Betrachtungen beim neuen Jahre.
Würde nicht Alles, was die Schrift lehrt, mit gleich augenscheinlicher Ueberzeugung sich dem Gläubigen aufdräns gen, so stünde doch unter dem Hervorstechendsten voran der Ausspruch des Apostels: daß die Kreatur nach Befreiung ringe. Blicken wir hin auf das periodische Fallen und Steis gen im gesammten Gebiete des sich nicht selbst bewußten Lebens, so tritt uns überall die Bewährung der Wahrheit entgegen, daß die gesuchte Höhe noch nicht gefunden, - das volle Ziel noch nicht erlangt sey. Auf der erreichten Spiße ist nur darum die Umkehr wieder eingetreten, um den im sich verjüngenden Zirkel gewundenen, und deßwegen immer kürzern Lauf zum wahren Ende hin von Neuem zu beginnen, den Wettkampf nochmals zu wiederholen, ob etwa in ihm dann der Zeitpunkt sich nahe, wo Lauf und Kampf endlich ruhen, weil Ziel und Sieg für immerdar gefunden. Diesen Naturstreit sieht der Mensch alljährlich auf die verschiedenste Weise und unvermittelt vor seinen Augen sich verlaufen. Meist ahnt er nicht, daß Er selbst die Person sey, von welcher derselbe bedingt, daß Er es sey von dem die Erreichung des Zieles im Grunde abhängig gemacht ist, daß eben so gewissermaßen nur um Ihn sichs handelt, und das ganze Naturgetriebe sich dreht. Ein Vorgang, der die schuldige Unschuld der Menschenkinder so häufig blos ergößt, mit dem sie nicht selten freventlich spielen, der kaum hie und da die Wehmuth erregt, welche die oft so herbe Schwere und verhängnißvolle Wichtigkeit des Drama's in jedem Men
Katholik. Jahrg. XIX. Hft.1.