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Grunde des Wassers ohne Kontakt mit der Luft aufhält, ist dies anders, sowie die Larve Nahrung erhält.

Die fressende Larve scheint das intensive Bestreben zu haben, sich mit dem Hinterende an die Wasserfläche zu hängen, und wenn sie ein erbeutetes Tier zwischen den Zangen hält, ruht sie im allgemeinen nicht eher, als bis sie jene Stellung erreicht hat.

Eine der Larven hielt ich anfangs in einem hohen Becherglase mit Wasserpflanzen und bemerkte bald die hochgradige Unruhe des Tieres, das eine Spinne als Futter erhalten hatte. Die unruhigen Bewegungen gingen schließlich, wie deutlich zu sehen war, darauf aus, das Hinterleibsende nach oben an die Wasserfläche zu bringen. Als dies erreicht war, wurde das Tier sofort ruhig und begann nun sein Sauggeschäft. Von da an hielt ich alle Larven in flachen Glasschalen und beobachtete auch hier regelmäßig das Bestreben, beim Fressen die erwähnte Stellung einzunehmen.

Um eine bestimmte Orientierung gegen die Richtung der Schwere oder um Entlastung des nicht durch Beine gestützten Hinterleibes konnte es der Larve in diesen Fällen nicht zu thun sein, denn diesen Zwecken wäre auch in mannigfacher anderer Weise zu genügen gewesen, da die rankenförmigen Wasserpflanzen den Tieren die Einnahme jeder beliebigen Stellung auch mit Unterstützung des Hinterleibes gestatteten. Es muss der Kontakt mit der Luft sein, der hier angestrebt wird. Möglicherweise besteht während der Verdauungsthätigkeit ein besonders intensives Atembedürfnis. Nicht ausgeschlossen wäre auch, dass bei dem Saugen die Gefahr des Wassereintrittes in die Tracheen bestände, wenn diese nicht mit der freien Luft kommunizieren. Doch ist über diese Verhältnisse, über die Möglichkeit eines aktiven Verschlusses des analen Stigma, meines Wissens nichts bekannt.

Es erübrigt noch, einiges über die Eigenschaften des Speichels und über dessen Entleerung zu sagen, wenngleich die beginnende Metamorphose der Larven mir hier die Möglichkeit einiger noch sehr wünschenswerter Untersuchungen abgeschnitten hat.

Die Ergießung des Speichels ließ sich am besten verfolgen, wenn ich die Tiere in passend zurecht geschnittene Stücke hartgekochten Hühnereiweißes beißen ließ. Die Mandibeln drangen mühelos in dasselb ein und bewegten sich darin wühlend hin und her. Schon nach wenigen Sekunden sah man dann aus dem einen der beiden Stichkanäle den Speichel, den oben erwähnten dunkelgraubraunen Saft, hervorquellen. Die Entleerung ist keine kontinuierliche, sie erfolgt in erheblichen Zwischenräumen wiederholt und jedesmal wird nur ein Tropfen des Saftes ergossen, offenbar willkürlich. Nie sah ich den Saft aus den Stichkanälen beider Kiefer gleichzeitig quellen, auch

war kein regelmäßiger Wechsel in der Benützung der beiden Entleerungsröhren bemerkbar.

Der hervorquellende Saft hat ein hohes spezifisches Gewicht, er sinkt im Wasser schnell unter, mischt sich aber mit demselben leicht. Ließ ich die Larve in meinen Finger beißen, so gelang es, eine kleine Quantität des Sekretes rein zu erhalten. Es schien mir geruchlos. Die Reaktion war neutral, zuweilen vielleicht ganz schwach sauer, nie alkalisch. Da der Speichel, auf möglichst sorgfältig gereinigtem Finger aufgefangen, stets saure Reaktion vermissen ließ, vermute ich, dass die nur,vereinzelte Male andeutungsweise auftretende sauere Reaktion auf ungenügend entfernten Schweiß auf der Haut meines Fingers zurückzuführeu sein dürfte. Das normale wäre demnach die neutrale Reaktion.

