetreten.

Für die WILSONschen Fälle dagegen dürfen wir es nach seinen Angaben und Zeichnungen als sicher betrachten, daß die andere Alternative verwirklicht war. Offenbar besaß das Eimaterial, mit dem er experimentiert hat, in besonders hohem Grad die Fähigkeit, Protoplasmateilung auch zwischen Sphären zu bewirken, die nicht durch Chromatin gekoppelt waren. So traten hier schon auf frühen Furchungsstadien lauter einwertige Zellen auf, deren Kerne alle durch Zweiteilung entstanden und also normale Amphikaryen

waren.

Während nun diese WILSONschen Ergebnisse, da seine Objekte sich normal entwickelten, für unsere Frage völlig eindeutig sind, könnte gegen die meinigen der Einwand erhoben werden, daß die hierbei konstatierte pathologische Entwickelung nicht durch die Intervention mehrpoliger Mitosen, sondern durch irgend eine andere Schädigung: durch die Abkühlung oder durch die Pressung oder bei den in ihrer Furchung verfolgten Keimen durch die lange Absperrung unter dem Deckglas, verursacht worden sei.

Um diesen Einwand auszuschließen, habe ich nun noch eine Reihe von Versuchen mit dem von WILSON als unschädlich nachgewiesenen Schüttelverfahren angestellt, wobei die. Eier, um jede andere Schädigung zu vermeiden, direkt in das Zuchtgefäß isoliert wurden. Um überdies im gleichen Keim einen normalen Kontrollbereich zu haben, beschränkte ich das, was WILSON mit dem ganzen Ei ausgeführt hatte, auf eine oder einige bestimmte Blastomeren.

Von diesen Experimenten war schon oben (p. 82) bei Besprechung der Larvensymmetrie die Rede. Anstatt die Eier

während der ersten Teilung zu schütteln, wurde dieser Eingriff während der zweiten, dritten oder vierten vorgenommen. Es sind unter den zahllosen Eiern einer Kultur immer einige, bei denen sich die beiden primären Blastomeren nicht genau im gleichen Stadium befinden, und noch größer sind diese zeitlichen Differenzen bei der weiteren Furchung. Es gelingt daher leicht, nachdem man die Eier z. B. beim Uebergang vom Zwei- zum Vierzellen-Stadium geschüttelt hat, Objekte zu finden, bei denen die Furche auf der einen Seite unterdrückt worden ist, auf der anderen nicht. Ein solcher Keim ist also nach unserer Theorie in seiner einen Hälfte sicher normal, die andere Hälfte kann normal oder in verschiedenem Grad pathologisch werden, je nach der Art der Mitosen, welche beim Uebergang zum Zustand einwertiger Zellen auftreten.

Bei einem Versuch dieser Art (Echinus, 3. Februar 1902) wurden 65 solche Objekte isoliert. Von diesen entwickelten sich 41 völlig normal, die übrigen 24 erreichten zwar alle das Pluteusstadium, zeigten aber in mehr oder weniger ausgeprägter Weise pathologische Verhältnisse. Und zwar lassen sich diese letzteren Larven wieder in zwei Gruppen teilen. Die einen enthielten sehr große pathologische Elemente im Innern, größere oder kleinere Furchungszellen, meistens auf die eine Larvenhälfte lokalisiert. Diese Objekte waren als symmetrische Plutei ausgebildet, die sich von den völlig normalen nur durch etwas geringere Größe unterschieden. Bei den anderen bestanden die nach innen getretenen Massen aus ganz kleinen Zellen oder deren Zerfallsprodukten. Drei solche Objekte sind in Fig. 16-18 (Taf. III) abgebildet. Sie veranschaulichen, in wie verschiedener Menge diese pathologischen Teile auftreten können, zugleich auch, daß dieselben genau entweder der rechten oder der linken Larvenhälfte angehören. Stets sind diese Larven asymmetrisch; einer völlig typisch und gesund entwickelten Larvenhälfte steht diejenige, welche die pathologischen Elemente enthält, verkümmert gegenüber, um so verkümmerter, je reichlicher sie mit kranken Teilen beladen ist.

