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unrichtige Chromatinbestand schon auf dem Blastulastadium der Entwickelung ein Ende setzt, in besonders günstig organisierten Eiern aber erst nach erfolgter Gastrulation. Es lassen sich aber gewisse Umstände anführen, nach denen es begreiflich erscheinen könnte, daß die merogonischen Objekte GODLEWSKIS sich etwas weiter entwickeln als die mit abnormer Chromatinkombination belasteten dispermen Keime. Die unrichtig zusammengesetzten Kerne dispermer Larven erkranken, sobald die Periode ihrer spezifischen Tätigkeit beginnt, aus Ursachen, die in ihnen selbst liegen, und reißen damit auch das Plasma mit ins Verderben, mag dieses auch vielleicht an sich die Fähigkeit besitzen, die Entwickelung noch etwas weiterzuführen. Der Crinoidenkern im Echinidenplasma dagegen ist ein, wenn auch nicht auf dieses Plasma berechneter, so doch vollständiger und gesunder Kern. Und es ist durchaus nicht undenkbar, daß der Gastrulationsprozeß, wenn er eben überhaupt schon von einer spezifischen Chromatintätigkeit abhängig ist, auch im Echinidenplasma durch den Crinoidenkern in Szene gesetzt werden kann. Denn gastrulieren tut ja die Antedonblastula auch; und abgesehen davon, daß sie ihr Mesenchym erst nach der Gastrulation bildet, ist der Vorgang der Einstülpung von dem in einem Echinidenkeim nicht wesentlich verschieden. Ja, ich kann bei aller Hochschätzung, die ich den Angaben GODLEWSKIS gegenüber hege, nicht leugnen, daß mir seine Betonung des rein mütterlichen Charakters seiner vier merogonischen Gastrulae nicht so sehr gewichtig erscheint. Ich will dabei von dem Umstand absehen, daß diese Larven nur lebend, also jedenfalls nur bei schwächerer Vergrößerung und vermutlich, während sie sich bewegten, beobachtet worden sind. Aber wodurch soll sich denn eine Echinusgastrula von einer Antedongastrula so sehr charakteristisch unterscheiden? Wenn ich die Fig. 39 bei SEELIGER (113) betrachte und damit die Bruchstückgastrulae vergleiche, die ich aus Echinideneiern gezüchtet habe, so ist, mit Ausnahme der Mesenchymanordnung, der Unterschied sehr gering, denn auch die Wendung des Darmendes nach der einen Seite, die GODLEWSKI besonders hervorhebt, ist in der Antedongastrula zu erkennen.

Und so ist mein Schluß der folgende. Entweder: die Gastrulation ist von spezifischer Chromosomenwirkung unabhängig und kann daher auch mit einem sehr fremdartigen Kern noch vollzogen werden. In den meisten dispermen Keimen kommt sie deshalb nicht zu'stande, weil die Zellen schon vorher wegen der Erkrankung ihres Kerns selbst krank geworden sind. Oder: zur Gastrulation

ist bereits eine spezifische Chromatintätigkeit nötig. Dann sind die Antedon-Chromosomen im stande, diese ihnen im eigenen Plasma vertraute Funktion auch im Echinidenplasma auszuüben. Für die Tatsache aber, daß die meisten dispermen Keime nicht gastrulieren, könnte außer dem vorhin angeführten Moment noch das weitere bestimmend sein, daß der unrichtig kombinierte Kern die zur Gastrulation nötige spezifische Leistung nicht aufzubringen vermag.

Fasse ich das Ergebnis aller dieser Ueberlegungen zusammen, so stellt sich mir die Rolle der Chromosomen und ihr Verhältnis zum Plasma während der ersten Entwickelung folgendermaßen dar. Ich halte nach wie vor an der Anschauung fest, daß die Mischung der elterlichen Qualitäten im Kind, wie sie uns am klarsten in den Bastarden entgegentritt, eine Funktion der Chromosomen von Ei- und Spermakern ist. Obgleich schon im Ei diese spezifischen Vererbungsträger vereinigt sind, wird dadurch doch nicht das Ei schon zu einem Bastard. Das heißt: das Ei zeigt auch nach der Befruchtung lediglich Charaktere der Mutter und keine Spur von den Eigenschaften der Eier jener Species, von der das eingedrungene Spermium stammt. Wir wundern uns darüber nicht; denn damit ein richtiges Bastardei entstehen könnte, dazu wäre, wenn es als überhaupt möglich betrachtet werden darf, ein gewaltiger Stoffwechsel im ganzen Plasma nötig, und hierfür ist einmal die Zeit, während deren das befruchtete Ei besteht, viel zu kurz und zweitens der Kern im Vergleich zum Plasma viel zu klein. Das befruchtete Ei ist eine exzeptionelle Zelle, in der das typische Wechselverhältnis zwischen Kern und Plasma niemals zu stande kommt. Was hier für das Ei behauptet worden ist, gilt ebenso für die ganze Furchung bis zu dem nicht genau fixierbaren Stadium, wo in den klein gewordenen Zellen das richtige Mengenverhältnis des Plasmas zum Kern erreicht und damit längere Pausen zwischen den Teilungen eingetreten sind.

