ähnl., nicht aber etwa einen einfachen geraden Strich) auch dann vollständig zu sehen vermögen, wenn ein Teil der Figuren in die blinde Gesichtsfeldhälfte fällt. Solche Figuren werden von Hemianopikern auch dann noch als ganze gesehen, wenn in der blinden Gesichtsfeldhälfte Teile der Figuren objektiv fehlen; so kann man von einem Kreis grosse Partien (bis zur Hälfte) weglassen, ohne der Eindruck eines Ganzkreises zu zerstoren. Lokale Konzentration der Aufmerksamkeit auf die blinde Gesichtsfeldhälfte beeinträchtigt die Entstehung des Ganzeindruckes oder macht sie sogar völlig unmöglich. Der Verfasser zeight auf experimentellem Wege, dass die hier zu Tage tretende "zentrale Ergänzung" der Figuren nicht, wie man annahm, auf vorstellungsmässiger Ergänzung beruht: Bekanntheit und associative Verknüpfung spielen dabei keine Rolle, wie es unter anderem Versuche an Buchstabenund Wörtern, an Figuren bekannter sinnvoller, Objekte, die alle nicht vollständig gesehen werden können, gezeigt haben. Die letzte Erklärung liefern bestimmte Gestalt-prinzipien (Max Wertheimer): es gibt Figuren, die so beschaffen sind, dass die Darbietung eines genügend grossen Teiles von ihnen ausreicht, um einer für den Eindruck der vollständigen Figur nötigen physiologischen Vorgang auszulösen; immer muss aber von dem gebotenen Teil genügend eindeutige Gestaltanregung ausgehen. Eine ähnliche Tendenz zur Entstehung einer Gesamtgestalt zeigt sich auch bei Versuchen mit negativen Nachbildern, und zwar auch dann, wenn sie im Vorbild ausbleibt, oder nur ein Teil der Figur als Vorbild geboten wird. Die Untersuchungen führten weiterhin zu einer neuen Deutung der dem Normalen bekannten Tatsache der "Ausfullung" des Sehfeldes am blinden Fleck und an der Fovea im Dämmerungssehen. Auch diesse Ausfullungen erweisen sich als nicht bedingt durch vorstellungsmässige Ergänzung, sondern als Effekte bestimmter, experimentell greifbarer Gestaltbedingungen. Von den reichhaltigen Ergebnissen sei nur noch erwähnt, dass die Untersuchungen an Hemiamblyopikern wichtige Aufschlusse über Grundphänomene des indirekten Sehens gebracht haben. A. GELB (Frankfurt/Main.) 31. HESS, C. VON, Die Bedeutung des Ultraviolett für die Lichtreaktion bei Gliederfüssern. Arch. f. d. ges. Physiol., 1921, 185, 281-310. Die Bewegungen niederer Krebse (Polyphemus, Daphniden) werden durch ultraviolettes Licht stark beeinflusst (Aufsuchen grösserer Lichtintensitat, wenn Behälter teilweise mit ultraviolettabsorbierendem farblosen Glas überdeckt wird). Effekt besonders deutlich bei Ameisen. Diese tragen ihre Puppen in einen ultraviolettarmen Raum, selbst wenn dieser unserm Auge etwa 200 mal heller erleuchtet erscheint als ein danebenbefindlicher, an ultravioletten Strahlen reicher Raum. Aehnliche Befunde bei Bienen. Die Vernachlässigung dieser grossen Empfindlichkeit für Ultraviolett kann ein Farbenunterscheidungsvermögen vortäuschen wo es nicht vorhanden ist. BETHE (Frankfurt a/M.) 32. NICOLAI, F., Experimentelle Untersuchungen über das Haften Gesichtseindrücken und dessen zeitlichen Verlauf. von Arch. f. d. ges. Psychol., 1921, 42, 132-149. Es handelt sich um Versuche an Volksschulkindern und Erwachsenen ungebildeter Stände. Kleinere Gegenstände wurden in Gruppen von 10, 20 und mehr einmal geboten und dann während einer Woche mehrere Reproduktionen von den Versuchspersonen verlangt. Ergebnis: Die Eindrücke haften nach anfänglichem stärkeren Vergessen sehr zäh im Gedächtnis. Die wiederholten Reproduktionen wirken auch ungewollt befestigend auf die Vorstellungen: besonders wichtig ist dabei die