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mehrmals wiederholte, nämlich daß Jeder nur darum bekümmert seyn solle, in seiner speciellen Sphäre, groß oder klein, recht treu und mit Liebe fortzuwirken, so werde der allgemeine Segen auch unter keiner Regierungsform ausbleiben. Er für seine Person habe es nicht anders gemacht, und ich mache es in M. ja ebenfalls so, segte er gutmüthig hinzu, unbekümmert was andere Interessen geböten. Ich meinte nun freilich, mit aller Bescheidenheit, daß, so wahr und herrlich dieser Grundfaz sey, ich doch glaube, eine constitutionelle Regierungsform müsse ihn eben erst recht ins Leben rufen, weil sie offenbar in jedem Individuum die Ueberzeugung größerer Sicherheit für Person und Eigenthum, folg= lich die freudigste Thatkraft und zugleich damit die zuverläßigste Vaterlandsliebe begründe, hierdurch aber dem stillen Wirken in eines Jeden Kreise eben eine weit solidere allgemeine Basis gegeben würde, und führte endlich, vielleicht ungeschickt, England als Beleg für meine Behauptung an. Er erwiederte gleich, das Beispiel sey nicht zum besten gewählt, denn in keinem Lande herrsche eben Egoismus mehr vor, kein Volk sey vielleicht wesentlich inhumaner in politischen und Privat - Verhältnissen, nicht von außen herein durch Regierungsform käme das Heil, sondern von innen heraus durch weise Beschränkung und bescheidene Thätigkeit eines Jeden in seinem Kreise. Dies bleibe immer die Hauptsache zum menschlichen Glücke, und sev am leichtesten und einfachsten zu erlangen.

Von Lord Byron redete er nachher mit vieler Liebe, fast wie ein Vater von seinem Sohne, was meinem hohen Enthusiasmus für diesen großen Dichter sehr wohl that. Er widersprach unter andern auch der albernen Behauptung, daß Manfred eine Nachbetung seines Faust sey, doch seh es ihm allerdings als etwas Interessantes aufgefallen, sagte er, daß Byron unbewußt sich derselben Maske des Mephistopheles wie er bedient habe, obgleich freilich Byron sie ganz anders spielen lasse. Er bedauerte es sehr, den Lord nie persönlich kennen gelernt zu haben, und tadelte streng, und gewiß mit dem höchsten Rechte, die englische Nation, daß sie ihren großen Landsmann so kleinlich beurtheile und im Allgemeinen so wenig verstanden habe. Doch hierüber hat sich Goethe so genügend und schön öffentlich ausgesprochen, daß ich nichts weiter hinzuzufügen brauche. Ich erwähnte zulezt der Aufführung des Faust auf einem Privattheater zu Berlin, mit Musik vom Fürsten Radziwil und lobte den ergreifenden Effect einiger Theile dieser Darstellung. „Nun,“ sagte Goethe gravitätisch,,, es ist ein eigenes Unternehmen, aber alle Ansichten und Versuche sind zu ehren.“

Ich grollte meinem schlechten Gedächtniß, daß ich mich nicht mehr aus unsrer ziemlich belebten Unterhaltung eben erinnern kann. Mit hoher Ehrfurcht und Liebe verließ ich den großen Mann, den dritten im Bunde mit Homer und Shakspeare, dessen Name unsterblich glänzen wird, so lange deutsche Zunge sich erhält, und wäre irgend etwas von Mephistopheles in mir gewesen, so hätte ich auf der Treppe gewiß auch ausgerufen:

Es ist doch schön von einem großen Herrn,

mit einem armen Teufel so human zu sprechen.

4. Das Wettrennen zu Newmarket.

(Dritter Band. S. 72.),

Newmarket, ven 19. Oktober.

Die Schönheit des Landes, und die ungemeine Zierlichkeit aller Orte, durch die mein heutiger Weg mich führte, frappirte mich von neuem auf das angenehmste. Diese eben so fruchtbaren als geordneten Landschaften, diese Laufende von behaglichen und lieblichen Landhäusern, auf allen Punkten der Gegend vertheilt, dies fortwährende Gewühl von eleganten Wagen, Reitern und wohlgekleideten Fußgängern sind nur England eigen. Es hat aber dieses schöne Ganze doch einen Fehler, es ist alles zu kultivirt, zu vollendet, deshalb immer und überall das= felbe, und folglich auf die Länge ermüdend, ja ich kann mir sogar denken, daß es endlich widerlich werden muß, wie den Uebersatten eine duftende Schüssel voller Delikatessen aneckelt. Dies mag auch die große Reiselust der Engländer zum Theil erklären. Es ist gerade so wie im Leben, wo der Mensch ganz ungestörtes Glück am wenigsten vertragen kann, weshalb der liebe Gott vielleicht auch unsern Stammvater Adam hauptsächlich nur, um ihn nicht vor langer Weile daselbst umkommen zu lassen, aus dem Paradiese jagte.

