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darin zu liegen, daß die chromatische Substanz nur im Zustand des Gerüstes zu wachsen vermag. In der That, die riesige Vermehrung des Chromatins im wachsenden Organismus scheint nur im Ruhestadium des Kerns vor sich zu gehen. Die chromatischen Elemente der karyokinetischen Figur, die aus dem ruhenden Kern sich bilden, sind im allgemeinen doppelt so groß als die Tochterelemente der vorhergegangenen Teilung; die kontrahierten Elemente aber vergrößern sich nicht mehr. Daß sie diese Fähigkeit überhaupt nicht besitzen, dafür sprechen jene seltenen Fälle, wo dieselben wirklich von einer Teilung bis zur nächsten ohne Einschaltung eines Gerüststadiums persistieren, nämlich in der Richtungskörperbildung vieler Eier. So läßt sich besonders klar bei Ascaris megalocephala verfolgen, wie die Tochterelemente der ersten Richtungsfigur direkt zu den Mutterelementen der zweiten werden, ohne die geringste Vergrößerung zu erfahren 1), so daß die zweite Spindel nur halb so viel Chromatin enthält als die erste. Mag also das Ruhestadium des Kerns für die Rolle, welche das Chromatin in der Zelle zu spielen hat, von Bedeutung sein oder nicht, so dürfen wir wenigstens diese Form mit großer Wahrscheinlichkeit als notwendige Bedingung für den Fortbestand der chromatischen Substanz betrachten, indem dieselbe allem Anschein nach nur im Zustand eines feinen Retikulums, das sich in einer Vakuole der Zellsubstanz ausbreitet, zu assimilieren und zu wachsen vermag.

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IV. Die Veränderungen in der Zellsubstanz während dieser Zeit.

Im vorigen Abschnitt haben wir die beiden Geschlechtskerne bis zu dem Punkt verfolgt, wo jeder derselben nur noch durch zwei chromatische Elemente repräsentiert wird, die, zur Teilung bereit, direkt im Protoplasma liegen. Außer diesen vier Schleifen liefern die beiden Kerne für die karyokinetische Figur keinen weiteren Bestandteil. Die ganze achromatische Teilungsfigur nimmt

1) Die gegenteilige Angabe VAN BENEDEN'S beruht darauf, daß dieser Forscher beim Studium der Eireifung die zwei durch verschiedeuen Chromatingehalt charakterisierten Eiarten des Pferdespulwurms vor sich gehabt und nicht unterschieden hat.

ihren Ursprung in der Zellsubstanz. Parallel mit den Umwandlungsphasen der Kerne gehen Veränderungen im Protoplasma einher, die schließlich zu dem bekannten Bild der achromatischen Kernspindel mit den beiden Polsonnen führen. An den bisher besprochenen Abbildungen sind dieselben nicht dargestellt, weil sie an den Alkohol-Essigsäure-Präparaten 1), nach denen diese Figuren gezeichnet sind, nur sehr wenig hervortreten. Diese Veränderungen sollen nun im Zusammenhang geschildert werden, und zwar nach Präparaten, die in Pikrin-Essigsäure gehärtet sind, welche Konservierungsmethode mir in dieser Hinsicht die besten Resultate geliefert hat.

In den Arbeiten von NUSSBAUM (2), VAN BENEDEN (3) und ZACHARIAS (9), in denen die Teilung des Eies von Ascaris megalocephala behandelt wird, ist über die Entstehung der ersten Spindel nichts enthalten. Selbst VAN BENEDEN, der in seinem großen Werke die karyokinetischen Vorgänge bis ins kleinste Detail verfolgt, hat die achromatische Teilungsfigur erst nach ihrer völligen Ausbildung, d. h. nachdem die vier chromatischen Elemente bereits zur Aquatorialplatte vereinigt sind, wahrgenommen.

In dem Referat eines von mir am 3. Mai 1887 in der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie zu München gehaltenen Vortrags (10) ist zum ersten Mal beschrieben, wie von der Ausbildung der beiden Geschlechtskerne an kontinuierliche Umwandlungen in der Zellsubstanz zur Bildung zweier körniger, mit je einem zentralen Körperchen ausgestatteter Kugeln führen, die schließlich durch das Zusammentreten mit den chromatischen Elementen die karyokinetische Figur erzeugen.

