Imagens das páginas
PDF
ePub

Koprolithen und Urolithen.

Geschichtliche Bemerkung von F. Leydig.

Bei den seiner Zeit angestellten Studien über Bau und Leben der Eidechsen 1) musste sich an den in Gefangenschaft gehaltenen Tieren, die Beobachtung aufdrängen, dass sehr abweichend von dem, was man bei Amphibien sieht, hier bei Reptilien die Exkremente aus zwei wesentlich verschiedenen Teilen bestehen. Nämlich einmal aus dem größeren, kaffeebraunen oder eigentlichen Kotballen, welcher die nicht einverleibbaren Speisereste, namentlich das Chitinskelet von Insekten enthält 2); sodann zweitens aus einer daran hängenden Partie vom Aussehen eines kreideweißen Kalkbreies, welch letztere den Harn vorstellt.

Die einzelnen Arten der Eidechsen verhalten sich hierin gleich, doch war zu bemerken, dass in Form und Größe der beiden Massen immer noch die Speciesverschiedenheit sich kund gibt. Bei Lacerta muralis z. B. war der Kotballen von einfach länglicher Gestalt und der Harnklumpen von halbkugliger, brodlaibartiger Form; bei Lacerta agilis zogen sich beide Teile mehr ins Längliche und waren gekrümmt; bei der ganz großen dalmatinischen Lacerta viridis war der Harnstein, wie ich die Masse auch nannte, ein zolllanger schwach birnförmiger Körper. Ich könnte jetzt auch den Gongylus ocellatus als Beispiel anführen, welchen ich seit zwei Jahren im Zimmer pflege und dessen Harnklumpen ebenfalls von charakteristischer Form sind 3). Allgemein ist, dass der Harnklumpen an dem hinteren Ende, wo er an den Kotballen anstößt, etwas gelblich gefärbt ist, während er im Uebrigen lebhaft weiß aussieht.

Es ließ sich ferner daran erinnern, dass in dieser Form der Harnabscheidung die Reptilien den Vögeln sich nähern, doch gewinne bei letzteren das Harnprodukt könne man beinahe sagen nicht die zierliche Ausprägung der Form, wie sie bei den Sauriern entgegentritt.

Dabei wurde auch von meiner Seite nicht unterlassen, eine Arbeit von Schreibers) ins Gedächtnis zurückzurufen, welche vor langen Jahren veröffentlicht, in Vergessenheit gesunken war und näheren Bezug zu dem Gegenstand hat.

Der beregte Sachverhalt schien mir ein Licht zu werfen auf gewisse fossile Funde und deshalb gab ich das Bild eines solchen Harnklumpens in etwas vergrößertem Maßstabe von Pseudopus Pallasii),

1) Leydig, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen 1872. 2) Im frischen Zustande wimmeln im Kotballen, wie bei Amphibien, dichte Massen von Vibrionen als ständige Einschlüsse.

3) Zwei Prachtexemplare des oben genannten Tieres verdanke ich Herrn Dr. Escherich, welcher sie von seiner naturwissenschaftlichen Reise nach Tunis und der Insel Dscherba (Girba der Syrtis minor) zurück brachte. 4) In Gilbert's Annalen der Physik, 43. Bd., 1813.

5) A. a. O., Taf. IX, Fig. 123.

welchen ich dazumal ebenfalls lebend um mich hatte, und schloss zur Erläuterung die nachstehend wiederholte „Bemerkung über Koprolithen" an1).

