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macht. Ebendeßhalb steht dieses Moment im vorliegenden Saß nothwendig auch als Hauptgedanke da, dem alles andere nur zu Folie dienen fann. Allein diese Gewißheit, durch die so unverkennbar ein gewisses Bangen hindurchzittert (man vergl. dasselbe Psychologumenon in den Worten I, c. 5, §. 12 faciam id, quod est ad severitatem lenius, und ein andersmal in den Eingangsworten der Rede pro Milone) diese gemischte Gewißheit vermag sich als solche kaum im männlich einfachen apodiktischen Ton zu äußern, sie sucht die geziertere Hülle der Ironie mit jenem hüpfenden, phraseologischen credo, das dem spielenden Raisonnement des gewandten Stilisten, aber nicht dem absoluten Ernft der erkannten Wahrheit Ausdruck gibt. Ironie ist also (abgesehen vom logischen Moment) auch aus psychologischen Gründen, wie aus rein grammatischer Nothwendigkeit da. Leßteres, weil im umgekehrten Fall, wenn die Behauptung unmittelbar eine kategorische wäre, das credo niemals an der Spiße des betreffenden Sagtheils stehen könnte, sondern nothwendig eingeschoben sein müßte. Nun aber fragt es sich: hat Cicero den logischen Hauptgedanken auch zum grammatischen Hauptgedanken des Saßes gemacht? Hat er einfach gesagt: „da werde ich ja wohl zu befürchten haben, man werde mich da und dort (quisquam) einen Despoten nennen welche dumme Angst wäre das?" Hier ist mit nein zu antworten. Mitten auf dem Weg schiebt er einen zweiten, einen Nebengedanken ein mit: non potius... serius a me. Dem Inhalt nach ist dieser neue Gedanke nun nichts anderes als eine zweite mögliche Wendung in der öffentlichen Meinung betreffs des Vorgehens des Consuls, eine Wendung jedoch, die dem Consul nur scheinbar nachtheilig, die in That und Wahrheit, weil im Prinzip mit ihm einverstanden, und nur in der zufälligen Zeitfrage anders denkend, ihm bei seinem Verfahren sogar hilfreich sein kann. Es ist dies kurzweg die Anschauung der Conservativen, die die Todessträfe jedenfalls gut heißen müssen, und die eher ihre späte Executirung bedauern können. Allein der ganze Gedanke kann im Verhältniß zum obigen ersten unläugbar nur den Werth einer Nebenbemerkung haben. Spricht aber nun Cicero von seiner subjektiven Stellung zu den genannten beiden Gegenfäßen in der öffentlichen Meinung, so hätte man mit Recht erwarten können, daß er einmal seine doppelte persönliche Beziehung zu den beiden Gegenfäßen, und sodann diese unter sich selbst in eine logisch wie sprachlich durchsichtigen Unterscheidung hätte zeichnen sollen. Unter dieser Vorausseßung hätte der Saß allenfalls so lauten föunen: si te ... jussero, credo, erit vorendum mihi, ne quis hoc a me crudelius (gar zu des

potisch) factum esse dicat, quod (allerdings ja nicht: „,sed" potius ne dicat quisquam!) potius omnes boni a me serius factum esse querentur. Hier hätten wir eine ganz natürliche Gliederung 1) zwischen Haupt- und Nebengedanken, 2) eine deutliche Unterscheidung seiner wesentlich differenten subjektiven Stimmung gegen die beiden Gegensäge in der öffentlichen Meinung. Beides hätte Cicero, wenn er klar und deutlich sprechen wollte, nach seiner Stilweise eigentlich in dreierlei Formeln ausdrücken können. Die erste wäre die einfach affertorische gewesen: Quocirca si... jussero, non mihi v. e. ne quis hoc a me crudelius f. e. d., sed potius omnes boni putaverint (vлolάßоiv av) hoc serius a me factum esse. Die zweite eine rhetorische Frage: num igitur, si... jussero, mihi v. e., ne quis dicat hoc c. a. m. f. esse? quid? omnes boni nonne id potius affirmabunt serius a me factum esse? Die dritte endlich als rhetorische Ironie könnte lauten: credo, e. v. m. ne hoc a me crudelius f. e. quisquam queratur. Entweder sollte nun das refutirende Relativ folgen: quod potius o. b. etc., oder nach Analogie von de orat. I, c. 57, 245, mittelst eines die Ironie auflösenden vero: hoc vero o. b. oder (wegen des Chiasmus zu quisquam queretur noch beffer) boni vero omnes hoc serius a. m. f. e. affirmabunt (dicent); wobei potius in dem umbeugenden vero bereits enthalten und als solches jezt überflüssig ist. Allein statt auf diese dreierlei Weise die oben befagten doppelten - Momente zu unterscheiden, wirft Cicero hier alles in Einen Topf. Namentlich rückt er den Ausdruck seiner Stimmung den boni gegenüber unter die Herrschaft des entgegengesezten Gefühls, wie es sich nothwendig gegenüber dem crudeliter facere erzeugt, denn beide Stimmungen unterwirft er grammatisch einem und demselben Verbum. Das ist aber logisch ein Widerspruch, denn mit der Meinung der boni kann sich der Redner ja immerhin ganz gut ausgleichen, mit dem andern Standpunkte aber nimmermehr. Dieser Widerspruch stört nun aber nothwendig den Fluß des Ganzen, und der in Folge dessen sich selbst aufhebende Gedankenprozeß vollführt sich näherhin dadurch, daß die Ironie, mit der begonnen wird, vor non potius omnes boni plößlich Halt macht, und als in denjenigen verbalen Ausdruck verwandelt zu denken ist, der der naturgemäßen Stellung des Redners zur öffentlichen Stimme der boni entspricht. Für die ganze Dauer des Nebengedankens aufgehoben kehrt die Ironie aber da, wo der Hauptgedanke wieder beginnt (quam ne quisquam etc.) zu sich selbst zurück und verfolgt den Saz bis zu Ende. Wenn allerdings eine grammatische Trennung zwischen ne non nicht angenommen wer