Wir begegnen hier also wieder der mit zunehmendem Alter sich vermindernden Regulationsfähigkeit, von der oben (p. 135) bei den Dreiern mit einem pathologischen Drittel die Rede gewesen ist.

Wenn ich nun auch für keinen der genannten 65 Keime anzugeben vermag, wie seine späteren Teilungen verlaufen waren, so kann doch, wie ich glaube, die Deutung der Ergebnisse nicht zweifelhaft sein. Denn daß in der Entwickelung der Keime, bei denen eine Furche unterdrückt worden ist, die Doppelwertigkeit

der Zellen in sehr variabler Weise hier durch weniger, dort durch mehr Teilungsschritte bewahrt bleibt und daß der Uebergang zu einwertigen Zellen in gleichfalls variabler Weise bald durch zwei-, bald durch vierpolige Mitosen vermittelt wird oder unter Umständen ganz unterbleibt, dies alles ist sicher. Die in der Entwickelung unserer Larven konstatierten Verschiedenheiten stimmen also mit unseren Erwartungen aufs vollkommenste überein. Sie zeigen, daß Erkrankung nur in dem Bereich des Keimes eintritt, in dem doppelwertige Zellen entstanden sind, daß aber auch diese Teile durchaus nicht notwendig krank werden, sondern nur unter gewissen Bedingungen, als welche wir eben nichts anderes als die mehrpoligen Teilungsfiguren ansehen können.

Außer den genannten Versuchen, bei denen die Teilung der einen 12-Blastomere unterdrückt worden war, habe ich noch folgende andere ausgeführt:

Unterdrückung der Teilung in einer 14-Blastomere,

Unterdrückung der Teilung im animalen Ring beim Uebergang vom 8- zum 16-Zellen-Stadium,

Unterdrückung der Mikromerenbildung.

Von diesen Versuchen, welche in mancher Hinsicht von entwickelungsphysiologischem Interesse sind und in dieser Bedeutung anderwärts erörtert werden sollen, will ich hier nur noch die letztangeführten etwas näher beschreiben, weil sie die Bedeutung dieser Versuchsart für unser gegenwärtiges Problem besonders klar illustrieren.

Es wurden (Versuch vom 22. Februar 1902) Echinus-Eier, die gerade im Begriff standen, die Mikromeren zu bilden, etwa eine Minute lang mäßig geschüttelt. Es konnten 6 Exemplare isoliert werden, bei denen die Mikromerenbildung unterdrückt worden war, während sich die 4 animalen Zellen regulär in 8 geteilt hatten. Daß die Mikromerenfurche nicht etwa aus einem anderen Grund unterblieben war, ging daraus hervor, daß noch Einbuchtungen an den Stellen zu erkennen waren, wo die Furche hätte durchschneiden sollen.

Das weitere Schicksal dieser 4 doppelwertigen vegetativen Zellen ist nun das folgende. In einer jeden von ihnen stehen sich (Fig. LXX a) zwei Kerne gegenüber, deren einer gegen den Aequator des Keimes gerichtet ist, der andere gegen den vegetativen Pol. An Stelle des ersteren zeigt sich später eine zum Aequator parallele Spindel, an Stelle des letzteren eine meridionale

(Fig. LXX b). Beide Spindeln nehmen also genau die Positionen ein, wie wenn die Teilung nicht unterdrückt worden wäre. Die nun folgende Teilung verlief in fünf von den 6 Fällen so, daß die meridionale Spindel, die immer noch in einer Vorwölbung des Plasmas gelegen war, eine kleine Zelle zur Abschnürung brachte (Fig. LXX c). Es sah aus, als träten die unterdrückten Mikromeren einfach verspätet auf. Die horizontal gestellte Teilungsfigur brachte es nur zu einer einseitigen, vom Aequator des Keimes her einschneidenden Furche, die dort, wo sie auf den inneren Pol der meridionalen Spindel stieß, ihr Ende fand und später wieder rückgängig gemacht wurde. Es waren also in diesen Keimen die 8 normalen Mesomeren vorhanden, sowie, wenn auch nicht die

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eigentlichen, so doch typische einwertige Mikromeren; an Stelle der normalen Makromeren dagegen fanden sich dreiwertige Zellen, für welche eine Zerlegung in einwertige ohne Intervention mehrpoliger Mitosen sehr unwahrscheinlich ist.