Dies steht in vollkommenem Einklange mit einer Beobachtung von J. Frenzel1) an einer anderen Käferlarve, dem Mehlwurm (Tenebrio molitor). Das Sekret der Verdauungsdrüsen wird hier nicht nach außen entleert, da der Mehlwurm gewöhnliche kauende Larvenmundteile hat, sondern in den Mitteldarm ergossen. Es ist ebenfalls ohne Wirkung auf Lakmus. Frenzel verschaffte sich eine Lösung des fermenthaltigen Sekretes dadurch, dass er mehrere Därme jener Tiere in Wasser zerrieb. Er versetzte eine bestimmte Quantität dieser fermenthaltigen Flüssigkeit mit Salzsäure, eine andere Portion mit kohlensaurem Natron, und brachte in beide Mischungen eine Fibrinflocke. In alkalischer Lösung wurde verdaut, in saurer nicht. Die Verdauung erfolgte unter den Erscheinungen der Trypsinwirkung, das Fibrin quoll nicht, sondern zerfiel bröckelig unter schwärzlicher Verfärbung.

Ich konnte aus dem angegebenen Grunde leider nicht mehr genügende Mengen von dem Sekrete gewinnen, um derartige künstliche Verdauungsversuche anzustellen; ein einziger, den ich mit einem bloß mit Wasser versetzten, also neutral gelassenen Speicheltropfen anstellte, fiel negativ aus. Was sich aber über die natürliche Verdauung der Dytiscus-Larve beobachten ließ, spricht entschieden dafür, dass hier ein ähnlicher Verdauungsmodus wie bei der Tenebrio-Larve vorliegt, nur dass bei dieser die Verdauung im Mitteldarm, bei jener außerhalb des Mundes erfolgt.

Die alkalische Reaktion ist höchst wahrscheinlich auch für die extraorale Eiweißverdauung der Dytiscus-Larve förderlich, wenn nicht gar notwendig, und diese Bedingung wird unter den natürlichen Lebensbedingungen des Tieres stets erfüllt sein, indem die Körpersäfte der ihnen zur Nahrung dienenden Tiere, so viel bekannt, alkalisch reagieren. Es ist daher nicht notwendig, dass das fermenthaltige Sekret das Alkali

1) J. Frenzel, Ueber Bau und Thätigkeit des Verdauungskanals der Larve von Tenebrio molitor, mit Berücksichtigung anderer Arthropoden. Berliner Entomol. Zeitschrift, Bd. XXVI, 1882, S. 267.

selbst liefere. Zweifelhaft kann es sein, ob alkalische Reaktion unbedingtes Erfordernis ist, da doch auch schwach sauer reagierendes Rindfleisch verdaut wird. Dabei ist allerdings zu bemerken, dass dieses Fleisch entschieden langsamer verdaut wird, als die Eiweißmasse eines lebendigen oder frisch getöteten Tieres. Vor allem ist die Verdauung eine unvollständigere, der zurückbleibende Rest ist weit beträchtlicher als derjenige, welcher in der Chitinhülle eines ausgesaugten Insektes zurückbleibt.

Sicher ist, dass die Eiweißsubstanzen bei der Verdauung durch den Speichel nicht quellen, sondern bröckelig zerfallen. In einzelnen Fällen, so z. B. wenn eine Larve die andere aussaugte, war zu bemerken, dass der angebissene Körperteil eine dunkelgraubraune Verfärbung zeigte, die stärker war, als sie wohl durch die doch immerhin geringe Menge des eingedrungenen Speichels bewirkt worden wäre. Dies wurde eine weitere Analogie mit den Beobachtungen Frenzel's bedeuten können; jedoch habe ich bei Verdauung isolierter Fleischstücke ähnliches nicht gesehen. Uebrigens kann eine derartige dunkle Verfärbung auch keineswegs als charakteristisch für die tryptische Verdauung bezeichnet werden.

Der Erwähnung wert dürfte es sein, dass reines Fibrin, aus Rinderblut gewonnen und sehr gut ausgewaschen, von den Larven kein einziges Mal wie ein Nahrungsstoff behandelt wurde. Es wurde wohl angebissen, im übrigen aber wie ein völlig unverdaulicher Stoff, etwa Filtrierpapier behandelt. Darüber, ob das Fibrin für sie überhaupt unverdaulich sei, konnte ich deshalb ein Urteil nicht gewinnen, weil die Larven auf diesen Stoff niemals ihren Speichel ergossen, was sich der Beobachtung nicht hätte entziehen können. Es scheint also das Fehlen jeglichen Geschmacksreizes die Ursache dafür gewesen zu sein, dass die Tiere nicht einmal den Versuch machten, das Fibrin zu verflüssigen.