Die bis hierher sich erstreckende erste Entwickelungsperiode wird in ihrer Spezifität bestimmt durch die Konstitution des Eiplasmas. Dieser Satz wird ja nicht nur dadurch höchst wahrscheinlich gemacht, daß sich nach den Beobachtungen von mir, DRIESCH, GODLEWSKI und PETER alle Merkmale dieser ersten Periode als rein mütterlich darstellen, sondern er darf bis zu einem gewissen Grad als sicher bewiesen gelten, dadurch nämlich, daß sich im Plasma des unbefruchteten Eies gewisse Primitivorgane in mehr oder weniger spezialisierter Weise vorbereitet

finden, worüber eine Reihe von Arbeiten neueren Datums sehr wertvolle und merkwürdige Aufschlüsse gebracht haben 1).

Daß der Vorzug, der damit scheinbar dem mütterlichen Teil eingeräumt ist, in der schließlichen Gestaltung des neuen Individuums, ja bei Echiniden schon im Pluteus, völlig überwunden wird, dies begreifen wir, wenn wir bedenken, daß in den Grenzen, innerhalb deren Kreuzung möglich ist, die Grundzüge der Entwickelung die nämlichen sind und daß vor allem die erste Entwickelung gleichsam eine so primitive und vielfach zu überarbeitende Skizze darstellt, daß es für die feinere Ausgestaltung gleichgültig ist, ob in ihr schon die Vererbungstendenzen beider Eltern zur Geltung kommen oder nicht.

Wenn in dem Gesagten den Chromosomen jeder Einfluß auf die Spezifität der ersten Entwickelung abgesprochen wird, so werden sie damit nicht als entbehrlich für diese Periode bezeichnet. Aber sie wirken nur durch ihre generellen, noch nicht durch ihre spezifischen Eigenschaften.

Von dem Zeitpunkt an, wo diese letzteren Qualitäten in Tätigkeit treten, datieren wir die zweite Periode der Entwickelung. Es ist jedoch ohne weiteres klar, daß rein mütterliche, d. h. durch das Eiplasma bedingte Merkmale auch in diese zweite Periode hinüberreichen können, wofür der Dottersack das beste Beispiel liefert.

Auf Grund der entwickelten Vorstellungen seien nun die bisher bekannten Fälle, welche bei prinzipieller Gleichheit des Plasmas in ihrem Chromatinbestand voneinander verschieden sind, zusammengestellt und hinsichtlich der Entfaltung elterlicher Merkmale verglichen 2).

1) Im normal befruchteten Ei treten nach Ablauf der ersten Entwickelungsperiode die väterlichen und mütterlichen Chromosomen in ganz gleicher Weise mit dem Eiplasma in Be

1) Es ist vor allem auf die Arbeiten CRAMPTONS, FISCHELS, CONKLINS, WILSONS und seiner Schüler hinzuweisen. Für die Echiniden habe ich selbst hierher gehörige Daten geliefert.

2) Die im folgenden aufzuzählenden Fälle, alle auf Echiniden sich beziehend, sind dem Plasma nach insofern verschieden, als es sich bei den einen um ganze Eier, bei den anderen um Eifragmente handelt. Da jedoch das genügend große Eifragment alle Entwickelungsqualitäten ebenso enthält wie das ganze Ei, kann dieser Unterschied vernachlässigt werden. Ich komme auf diesen Punkt übrigens unten noch zurück.

ziehung und beeinflussen vermöge der von ihnen ausgehenden formativen Wirkungen die weiteren Gestaltungsprozesse so, daß im allgemeinen eine Mischung der elterlichen Qualitäten zur Erscheinung kommt 1). Da in jeder Zelle die Chromosomen der beiden Eltern in gleicher Kombination vorhanden sind, kommt der Mischtypus überall und speziell da, wo wir es am sichersten vergleichen können, in den symmetrischen Körperteilen, in identischer Weise zum Ausdruck.

2) Im kernlosen Ei (Eifragment), das mit einem Spermium der gleichen oder einer nicht zu weit entfernten Art befruchtet worden ist, sind die Verhältnisse prinzipiell die gleichen. Die Abkömmlinge des Spermakerns enthalten alle Chromatinqualitäten, aber eben nur väterliche; und demgemäß haben sich alle bisher gezüchteten merogonischen Bastardplutei als rein vom väterlichen Typus erwiesen (10, 14, 18).

