Imagens das páginas
PDF
ePub

uns, besonders feierlich zu erfreuen oder zu strafen durch den Gang des Schicksals. So gelte denn auch für jene Frage die Meisterantwort: Von dem Tage aber und der Stunde weiß Niemand; auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater." So faffe es im Glauben, und erstarke daran, und fühle dich groß und glücklich, unsterbliche Seele! Wo die Ewigkeit beginnt, da hört die Rechnung nach Tagen und Stunden auf. Es glänzt über unsern Häuptern eine Sonne, die nimmer untergeht!

[ocr errors]

Vor Allem aber sei das uns das Erste, weil es ewig das Wichtigste bleibt: wie wir einen Tag empfangen wollen, den keiner vermeiden kann; wie wir aufwachen wollen vom Sündenschlaf," und hinüber uns retten in ein hellbesonnenes Dasein: wie wir von uns weisen wollen alle Anwandlungen des Leichtsinns, und dem ernsten Leben entgegen bringen ein ernstes Herz; wie wir „ablegen wollen das Wesen der Finsterniß, und anlegen die Waffen des Lichts;" wie wir Gott dienen wollen unser Lebelang in Heiligkeit und Gerech tigkeit, die ihm gefällig ist;" wie wir genügen wollen dem Berufe, und vollbringen, was uns obliegt, und einen Schaß edler Werke sammeln, weil es Tag ist," und lieben, und liebend segnen Alle, beren Loos an unsere Gesinnung geknüpft ward; wie wir endlich, wenn ihr erscheinet, Tage der Trübsal, unter die gewaltige Hand uns demüthigen wollen, und, leiden wir schuldlos,,,dem Alles anheim stellen, der da recht richtet." Ja, ihr Geliebten! Wird er kommen, der Herr, wird er kommen zum Weltgericht, und auch uns versammeln um seinen Stuhl;" so laffet uns ,,würdig werden, vor ihm zu stehen;" so lasset uns täglich, in Kindereinfalt, beten, und durch Mannesthat zeigen, wie es ernstlich. gemeint sei:

"

"

„Hilf Gott all'zeit! Mach uns bereit, zur ew'gen. Freud und Seligkeit." Amen.

XCIII.

Joseph Freiherr von Hammer: Purgstall.

(1774.)

Aus der „Geschichte des Osmanischen Reiches.“ *)
3rinys Ausgang.

(8. September 1566.)

(3weite Ausgabe. Zweiter Band. S. 321.)

Im ersten Sturme auf die innere Festung wurden von den Belagerten zwey Fahnen erbeutet, und der ehemahlige Statthalter von

„Geschichte des osmanischen Reiches, größtentheils aus bisher unbekannten Handschriften und Archiven durch Joseph von Hammer. 10 Bände, Pesth, 1827-1835. Zweite Ausgabe. Pesth, 1834-1836.′′