Heute war indeß für einige Schattenbeimischung gesorgt. Wegen der großen Concurrenz zum Wettrennen traf ich auf allen Stationen nur höchst abgetriebene Pferde, manchmal gar keine, so daß ich, wenigstens nach englischem Maßstabe, erbärmlich gefahren wurde, und erst spät in der Nacht Newmarket erreichte.

Nirgends war in den Gasthöfen Plaz zu finden, und ich mußte mich zuletzt noch sehr glücklich schäzen, in einem Privathause eine kleine Stube für 5 Guineen die Woche zu erhalten. Glücklicherweise traf_ich einen guten Bekannten in demselben Hause an, einen kleinen ungarischen Magnaten-Sohn, der durch Anspruchslosigkeit und frohe Lebensluft dazu gemacht scheint, sich und Andern in der Welt zu gefallen. Ich verehre solche Naturen, weil sie so grade Alles bestzen, was mir fehlt.

Den nächsten Morgen schon ritt ich mit ihm umher, um uns ein wenig zu orientiren. Ein Tag gleicht hier dem andern, wie ein Cy dem andern. Früh halb 9 Uhr sieht man zuerst auf einem Hügel einige hundert Rennpferde, in Decken eingehüllt, ihre Morgenpromenade machen, Der weit ausgedehnte kahle Grashügel ist überall mit ihnen, wie mit einer Heerde bedeckt, einige gehen im Schritt umher, andere gallopiren, bald langsamer, bald schneller, doch nie im vollen Lauf. Ein Aufseher, auf einem kleinen Pony reitend, begleitet in der Regel die Pferde, welche demselben Herrn gehören, oder bei demselben Traininggroom in Kost und Wartung sind. Die Rennpferde selbst werden hier alle von kleinen, nur halbangezogenen Jungen auf der Decke geritten, von denen auch gelegentlich einer zum Vergnügen der Zuschauer abgeworfen wird. Ist diese für den Pferdeliebhaber allerdings sehr interessante Besichtigung vorbei, so frühstückt man, geht wohl noch eine halbe Stunde auf die Pferdeauction, welche, von dem allbekannten

Herrn Tattersall geleitet, beinahe alle Tage auf offener Straße statt findet, und reitet oder fährt dann zum Wettrennen.