Reproduktion unmittelbar nach der Darbietung. Gesteigerte Anforderungen bewirken auch gesteigerte Leistungen, die jedoch einem Maximum zustreben und nicht den Anforderungen proportional verlaufen. Eine zunehmende Fülle von Gegenständen in Einzelgruppen dargeboten wirkt verwirrend nur auf die Lokalisation, nicht auf die Zahl der Gegenstände. F. NICOLAI (Altenbusek) 33. LEHMANN, T., Zur Psychologie des Verleichs kurzer Zeiten. Arch. f. d. ges. Psychol., 1921, 41, 277-309. Vergleichswersuche mit leeren Zeitintervallen von 40-200 σ bestätigen die Beobachtungen von Katz, dass in zahlreichen Vergleichsfällen das Urteil lediglich auf Grund der Wahrnehmung des veränderlichen Vergleichsintervalls abgegeben wird. Durch wiederholte Barbietung etwa der Intervalle 70, 80, 90, 100, 110, 120, 130 0 wird offenbar sehr bald eine sensorische Einstellung auf ein Intervall von etwa 100 o hervorgerufen. Ist letzteres das Hauptintervall, so erübright sich seine weitere Vorführung. Nunmehr isoliert dargebotene Vergleichsintervalle werden mit unverminderter Genauigkeit als grösser resp. kleiner unterschieden, indem ihnen zugleich der Charakter absolut grosser bezw. kleiner Intervalle zugeschrieben wird. Die hier wirksame Intervalleinstellung erweist sich von grosser Dauerhaftigkeit. Nach 3tägiger Pause war sie in unverminderter Schärfe nachweisbar. Sie zeigt weitgehende Analogie mit der motorischen Einstellung. Ueberraschend war, dass selbst Intervalle von weniger als 200 o das Erlebnis von letzter Dauer hervorrufen können. T. LEHMANN (Leipzig) 34. KIRSCHMANN, A., Der Metallglanz und die Farbe der Metalle. Arch. f. d. ges. Psychol., 1921, 41, 90–116. Aller echter Glanz ist parallaktisch. Die meisten Arten des Glanzes beruhen auf der binokularen Parallaxe und erscheinen daher auch in der stereoskopischen Photographie. Der Metallglanz tut dies nicht. Trotzdem muss er parallaktischer Natur sein, wie schon Phil. Stud., XI, S. 147 ff. gezeigt wurde, wo er unter Ausschluss aller anderen Möglichkeiten auf die Parallaxe des indirekten Sehens zurückgeführt wurde. Das Licht, das von einem Punkte einer metallglänzenden Fläche ausgehen scheint, muss aus Komponenten von erheblicher Wegdifferenz bestehen. Die Metalle sind aus durchsichtigen Körperchen von sehr hohem Brechungsindex zu sammengesetzt. Hieraus erklärt sich u.a., dass es keine ausgesprochen blauen und grünen Metalle gibt., und dass die gelben und roten in Legierungen so geringe färbende Kraft besitzen. Man kann den Metallglanz mit Hülfe ganz unmetallischer durchsichtiger Mittel hervorbringen. Solche "Pseudometalle" können im psychologischen Institut in Leipzig jederzeit in Augenschein genommen werden. A. KIRSCHMANN (Leipzig) 35. MÜLLER, A., Beiträge zum Problem der Referenzflächen des Himmels und der Gestirne. Arch. f. d. ges. Psychol., 1921, 41, 47-89. Der Aufsatz untersucht die seit dem Buche des Verf. "Die Referenzflächen des H. u. d. Gest." (Braunschweig 1918) er schienenen Arbeiten über die Sehform des Himmelsgewölbes und die Änderung der Sehgrössen der Gestirne mit der Höhe. Es wird gezeigt dass die Sehgrösse messbar ist, aber nur durch Sehgrössen. Die Erklärung der Form des Himmels durch eine optisch-atmosphärische Grenzschicht wird in einem besonderen Falle aus physikalischen und im allgemeinen aus psychologischen Gründen zurückgewiesen. Die Wirkung des trüben Mediums auf den psychologischen Einfluss der roten Strahlen zurückzuführen, ist innerhalb gewisser Grenzen vielleicht richtig. Eine Geometrie des Sehraumes wird geprüft und ergibt sich erfahrungsgemäss als unbegründet und