„Es ist mir sehr wahrscheinlich, um nicht zu sagen gewiss geworden, dass manche Bildungen, welche man herkömmlich als Koprolithen der Saurier anspricht, nicht eigentlich Exkrementballen sind, sondern solche Harnkonkremente. Wer die wirklichen Kothaufen der Saurier und die Harnmassen im frischen Zustande ansieht, wird sich gestehen müssen, dass die letzteren bei ihrer von vorneherein steinigen Natur sich eher erhalten werden, als die weichen, leicht zerfallenden Exkremente. Dazu kommt, dass beim Absetzen des Harnzylinders ins Wasser, was im Zwinger gern geschieht, der Harnklumpen keineswegs zerfließt, sondern seine Gestalt noch viel reiner behält, als im Trocknen. Ferner, und deshalb lege ich besonders eine getreue Abbildung vor, der Harnklumpen zeigt auf der Oberfläche zierliche Ringfurchen, von denen wieder feinere verästigte Seitenfurchen abgehen, alles offenbar Abdrücke der Schleimhaut der Kloake! Durch die Güte meines Kollegen v. Quenstedt hatte ich Gelegenheit, diese meine Ansicht an Koprolithen der hiesigen paläontologischen Sammlung, sowie an solchen, welche Dr. Endlich in größerer Menge aus den von ihm näher studierten Bonebed bei Bebenhausen gesammelt, zu prüfen. Es ergab sich hiebei, dass allerdings die Koprolithen aus dem Bonebed eine ganz überraschende Aehnlichkeit mit den Harnmassen des Pseudopus darboten; insbesondere auch, was die Art der Furchenbildung auf der Oberfläche betrifft. Dann musste ich aber hinwieder meinem Kollegen v. Quenstedt zustimmen, wenn er Koprolithen von Fischen der hiesigen Sammlung, z. B. von Macropoma, in hergebrachter Weise als wirkliche Exkrementballen ansah, und ihre in der That durchaus spiralige Furchenbildung von der Spiralklappe des Darms nach wie vor ableitete. Es scheint somit, dass man bisher unter dem Namen Koprolithen verschiedene Bildungen zusammengeworfen hat und zwar

1) wirkliche Kotballen der Fische, mit Spiraltouren versehen und auch von einer Größe, dass sie ganz wohl als Abdruck eines mit Spiralklappe ausgestatteten Darmes gelten können; 2) Harnklumpen oder Harnkonkremente, welche lediglich den Reptilien angehören und auf der Oberfläche nicht eigentliche Spiralgänge, sondern Ringfurchen mit seitlichenAusläufern zeigen".

1) A. a. O. S. 172. An einem stattlichen dalmatinischen Exemplar dieses „animal mitissimum", welches ebenfalls durch die Gefälligkeit des Herrn Dr. Escherich seit fast nahezu zwei Jahren in meinem Besitze ist, kanu ich die Richtigkeit meiner früheren Angaben bestätigen. Und es sei beigefügt, dass das durchaus gesunde Tier bei reichlicher Nahrung es nimmt täglich ein Stück rohen Rindfleisches zu sich den großen Harnklumpen ziemlich regelmäßig in Zwischenräumen von 14 Tagen absetzt.

[ocr errors]

Daran reihte ich auch noch einiges Bedenken an über die vorausgesetzte Spiralklappe im Darm der Ichthyosauren.

Meine Ermittelungen über die Harnkonkremente der Saurier sind bisher kaum beachtet worden. Indessen ist dies keineswegs der eigentliche Grund, warum ich im Augenblick den Gegenstand von Neuem zur Sprache bringe; es geschieht vielmehr aus dem Bedürfnis, ein Versäumnis nachzuholen, welches ich beging, indem ich seiner Zeit keine Ahnung davon hatte, dass ein Vorgänger zu nennen gewesen wäre, welcher schon längst durch einen ähnlichen Gang der Untersuchung zu gleichen Ergebnissen wie ich gekommen war.

Es war der auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie viel erfahrene G. L. Duvernoy, welcher in der Abhandlung: Fragments sur les organes génito-urinaires des reptiles et leurs produits 1) einen Abschnitt gibt mit der Ueberschrift: „Sur l'existence des urolithes fossiles et sur l'utilité que la science des fossiles organique pourra tirer de leur distinction d'avec les coprolithes, pour la détermination des restes fossiles de Sauriens et d'Ophidiens".

