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und es zeigte sich, daß der Begriff der Befruchtung auf diese primitiven Zustände nicht ohne Zwang anwendbar ist. Die Konsequenz, die aus diesem Sachverhalt zu ziehen war, schien mir die zu sein, daß das Wort Befruchtung bei den Protozoen überhaupt zu vermeiden sei. Man hatte hier längst die vorzügliche und allen Bedürfnissen genügende Bezeichnung „Konjugation". Wozu sie verdrängen durch einen Ausdruck, der viel spezialisierteren Verhältnissen entnommen ist und überdies durch seinen Gebrauch in der gewöhnlichen Sprache bereits etwas Verschwommenes angenommen hatte? Viel eher hätte ich es für angezeigt gehalten, von dem Terminus Konjugation aus die Nomenklatur der sexuellen Mischung bei den höheren Organismen zu reformieren. Einstweilen wandte ich das Wort Befruchtung in dem alten Sinn dort an, wo es ein Befruchtungsproblem in diesem alten Sinn gibt.

Während nun heute eine Reihe von Autoren, vor allem Physiologen, an diesem ursprünglichen Gebrauch festhalten, finden wir das Wort von den meisten Zoologen in anderem Sinn verwendet 1). Zwei Motive dürften hierfür maßgebend gewesen sein. Erstens hatte sich der Satz O. HERTWIGS: Befruchtung ist die Vereinigung zweier Zellkerne, so fest in den Vorstellungskreis der Biologie eingeprägt, daß, als sich zeigte, daß die Befruchtung in O. HERTWIGS Sinn eben gerade nichts mit der Vereinigung der Kerne zu tun hat, man lieber das Wort Befruchtung von seiner alten Bedeutung als von der Kernverschmelzung wegnahm. Der zweite Punkt aber war wohl der, daß man den Ausdruck Befruchtung auch bei Protozoen angewandt hatte, um, als man an seine ursprüngliche Bedeutung dachte, zu erkennen, daß er hier nicht, wenigstens in den meisten Fällen nicht paßt. Und wieder änderte man lieber die Bedeutung des Wortes, als es da, wo es nicht brauchbar war, aufzugeben.

So liest man heute, daß unter Befruchtung durchaus nicht die Entwickelungserregung, also das, was ursprünglich mit dem Ausdruck gemeint war, verstanden werden dürfe, ja R. FICK (51) hält es sogar für angezeigt, daß vor diesem „Mißbrauch" des Ausdrucks Befruchtung gewarnt wird.

Was aber wird dafür gesetzt? Sehr häufig eben der Satz: das Wesen der Befruchtung besteht in der Vereinigung zweier Zellkerne; daneben aber und vielleicht noch

1) Auch O. HERTWIG selbst (72) hat seinen alten Standpunkt verlassen.

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häufiger: das Wesen der Befruchtung besteht in der Amphimixis. Diese Bestimmungen operieren mit dem unklaren Begriff Wesen". Ueberlegt man sich, was damit in diesem Fall gemeint sein soll, so kann es bei der Mehrzahl der Biologen wohl nichts anderes als die Anschauung sein, die auch ich nach dem oben Gesagten teile, daß der Zweck der in Rede stehenden Einrichtungen die Qualitätenmischung und daß als Substrat dieser Qualitäten die Kerne anzusehen seien. Aber damit ist doch etwas ganz anderes gesagt, als daß unter Befruchtung die Kernvereinigung oder die Amphimixis zu verstehen sei. Wer aber wirklich Befruchtung und Amphimixis als identische Begriffe betrachten wollte, warum sagt der nicht Amphimixis und läßt dem Wort Befruchtung seine alte Bedeutung?

Nun kommen wir aber noch zu einem viel wichtigeren Punkt, nämlich daß es sich in dem Gesagten um Anschauungen handelt, die gar nicht von allen Forschern geteilt werden. Zunächst ist ja für den Anhänger der Amphimixistheorie die ausschließliche Betonung der Kernvereinigung nur dann annehmbar, wenn er der Ueberzeugung ist, daß die Amphimixis allein durch die Kerne vermittelt wird. Wer an der Mischung der elterlichen Eigenschaften auch das Protoplasma beteiligt sein läßt, muß jenen Satz verwerfen. Auf der anderen Seite hat sich einer der kompetentesten Beurteiler in diesen Fragen, R. HERTWIG (78), überhaupt gegen die Amphimixislehre ausgesprochen; er betrachtet die Vereinigung zweier verschiedenartiger Organisationen in eine als einen Vorgang, der den Zweck hat, die zur normalen Erledigung des Lebensprozesses nötigen regulierenden Einrichtungen zu verstärken. Und wenn R. HERTWIG dabei auch das Hauptgewicht auf die individuell verschiedenen Kerne legt, so führt ihn seine Anschauung, daß es sich bei jener Regulation um Ausgleichung eines Mißverhältnisses zwischen Kern und Protoplasma handelt, doch notwendig zu der Folgerung, daß der gleiche Effekt, wenn auch weniger vollkommen, durch Mischung von Protoplasma zweier Zellen erreicht werden könne.