den darf, so ist doch wenigstens eine psychologische Wendung da. Das scharf pathologische credo, erit v. m., diese gespreizte Abwehr einer Furcht sinkt plöglich mit non potius zurück bis zur Bedeutung einer ruhig gelassenen Erwartung einer an sich wenig besagenden sehr unschädlichen subjektiven Meinung der boni. Grammatisch läßt sich diese Umkehr auf doppelte Weise vorstellen. Entweder ist anzunehmen, daß das non (potius etc.) direkte Verneinung der Ironie sei, gleichsam eine Erklärung, daß der Nebengedanke von der Ironie des Hauptsages plöglich ausgenommen sein soll. Oder es läßt sich denken, daß das ironisirende credo v. e. m. zu einem assertorischen non verendum est, ne non sich abschwächt mit der Bedeutung: nicht als ob nicht erwartet werden könnte, die boui werden allenfalls über Verzug klagen, wobei non.. ne non als doppelte Negation offenbar affirmirt. Sei dem, wie ihm wolle, das einfache ne sezt sich jedenfalls vor quisquam wieder fort bis zum Schluß des von dorten wieder unter die Herrschaft der Ironie gezogenen Sazes. - Durch die Vermischung des Haupt- und Nebensages ist zugleich das Verhältniß- von serius und crudelius ein comparativisches geworden, was bei der regelmäßigen Construktion nicht der Fall gewesen wäre. Wenn aber Cicero hier Haupt- und Nebengedanken in coordinirter Weise durcheinanderschiebt, so bot ihm seine Sprache hiefür Analogien. Ein Beispiel der Art ist die Stelle de nat. deor. I, 9, 9: omnes stulti... miserrimi... quod ita multa incommoda sunt in vita, ut ea sapientes... leniant, stulti nec vitare.... possint etc., wo wir nach unserem Sprachgefühl: ut stulti.... nec possint.... quae sapientes... leniant erwarten, weil der Saß ea sapientes hier offenbar nur zur Folie dient. Beruht demgemäß das Dunkle in unserer catilinarischen Stelle auf einer doppelten Ineinanderschiebung 1) des Haupt- und Nebengedanken, 2) zweier differirender Stimmungen, welch leztere Figur wir am Ende eine stark zeugmatische nennen könnten, so erscheint das Ganze am Ende nur als ein getreues Abbild stark ringender, sich in einander schiebender Empfindungen in der Seele eines Zaghaft-Starken in den Augenblicken einer schweren Krisis.

Ehingen.

Prof. Birkler.

Über die Diesterwegschen Aufgaben in Uro. 10, 1862.

1. Ein Dreieck zu construiren, wozu gegeben: eine Seite a, der ge= genüberliegende Winkel a, und die Summe der beiden andern Seiten sammt der auf a stehenden Höhe s.

Correspondenz-Blatt. 1864.

6

2. Ein Dreieck zu construiren aus einem Winkel a, der Summe der einschließenden Seitens, und der Summe der dritten Seite sammt der auf ihr stehenden Höhe t.

Ich habe darüber Zusendungen von den HH. Prof. Baur und Prof. Kommerell erhalten, die sich vorwiegend mit der ersten Aufgabe beschäftigen. Hr. Prof. Baur hat eine Analysis gegeben, aus der sich etwa folgende Construktion ergibt:

Man zeichne das bei C rechtwinklige Dreied ABC mit AB =S

α

und Winkel A =2, und ziehe in der Entfernung BD = a zu BA eine Parallele, welche die verlängerte CB in E treffe. Dann schneide ein aus B mit rad. BD beschriebener Kreis die AE in F, eine durch A zu BF gezogene Parallele die BC in G, und eine Parallele durch G zu BD die BA in H und die ED in J. Weiter verlängere man HG so nach K, daß GK = GH und ziehe durch K eine Parallele zu CB, die von einem aus J mit rad. AH beschriebenen Kreisbogen in L geschnitten wird. Zieht man endlich JL, welche die BD in M trifft, so ist HJM das verlangte Dreiec.