3) Im kernhaltigen Ei, das mit einem Spermium einer sehr entfernten Tierform befruchtet worden ist, sind nur die Abkömmlinge der Eikern-Chromosomen im stande, einen Einfluß auf die Gestaltung des Embryo auszuüben. Die Abkömmlinge der Spermakern - Chromosomen beteiligen sich an den spezifischen Kernleistungen der zweiten Periode nicht. Die entstehenden Plutei sind demgemäß von rein mütterlichem Typus (GODLEWSKI). Die beträchtliche Sterblichkeit dieser Objekte auf jüngeren Stadien rührt vielleicht von einer schädigenden Wirkung der väterlichen Chromosomen her.

4) Das kernlose Ei (Eifragment), mit einem Spermium einer sehr fernstehenden Form befruchtet, vermag sich nur so weit zu entwickeln, als lediglich generelle ChromosomenEigenschaften erforderlich sind, also bis zum Ende der ersten Entwickelungsperiode. Die äußerste Grenze dieser Periode, welche aber nur höchst selten erreicht wird, wäre für Echiniden, nach den Befunden GODLEWSKIS, das Gastrulastadium vor der Skelettbildung. Es ist dies dasjenige Stadium, bis zu dem vielleicht alle Larven rein mütterliche Charaktere aufweisen, und so haben sich auch die in Rede stehenden Objekte -kernlose Echinus - Eifragmente mit Antedon-Sperma - nach den freilich gerade hier etwas unsicheren Beobachtungen GODLEWSKIS als rein mütterlich

1) Von Einzelheiten, speziell von einer Betrachtung derjenigen Charaktere, die sich im Bastard nicht mischen, kann hier abgesehen werden.

erwiesen. Immerhin erscheint ein Einfluß der Antedon-Chromosomen bei der Gastrulation nicht völlig ausgeschlossen.

5) Im kernhaltigen Ei, das durch zwei Spermien befruchtet worden ist, haben wir zwei Erscheinungen scharf auseinanderzuhalten. Während in den bisher betrachteten Kategorien die Kerne an sich völlig normal sind, haben wir es in den meisten dispermen Keimen mit Kernen zu tun, deren Chromatinbestand abnorm zusammengesetzt ist. In dispermen Keimen dieser Art erkrankt der Kern gewöhnlich gegen Ende der ersten Periode, d. i. in der fertigen Blastula oder beginnenden Gastrula, in seltenen Fällen nach vollzogener Gastrulation.

Unter gewissen Umständen aber, wie sie am klarsten im Doppelspindeltypus und im Amphiaster-Monastertypus zu übersehen sind, erhalten die Zellen dispermer Keime normal zusammengesetzte Kerne und entwickeln sich dann bis zum Pluteusstadium. Von dem Chromatinbestand aller bisher betrachteten Fälle unterscheidet sich der ihrige dadurch, daß in den einzelnen Bereichen verschiedene Kombinationen väterlicher und mütterlicher Chromosomen enthalten sind. Demgemäß zeigen die gesunden dispermen Plutei häufig in verschiedenen Bezirken verschiedenen Typus und sind speziell sehr asymmetrisch entwickelt.

6) Ein Fall endlich, der mit den letztbesprochenen Fällen von Dispermie nahe verwandt ist, ist derjenige, wo in einem normal-befruchteten Ei bei der ersten Teilung der ganze Spermakern in die eine Blastomere gerät (7. 27). Hier haben wir in der einen Larvenhälfte nur mütterliche, in der anderen mütterliche und väterliche Vererbungstendenzen gemischt zu erwarten. Leider ist von solchen Objekten bisher nur eine, überdies nicht völlig gesunde Gastrula mit Skelettanlage gezüchtet worden, welche jedoch insofern unseren Postulaten entspricht, als sie deutlich asymmetrisch ist.

Schon früher habe ich auf die merkwürdige Parallele hingewiesen, die zwischen den sub 5 und 6 angeführten Fällen und gewissen anderen abnormen Bildungen besteht, die gleichfalls, trotzdem sie aus einem Ei stammen, ein Mosaik darstellen, als wären sie aus Stücken verschiedener Individuen zusammengesetzt, ich meine die gynandromorphen Insekten. Es scheint mir kein Zweifel möglich, daß diese Abnormitäten mit den dispermen Mosaikbildungen in prinzipieller Weise übereinstimmen müssen. Denn es ist kaum denkbar, daß das Eiplasma, das sich in seiner ganzen Aus- und Umbildung als etwas so Einheitliches erweist,

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