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Einleitung.

Shakspere's King John erschien zuerst in der Folioausgabe vom Jahre 1623 und eröffnet unter dem Titel The Life and Death of King John die zweite Abtheilung dieses Bandes, welche die Histories, die Dramen aus der Englischen Geschichte, enthält. Die Akte sind angegeben, aber in so nachlässiger und willkührlicher Weise, dass die späteren Herausgeber sich mit Recht veranlasst sahen, von dieser ursprünglichen Anordnung mehrfach abzuweichen. Der von Malone und Collier u. a. hervorgehobene Umstand, dass King John nicht ausdrücklich von den Verlegern der Folioausgabe in die Register der Buchhändlergilde eingetragen ist, lässt allerdings die Möglichkeit bestehen, dass schon vor dem Jahre 1623 von andrer Seite irgend ein Verlagsrecht auf das Drama beansprucht, dass vielleicht sogar das Drama selbst gedruckt erschienen war. Indess hat sich bisher keine Notiz von einer solchen Einzelausgabe in Quarto auffinden lassen, und der ziemlich reine, im Ganzen wenig Schwierigkeiten darbietende, Text der Fol. muss die alleinige und genügende Grundlage jedes späteren Abdruckes und jeder neuen Textrecension bilden.

Für die chronologische Bestimmung des King John gewährt allein einen festern Anhalt die Erwähnung dieses Schauspiels bei Francis Meres in dessen Palladis Tamia, Wits Treasury: being the Second Part of Wits Commonwealth. London 1598. *) So wenig stichhaltig auch

*) Die auf Shakspere bezügliche Stelle dieses Buchs, der bedeutendste auf uns gekommene Fingerzeig für die Chronologie seiner Werke, lautet im Zusammenhange: As the soule of Euphorbus was thought to live in Pythagoras, so the sweete worthie soule of Ovid lives in mellifluous and honytongued Shakespeare; witnes his Venus and Adonis, his Lucrece, his sugred sonnets among his private friends, etc.

As Plautus and Seneca are accounted the best for comedy and tragedy among the Latines, so Shakespeare among the English is the most excellent in both kinds for the stage; for comedy witnes his Gentlemen of Verona, his Errors, his Love Labors Lost, his Love Labours Wonne, his Midsummers Night Dreame, and his Merchant of Venice: for tragedy, his Richard the 2., Richard the 3., Henry the 4., King John, Titus Andronicus, and his Romeo and Juliet.

As Epius Stolo said that the muses would speake with Plautus tongue, if they would speake Latin, so I say that the muses would speake with Shakespeares fine filed phrase, if they would speake English.

die aus äusserlichen vagen Beziehungen entlehnten Gründe sind, welchen zufolge Malone das Drama in das Jahr 1596, und Chalmers in das Jahr 1598 selbst setzt, so wird dasselbe doch nach allen innern Merkmalen des Styls und Verses nicht lange vor 1596 zu setzen sein, und jedenfalls der mittlern Periode in Shakspere's dramatischer Laufbahn angehören. So mag King John nach der Zeit seiner Abfassung unter den Histories des Dichters in der Mitte stehen zwischen dem theilweise umgearbeiteten Cyklus der vier Dramen King Henry VI. King Richard III. und dem ebenfalls in vier Dramen zerfallenden Cyklus King Richard II. King Henry IV. King Henry V., doch so, dass unser Schauspiel in allen wesentlichen Kennzeichen der Shakspere'schen Kunstentwicklung dem spätern Cyklus näher steht und verwandter ist, als dem früheren.

