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eine immer größere Zahl von Zentren auf. Dies sieht freilich auf den ersten Blick so aus, als bestünde zwischen der Zahl der Vorkerne und derjenigen der Furchungszentren eine Abhängigkeit. Und LOEBS Erklärung ist die: die Entstehung der Centrosomen bezw. der Sphären ist nicht ein direkter, sondern ein indirekter Effekt der Befruchtung. Das Primäre ist nach seiner Anschauung die Vermehrung des Nukleingehaltes des Eies; sowohl das Spermium, wie die zur künstlichen Parthenogenese führenden Agentien bewirken oder beschleunigen diesen Prozeß im Ei; ist er bis zu einem gewissen Punkt gediehen, welcher Punkt an die Erreichung der Maximalgröße der Chromosomen geknüpft sein könnte, so löst er die Bildung der Teilungszentren aus, und deren Zahl richtet sich nun eben nach der Menge der vorhandenen Chromosomen. So wären in der Tat künstliche Parthenogenese und Befruchtung auf ein einheitliches Prinzip zurückgeführt.

Genauere Betrachtung ergibt jedoch die Unzulässigkeit dieser Auffassung. Wenn die Zahl der Zentren von der Kernmenge abhängig wäre, derart, daß der einzelne Vorkern zunächst nur ein einfaches Furchungszentrum bedingen würde, so dürfte sich in einem monosperm befruchteten kernlosen Eifragment zur Zeit der ersten Teilung nicht ein Amphiaster bilden, wie es wirklich der Fall ist, sondern ein Monaster. Wollte man diese Tatsache aber so erklären, daß in dem kleinen Eifragment das Monokaryon groß genug sei, um hier die gleiche Zentrenzahl zu bewirken, wie im ganzen Ei das Amphikaryon, so käme man zu der Forderung, daß in einem gleich großen Fragment, das Ei- und Spermakern enthält, mehr als zwei Zentren auftreten müßten. Stets aber sind es zwei, im kleinsten kernhaltigen Fragment ganz ebenso wie im größten kernlosen.

Des weiteren hat sich gezeigt, daß man monosperm befruchtete ganze Eier durch Schütteln kurz nach der Befruchtung zur Monasterbildung bringen kann, was, wenn die Zentrenzahl von der Kernmenge abhängig wäre, nicht gelingen dürfte. Denn die Kernmenge ist in diesen Monastereiern genau die gleiche wie im normalen Ei. Und selbst wenn man zugeben wollte, daß der Eingriff fürs erste jene Beziehung zwischen Kern und Cytocentren stören könnte, so müßten doch wenigstens beim nächsten Teilungsschritt, wo inzwischen die Kernmenge auf das Vierfache des einzelnen Vorkerns angewachsen ist, stets mindestens vier Zentren auftreten. Es zeigen sich aber, mit verschwindenden Ausnahmen, nur zwei. Endlich lehrt auch die Entwickelung der

dispermen Eier, daß die Zentrenzahl von der in der Zelle vorhandenen Kernmenge unabhängig ist. Denn die primären Blastomeren dispermer Eier vermehren sich alle durch Zweiteilung, gleichgültig, ob sie mehr oder weniger als die typische Kernmenge besitzen.

Diese und andere Tatsachen machen es, wie ich schon vor langer Zeit hervorgehoben habe, unmöglich, eine Abhängigkeit der Zentrenzahl von der Kernmenge anzunehmen. Die Zahl der in einem karyokinetischen Vorgang vorhandenen Zentren ist vielmehr durch die einfache Formel ausdrückbar, daß sie regulärerweise genau doppelt so groß ist als die Zahl der Zentren, die die Zelle durch den vorausgegangenen karyokinetischen Prozeß erhalten hat; ganz gleichgültig, wie viel Kernsubstanz vorhanden ist. Am klarsten wird dieses Verhalten durch den von mir (15) beschriebenen Fall erläutert, wo eine primäre Blastomere zwar ein Centrosoma, aber keinen Kern erhalten hatte, und wo nun in dieser kernlosen Blastomere das Centrosoma sich ganz rhytmisch auf 2, 4, 8 u. s. w. vermehrte, gerade so, wie in der sich normal furchenden Schwesterblastomere.

Die Erhöhung der Zentrenzahl bei der Mehrfachbefruchtung kann sonach durch die LOEBsche Hypothese nicht erklärt werden. Und es bleibt, soweit ich sehe, überhaupt keine andere Annahme übrig, als eben jene alte, daß jedem Spermium ein Zentrum beigegeben ist, das sich bei der Vorbereitung des Eies zur Teilung verdoppelt. Die Spermien lösen, mit anderen Worten, nicht im Ei die Entstehung oder Aktivierung von Zentren aus, sondern sie bringen sie mit. Dies ist der fundamentale Unterschied zwischen künstlicher Parthenogenese und Befruchtung. Gerade der Vergleich mit der Bildung der Befruchtungsmembran ist in dieser Beziehung sehr lehrreich. Diese Haut bildet sich beim Eindringen zweier oder dreier Spermien genau so, wie wenn nur ein einziges eindringt. Hier ist eben eine allgemeine Reizung des Eiplasmas im Spiel, deren Effekt von der Quantität des auslösenden Mittels unabhängig ist. Hinsichtlich der Furchungszentren aber wirkt das Spermium nicht als Reiz, sondern als ein mit der Eizelle sich vereinigendes celluläres Individuum. Die Furchungszentren stehen zu dem Zentrum der Samenzelle in dem gleichen Verhältnis, wie sonst die Centrosomen von Tochter- und Mutterzelle. Eine physikalische oder chemische Auflösung dieser Seite des Befruchtungsproblems halte ich danach für ausgeschlossen. Höchstens in dem Sinn wäre sie