Aegypten, Ssoft Alipascha, getödtet, welcher von Kairo herbeygeeilt war, seinen Tod vor Szigeth's Mauern zu finden. Noch heißer war der Sturm drey Tage darauf, am Jahrestage der Schlacht von Mohacs, und der Eroberung von Ofen und Belgrad. Vier Tage hierauf unterließen die Janitscharen den begonnenen Sturm, um das große Bollwerk mit Minen zu untergraben. Am Morgen des fünften Septembers flammte dasselbe in hellen Brand auf, als Leichenfackel Suleiman's, der in der Nacht vom fünften auf den sechsten September, sey es aus Altersschwäche, sey es an der Ruhr, sey es am Schlage, gestorben war. Seinen Tod verheimlichte der Großwesir, und die Bewahrung des Geheimnisses soll durch die Erwürgung eines Arztes verbürgt worden seyn. Er hatte nicht den Trost, vor seinem Lode den Fall Szigeth's zu sehen, oder den der Uebergabe Gyula's zu hören, welches von Pertempascha mit fünf und zwanzigtausend Mann seit dem vierten Julius belagert, am ersten September von Keretsenyi übergeben worden war. Ungeduldig über die Dauer der Belagerung Szigeth's, hatte Suleiman noch kurz vor seinem Tode eigenhändig an den Großwesir geschrieben: Ist dieser Rauch denn noch nicht ausgebrannt, und „tönt denn noch nicht die Pauke der Eroberung?" In diesem Sinne wurden auch nach Suleiman's, nicht nur dem Heere, sondern selbst den Wefren verheimlichten Tode eigenhändige Schreiben des Sultans als Tagsbefehl kundgemacht. Der Verfasser derselben war Dschaaferaga, der damahlige oberste Waffenträger, welcher mit dem Geheimschreiber Feridun allein in das Staatsgeheimniß des Todes vom Großwesir eingeweiht worden, und welche beyde das in sie gefeßte Vertrauen in der Folge unter Selim des II., oder vielmehr des Großwesirs Sokolli Regierung, jener als des lezten Eidam und Janitscharenaga, dieser als Reis - Efendi, bewährten. Am achten September, nachdem die äußere Festung in Asche zusammengesunken, von der inneren nur der Thurm, worin die Pulverkammer noch unversehrt, und der Augenblick sich zu ergeben oder zu sterben gekommen war, wählte Zrinh den Tod des Helden mit besonnener Standhaftigkeit und Würde. Von seinem Kammerer Franz Cserenkö forderte er kurzes, seidenes Wamms, die goldene Kette um den Hals, und den schwarzen, mit Gold gestickten Federhut, unter dessen Reiherbuschen ein Diamant funkelte. Darauf läßt er hundert Ducaten wohlgezählt, und daß ja kein türkischer darunter, sondern lauter ungarische, in sein Wamms stecken, damit," spricht er, wer mich auszieht, nicht sagen könne, er habe nichts an mir gefunden." Dann fordert er die Schlüffel des Schlosses, steckt sie zu den Ducaten, und sagt:,,So lange ich meine Hand bewegen kann, „soll mir Niemand das Gold und die Schlüssel entreißen. Nach meinem "Lode mag's haben wer will, ich habe geschworen, daß man im türkischen Lager nicht mit Fingern auf mich weisen soll." Von vier mit Gold beschlagenen Säbeln, wählt er den ältesten. Mit diesem," sagt er,,,hab' ich zuerst Ehre und Ruhm erworben, mit diesem will ich „tragen, was Gottes Gericht über mich verhängt." Voraus ließ er die Fahne, hinter sich den Schild tragen; ohne Panzer, ohne Helm

trat er auf die Straße, unter die Schaar der Sechshundert, die sich mit ihm dem Tode geweiht, und feuerte ihren Muth noch durch kurze Anrede an, die er mit dem dreymahligen Rufe: Jesus!" beschloß. Schon brannte von allen Seiten das innere Schloß, es war die höchfte Zeit zum letzten Ausfalle. Unter dem Thore lag ein großer Mörser, mit zerschnittenem Eisen geladen, diesen befiehlt er abzufeuern, und gegen sechshundert der auf die Brücke andrängenden Stürmer stürzen zu Boden. Unter dem Rauche des abgefeuerten Mörsers bricht Zring, wie der Bliz aus der Donnerwolke, hervor; mit Lorenz Juranitsch, dem treuen Fahnenjunker, der das kaiserliche Panier schwang, voraus, stürzt er in der Feinde dichteste Reihen, und sogleich, von zwey Kugeln in der Brust, von einem Pfeile am Kopfe getroffen, darnieder. Drey mahl ertönt das Freudengeschrey Allah! Die Janitscharen tragen ihn ober ihren Köpfen zum Aga, noch lebend wird er auf der Lavette von Kaianer's Kanone, mit dem Gesichte voruntergelegt, und ihm der Kopf abgeschnitten; auf der Kanone Kazianer's! Diesen, den Verräther am Kaiser, hatte Zriny, ein Verräther am Gastrechte, auf seinem Schlosse ermorden lassen; auf diese Weise hat der ungarische Leonidas des Gastfreundes Mord auf der Kanone desselben, und den abgeschnit tenen Kopf des gefangenen Aga mit seinem eigenen gebüßt.

