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Stube sieht, in den Stuben rechts und links hört man Getümmel der Masken, welche sich versammeln. In der Mitte des Saals steht ein großes, zierliches Kohlenbecken Ponce sigt in seiner prächtigen Maske an dem Feuerkessel auf der Erde, neben einem Bedienten, sie braten sich Kastanien.)

Diener. Ihr stahlt mir schon wieder eine, Herr Ritter.

Ponce. Ei, du Kerl, ich sah so eben mit Freuden zu, wie sie verbrannte, weil du so geizig bist.

Diener. Sie wird euch das Herz abbrennen, so heiß ihr ste stahlt. Meint ihr vielleicht, ihr wäret freigebig, ich habe noch nichts davon gespürt.

Ponce. Danke Gott, denn gegen dich dürfte ich es nur mit Prügeln seyn, um nicht ein Verschwender aus Gutmüthigkeit zu werden. Diener. Freinehmig seyd ihr, denn ihr stehlt mir die Kastanien vor dem Maule weg, ich habe an euch gleichsam einen vornehmen Vormund.

Ponce. Kerl, du sprichst gut, hier auf beiden Seiten brummt es wie im Fegfeuer, und dort ist der Himmel, er ist leer, wir sizen in einer Art Vorhölle.

c. Aquilar. Ponce. Diener.

(S. 70.)

Ponce (ergreift ein Glas, und spricht schläfrig, doch bestimmt, und mit ruhiger, launiger Wärme. Diese Rede muß der Schauspieler gut verstehen wenn er sie nicht verderben will. Sie ist nicht Wortspiel, sie ist der Charakter des Ponce, der um wenige Punkte ein größeres Leben dreht, bis ihn die Liebe verwandelt. -)

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O gern will ich des Schlafes Ehre trinken; doch lieber Mohn, als Wein, dann schlief die Ehre ein, und auf der Ehre Schlaf läßt sich gut trinken und besser noch, wenn Ehr und Liebe bei einander schlafen, die eine will die andere nicht erwecken, und beide läßt die Sorge doch nicht schlafen. Die Ehre wacht über die Liebe, und die Liebe schläft über der Ehre ein. Aus Liebe wacht die Liebe wieder auf, und endlich macht die Ehre sich eine Ehre daraus, einzuschlafen, sie drückt ein Auge zu; nun kann die Liebe recht erwachen, und nun ist es gefährlich, die Ehr' der Ehre steht auf dem Spiel drum trink ich auf der Ehre Schlaf; der Schlaf wär' wahrlich nicht zu ehren, er wäre bloß zu schlafen, wenn die Ehre nicht in ihm einschliefe, daß die Liebe wachen könne. Pfui! des Schlafes Schlaf Heya popeya, Ehre. Nun Wein her, Wein, daß Liebe recht erwache, (er trinkt schnell) o süßer Schlaf der Ehre, wo Liebe wacht, -gute Nacht! (Er sezt sich wieder sinnend hin, wie vorher, die ganze Rede scheint er nur für sich allein gesagt zu haben.)

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Sarmiento. Er zwingt uns beinahe, über seine Liebe und Ehre einzuschlafen.

Aquilar. Wahrlich, das war eine Gesundheit für einen Ueberz wachten, dem das Schlafen gesund ist. He Ponce!

Bonce. O füßer Schlaf der Ehre, wo Liebe wacht, gute Nacht. Felir. Er geht mit Ehre und Liebe um, wie ein Nachtwandler, der umgeht.

Aquilar. Die Ehre und die Liebe sind ihm Dinge, die er über sein Leben hintanzen, kommen und verschwinden läßt, wie die Schiefer: steine, welche die Knaben über's Wasser hintanzen lassen, man nennt diese Würfe Jungfernfinder.

(Der schlafende Diener schnarcht.)

Ponce, wache auf, deine Ehre schnarcht!

Ponce. Der Schnarchende ist wie ein Wecker an der Uhr, (er geht zu dem Bedienten, nimmt den Bogen der Geige) er schnarcht aus bem Fmoll Adagio, ich will ihn ins dur Allegro bringen.

