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als farbige Pforte wendete. Da warf sich der Wandrer jammernd zur Erde nieder, in höchster Noth, der Verzweiflung nah und stöhnte: Wehe mir! wehe! wehe! diese gehen zum kühlen Brunnen dahin, und ich muß im heißen Sande verschmachten, denn meine Missethat war groß und streifte des Himmels Wölbung, aber meine Reue kann das Ohr des ewigen Erbarmers nicht erreichen! Giebt es denn für mich noch Gnade?"

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Der Gärtner wendete sich, blickte ihm mild in's Auge und sprach: Ich bin die Gnade und das Erbarmen. Hoffe!"

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Wie Constantin in Wolken das Symbol der Erlösung gesehen und mit dem festen Glauben an die Worte: „In diesem Zeichen wirst du siegen, die Feinde überwunden, so galt Xaver'n das heilige Kreuz" als Losung; es war kein blinder Zufall, der ihm gerade dieß Schiff zugeführt, Gott wollte es und gab dem Apostel, wie durch ein sinniges Wortspiel, seinen Entschluß zu erkennen. Und so unerschütterlich war in dem gottgläubigen Xaver diese Ueberzeugung, daß er allen Vorstellungen, allen Hindernissen trotte, in denen jeder Andre vielleicht gerade den warnenden Finger Gottes erkannt hätte.

Nachdem er in Goa die hierarchischen Geschäfte zum Nußen der Gesellschaft Jesu bestellt, und Gaspar Barzé zum Viceprovinzial von Indien eingesezt hatte, ging er am 12. April 1552 auf dem „heiligen Kreuz," welches seinem Freunde Jago Pereira, einem reichen portugiestschen Kaufmann gehörte, mit Balthasar Gago, Peter Alcaceva, Franz Gonzalez, Eduard Sylva, Alvarez Pereira de Monte-Mayor und einem jungen im Seminar zu Goa erzogenen Chinesen unter Segel. Alle diese geistlichen Personen theilten mehr oder minder Xaver's lebhafte Hoffnung, China zu bekehren, während die übrige Mannschaft des Schiffes auf Anknüpfung von Handelsverbindungen und großen Gewinn zählte, der durch diese Seefahrt aus dem fabelhaften China, wie aus einem unerschöpflichen Goldbrunnen, geholt werden könne. Wohlauf, Argonauten! Frisch zu! Winde und Wellen schmiegen sich sanft in die Segel, an die Borde des Schiffes. Da schwimmt es dahin, wie von breiten Tritonenrücken getragen, das heilige Kreuz, goldig schimmert am Bugspriet das erhabene Symbol des Glaubens, und vor ihm her weichen die Fluthen, als wollten sie die grünen Glieder am Sonnenglanz behaglich strecken; die wunderlich geformten Bewohner des Oceans schießen neugierig aus den Tiefen empor. Auf dem Verdecke stehn die kühnen Männer von. der Gesellschaft Jesu, die Krieger ohne

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*),, Loyola,' von Eduard Duller. 3 Bände. Frankfurt am Main, D. Sauerländer. 1836.

III.

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Waffen, zum Gebet um den Sieg vereint, in ihrer Mitte Xaver, freu dig verklärten Blickes gen Himmel schauend, dessen Bürgschaft er in der Brust trägt. Die andern Alle hoffen auf das Gelingen, ist überzeugt, daß er vollenden muß!

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Xaver

In Malacca, wo sie landen, wüthet die Pest. Der Gouverneur, Don Alvarez d'Ataide sieht mit geheimem Neid sie kommen, ungeheuren Gewinn holen. Er widersezt sich der Weiterfahrt. ,,Es sei unwürdig, daß ein bloßer Kaufmann, wie Pereira, als Abgesandter zu dem größten Monarchen der Erde gehe." Ataide sucht das Unternehmen auf jede Weise zu vereiteln, um heimlich für eigne Hand mit China Handelsverbindungen anzuknüpfen. Er will sich des heiligen Kreuzes bemächtigen, und schickt rasch vertraute Leute nach der chinesischen Insel Sancian.