Dem Shakspere'schen King John liegt ein älteres Drama desselben Inhalts zu Grunde, das im Jahre 1591 ohne Namen des Verfassers erschien, betitelt: The first and second part of the troublesome Raigne of John King of England. With the Discovery of King Richard Cordelion's base Sonne (Vulgarly named the Bastard Fauconbridge). Also the Death of King John at Swinstead Abbey. As it was (sundry times) publikely acted by the Queenes Majesties Players in the honourable Cittie of London. Bei der genauen, durch alle Akte und Scenen hindurch gehenden Bezugnahme, mit welcher Shakspere dieses ältere Drama benutzt hat, wird es, um die Uebereinstimmung in der Anlage beider Werke hervorzuheben, genügen, auf die einzelnen Abweichungen aufmerksam zu machen, zu welchen Shakspere in der äusserlichen Construction seines Schauspiels sich veranlasst fühlte. Da der ältere King John, abgesehen von der Eintheilung in zwei gesonderte Dramen, weder Akte noch Scenen notirt, so ist es rathsam, zur Orientirung des Lesers nach der von den Herausgebern beliebten Eintheilung des Shakspere'schen Drama's anzugeben, was aus jenem älteren Buche in dem Gange der Handlung und in der scenischen Darstellung des Stoffes von unserm Dichter etwa nicht beibehalten, sondern entsprechend geändert ist.

Dem ersten Theil des alten King John ist folgende Widmung: To the Gentlemen Readers vorangesetzt:

You that with friendly grace of smoothed brow
Have entertain'd the Scythian Tamburlaine,
And given applause unto an infidel;

Vouchsafe to welcome with like curtesie,

A warlike Christian, and your countryman.

For Christ's true faith indur'd he many a storme

And set himselfe against the man of Rome

Until base treason by a damned wight
Did all his former triumphs put to flight,
Accept of it, sweet gentles, in good sort,
And thinke it was prepar'd for your disport.

A. 1, Sc. 1. Im alten King John beginnt die erste Scene mit der Thronbesteigung des Königs, auf die unmittelbar die Botschaft Chatillons folgt. - Mit den beiden Brüdern Faulconbridge tritt zugleich deren Mutter auf, die mithin bei den Verhandlungen über die Unächtheit des einen Sohns zugegen ist. Den Schluss des Akts bildet das Zwiegespräch zwischen Philipp und seiner Mutter.

A. 2, Sc. 1 u. 2 ganz wie bei Shakspere, nur dass im alten King John vor dem Auftreten der Herolde der Bastard auf der Bühne den Herzog von Oesterreich im Kampfe verfolgt, ihm die Löwenhaut abjagt und dann einen bombastischen Monolog hält. — Mit den Königen und ihrem Gefolge treten auch Constanze und Arthur auf, die im alten King John also Zeugen der Verlobung des Dauphins mit Lady Blanca werden. Ein Monolog des Bastards zum Schlusse dieses Akts fehlt im alten King John, ebenso wie dessen vorhergehender Monolog zum Schlusse des ersten Akts.

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A. 3, Sc. 1. Constanze und Arthur bleiben nach dem Weggange der Uebrigen auf der Bühne. Den Verwünschungen und Klagen, welche Erstere bei Shakspere gegen Salisbury und die Könige äussert, macht sie im alten King John nur im Gespräch mit ihrem Sohne Luft. Die Könige und ihr Gefolge treten erst nach dem Weggange Arthurs und seiner Mutter auf. Die Dazwischenkunft des Cardinals erfolgt wie bei Shakspere. Sc. 2 u. 3. Der Bastard erlegt den Herzog von Oesterreich auf der Bühne; Eleonore wird auf der Bühne gefangen genommen und ebenso von ihrem Sohne befreit. Das Uebrige wie bei Shakspere. Sc. 4. Die Klagen der Constanze, sowie die politischen Verhandlungen zwischen dem Cardinal und dem Dauphin erscheinen im alten King John im Verhältniss zu der Weitschweifigkeit vieler andrer Partieen skizzenhaft und flüchtig behandelt. - Daran schliesst sich im alten King John eine Scene der frivolsten niedrigsten Komik, wo der nach England zurückgekehrte Bastard ein Mönchskloster und dann ein Nonnenkloster nach verborgenen Schätzen durchsucht und in jenem eine Nonne, in diesem einen Mönch, in einer Kiste versteckt, findet. Endlich tritt noch der Prophet Peter von Pomfret, begleitet von einem Volkshaufen, auf, und wird im Verlauf einer ziemlich plumpen Volksscene vom Bastard verhaftet.