Aquilar. Ich sah den Flegel nicht.

Ponce. Still, wer so der holden Musik im Arme liegt, den soll Musik erwecken. (Er geigt, sie lachen.)

(Schlaftrunken)

Bedienter. Laß mich, Camerad, verdammter Kasten, die ganze Nacht ließt du auf dir herumgeigen, und nun mich nicht einmal bei dir ruhen.

Ponce. Er wird ungezogen, beleidigt das Ohr der Musik mit Zweideutigkeiten, sie ereifert sich. (Geigt lebhaft.)

Bedienter. (Aufspringend.) Unfreundliches Wesen, dummes Gefäß (fieht seine Herren sich besinnend an, alle lachen, er läuft fort.)

d. Valerio. Valeria. Alonso, ein Schulmeister.

(S. 230.)

Alonso. Seyd ihr der Hausmeister? Hier ist ein Brief an euch. Valerio. (Liest.) Gut, ich mache euch mein Compliment, Herr Schulmeister. Es ist mir leid, daß ihr so frühen Auftrag erhieltet.

Alonso. Früh gesattelt und spät geritten, was man früh lernt, kömmt einen spät zu Statten.

Valerio. Nur nicht zu spät. Wieviel streitbare Männer habt thr im Dorfe?

Alonso. Ach, die lassen sich zählen, beffer als die Prügel, die sie von ihren streitsüchtigen Weibern kriegen mögen.

Valerio. Die Prügel mögen den Lakt und die Taktik in sie schlagen, denn die Ordre im Briefe des gnädigen Herrn lautet: liest Der Herr Schulmeister wird euch eine Anzahl Musikanten stellen, welche, eh' sie ihr freundliches Spiel anfangen, voll feindlichem Ernst zu seyn scheinen."

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Alonso. Alles das zusammen wird Mühe kosten. Lasset uns erwägen, voll feindlichem Ernst voll? nun das wäre zu haben, wenn ihr eine gute Portion Wein zum Besten gebt, feindlich? ja, auch To volle Leute werden grob, und prügeln sich untereinander, leider, Telder. Ernst? das ist nun der böse Punct, es wäre selbst nicht zu

hoffen, nein, es wäre schrecklich, wenn es einem Besoffenen Ernst wäre. Huy, das gebe der Lehre vom Guten und Bösen eine böse Wendung.

Valerio Nun, das wird sich Alles finden, wenn eure Mustkanten nur gut spielen.

Alonso. Ich will sie euch zusammen zählen, ob sie gut zusammen zählen, oder zusammen spielen werden, muß der Himmel verfügen, denn es sind einige theoretische Genies unter ihnen, die Alles schlechter geigen, als die andern, aber dafür wieder Alles besser wissen; in meinem Dorfe sind drei Lautenschläger, aber nur eine Laute.

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Valeria. Wenn sie nur nicht alle drei auf der einen Laute schlagen wollen.

Alonso. Eher stünde zu erwarten, daß sie sich um die eine Laute schlügen.

Valerio. Hier im Schlosse sind zwei Lauten.,

Alonso. So wäre geholfen, dann habe ich einen Geiger, der etwas mager, und auf der E Saite nicht ganz capable ist.

Valerio. Gott gebe dann, daß er nicht verheirathet sey.

Alonso. Oder Gott nehme ihm® seine Frau, dann habe ich einen Pfeifer, der von der Armee zurückblicb, weil er die schnellen Märsche nicht vertragen kann.

Valeria. Er wird wohl nur Leichenmärsche blasen können, der paßt nicht zur Hochzeit.

Valerio. Er hat wohl die Schwindsucht, weil er die schnellen Märsche nicht blasen konnte?

Alonso. ! er mußte leider so viel blasen, daß er keine Zeit zum Pfeifen behielt, er ist sehr dick, und da es zu schnell in den Krieg ging, Eefam er unterwegs die Verschwindsucht, verirrte sich in ein Kornfeld, und fand den Weg nach Haus; bei der Armee glaubt man noch jezt, er sey unterwegs geschmolzen, übrigens ist er ein pfiffiger Pfeifer Valerio. Summa Summarum?