Xaver versucht alles, Milde und Strenge, um des eigennüßigen Mannes niedre Gesinnung zu verwandeln. Da nichts fruchtet, gebietet er, als Legat des heiligen Vaters, dem Großvikar von Malacca, den Störrigen zu erkonimuniciren. Vergebens! Da ruft Xaver:,, Und ob du mir eiserne Schranken vorbauest, öffnest du ste nicht, so trägt

Gottes Engel auf seinen Fittigen mich hinüber."

Eilig besprach er sich mit seinen Vertrauten, Gago, Sylva und Alcaceva, und schickte sie nach Japan, an dem dort begonnenen Mis= flonswerk rüstig weiter zu arbeiten; er selbst begab sich heimlich mit dem jungen chinesischen und einem indischen Neophyten und mit einem Vater von der Gesellschaft Jesu auf das heilige Kreuz und gebot, dem Befehl des hinterlistigen Statthalters zum Troz, die Anker zu lichten. Die Mannschaft, an die fünfhundert stark, jauchzte ihm zu; — Alle betrachteten ihn wie den Schuppatron des Schiffes und glaubten fest, seine Gegenwart werde ihnen Segen und reichen Gewinn verschaffen. So stachen sie denn in die See.

Einige Tage segeln sie weiter; - da ist das Schiff festgebannt auf offner See. Windstille. Entsegen in Aller Herzen. Sie haben kein Trinkwasser mehr. Knieend flehen Einige Xaver an, sie zu retten. „Wir gehn zu Grunde," jammern Andre; Andre werfen sich lechzend, stumm auf's Verdeck, mitten in den Sonnenbrand.

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Kleingläubige," ruft Xaver,

gehn. Gott verläßt uns nicht!

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wir werden nicht zu Grunde Er macht das Zeichen des Kreuz

Trinkt!

Gläu

zes über einen Kübel voll Seewasser, der vor ihm steht. Gott gesegne es euch, es wird euch keinen Schaden bringen." big nehmen sie seine Worte hin; so groß ist die Macht des rechten Glaubens, daß er das widerspenstige Irdische bändigt. Sie tranken und befanden sich so wohl, als hätten sie das lauterste Quellwasser genossen.

Endlich nach langem Harren und Beten wieder ein günstiger Wind! Auf der Insel Cicheo wird angelegt, Wasser eingeholt. Die Eingebor nen strömen in Haufen herbei. Als Xaver wieder in die See sticht, hinterläßt er dort sechzig Christen!

Nach einer Seefahrt von fünfundzwanzig Lagen wirft er Anker vor Sancian, einer kleinen nicht weit von der Provinz Dangtong gele genen Insel, wo sich portugiesische Kaufleute befinden, deren Familien

noch in der Handelsstadt Canton zurückgelassen sind. Sie nehmen den Apostel mit den höchsten Ehrenbezeugungen auf, stellen ihm aber zugleich das Gefahrvolle seines Unternehmens vor und beschwören ihn, davon abzulassen, Kerker, Folter, Tod würden sein Loos seyn.

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Und dieß sollte mich schrecken? Dem allen kann ich troßen, will_ich_trogen, und thun, wozu Gott mich treibt. Gott steht für mich, so muß auch ich für ihn stehen; Gott ist bis heute treu bei mir geblieben, drum muß auch ich ihm treu sein und bleiben. Gott gab mir das Wort, drum predige ich sein Wort, bis der lezte Hauch aus meinem Munde fährt.

Da stellen ihm die zaghaften Kaufleute vor, daß sie Weiber und Kinder noch in Canton haben, deren Sicherheit durch sein Unternehmen gewiß gefährdet werden würde; sie beschwören ihn, es wenigstens so lange aufzuschieben, bis sie ihre Geschäfte vollendet und das ungaftliche Land mit Weibern und Kindern wieder verlassen hätten. Diesem Grunde vermag der menschenfreundliche Xaver nicht zu widerstehen; er verspricht ihnen, so lange zu warten; aber die Ungeduld, die innere Gluth, wohl auch das ungewohnte Klima und die Folgen seiner maßlosen Anstrengungen ziehen ihm ein hißiges Fieber zu, an dem er vierzehn Tage darnieder liegt. Als er wieder genes't, benüßen die Zaghaften mit aufrichtiger Theilnahme den Umstand seiner Krankheit und deuten sie ihm als eine neue Warnung Gottes: von seinem verwegenen Beginnen abzustehen. Er aber beharrt jezt, nachdem er ihren Wünschen Genüge gelei stet, nur um so fester auf seinem Entschluß, obgleich die rohen Soldaten und Matrosen auf dem heiligen Kreuz, nachdem die Kaufleute abgereist, gleichfalls in ihrer Zuversicht wankend werden, ihm Vorwürfe machen, daß er ihre Hoffnungen getäuscht. Sie fangen an, Mangel an Lebensmittel zu leiden. Xaver versagt sich das Nöthigste, damit nur die Bedürfnisse der Andern befriedigt werden. Da erliegt sein Leib zum zweiten Mal einem hißigen Fieber. Er kann das Schaukeln des Schiffes nicht aushalten und bittet die Mannschaft, man möge ihn an's Land bringen.