Dieses beginnt ziemlich pünktlich um 12 Uhr. Eine unabsehbare Grasplaine mit feinem dichten Hutungsrasen bewachsen, ist der Kampfplag, wo verschiedene Distanzen, von einer ganzen deutschen Meile, als Marimum, bis zu und 1/16 als Minimum, stets in grader Linie durchlaufen werden. Diese Bahn ist gegen das Ende hin auf beiden Seiten mit Stricken eingefaßt, längs welchen außerhalb drei- und vierfache Reihen größtentheils ausgespannter Wagen stehen, die von oben bis unten, inwendig und auswendig mit Zuschauern besezt sind. Am Ziele selbst befindet sich ein Bretterhäuschen, ohngefähr wie die Schäfer in manchen Gegenden Deutschlands zu haben pflegen, auf Räder gestellt, so daß man es beliebig weiter rücken kann, wenn das Ziel verlängert øder verkürzt werden soll. In diesem sigt der Kampfrichter, um vermöge, einer gegenüber eingegrabenen Stange, genau visiren zu können, welches Pferdes Nase die erste in dieser Linie erscheint; denn oftent= scheidet nur ein Zoll, und es ist eine sehr gescheite Politik und Hauptkunft der hiesigen Jokeys, die wahre Schnelligkeit ihrer Pferde so wenig als möglich zu verrathen, sondern nur grade so viel davon zu zeigen, als zum Gewinnen eben nöthig ist. Sehen sie, daß sie keine Chance mehr haben, so bleiben sie lieber gleich ganz zurück, da hingegen diejenigen, welche um den Sieg noch streiten, am Ziele immer nur sehr wenig auseinander sind. Das groteske Schauspiel eines Reiters, der, 1000 Schritt zurück, noch immer wie eine Dampfmaschine mit Sporen und Gerte sich auf seinem Pferde abarbeitet, sieht man nur in Deutschland und Frankreich. Sind zwei Pferde völlig in gleicher Linie am Ziele angekommen, so müssen sie noch einmal laufen, was öfters vorfällt. Der Kampfrichter ist daher vereidet, und von seinem Ausspruch kein Appell. Die englischen Jokeys (nicht kleine Jungens, wie man zuweilen im Auslande denkt, sondern oft alte Diminutiv- Greise von 60 Jahren) bilden eine eigne Zunft, und sind die besten praktischen Reiter, die ich kenne. Es sind immer möglichst kleine und schmächtige Leute, die sich durch künstliches Schwißen, Purgiren u. f. w. fortwäh rend so viel als möglich reduziren. Du erinnerst Dich, daß ich selbst früher Rennpferde hielt, wo ich einen Newmarket Jokey eine Zeit lang im Dienst behielt, der unter andern in Wien eine bedeutende Wette für mich gewann. Es belustigte mich sehr, diesen Menschen zu sehen, wenn er sich selbst in training feste, und, nachdem er sich durch mehrere Laranzen gestärkt hatte, in der größten Hiße, mit drei oder vier Pelzen bekleidet, im Trabe gewisse Distanzen ablief, bis der Schweiß stromweise von ihm herabrann, und er selbst vor Mattigkeit fast hinsank, mais tel était son plaisir, und je miserabler er sich fühlte, je zufriedener

war er.

Auch dies kömmt jedoch auf die Bestimmung an; denn leichter, als wie zu einer Hauptgelegenheit, wo viel zu verdienen ist, erfordert wird, ist es nicht rathsam sich zu machen, indem Bley in den Gurt nehmen zu müssen für Pferd und Reiter unbequem ist, und Du weißt III.

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schon, daß auf diese Weise das bestimmte Gewicht, welches ein Pferd tragen muß, regulirt wird.

In einer gewissen Distanz vom Ziele, nach dem Punkte des Auslaufs zu, steht, etwa hundert Schritt seitwärts, eine andere weiße Stange, the betting post genannt. Hier versammeln sich die Wettenden, nach dem sie vorher die Pferde in den Ställen, am Beginn der Bahn, fatteln gesehen, und sich noch genau von allen etwa obwaltenden Umständen überzeugt, vielleicht auch den ergebenen Jokeys Winke ertheilt haben. Für Manchen möchte das, was hier vorgeht, von allem das befremdendste Schauspiel seyn. Es hat, des Lärmens und verworrenen Schreiens wegen, viel Aehnlichkeit mit einer Judenschule, nur daß mehr Leidenschaft dabei sichtbar wird, und das active Personal eben sowohl aus den ersten Pairs von England, als Livrcebedienten, den gemeinsten sharpers und black legs (Betrüger und Gauner) besteht, kurz aus Allem, was Geld zu verwetten hat, und hier gleiche Rechte in Anspruch nimmt, auch im Aeußern keinen wesentlichen Unterschied darbietet noch verschieden mit einander umgeht. Die meisten haben Taschenbücher in der Hand, jeder schreit seine Anerbietungen aus, und wer sie arnimmt, notirt es mit Jenem zugleich in sein Buch. Herzöge, Lords, Stallknechte, Spizbuben, Alles brüllt durcheinander, und wettet mit einander, mit einer Volubilität und in Kunstausdrücken, aus denen ein Fremder ohne Langes Studium nicht klug werden kann, bis plöglich der Ruf ertönt: die Pferde sind abgelaufen.