Alonso. Summa Summarum mit diesen fünfen, und mehreren aus der Gegend, welche aber nur Biskajische Tänze spielen können, wird ein Duzend zusammen zu bringen seyn. Gott gebe, daß ste zusam

men bleiben.

Valeria. Zusammen pausiren werden sie vortrefflich.

Valerio. Diese schlechten Musikanten und guten Leute also werden sich unter eurer Anführung im Walde versammlen, wo sie sich wo möglich so still als möglich verhalten werden; ihr sollt einem jeden ein Seitengewehr verschaffen, ihre Instrumente werde ich von einem hier empfangen, und verwahren bis zur gehörigen Zeit, im Walde werdet ihr Effen und Trinken finden, damit der Hunger euer Stillschweigen nicht bricht, und ihr, Herr Alonso, steht vor die Nüchternheit.

Alonso. Ich werde so mäßig seyn, daß ich noch vor ihnen stehen kann, wenn sie noch so trunken wären.

2. Geschichte vom braven Kasperl und schönen Annerl. *)

Novelle.

(Zweites Bändchen. S. 7.)

Es war Sommers Frühe, die Nachtigallen sangen erst seit einigen Tagen durch die Straßen, und verstummten heut in einer kühlen Nacht, welche von fernen Gewittern zu uns herwehte; der Nachtwächter rief die elfte Stunde an, da sah ich, nach Hause gehend, vor der Thür eines großen Gebäudes einen Trupp von allerlei Gesellen, die vom Biere kamen, um Jemand, der auf den Thürstufen saß, versammelt.

Eine alte Bäuerin saß auf der Treppe, und so lebhaft die Gesellen sich um sie bekümmerten, so wenig ließ sie sich von den neugierigen Fragen und gutmüthigen Vorschlägen derselben stören. Es hatte etwas sehr Befremdendes, ja schier Großes, wie die gute alte Frau so sehr wußte, was sie wollte, daß ste, als sey sie ganz allein in ihrem Kämmerlein, mitten unter Leuten es sich unter freiem Himmel zur Nachtruhe bequem machte. Sie nahm ihre Schürze als ein Mäntelchen um, zog ihren schwarzen wachsleinen Hut tiefer in die Augen, legte sich ihr Bündel unter den Kopf und gab auf keine Frage Antwort.

Was fehlt dieser alten Frau? fragte ich einen der Anwesenden, da kamen Antworten von allen Seiten: Sie kommt sechs Meilen Wegs vom Lande, sie kann nicht weiter, sie weiß nicht Bescheid in der Stadt, sie hat Befreundete am andern Ende der Stadt und kann sich nicht hinfinden. Ich wollte sie führen, sagte Einer, aber es ist ein weiter Weg und ich habe meinen Hausschlüssel nicht bei mir. Auch würde ich das Haus nicht kennen, wo sie hin will. Aber hier kann die Frau nicht liegen bleiben, sagte ein Neuhinzugetretener. Sie will aber plat terdings, antwortete der Erste, ich habe es ihr längst gesagt: ich wolle ste nach Hause bringen, doch sie redet ganz verwirrt, ja sie muß wohl betrunken seyn. Ich glaube, sie ist blödsinnig. Aber hier kann sie doch in keinem Falle bleiben, wiederholte Jener, die Nacht ist kühl und lang.

Während allem diesem Gerede war die Alte, gerade als ob sie taub und blind sey, ganz ungestört mit ihrer Zubereitung fertig geworden, und da der Lezte abermals sagte: Hier kann sie doch nicht bleiben, erwiederte sie, mit einer wunderlich tiefen und ernsten Stimme:

Warum soll ich nicht hier bleiben, ist dies nicht ein herzogliches Haus, ich bin achtundachtzig Jahre alt, und der Herzog wird mich gewiß nicht von seiner Schwelle treiben. Drei Söhne sind in seinem Dienst gestorben, und mein einziger Enkel hat seinen Abschied genom men; Gott verzeiht es ihm gewiß, und ich will nicht sterben, bis er in einem ehrlichen Grab liegt.