Man hat es als eine unseren Vorstellungen widerstreitende Anwendung des Wortes Befruchtung bezeichnet, daß J. LOEB, der, wie ich, unter Befruchtung die Entwickelungserregung versteht, nun, da es ihm gelungen ist, Eier künstlich zur Entwickelung anzuregen, z. B. von „osmotischer Befruchtung" spricht. Ich muß gestehen, daß diese Konsequenz auch mir widerstrebt. Allein die Definition der Befruchtung als Kernvereinigung führt, wie mir

scheint, zu ebenso unbefriedigenden Konsequenzen. Ein durch Eindringen eines Spermiums zur Entwickelung angeregtes Ei, aus dem nachträglich, ohne Beeinträchtigung seiner Entwickelungsfähigkeit, der Eikern entfernt worden ist, muß nach dieser Anschauung als unbefruchtet gelten. Umgekehrt würde die von ZUR STRASSEN (120) erforschte Verschmelzung zweier Ascariseier, deren Kerne sich dann gleichfalls vereinigen, auch ohne Zutritt eines Spermiums eine „Befruchtung" darstellen.

Endlich zeigt eine genauere Analyse, daß gewisse, allgemein übliche Bezeichnungen, wie z. B. Doppelbefruchtung, mit beiden Auffassungen unvereinbar sind.

Angesichts dieser vielfachen Widersprüche möchte ich es, unter Verzicht auf meinen eigenen bisher festgehaltenen Standpunkt, für das zweckmäßigste halten, das Wort Befruchtung nur im allerallgemeinsten Sinn anzuwenden und darunter überhaupt keine Bewirkungen, wie Entwickelungserregung oder Amphimixis, sondern nur Vorgänge zu verstehen, nämlich die Gesamtheit derjenigen Vorgänge, durch welche die aufeinander angewiesenen Geschlechtszellen oder Gameten in Beziehung zueinander treten und, unter der Voraussetzung normalen Ablaufs aller Geschehnisse, sich zu einer neuen Einheit vereinigen 1).

Das Problem der Befruchtung, wie es hierdurch in seiner Allgemeinheit bezeichnet wäre, würde dann in eine Anzahl von Einzelproblemen zerfallen, wie dasjenige der gegenseitigen Anziehung der Sexualzellen, dasjenige der sexuellen Hemmung und der Lösung dieser Hemmung, das Problem der sexuellen Differenzierung, das der Ueberfruchtung, das Problem der Qualitätenmischung, das des Befruchtungszweckes u. s. w.

Aus der Fülle dieser Probleme seien hier nur einige Punkte herausgegriffen, die mit der Doppelbefruchtung und ihren Folgen in näherem Zusammenhang stehen. Ich beginne diese Betrachtungen mit der Frage, unter welchen Bedingungen sich überhaupt zwei oder mehrere Zellen zu einer einheitlichen, normal teilungsfähigen Zelle vereinigen können. Wir wollen uns bei Untersuchung dieser Frage, deren

1) Bei dem durch Paramaecium repräsentierten Typus der Konjugation müßte man sagen: sich zu zwei neuen Einheiten gestalten. Daß damit gegenüber den typischen Fällen nichts wesentlich anderes gegeben ist, habe ich schon früher (12, p. 480 ff.) auseinandergesetzt und bin erfreut zu sehen, daß neuerdings VERSLUYS (126) unabhängig zu der gleichen Auffassung gelangt ist.

Beantwortung nicht für die ganze Organismenwelt gleich ausfallen würde, auf die Zellen der Metazoen beschränken, d. h. auf Zellen, in denen wir die drei Hauptbestandteile Protoplasma, Kern und Centrosoma unterscheiden können.

Sowohl für das Protoplasma wie für die Kerne liefert die Verschmelzung von 2 oder 3 Zellen nichts prinzipiell anderes als was vorher bestanden hat: das Protoplasma ist doppelt oder dreimal so groß, der Kern enthält doppelt oder dreimal so viele Chromosomen. Die Art, wie das Protoplasma und die Kerne sich bei der Teilung verhalten, läßt es ohne weiteres möglich erscheinen, daß auch das Verschmelzungsprodukt in regulärer Weise geteilt wird. Anders ist es mit den Centrosomen. Soll sich eine Zelle in zwei Tochterzellen teilen und dies ist ja bei Metazoen die einzige reguläre Art der Zellteilung so dürfen während der karyokinetischen Periode nicht mehr als zwei Centrosomen in Wirksamkeit treten 1). Denken wir uns nun drei Zellen, jede mit einem Centrosoma ausgestattet, zu einer einheitlichen Zelle verschmolzen, so ist es klar, daß Zweiteilung dieses Verschmelzungsprodukts unmöglich ist. Aber auch die Verschmelzung von nur zwei typischen Zellen muß zu simultaner Mehrteilung führen. Denn da sich jedes Centrosoma bei der Vorbereitung zur Teilung verdoppelt, müssen in diesem Fall vier Pole auftreten.