Schnell stiebt nun der Haufe auseinander, die Wettlustigen suchen sich aber wieder an den Stricken, die die Bahn einfaffen, zusammen zu finden. Eine Menge lange Perspektive, Operngucker, Lorgnetten sieht man, von den Wagen und Reitern aus, nach den von fern herankommenden Jokeys gerichtet. Mit Windesschnelle eilen diese immer näher, und einige Momente schwebt banges Schweigen über der bunten Menge, während ein Aufseher zu Pferde die Bahn frei hält, und jeden Eindringling ohne Umstände mit der Peitsche zurück zwingt. Doch nur Momente dauert die Ruhe, bald erhebt sich von Neuem das wildeste Getümmel, lautes Jauchzen und Klagen, Fluchen und Beifallsgeschrei schallt von allen Seiten, von Herren und Damen, herüber und hinüber. Zehn gegen vier auf den Admiral, Hundert gegen eins auf Putana, Smallbeer against the field (Schmalbier gegen alle anderen) KaroBube gewinnt u. s. w.“ hört man wüthend von den Wettern schreien, und kaum hat man hie und da ein „Done" (cs gilt) vernommen, so find die edlen Thiere auch schon heran, im Nu vorbei, im Zweiten am Ziele, und das Schicksal, oder Geschicklichkeit, oder Betrug haben entschieden. Starr sehen die großen Verlierer einen Augenblick vor sich hin, laut triumphiren die Gewinner, Manche machen bonne mine à mauvais jeu, Alle aber jagen jezt schnell den Jokeys nach, um diese wiegen und die Pferde absatteln zu sehen, ob ihnen dort vielleicht eine vorgefallene Unregelmäßigkeit noch eine Chance gewähren möchte. In einer Viertelstunde beginnt mit andern Pferden dasselbe Spiel von Neuem, und wiederholt sich so sechs bis siebenmal. Voilà les courses de Newmarket.

CXIX. König Ludwig von Bayern.

(1786.)

Rede des Königs bei Eröffnung der bayrischen Ständekammer, am 8. März 1834.

(Allgemeine Zeitung. Nro. 69. Beilage S. 273 1834)

Meine Lieben und Getreuen, die Stände des Reichs! Eifrig war ich bemüht, mit dem Königreiche Preußen, mit dem von Sachsen, dem Churfürstenthume und dem Großherzogthume Hessen, so wie mit den thüringischen Ländern einen Zollverein zu schließen, es ist gelungen; mit Freuden spreche ich davon, denn eine Quelle des Segens für Bayern wird dieser Zollverein sein, und fester das Band knüpfen, welches die Deutschen vereinigt. Daß sich dieser Zollverein ausdehne, und ein Handelsvertrag. mit der österreichischen Monarchie zu Stande komme, hoffe ich, damit alle meine Unterthanen eines erweiterten Verkehrs theilhaftig werden. Eine neue Krone ist an mein Haus gekommen; nach Griechenlands Wunsch durch der drei verbündeten Mächte freundliche Einwirkung wurde mein geliebter Sohn Otto dessen König; meines Volkes warme Theilnahme erhöht mir den Werth dieses Ereig= nisses. Dem Handel und dem Gewerbsfleiße Bayerns wird hierdurch eine neue Straße geöffnet. Die Verehlichung einer geliebten Tochter mit dem Erbgroßherzoge von Hessen befreundete noch mehr zwei Häuser, die es bereits waren. Unordnungen haben seit dem lezten Landtage an einigen wenigen Orten des Königreichs stattgefunden, aber gerade, daß sie sich auf sehr wenige beschränkt, bezeugt des Landes gute Gesinnung. Ich weiß die meines Volkes von jener der Partei zu unterschei= den, die sich fälschlich für dessen Stimme ausgibt; herrschen will sie, alles Bestehende vernichten, sie will die Verfassung umstürzen, an die ich gewissenhaft halte. Meine Bayern licben mich, sie kennen mein Bestre= ben für ihr Wohl. Der Rechnungen Vorlage wird durch meine Minifer geschehen, deßgleichen werden sie mehrere Gesezesentwürfe zum Beirath und zur Zustimmung den Ständen des Reichs vorlegen, darunter Verbesserungen derer, welche die Ansässigkeitsmachung, das Gewerbswesen und das Gemeindewesen betreffen, woraus meine Lieben und Getreuen die Stände des Reichs ersehen werden, daß auf ihre Wünsche von mir Bedacht genommen wurde. Die Erwartung habe ich, daß dieser Landtag sich rühmlich auszeichnen werde unter Allen, und diese Erwartung wird nicht getäuscht werden.

CXX. Johannes Voigt.

(1786.)

Marienburg als Meistersiz des deutschen Ordens.

Für das ganze Land war des Hochmeisters beständige Anwesenheit in Preußen von der wichtigsten Bedeutung; denn zunächst erhielten schon die einzelnen Bezirksverweser oder die Komthure des Landes eine ver

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