Achtundachtzig Jahre und sechs Meilen gelaufen! sagten die Umste henden, sie ist müde und kindisch, in solchem Alter wird der Mensch schwach.

*) Aus den „Gaben der Milde. Berlin. 1817. Vier Bändchen." 8.

Mutter, sie kann aber den Schnupfen kriegen und sehr krank werden hier, und Langeweile wird sie auch haben, sprach nun einer der Gesellen und beugte sich näher zu ihr.

Da sprach die Alte wieder mit ihrer tiefen Stimme, halb bittend, halb befehlend:

last mir meine Ruhe, und seyd nicht unvernünftig; ich brauche keinen Schnupfen, ich brauche keine Langeweile: es ist ja schon spät an der Zeit, achtundachtzig bin ich alt, der Morgen wird bald anbrechen, da geh' ich zu meinen Befreundeten. Wenn ein Mensch fromm ist, und hat Schicksale, und kann beten, so kann er die paar armen Stunden auch noch wohl hinbringen.

Die Leute hatten sich nach und nach verloren, und die lezten, welche noch dastanden, eilten auch hinweg, weil der Nachtwächter durch die Straße kam und sie sich von ihm ihre Wohnungen wollten öffnen laffen. So war ich allein noch gegenwärtig. Die Straße ward ruhiger. Ich wandelte nachdenkend unter den Bäumen des vor mir liegenden freien Plazes auf und nieder; das Wesen der Bäuerin, ihr bestimmter ernster Ton, ihre Sicherheit im Leben, das sie achtundachtzigmal mit seinen Jahreszeiten hatte zurückkehren sehen, und das ihr nur wie ein Vorsaal im Bethause erschien, hatten mich mannigfach erschüttert. Was find alle Leiden, alle Begierden meiner Brust, die Sterne gehen ewig unbekümmert ihren Weg, wozu suche ich Erquickung und Labung, und von wem suche ich sie und für wen? Alles, was ich hier suche und liebe und erringe, wird es mich je dahin bringen, so ruhig wie diese gute fromme Seele, die Nacht auf der Schwelle des Hauses zubringen zu können, bis der Morgen erscheint, und werde ich dann den Freund finden, wie sie? Ach, ich werde die Stadt gar nicht erreichen, ich werde wegemüde schon in dem Sande vor dem Thore umsinken und vielleicht gar in die Hände der Räuber fallen. So sprach ich zu mir selbst, und als ich durch den Lindengang mich der Alten wieder näherte, hörte ich sie halb laut mit gesenktem Kopfe vor sich hin beten. Ich war wunderbar gerührt, und trat zu ihr hin und sprach: Mit Gott, fromme Mutter, bete sie auch ein wenig für mich bei welchen Worten ich ihr einen Thaler in die Schürze warf.

Die Alte sagte hierauf ganz ruhig: Hab tausend Dank, mein lieber Herr, daß Du mein Gebet erhört.

Ich glaubte, sie spreche mit mir und sagte: Mutter, habt Ihr mich denn um etwas gebeten? ich wüßte nicht.

Da fuhr die Alte überrascht auf und sprach: Lieber Herr, gehe er doch nach Haus und bete er fein und lege er sich schlafen. Was zicht er so spät noch auf der Gasse herum, das ist jungen Gesellen gar nichts nüße, denn der Feind geht um, und suchet, wo er sich einen erfange. Es ist Mancher durch solch Nachtlaufen verdorben: wen sucht Er, den Herrn? der ist in des Menschen Herz, so er züchtiglich lebt, und nicht auf der Gasse. Sucht er aber den Feind, so hat er ihn schon; gehe er hübsch nach Haus und bete er, daß er ihn los werde. Gute Nacht. Nach diesen Worten wendete sie sich ganz ruhig nach der andern

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