A. 4, Sc. 1 u. 2. Der Gang der Handlung ist wie bei Shakspere, nur dass im a. King John der König zuerst den Lords seine Absicht mittheilt, sich noch einmal krönen zu lassen, und dass dann diese Krönung auf der Bühne vor sich geht. Ebenso werden die Wundererscheinungen am Himmel, von denen bei Shakspere nur berichtet wird, hier sichtbar dem Publikum vorgeführt. Mit dem Auftrage des Königs

an Hubert, den Lords zu sagen, dass Arthur noch lebe, schliesst der erste Theil des a. King John; und dem zweiten Theil, der mit Arthur's

Erscheinung auf der Mauer (A. 4, Sc. 3) beginnt, geht ein zweiter orientirender Prolog To the Gentlemen Readers voraus. Der a King John lässt die Lords, nachdem sie Arthur's Leichnam gefunden, nur mit Hubert, nicht mit dem Bastard, zusammentreffen und verhandeln, weshalb auch das Zwiegespräch zwischen den beiden Letzteren sich nur bei Shakspere findet.

vor.

A. 5, Sc. 1. Der Scene zwischen dem König und dem Cardinal, geht im a. King John eine Scene zwischen dem König und Peter von Pomfret voraus, die damit schliesst, dass der König den Propheten aufhängen lässt. Der Bastard bringt gleich darauf die Nachricht von den letzten Augenblicken des Gehängten und wird von dem König an die abtrünnigen Lords abgesandt. - Sc. 2. Die Zusammenkunft des Dauphin mit den Englischen Grossen, in Saint Edmund's Bury, führt der a. King John auf der Bühne in ihrem ganzen Verlaufe von Anfang an Vor das Auftreten des Cardinals im Lager des Dauphin setzt der a. King John noch eine kurze, von Shakspere bereits mit Sc. 1 verschmolzene Zwischenscene, in welcher der Cardinal dem König Johann die Krone wiedergiebt.Sc. 3. 4. 5. Melun spielt im a. King John dieselbe Rolle wie bei Shakspere. - Vor Sc. 5 bei Shakspere hat der a. King John den heuchlerisch freundlichen Empfang des kranken Königs von Seiten der Mönche in Swinstead Abbey. Ein Mönch beschliesst, den König zu vergiften und erhält in einem Zwiegespräch mit dem Abt, der den Anschlag billigt, im Voraus die Absolution für seine That. Sc. 6 fehlt im a. King John. Dafür geht das Mahl des Königs und dessen Vergiftung im Klostergarten auf der Bühne vor sich. Der Mönch stirbt unmittelbar auf den Trunk, und der Bastard ersticht den Abt; Beides vor den Augen des Zuschauers. Auf den Tod des Königs, der mit der Zerstörung von Swinstead Abbey gerächt werden soll, folgt noch eine Scene der Unterhandlung zwischen dem jungen König Heinrich und dem Dauphin. Letzterer erklärt sich zum Frieden und zum Abzug nach Frankreich geneigt, und Ersterem wird die Krone aufgesetzt.

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Die aus obiger Analyse sich deutlich ergebende stoffliche Aehnlichkeit beider Dramen veranlasste im Jahre 1611 einen andern Verleger, in Ermangelung des Shakspere'schen King John, dessen er nicht habhaft werden konnte, das ältere Schauspiel von neuem drucken zu lassen und mit der Angabe auf dem Titelblatt Written by W. Sh. auf Shakspere als den Verfasser hinzuweisen; ohne Zweifel, um das Publikum glauben zu machen, es erhalte in diesem verschollenen Drama Shakspere's bekanntes Werk. Ein dritter, nach dem Tode unsres Dichters, aber vor der Veröffentlichung seines King John in der Folioausgabe, erschienener Abdruck des ältern Drama's, im Jahre 1622, machte dann geradezu in derselben betrügerischen Absicht W. Shakespeare auf dem Titelblatte

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