Eine sehr lehrreiche Illustration zu diesem Satz hat neuerdings CONKLIN (33) an den Eiern von Crepidula geliefert. Werden befruchtete Eier dieser Schnecke auf einige Stunden in Seewasser mit erhöhtem Gehalt an NaCl versetzt, so teilt sich sowohl das Ei- wie das Spermacentrosoma in je 2 Tochtercentrosomen und es entsteht eine vierpolige Figur.

Soll also die Zellvermehrung nur durch Zweiteilung geschehen, so ist es bei der sexuellen Vereinigung unerläßlich, daß entweder im Ei oder im Spermium oder in beiden an dem typischen Verhalten der Centrosomen etwas geändert ist.

Als ich seinerzeit (6), von diesem Postulat ausgehend, die normalen Befruchtungsvorgänge prüfte, ergaben sich mir drei Möglichkeiten, wie diesem Bedürfnis Genüge geleistet werden könnte. ,,Entweder gehen die beiden Polkörperchen der ersten Furchungsspindel aus dem einfachen Centrosoma des Spermatozoons durch Teilung hervor; oder dieses Körperchen wird direkt zu dem einen

1) Vergl. hierzu meine Ausführungen in 9 und 17.

Spindelpol, während der andere aus dem Ei stammt; oder endlich es verschmilzt das Spermacentrosoma mit einem im Ei vorhandenen Zentralkörperchen und erst durch die Teilung dieses Produktes entstehen die Polkörperchen der Spindel." Ohne die beiden letzteren Möglichkeiten durchaus und für alle Fälle in Abrede stellen zu wollen, gelangte ich auf Grund des damals vorliegenden Beobachtungsmaterials zu dem Ergebnis, daß die Furchungscentrosomen ausschließlich vom Spermium geliefert werden, wogegen das Eicentrosoma entweder ganz rückgebildet oder wenigstens in einen Zustand von Inaktivität versetzt sei, so daß es an der Bildung der Teilungsfigur gar keinen Anteil nimmt.

Eine damit nahe verwandte Anschauung hatte ungefähr gleichzeitig VEJDOVSKÝ (124) ausgesprochen, indem er den aus dem Ei fast spurlos eliminierten „,Periplast“ durch einen aus dem Spermaplasma gebildeten neuen, energisch sich teilenden Periplast ersetzt werden ließ. Allein sowohl in der Begründung, wie in der theoretischen Bewertung bestanden zwischen unseren Aeußerungen nicht unwesentliche Unterschiede. Was zunächst den letzteren Punkt anlangt, so schrieb ich die Herstellung der Teilungsfähigkeit ausschließlich dem Spermozentrum zu und erklärte es für belanglos, ob ein aus Ei- und Spermakern zusammengesetzter erster Furchungskern vorhanden sei, oder nur einer dieser beiden Kerne. Nach VEJDOVSKÝ dagegen sollten die beiden Kerne für sich allein unfähig sein, sich zu teilen; erst durch die Beziehung, in die sie zueinander treten, sollten sie die Teilungsfähigkeit gewinnen. Die seither gemachten Erfahrungen haben die Richtigkeit meiner Betrachtungsweise bestätigt.

Von größerer Bedeutung aber für unsere gegenwärtige Erörterung ist die Frage, auf welche Argumente sich die Herleitung der Furchungszentren aus dem Spermacentrosoma oder Spermaperiblast stützen konnte. VEJDOVSKÝ hatte sich nur auf die normalen Befruchtungsvorgänge von Rhynchelmis bezogen. Diese aber lehren nichts anderes, als daß neben dem Spermakern ein Strahlenzentrum (Periblast) auftritt, durch dessen Verdoppelung die Pole der ersten Furchungsspindel entstehen. Daß dieses Zentrum aus dem Spermacytoplasma stammt, so wahrscheinlich es auch gewesen sein mag, hat VEJDOVSKÝ nicht bewiesen. Und es ist eine Frage, ob in der Literatur bis auf den heutigen Tag ein Fall aufgezeigt werden kann, für den von einem bestimmten geformten Teil des Spermiums bis zu den Furchungscentrosomen die Kontinuität wirklich einwandfrei nachgewiesen worden ist.

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