"

In dem Schlosse wüthete unterdessen Mord und Brand fort; der Weg ging nur über Haufen von Leichen; Weiber und Kinder wurden weggeschleppt, und oft von den Janitscharen, die sich darum ftritten, zerhauen. Zriny's Kämmerer, Schazmeister und Mündschenk waren lebendig gefangen, und denselben sogleich zum Spotte der Bart abgeschnitten und versengt worden. Der Großwestr ließ sie durch den Dolmetsch Ibrahim um Zriny's Schäße befragen. Der Mundschenk, ein Jüngling voll edlen ungarischen Stolzes, antwortete: „Hunderttausend ,,ungarische Ducaten, hunderttausend Thaler, tausend große und kleine ,,Becher und Gefäße hatte Zrinh, aber Alles hat er vernichtet; kaum sind Sachen vom Werthe von fünftausend Ducaten in einer Kiste ,,noch übrig, aber desto mehr hatte er Pulver, das jezt, während wir sprechen, auffliegen wird, so daß das Feuer, ohne welches ihr das Schloß nie erobert hättet, eures eigenen Heeres Verderben." Des Mundschenkes Aussage bestätigten die beyden Andern. Der Großwesir aufgelärmt, befahl dem Tschauschbaschi, mit den Tschauschen aufzusizen, und die nöthigen Vorkehrungen zur Abwendung solchen Unheils zu treffen. Kaum konnten sie die Anführer warnen, aus dem Wege zu gehen; ehe sie noch zum Schloffe hinkamen, flog der Thurm mit einem Gekrache, als ob der Himmel einstürzte, und mit dem Thurme über dreytausend Soldaten in die Luft. Zriny's Kopf mit seiner Sammthaube und goldenen Kette beförderte der Großwesir Sokolli noch am selben Tage durch den Oberstkämmerer Gulabi Aga an seinen Neffen, den Statthalter von Ofen, mit dem Auftrage, denselben in des Kaisers Lager zu senden. Dieser vollzog sogleich den empfangenen Auftrag, indem er das Haupt an den Grafen Eck von Salm übersandte. Später ward es durch Balthasar Bacsanyi nach Tschakathurn gebracht, und

dort im Helenakloster, an der Seite seiner ersten Gemahlinn, einer gebornen Frangipan, bestattet.

XCIV. Fried. Wilh. Jof. von Schelling.

(1775.)

1. Ueber das Studium der Historie.

(1803.)

Zehnte Vorlesung. *)

(S. 213.)

Wie das Absolute selbst in der Doppelgestalt der Natur und Geschichte als Ein und Dasselbige erscheint, zerlegt die Theologie als Indifferenzpunkt der realen Wissenschaften sich von der einen Seite in die Historie, von der andern in die Naturwissenschaft, deren jede ihren Gegenstand getrennt von dem andern und eben damit auch von der obersten Einheit betrachtet.

Dieß verhindert nicht, daß nicht jede derselben in sich den Centralpunkt herstellen, und so in das Urwissen zurückgehen könne.

Die gemeine Vorstellung der Natur und Geschichte ist, daß in jener alles durch empirische Nothwendigkeit, in dieser alles durch Freiheit geschehe. Aber eben dieß sind selbst nur die Formen oder Arten außer dem Absoluten zu seyn. Die Geschichte ist in so fern die höhere Potenz der Natur, als sie im Idealen ausdrückt, was diese im Realen : dem Wesen nach aber ist eben deßwegen dasselbe in beiden nur verändert durch die Bestimmung oder Potenz, unter der es gesetzt ist. Könnte in beiden das reine An-sich erblickt werden, so würden wir dasselbe, was in der Geschichte ideal, in der Natur real vorgebildet erkennen. Die Freiheit, als Erscheinung, kann nichts erschaffen; es ist Ein Universum, welches die zweifache Form der abgebildeten Welt jede für sich und in ihrer Art ausdrückt. Die vollendete Welt der Geschichte wäre demnach selbst eine ideale Natur, der Staat, als der äußere Organismus einer in der Freiheit selbst erreichten Harmonie der Nothwendigkeit und der Freiheit. Die Geschichte, so fern sie die Bildung dieses Vereins zum vorzüglichsten Gegenstand hat, wäre Geschichte im engern Sinn des Wortes.