Kurz nachdem dieses Schriftchen verschickt worden war (zwischen dem 6. und 12. August), erschien im Moniteur Belge vom 20. August ein kurzer Bericht über ,,Nouvelles recherches sur la fécondation et la division karyokinétique", welche von E. VAN BENEDEN und A. NEYT (11) am 7. August der Kgl. belgischen Akademie vorgelegt worden waren. Eine ausführlichere Darstellung dieser Untersuchungen (14) gelangte am 20. Oktober in meine Hände. Die Resultate, zu denen die beiden genannten Forscher hinsichtlich der Entstehung der Teilungsfigur gelangen, stimmen mit den von mir an dem oben genannten Ort beschriebenen Befunden in den Hauptpunkten überein.

Die Konstitution der Zellsubstanz des Ascariden-Eies ist eine

1) 1 Teil Eisessig auf 100 Teile Alk. abs.

sehr komplizierte, und ich kann nicht behaupten, daß ich imstande gewesen wäre, dieselbe vollkommen zu analysieren. Was vor allem eine richtige Vorstellung erschwert, das sind die außerordentlich wechselnden Bilder, die man mit verschiedenen Reagentien, ja mit einem und demselben Reagens erhält. Seitdem ich diesen Verhältnissen eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden begonnen habe, war es mir nicht möglich, auch nur einen lebenden Spulwurm zu erhalten, an dessen Eiern ich speziell hierauf gerichtete Konservierungsversuche hätte anstellen können. Ich beschränke mich daher auf die ganz allgemeine Angabe, daß nach den verschiedenen Präparaten, die ich gesehen habe, die Zellsubstanz aus einer homogenen Grundsubstanz gebildet wird, in der sich ein feinfädiges bald eng-, bald weitmaschiges Gerüst ausbreitet. Zwischen diesem Fadenwerk sind in die Grundmasse größere und kleinere Dotterkörper, sehr kleine regellos zerstreute Körnchen und eine spezifische, je nach dem Entwicklungszustand des Eies körnige oder fädige Substanz eingelagert.

Was ich im Folgenden mitteile, bezieht sich fast ausschließlich auf diese letztere Substanz. Die übrigen Bestandteile der Zelle nehmen, wie es scheint, an dem Teilungsvorgang keinen aktiven Anteil, sondern werden bei der Durchschnürung der Zellsubstanz ihrer Lage entsprechend einfach auf die Tochterzellen verteilt. Ich schließe dies daraus, daß ich den verschiedenartigen Habitus, welchen die mit Reagentien behandelte Zellsubstanz darbieten kann, in allen Entwicklungsstadien des Eies und der beiden ersten Furchungskugeln in gleicher Weise nachweisen konnte.

In meinem oben citierten Vortrag (10) habe ich jene Substanz der Zelle, welche im Moment der Teilung die achromatische Kernspindel mit den beiden Polstrahlungen darstellt, ,,Protoplasma im engeren Sinn", d. h. in der Beschränkung, welche KUPFFER diesem Worte gegeben hat, genannt. Allein ich habe mir nachträglich klar gemacht, daß diese Bezeichnung aus zwei Gründen eine ungeeignete ist. Einmal muß ich mich den Ausführungen FLEMMING'S') anschließen, daß der Gebrauch des Wortes Protoplasma gegenwärtig ein so verschiedenartiger und demgemäß dieser Begriff ein so verschwommener ist, daß sich eine Beschränkung desselben auf einen einzelnen Zellenbestandteil kaum mehr durchführen läßt und zunächst jedenfalls nur Unklarheit und Verwirrung zur Folge haben muß. Sodann und dies ist der gewichtigere

1) FLEMMING, Hauptwerk, p. 77 ff.

Ascheplerma

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Grund ist die Substanz, um die es sich hier handelt, mit dem Protoplasma KUPFFER'S nicht identisch. Denn es besteht im Ascaridenei neben und unabhängig von derselben das oben bereits erwähnte und in Fig. 10 und 11 gezeichnete Retikulum, das höchst wahrscheinlich dem in anderen Zellen erkannten Fadenwerk gleichzusetzen ist und das sich von jener Substanz nicht nur durch seine Thätigkeit in der Zelle, sondern auch durch sein Verhalten gegen Reagentien ganz scharf unterscheidet. Damit ist aber zugleich der von FLEMMING für KUPFFER'S,,Protoplasma" eingeführte Name:,,Filarmasse" und HANSTEIN-STRASBURGER'S Bezeichnung: „Hyaloplasma", ebenso wie die LEYDIG'sche Benennung: „Spongioplasma" ausgeschlossen. Es ist möglich, daß diese vier Benennungen den Zellbestandteil, von dem hier die Rede sein soll, mit umfassen; allein wenn dies auch der Fall sein sollte, so bezeichnen sie doch jedenfalls mehr und daneben Teile von ganz verschiedenem Wert. Es ergiebt sich also das Bedürfnis nach einem neuen Namen, und so schlage ich gleich hier, um in der Folge alle Umschreibungen vermeiden zu können, den Ausdruck ,,Archoplasma" vor, eine Bezeichnung, die bequem ist und zugleich durch ihre Ableitung von άozov die Rolle, welche das zu beschreibende Plasma in der Zelle spielt, einigermaßen andeutet.