Der genannte Autor behandelt dort in ausführlicher Weise den Unterschied zwischen den Koprolithen (,,féces alimentaires") und den Urolithen („féces urinaires"), beschreibt beide nach Form, Farbe und chemischer Beschaffenheit; er geht auch näher auf den Mechanismus ein, durch welchen die Urolithen die Spiralfurchen erhalten.

Man erfährt zugleich aus der Abhandlung, dass bereits im Anfang der 30er Jahre des Jahrhunderts Duvernoy an die Straßburger Akademie über seine Beobachtungen berichtet hat, weshalb denn auch wahrscheinlich ist, dass in den mir fremden Schriften der französischen Paläontologen die „Urolithen“ der Reptilien längst ihre Stelle gefunden haben. In der deutschen einschlägigen Litteratur ist das nicht der Fall gewesen; auch besaß keiner der Paläontologen, mit denen ich seither persönlich in Verkehr zu treten Gelegenheit hatte, irgend ein Wissen über fossile Harnballen der Reptilien. [20]

Ueber eiweißverdauenden Speichel bei Insektenlarven.
Von Dr. Wilibald A. Nagel,
Privatdozent der Physiologie in Freiburg i. Br.
(Schluss.)

Die eiweißlösende Wirkung des Speichels.

Der Speichel der Schwimmkäferlarve besitzt noch eine andere interessante Eigenschaft, die mit der eben besprochenen Giftwirkung wahrscheinlich in nahem Zusammenhange steht; er wirkt eiweiß

verdauend.

1) In den Mém. pres. par div. sav. à l'Academie des sciences, Paris 1851,

Tom. 11.

[ocr errors][ocr errors]

Wo ich in der mir zugänglichen Litteratur Notizen über die Ernährungsweise der Schwimmkäferlarven gefunden habe (die Angaben sind sehr spärlich -), heißt es immer, dass diese Tiere der Beute das Blut aussaugen. Es wäre dies auch a priori keineswegs undenkbar; kennen wir doch eine ganze Anzahl von Beispielen gerade aus der Reihe der Insekten, wo nach allgemeiner Annahme ausschließlich das anderen Tieren entnommene Blut den Bedarf an Eiweißnahrung deckt ').

Die wirkliche Ernährungsweise der Dytiscus- Larve ist hiermit indessen keineswegs in ausreichender Weise gekennzeichnet. Sie saugt den von ihr ergriffenen Tieren nicht nur das Blut, überhaupt die Flüssigkeit aus, sondern sie nimmt den größten Teil ihrer Körpersubstanz in sich auf. Sie saugt außer den eiweißhaltigen Flüssigkeiten auch die geformten Eiweißmassen aus, nachdem sie dieselben zuvor durch Wirkung ihres Speichels verflüssigt hat. Von Insekten und Spinnen lässt sie fast nichts als die Chitinhülle übrig, von weichhäutigen Tieren nichts als eine durchsichtige schleimartige Masse.

Die verdauende Wirkung lässt sich auch an Stücken rohen Rindfleisches konstatieren, doch geht sie hier langsamer und unvollständiger von statten. Es bleibt schließlich eine schleimartig aussehende Masse zurück, welche indessen noch Eiweiß und sogar geformte Substanz, Muskelfasern, enthält 2).

Ueberraschend schnell wird die Larve mit dem Aussaugen lebend ergriffener Tiere fertig. Nach Verlauf einer Viertelstunde schwimmen von einer Schmeißfliege oder Spinne nur noch die leeren Chitinteile an der Oberfläche, gewöhnlich in mehrere Teile zerpflückt (die Fliege in Kopf, Thorax und Abdomen). Von einigen Spinnen fand ich das vollständige, gänzlich geleerte und durchsichtige Chitingerüst vor. Wie lange Zeit zur vollständigen Verdauung eines gleich großen Individuums der eigenen Art notwendig ist, konnte ich nicht beobachten;

1) Sie sind ja bekannt, diese lästigen Blutsauger, Culex, Tabanus, Floh und Wanzen u. s. w. Auch andere Tierklassen stellen Vertreter; ich erinnere nur an die Blutegel. Ob in allen diesen Fällen wirklich nur Blut gesaugt wird, ist übrigens nicht erwiesen. Möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich ist es, dass auch in diesen Fällen das in der Wunde entleerte Sekret eiweißlösende Wirkung hat.