Es geschah; das unzufriedne, in seinen Erwartungen goldner Schäße hingehaltne Schiffsvolk war froh, ihn, als einen lästigen Zehrer, los zu haben. Das Elend machte sie so thierisch, daß sie um einzelne Bissen geizten, und so unempfindlich für fremdes Leiden, daß sie dem Kranken nicht einmal eine Decke gegen die rauhen Novemberwinde mitgaben, und ihn hülflos im Freien liegen ließen.

So lag er auf dem öden Gestade, treulos verlassen von den Menschen, von der Wuth der Krankheit und der Unbill des Wetters gleich hart bedrängt, — gebeugt, aber nicht aufgegeben, denn selbst durch seine wilden Fieberträume leuchtete das Vertrauen auf den Gott, den er verkündigen wollte; ja darin allein sammelten sich wie in einem Brennpunkt noch einmal alle seine Lebenskräfte.

Ein einziges Herz ward von Mitleid über die Hülflosigkeit des Apostels gerührt, das Herz eines schlichten Mannes, der ihm ein Zelt baute, mit einer Strohmatte ihn zudeckte und am Krankenlager Wache hielt.

Das Siechthum verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Der Pfleger eilte voll Bestürzung auf's Schiff und holte den Feldscherer, der dem Kranken eine Ader öffnete. Doch die Hülfe kam zu spät. Xaver verfiel in Konvulsionen und litt unsägliche Schmerzen, und den bittersten darin, daß er in den Augenblicken, wann die Fieberträume von ihm wichen, seinen Zustand erkannte, einsah, daß er sterben müsse, ohne das Werk zu vollenden, welches der Schlußstein seines Lebens werden sollte. „O, mein Gott!" stöhnte er ergeben, du weißt es, warum du's also über mich verhängst; du weißt es, du meinst es treu mit jedem. So will ich denn deinen Kelch mit vollem Bewußtsein leeren, wie bitter er auch ist. Gepriesen seist du, mein gütiger Gott, - läsfest du mich auch nicht vollenden, du gabst mir's doch, für dich zu schaffen, geprie sen seist du in Ewigkeit!"

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Es war eine harte Prüfung vom Herrn, bestand, gab Gott ihm das Glück durch das Elend.

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und da Xaver sie

Der zweite December tagte. Der Nordsturm rüttelte an den leichten Stäben des armseligen Binsendaches, unter dem der Kranke lag. Er hob sich, bäumte sich, streckte sich im Fieber. Er stand im Todestraum mitten in der Kaiserstadt China's. Hohe Pagoden - Thürme mit phantastischen Schnörkeln, niedre Häuserreihen, Kanäle von zierlichen Gondeln wimmelnd. Auf den Straßen Laufende phantastisch gekleideter Menschen. Bonzen schleichen hin und wieder. Laue Lüfte streifen die Glöcklein an den Thürmen, daß sie hell erklingen. Er tritt in den Kai