Dementsprechend gingen aus diesen 6 Keimen neben einer fast normalen Larve 5 hervor, die größere und kleinere pathologische Zellen enthielten; doch waren die gesunden Teile genügend, um wohlgestaltete und symmetrische Plutei entstehen zu lassen, die nur alle dadurch eigentümlich waren, daß der Darm, verglichen mit dem der normalen Kontrollobjekte, sich, bei typischer Gliederung, deutlich verkümmert erwies. Dieser Defekt ist leicht dadurch zu erklären, daß gerade die in unseren Larven pathologisch gemachten Makromeren es sind, aus denen bei der typischen Entwickelung der Darm entsteht.

Wir haben nun die durch Furchenunterdrückung gewonnenen pathologischen Objekte noch etwas genauer mit dispermen Larven zu vergleichen. Da ist vor allem die überraschende Aehnlichkeit

der beiderlei Produkte hervorzuheben, derart, daß z. B. Larven, wie die in Fig. 16 und 18 (Taf. III) abgebildeten ganz ebensogut aus dispermen Eiern stammen könnten. Und darin liegt ja die Hauptbedeutung dieser Versuche. Was könnte auf den ersten Blick verschiedener erscheinen als das Eindringen zweier Spermien in ein Ei und das Schütteln eines normal befruchteten Eies beim Uebergang vom zwei- zum vierzelligen Stadium! Und doch ist der Effekt unter Umständen der gleiche. Dies nötigt uns eben, hinter diesen beiden so verschiedenartigen Erscheinungen nach einer Wirkung zu suchen, die beiden gemeinsam ist, und als solche kann nichts anderes betrachtet werden, als daß die Doppelbefruchtung genau wie das Schütteln zur Bildung von Zellen mit mehr als zwei Polen führt und als Folge davon zur Entstehung mehrpoliger Teilungsfiguren.

Es mag noch darauf hingewiesen sein, daß eine infolge von Furchenunterdrückung doppelwertige Zelle, in der sich dann eine vierpolige Mitose ausbildet, günstiger gestellt ist, als ein dispermes Tetraster-Ei, da dort alle Chromosomenarten 4-fach, hier nur 3-fach vertreten sind. Die Aussichten der ersteren Objekte dürften also mehr denen der dispermen Dreier als denen der Vierer entsprechen. Des weiteren ist nun ein Kennzeichen namhaft zu machen, welches die durch partielle Furchenunterdrückung krankhaft veränderten Keime von den im übrigen oft so ungemein ähnlichen dispermen Doppelspindelkeimen unterscheiden läßt, nämlich daß die letzteren aus einem groß- und kleinkernigen Bezirk zusammengesetzt sind, wogegen bei den ersteren alle durch zweipolige Mitosen entstandenen Kerne gleich groß sein müssen. Aber auch diese Larven können in beschränktem Maß Kerne von anderen Größen darbieten, insofern nämlich die Möglichkeit besteht, daß auch aus mehrpoligen Mitosen unter Umständen normale Kerne sich ableiten.

Worauf wir weiterhin die beiderlei Larven zu vergleichen haben, das ist die Art ihrer Asymmetrie. Bei Besprechung der aus dispermen Dreiern entstandenen gesunden Plutei haben wir erfahren (p. 105), daß sie fast alle mehr oder weniger asymmetrisch sind. Wir sind dort zu dem Schluß gelangt, daß diese Asymmetrie, wenn auch nicht ausschließlich, so doch zum größten Teile darauf beruhen müsse, daß in den beiden Larvenhälften „individuell" verschiedene Tendenzen wirksam seien. Auch bei den Doppelspindellarven der Figg. 71, 72 und 75 (Taf. IX) schien die Asymmetrie mit den Bereichen verschiedener Kernsubstanz zusammen

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