denkbar, daß es vielleicht einmal gelingen könnte, ganz allgemein den Kreislauf der Cytocentren und speziell ihre Teilung chemisch oder physikalisch verständlich zu machen. Doch scheint mir dafür bis jetzt kein Anzeichen vorzuliegen.

Als ein für die Befruchtungslehre allgemein interessantes Faktum sei zum Schluß hervorgehoben, daß, so sehr auch die sexuelle Mischung auf eine Vereinigung von nur einer weiblichen und einer männlichen Zelle berechnet erscheint, die Beteiligung zweier Spermien an der Entwickelung eines normalen Individuums doch möglich ist, ja daß sich bei Seeigeln ohne Zweifel Kinder, die zwei Väter besitzen, sehr leicht, wenn auch nicht in kontrollierbarer Weise, verwirklichen ließen.

Schon oben habe ich auf den Parallelismus hingewiesen, der zwischen dem doppeltbefruchteten Einfach-Ei und dem einfach befruchteten Doppel-Ei (ZUR STRASSENS Ascaris - Riesen) besteht. Nun ist aber, neben den oben erwähnten Unterschieden, zwischen diesen beiden Erscheinungen hier noch ein weiterer namhaft zu machen, daß nämlich in dem Fall von ZUR STRASSEN alle Zellen des neuen Organismus die gleiche Chromosomen-Kombination, aus zwei Ei- und einem Spermakern stammend, enthalten, wogegen bei der Dispermie eine solche Regelmäßigkeit nur im Fall des nicht sicher konstatierten Amphiaster-Typus (p. 25/26) verwirklicht wäre, sonst aber, wie wir erfahren haben, in verschiedenen Körperbezirken verschiedene verschiedene Chromosomen - Kombinationen stande kommen müssen, ja daß, wenn wir uns die Doppelbefruchtung durch zwei Spermien von verschiedenen Männchen vollzogen denken, das neue Individuum unter Umständen - so beim Doppelspindeltypus - in seiner einen Körperhälfte einen anderen Vater besitzt als in der anderen.

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Diese Erkenntnis legt eine letzte Frage nahe, ob sich nämlich ein gesunder dispermer Pluteus bis zum erwachsenen Seeigel entwickeln, ja vielleicht selbst wieder fortpflanzen könnte. Es liegt meines Erachtens kein Grund vor, daran zu zweifeln, daß Dreierplutei, wie z. B. der in Fig. 28 (Taf. IV) gezeichnete oder der mutmaßliche Doppelspindel-Pluteus der Fig. 75 (Taf. IX), sich zu typischen Seeigeln metamorphosieren könnten. Ja es darf nach den neueren Erfahrungen über die künstliche Züchtung von Seeigeln als durchaus im Bereich der Möglichkeit gelegen angesehen werden, daß die künstliche Aufzucht dispermer Plutei zu

Seeigeln gelingen könnte. Wie wir die dispermen Larven so häufig asymmetrisch gefunden haben, so ließen sich vielleicht auch für die fertigen Tiere gewisse Symmetriestörungen erwarten, vor allem aber wohl Störungen in den Geschlechtsorganen. Es sind mehrfach bei Echinodermen als Abnormität hermaphrodite Individuen beschrieben worden, wo einige Geschlechtsdrüsen männlich, andere weiblich waren. Es ist leicht möglich, daß Dispermie zu solchen Zuständen Veranlassung geben könnte. Des weiteren aber liegt die Vermutung nahe, daß die Geschlechtszellen dispermer Individuen in vielen Fällen abnorm werden, daß jedenfalls bei der Chromosomen reduktion charakteristische Abnormitäten auftreten müßten. Hier dürfte also Aussicht auf noch manche wichtige Erkenntnis gegeben sein.

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7) Ueber partielle Befruchtung. Sitz.-Ber. d. Ges. f. Morph. u. Phys. München, Bd. IV, 1888.

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Zellenstudien, Heft II. Die Befruchtung und Teilung des Eies von Ascaris meg. Jena 1888.

Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterliche Eigenschaften. Sitz.-Ber. d. Ges. f. Morph. u. Phys. München, Bd. V, 1889.

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Zellenstudien, Heft III. Ueber das Verhalten der chromatischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungskörper und bei der Befruchtung. Jena 1890.

Befruchtung. Ergebnisse der Anat. u. Entw.-Gesch., Bd. I,

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14) - Ueber die Befruchtungs- und Entwickelungsfähigkeit kernloser Seeigeleier und über die Möglichkeit ihrer Bastardierung. Arch. f. Entw.-Mech.. Bd. II, 1895.

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