Die Frage, welche uns hier zunächst entgegenkommt, nämlich ob Historie Wissenschaft seyn könne? scheint wegen ihrer Beantwortung feinen Zweifel zuzulassen. Wenn nämlich Historie, als solche, und von dieser ist die Rede, der Lezten entgegengesezt ist, wie im Vorhergehenden allgemein angenommen wurde, so ist klar, daß sie nicht selbst Wissen=

*),,Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Von W. J. Schelling. Zweite unveränderte Ausgabe. Stuttgart. Ch. Cotta. 1813. 8.

schaft seyn könne, und wenn die realen Wissenschaften Synthesen des Philosophischen und Historischen sind, so kann ebendeßwegen die Historie selbst nicht wieder eine solche seyn, so wenig als es Philosophie seyn kann. Sie träte also in der lezten Beziehung mit dieser auf gleichen Rang.

Um dieses Verhältniß noch bestimmter einzusehen, unterscheiden wit die verschiedenen Standpunkte, auf welchen Historie gedacht werden könnte.

Der höchste, der von uns im Vorhergehenden erkannt wurde, ift der religiöse oder derjenige, in welchem die ganze Geschichte als Werk der Vorsehung begriffen wird. Daß dieser nicht in der Historie als solcher geltend gemacht werden könne, folgt daraus, daß er von dem philosophischen nicht wesentlich verschieden ist. Es versteht sich, daß ich hiemit weder die religiöse noch die philosophische Construction der Geschichte läugne; allein jene gehört der Theologie, diese der Philosophie an, und ist von der Historie als solcher nothwendig entschieden.

Der entgegengesette Standpunkt des Absoluten ist der empirische, welcher wieder zwei Seiten hat. Die der reinen Aufnahme und Ausmittlung des Geschehenen, welche Sache des Geschichtforschers ist, ber von dem Historiker als solchen nur eine Seite repräsentirt. Die der Verbindung des empirischen Stoffs nach einer Verstandes - Idealität, oder, weil die leştere nicht in den Begebenheiten an und für sich selbst liegen kann, indem diese empirisch viel mehr zufällig und nicht harmonisch erscheinen, der Anordnung nach einem durch das Subject entwor: fenen Zweck, der in so fern didaktisch oder politisch ist. Diese Behand lung der Geschichte in ganz bestimmter, nicht allgemeiner Absicht ist, was, der von den Alten festgesezten Bedeutung zufolge, die pragmatische heißt. So ist Polybius, der sich über diesen Begriff ausdrücklich erklärt, pragmatisch wegen der ganz bestimmten auf die Technik des Kriegs gerichteten Absicht seiner Geschichtsbücher: so Tacitus, weil er Schritt vor Schritt an dem Verfall des römischen Staats die Wirkungen der Sittenlosigkeit und des Despotismus darstellt.

Die Modernen sind geneigt, den pragmatischen Geist für das Höchste in der Historie zu halten und zieren sich selbst untereinander mit dem Prädicat deffelben, als mit dem größten Lob. Aber eben wegen ihrer subjectiven Abhängigkeit wird Niemand, der Sinn hat, die Darstellungen der beiden angeführten Geschichtschreiber in den ersten Rang der Historie sezen. Bei den Deutschen hat es nun überdieß mit dem pragmatischen Geist in der Regel die Bewandtniß, wie bei dem Famulus in Göthes Faust: „Was sie den Geist der Zeiten nennen, „ist ihr eigner Geist, worin die Zeiten sich bespiegeln." In Griechenland ergriffen die erhabensten, gereiftesten, erfahrungsreichsten Geister den Griffel der Geschichte, um sie wie mit ewigen Charakteren zu schreiben. Herodotus ist ein wahrhaft Homerischer Kopf, im Thucydides concentrirt sich die ganze Bildung des Perikleischen Zeitalters zu einer göttlichen Anschauung. In Deutschland, wo die Wissenschaft immer mehr eine Sache der Industrie wird, wagen sich gerade die geistlosesten Köpfe an die Geschichte. Welch ein widerlicher Anblick, das Bild großer Begebenheiten und Charaktere im Organe ines kurzsichtigen und einfäl

« AnteriorContinuar »