2) Von Interesse ist, was man namentlich an Tieren mit dünnem Chitin, z. B. manchen Spinnen feststelleu kann, dass nämlich auch der Inhalt der Beine in Lösung übergeht. Das eiweißlösende Sekret dringt also sogar in diese engen Hohlräume ein, während die Zangen selbst in den Cephalothorax eingeschlagen sind und der Speichel sich in dessen Binnenraum zunächst ergossen hat.

es dürfte hiezu über eine Stunde gebraucht werden. Die leeren Häute sehen dann aus wie das bei der Häutung abgestreifte Kleid.

Ein wirkliches Kauen ist der Schwimmkäferlarve bei der eigentümlichen Beschaffenheit ihrer Mundteile natürlich nicht möglich. Gleichwohl wird bei der Lockerung der zu verdauenden Massen auch mechanisch nachgeholfen. Am deutlichsten ist dies beim Saugen an rohem Rindfleisch; die Zangen wühlen fast ununterbrochen in demselben, die Fühler, Taster und Vorderbeine helfen dabei nach, indem sie das Stück drehen und wenden. Etwas anders ist das Verhalten der Larve gegen ein erbeutetes kleines Insekt, eine Fliege oder dergleichen. Hat sie die Zangen in das Tier eingeschlagen, so flüchtet sie meist damit an einen ihr sicher scheinenden Ort und hält das Opfer nun einige Zeit ganz regungslos fest, ohne dass die später zu beschreibenden Saugbewegungen eintreten. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass die Larve gleich anfangs ihren giftigen Speichel in die Beute entleert und nun zunächst dessen lähmende und tötende Wirkung abwartet. Ist diese eingetreten, so wühlen jetzt die Zangen in dem Leichnam, indem bald die eine, bald die andere tiefer eingebohrt, dann wieder weiter herausgezogen wird. Doch bleiben bei kleinen Tieren die Kiefer stets in der zuerst geschlagenen Wunde in der Chitinhülle. Nur bei großen, namentlich langgestreckten Tieren zieht die Larve, wenn sie einen Teil des Körpers leer gesaugt hat, die Zangen heraus, um sie an einer anderen Stelle wieder einzuschlagen. Auch wenn ein Tier sich heftig sträubt und an dem Biss langsam zu grunde geht, wie dies bei großen Käfern vorkommt, beißt die Larve mehrmals ein und zerrt dabei ihr Opfer durch ihren ganzen Behälter hin und her.

Eine eigentümliche Erscheinung, die ich mit großer Regelmäßigkeit wiederkehren sah, ist die folgende. Bekanntlich atmen diese Larven durch Tracheen, welche an der Hinterleibsspitze münden. Von Zeit zu Zeit wird diese Hinterleibsspitze an die Wasseroberfläche gebracht und damit der Luftraum der Tracheen mit der Außenluft in Verbindung gebracht. An der Hinterleibsspitze befinden sich zwei (früher als Tracheenkiemen gedeutete) gefiederte Schwimmblättchen (s. Fig. 1), die in Folge ihrer Unbenetzbarkeit dem Wiederuntertauchen einen gewissen Widerstand entgegensetzen, wenn sie einmal an die Wasseroberfläche gekommen sind. Hierdurch wird es ermöglicht, dass die Larve mit ihrem Hinterende gewissermaßen an der Wasserfläche hängt. Der nach unten hängende Vorderkörper braucht dann nur noch durch eine Wasserpflanze oder dergl. leicht unterstützt zu sein, um eine stabile Lage des Körpers herzustellen. Während nun diese Lage vom nicht-fressenden Tiere verhältnismäßig selten aufgesucht wird und dieses vielmehr oft stundenlang sich auf dem

« AnteriorContinuar »