Der Nachweis, daß das Archoplasma eine von den übrigen Zellbestandteilen verschiedene Substanz ist, läßt sich durch eine Reaktion derselben auf die Pikrin-Essigsäure führen. Wirkt diese Säuremischung in bestimmter Weise auf das Ei von Ascaris megalocephala ein, so verquellen alle Bestandteile der Zellsubstanz: Grundmasse, Fäden, Körnchen und Dotterkörper zu einer homogenen, leicht vakuolisierten, durchsichtigen Masse, in der nur die Struktur der Kerne und des Archoplasmas sich erhält.

So klar und beweisend diese Reaktion aber auch ist, so hat dieselbe doch den großen Mangel, daß sich ihr Eintreten nicht willkürlich hervorrufen läßt. Denn die Reaktion ist nicht oder wenigstens nicht ausschließlich in einer Eigenschaft der Konservierungsflüssigkeit begründet, sondern wesentlich bedingt durch den Widerstand, den die Eihüllen dem Eindringen des Reagens entgegensetzen, und zwar kommt hier ganz besonders die innere Perivitellinschicht in Betracht. Während die Pikrin-Essigsäure in der von mir gebrauchten Zusammensetzung alle Eier, die diese innere Hülle noch nicht gebildet haben, ziemlich gleichartig konserviert, liefert sie von Eiern nach Ausscheidung dieser Substanz sehr verschiedene Bilder. Einzelne Präparate bewahren nahezu

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das Aussehen lebender Eier, andere zeigen sehr deutlich das in die Grundsubstanz eingebettete Fadenwerk, bei anderen ist nur die Archoplasmastruktur erhalten. Eine Vergleichung der Fig. 38, Taf. II, und 51, Taf. III, vermag eine Vorstellung zu geben, wie sehr zwei Eier des gleichen Muttertieres, die sich auf dem nämlichen Stadium befinden und die bis zur Glycerineinbettung miteinander genau den gleichen Prozeduren unterworfen worden sind, in ihrem Aussehen differieren können. Die Unterschiede lassen sich kaum anders erklären als dadurch, daß die Konzentration des Reagens, wenn dasselbe mit den einzelnen Eiern in Berührung kommt, eine sehr verschiedene ist, wobei vielleicht auch das Mischungsverhältnis der beiden Säuren von dem ursprünglichen mehr oder weniger abweicht. Experimentelle Untersuchungen in dieser Richtung konnte ich aus Mangel an Material bis jetzt leider nicht anstellen. Nach den Untersuchungen von VAN BENEDEN und NEYT (14) scheint es, daß die Essigsäure, und zwar eine sehr starke Essigsäure, das Eintreten der Reaktion bedingt. Die genannten Autoren haben die Eier, an denen sie die Entstehung der karyokinetischen Figur erforscht haben, mit Eisessig oder mit einer Mischung von Eisessig und absolutem Alkohol zu gleichen Teilen fixiert. An diesen Präparaten scheinen, nach den Zeichnungen zu urteilen, alle Bestandteile der Zellsubstanz, mit Ausnahme des Archoplasmas, zu einer homogenen, durchsichtigen Masse verquollen zu sein, gerade wie an einem Teil meiner Pikrin - Essigsäurepräparate. Geht man also darauf aus, an anderen Zellen die gleiche Isolation des Archoplasmas zu erzeugen, so wird wohl eine sehr konzentrierte Essigsäure die meisten Aussichten auf Erfolg bieten.

Man wird aus dem Gesagten den Eindruck gewinnen, daß die Präparate, auf die hier eine neue Struktur der Zelle gegründet werden soll, schlecht konserviert sind, und wenn gut konserviert so viel heißt wie: möglichst dem lebenden Zustand entsprechend, so ist der Erhaltungszustand der in Frage kommenden Eier in der That ein schlechter. Denn viele Strukturen, die im lebenden Zustand und bei anderer Behandlungsweise konstatiert werden können, sind an diesen Eiern, welche das Archoplasma in seiner Reinheit darstellen, fast vollkommen zerstört. Es müssen hier also ohne Zweifel tiefgreifende Veränderungen in der Zellsubstanz vor sich gegangen sein, und so ist der Verdacht naheliegend, daß die zu beschreibenden Strukturen, wenn auch einer realen Grundlage nicht entbehrend, so doch mehr oder weniger artifizielle seien. Daß

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