Beweis. KL schneide die (verlängerte) DB in N; man ziehe HN, HL, NG und die Höhe MO des Dreiecks HJM. Nun ist EB : EG = BD: GJ=BF: GA, also GJ = GA, also AH2 oder JL2 GA2GH2 = (GJ + GH) X (GJ — GH) JK.JH; fomit HJL

=

α

=

◇ LJK und |__ HLJ = JKL = JGE = BAC = 2. Weil aber KGBN Parallelogramm und KG = GH, so ist auch GHBN Parallelogramm, und Rechteck, da GHB=R. Somit NHK=NKH; HNM: MNL HLM = HMJ = a; LM+MH=JL=AH; LM+MH+MO=AB=s. HJBD=a. Man erhält vier Dreiecke, von denen je zwei congruent.

α

2

; NHML Sehnenviereck; MHL = MNL =

α

2

Ich habe der Construktion diese ausführlichere Gestalt gegeben, um die Art, wie Hr. Prof. Baur die Aufgabe auf die im Ulmer Programm 1849 von ihm behandelte: „▲ aus b+c, h, œ“ zurückführt, möglichst hervortreten zu lassen. Dort gründet sich die Auflösung auf eine trigonometrische Analysis vermöge der Gleichung (b+c)2=a (a+2h ctg ). Hr. Prof. Baur bemerkt noch, daß die Lösung der Aufgabe: „▲ aus b+ch, a, a" durch eine leichte Veränderung sich aus der vorliegen

den ableiten, und die Aufgaben: "A aus a, a und b-c+h oder b — c — h“ durch ähnliche Reduktion mittelst der Gleichung:

[merged small][merged small][subsumed][merged small][ocr errors]

Hr. Prof. Kommerell gibt von derselben Aufgabe nach einer alge braischen Analysis folgende Construktion:

Man mache BC= a, errichte auf BC einen Kreisabschnitt, welcher a faßt, ziehe einen Durchmesser BE, trage von B aus an EC oder ihre Verlängerung BD=s, und von D aus an CB oder ihre Verlängerung über B eine Strecke DF: =s+BE+CE. Ein Kreis aus F mit FD schneide BC in G, so ist CG die Höhe des gesuchten Dreiecks.

=

Dann construirt man vollends das BAC so, daß A auf dem Bogen des Kreisabschnittes liegt und seine Höhe AJ CG ist, so ist bloß noch zu beweisen, daß AB+ AC+AJ=s ist. Man fälle BK LAC, ziche JK und AE, so ist ▲ AJKACE (denn < JAK = ACE und < AKJ = AEC, weil beide in Kreisvierecken liegen und < ABC zum Supplement haben). Also

CA: CE AJ: AK; CA. AKCE. AJ,
BA.AC BE. AJ.

und bekanntlich ist

Man hat nun:

S

CD2 (2FDCG) CG oder

=

=

s2- BC2 (2FD-AJ) AJ-2AJ (s+BE+ CE) — AJ' s22AJ.S+AJ2= BC2+2AJ.BE+2AJ.CE

(8 - AJ)2

=

also s

BC22BA.AC+2CA.AK
BC22BA.AC+(AB2+AC2 — BC2)

=(AB+AC) 2

AB+AC+AJ.

Für die zweite Aufgabe ließe sich etwa folgende Construktion geben: In einen aus A mit rad. s beschriebenen Kreis lege man die Halbmesser AB und AC unter 180°-a aneinander, ziehe BC, in C die Tangente CDCA (so daß CB im DCA liegt), und DEL CB. Dann trage man eine Sehne BF der vierten Proportionale zu s, t und BC in den Kreis und schneide dieselbe durch einen Bogen aus A mit rad. AE in G. Von E trage man sodann EHBG an BA und verlängere HE so nach J, daß EJ GF, ziche JC bis zum Durchschnitt mit BA in K, durch A eine Parallele zu JK, welche die BC in L, und durch L eine Parallele zu CA, welche AB in M trifft, so ist LAM das verlangte A.

=

Beweis. Klar ist, daß LMA a, sowie daß LM+MA=AB =s. Wenn nun MO und AN die Höhen von ▲ MAL und ◇ CAK find, und DJ gezogen ist, so hat man:

[blocks in formation]

EH. EJ, also BJCH Sehnenviereck, = BC:BF = s:t; und EJC =

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