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serpallast; da sizt der Sohn des Himmels, die Sonne des Reichs, der große Vater, auf dem goldnen Thron unter dem diamantenfunkelnden Baldachin. Ringsum im Kreise stehen die Bonzen. Xaver fordert sie zum Kampfe auf. Der Kaiser wirft seinen drachenumwundenen Stab auf den von Goldkies festgestampften Estrich. Der Kaiser winkt. Tiefes Schweigen, kein Herz im ganzen ungeheuern Ring des Reiches, das nicht hörbar pocht. Da beginnen die Bonzen den Kampf. Trugschluß auf Trugschluß. Sie lächeln triumphirend. Der Kaiser streichelt, zufrieden mit ihren Sophismen, den weißen Bart. Xaver tritt vor; er wirft sich auf die Kniee, inbrünstig fleht er zu Gott, ihn zu stärken, seine Worte zu Schwertern zu machen. Und wunderbar fühlt er sich erkräftigt, wie nie. Die Worte strömen ihm wie helle Flammen vom Munde; wie Flammen wühlt's in seinem Herzen.. Er predigt von Christus, dem eingekörperten Gott, der aus Liebe für die ganze Menschheit am Kreuze gestorben, damit der Tod getödtet und die Hölle für ewig vernichtet sei; er predigt von der Liebe, die ihr ewiges Reich ausbreitet durch alle Völker, daß alle nur eine Sprache, die des Herzens, fürder reden, daß alle Brüder sind. Da wirft sich der Kaiser auf's Knie und betet an den dreieinigen Gott, und Xaver sinkt nieder und betet ihn an. Die Mauern des Pallastes zerstieben wie Wolken; seiner ewigen Herrlichkeit tritt der Heiland hernieder, die Siegesfahne der Auferstehung schwingend, und reicht seinem Apostel die Hand, der in füßer Betäubung an das heilige Herz sinkt. — Und der Heiland ruft; Es ist vollbracht!"

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aus

Xaver hatte vollendet.

So starb der Sendbote der Gesellschaft Jesu in Aften, am 2. December 1522, feines Alters im 46. Jahre, im 11. feines Aufenthalts im Often. Der Kapitän des heiligen Kreuzes ließ die Leiche in einen mit Kalk angefüllten Sarg legen, und brachte sie nach Goa zurück.

Als man den Sarg eröffnete, soll die Leiche noch unversehrt gefun= den worden seyn.

CXL. Carl Guşkow.

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Eine Geschichte des Göthischen Styles ist leider erschwert, durch die Discretion gegen Andere oder die Furcht gegen sich selbst, welche Göthen bestimmte, alle aus seiner Entwickelungsperiode herstammenden Briefe zu vernichten. Diese Correspondenz ist nicht das Geringste, was die deutsche Literatur seit jener Epoche, wo mit Göthen eine Veränderung vorging, die ihn all seinen Freunden unerklärlich machte, an dem Dichter verloren hat. Veranlassung zur Vernichtung sieht man weniger, als Entschuldigung. Ich glaube die lettere in der Koketterie zu finden, welche die damalige Zeit mit sich selber trieb; in den Lavaterien, wo die flachsten Menschen auf den Gedanken kamen, sich für physiognomische Bedeutsamkeiten zu halten. Diese Richtung haßte Göthe, und persiflirte die Süßlichkeit des einreißenden Tones, die wechselseitigen Liebesversicherungen einander sich wildfremder Menschen um so lieber, als er sich selbst eine große Schuld an diesem empfindsamen Modetone durch seinen Werther beimessen durfte. Ich sage nicht, daß Göthe sich vor den Schwärmereien seiner verloren gegangenen Correspondenz fürchtete, aber er nahm ein Aergerniß an dieser Selbstbespiegelungsseuche, die in eine wahre Apotheose alles Unbedeutenden ausarten zu wollen schien. Aus diesem Grunde vernichtete er seine Correspondenz, und wir haben an dieser Uebereilung eben so sehr den Verlust literarhistorischer Thatsachen, wie biographischer Handhaben für Göthe's Entwickelung selbst zu beklagen.

Die kleinen Billete Göthe's, welche in dem neulich erschienenen Brief= wechsel Merck's mitgetheilt sind, charakterisiren unseres Dichters stylistische Eigenthümlichkeiten bis in's Komische so grell. Göthe's heimische Sprache ist kurz, abgerissen, ohne Verbindungen, durchaus das lebhafte Produkt, eines in sicherer Familie auf festem Fuße gebildeten Willens. Der Ton ist naiv befehlend, herzlich bis zur Vertraulichkeit, und immer hastig wie ein Dialog. Das Meiste in dem was gesagt wird, soll sich gleichsam schon von selbst verstehen, und man sieht die Ungeduld hervor=

"

* Ueber Göthe im Wendepunkte zweier Jahrhunderte. Von Karl Guzkow. Berlin, Nike. 1836." 8.

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