gegenstandstheoretisch als Geometrie eines Schätzungsraumes. A. MÜLLER (Bonn) 36. HERRMANN, F., Der Einfluss des Kontrastes auf den Successivvergleich innerhalb eines festen Reizsystems bei Augenmassversuchen. Arch. f. d. ges. Psychol., 1921, 41, 1-46. Vergleichsobjekte: Kurzdauernd exponierte Strecken von 76 bis 234 mm; "Vollständige Reihen" nach der Konstanzmethode. Sämtliche Einzelversuche der Reihen für 10 bis 14 Hauptreize (H), die sich um je 6 mm (nur bei Gruppe III um 12 mm) von einander unterschieden, wurden in einer einzigen Gruppe völlig zufällig untermischt. I. Gruppe: H 106 bis 190, aber bei 106 H zuerst, bei 112 V (Vergleichsreiz), bei 118 H u.s.w. Die heirbie unwissentlich bleibende Zeitlage von H übt keinen merklichen Einflus auf den Schätzungsfehler aus. Daher blieb sie bei II und III konstant H zuerst. II. Gr. H 76 bis 124, III. Gr. H 126 bis 234. Resultat: Regelmässige Unterschätzung des vorangehenden Reizes bei den unteren Stufen der Gruppe, Überschätzung bei den oberen. Offenbarer Einflus eines absoluten Kontrasteindruckes. Überwiegen der Überschätzungstendenz. Schätzungsfehler bis zu ca 7% des Hauptreizes. W. WIRTH (Leipzig) 37. TITTEL, M., Ueber Angleichung und Kontrast im Tongebiet. Arch. f. d. ges. Psychol., 1921, 41, 353-381. Durch Stimmgabeln wurden Töne von 120-1100 Schwingungen erzeugt. Zu jeder Versuchsreihe gehörten 3 Gabeln: Zuerst wurde der induzierende Ton gegeben, unmittelbar darauf der Normalton und nach 2 Sekunden Pause der Vergleichston. Angleichung an den induzierenden Ton fand statt, wenn die Entfernung zwischen ihm und dem Normalton kleiner, Kontrastwirkung zeigte sich, wenn sie grösser war als eine Oktave. Maxima der Angleichung traten ein, wenn der induzierende Ton Sekunde und Terz des Normaltons, Minima, wenn er Quarte oder Quinte war. Die letzten beiden Intervalle wurden wohl ihrer häufigen Verwendung in der Musik wegen als besonders scharf umschrieben aufgefasst. Diese analysierende Einstellung wirkt der Induktion entgegen. Die absolute Grösse der Induktionswirkungen wächst mit zunehmender Schwingungszahl der Normaltöne. M. TITTEL (Leipzig) 38. TSCHERMAK, A. v., Der exakte Subjektivismus in der neueren Sinnesphysiologie. Arch. f. d. ges. Physiol., 1921, 188, 1-20. Die naive Ansicht, dass wir die Welt so wahrnehmen, wie sie an sich ist, wurde durch Joh. Müllers Gesetz der spezifischen Sinnesenergien berichtigt. Da dieses eigentlich eine "Selbstanschauung der Netzhaut" bedeutet, war die Theorie der Lokalzeichen von Lotze ein Fortschritt für die Möglichkeit der Zuordnung von subjektiven Eindrücken. Dieser wurde von Hering und Tschermak ("Ordnungswerte" und "Grössenwerte" des optischen Raumsinnes) weitergeführt. In einzelnen wird gezeigt, dass unser Bewusstsein sich nicht auf objektive Lichtwellen, Schallwellen usf. abstimmt, sondern nur auf Subjektives (Sehraum usf.). H. HENNING (Frankfurt a/M.) 39. PLASSMANN, J., Die Milchstrasse als Gegenstand der Sinneswahrnehmung. Zeits. f. Psychol., 1921, 88, 120-129. Qualitative und quantitative Analyse des Eindruckes, welchen uns die Milchstrasse am Himmel vermittelt, und astronomische Begründung der Einzeltatsachen. H. HENNING (Frankfurt a/M.) 4. FEELING AND EMOTION 40. PERRIN, F. A. C., Physical Attractiveness and Repulsiveness. J. of Exper. Psychol., 1921, 4, 203-217. A statistical study of the reports of college students regarding those traits in individuals which make for attractiveness and repulsiveness reveals the fact that physical characteristics, especially sexual, play a decisive rôle. Static traits, such as beauty or ugli |