Das Hühnereiweiß wirkt, wie erwähnt, anders, es veranlasst Ergießung des fermenthaltigen Speichels. Trotzdem ist es mir zweifelhaft, ob es durch denselben verdaut wird. Selbst kleine Stücke wurden nämlich niemals gänzlich aufgelöst, ja es war kaum eine Verminderung der Substanz zu bemerken. Das Eiweiß wurde durchwühlt und etwas zerbröckelt, aber stets nach wenigen Minuten wieder verlassen.

Ich vermute demnach, dass das gekochte Eiweiß den Geschmackssinn der Larven zwar erregte und durch dessen Vermittelung die Ergießung des Speichels bewirkte, dass es aber durch das Ferment nicht peptonisiert werden konnte; der Geschmacksreiz hatte unterdessen nachgelassen, es trat kein neuer Reiz durch Peptonbildung ein und so gab das Tier die ergebnislose Bemühung auf.

Möglich wäre es auch, dass das Hühnereiweiß einen Stoff, der auf den Geschmackssinn der Larve abstoßend wirkt, entweder von vorn

herein enthielte, oder, wahrscheinlicher noch, dass ein solcher bei der Verdauung entstände.

Frenzel (1. c.) gibt an, dass den Verdauungssekreten aller Insekten eine Eigenschaft gemeinsam sei, die sie auch mit dem Pankreassekrete der Wirbeltiere teilen, die Eigenschaft nämlich, dass in ihnen nach Ammoniakzusatz sich Krystalle von Tripelphosphat abscheiden. Frenzel bezeichnet dies als Charakteristicum der tryptischen Verdauungsfermente. Auf der anderen Seite gibt Basch1) an, dass der reichlich in den Vorderdarm (Munddarm) ergossene Speichel der Küchenschabe (Blatta orientalis) neben der diastatischen auch eine peptische Wirkung habe, d. h. Eiweiß unter saurer Reaktion peptonisieren könne. Ganz allgemein verbreitet scheint also das tryptische Ferment bei den Insekten nicht zu sein, jedenfalls aber ist es auch keine Besonderheit der Schwimmkäferlarve.

Die Sekrete, die bei den verschiedenen Insekten in den Vorderdarm und Mund ergossen werden, sind mannigfaltiger Natur und wohl je nach der Ernährungsweise der Tiere verschieden. Die Bezeichnung „Speichel", die für diese Sekrete allgemein gebraucht wird, kann in der vergleichenden Physiologie nur mehr die Bedeutung eines in den Mund ergossenen Sekretes haben, über dessen chemische Beschaffenheit und physiologische Wirksamkeit dagegen nichts aussagen.

Analoges bei anderen Gliedertieren.

Wenn auch die extraorale Eiweißverdauung der Dytiscus - Larve eine physiologiche Seltenheit darstellt, so steht sie doch keineswegs einzig da, und genaueres Nachforschen dürfte in einer ganzen Reihe von Fällen ähnliches zu Tage fördern.

Sehr bekannt ist die Eiweißverdauung außerhalb des Körpers bei den insektenfressenden Pflanzen, wo sie sich nach mehrfachen Angaben unter saurer Reaktion und unter dem Einflusse eines pepsinartigen Fermentes abspielt.

Bei Tieren aber war meines Wissens ähnliches bis jetzt nicht bekannt. Es wäre nun zu überlegen, ob andere Insekten analoge Erscheinungen bieten, und da liegt es nahe, an diejenigen Tiere zu denken, welche in Folge der Konfiguration ihrer Mundteile wie die Dytiscus-Larve auf flüssige Nahrung und zwar tierischen Ursprunges, angewiesen sind. Es sind dies außer den nächstverwandten Larvenformen der Dytisciden (Acilius, Colymbetes, Cybister etc.), die Larven des Ameisenlöwen (Myrmeleon) und der Florfliegen (Chrysopa, Hemerobius, überhaupt der Neuroptera planipennia megaloptera), also

1) Basch, Untersuchungen über das chylopoetische und uropoetische System der Blatta orientalis. Sitzungsber. der k. k. Akad. d. Wiss. in Wien. Math.naturwiss. Klasse, XXXIII.

Tiere, welche mit der Schwimmkäferlarve in keiner näheren Verwandtschaft stehen. Es ist nun auch interessant zu sehen, wie diese analogen, physiologisch gleichwertigen Mundteile bei den beiden Tierfamilien auf ganz ungleiche Weise gebildet sind.

Meinert und Dewitz haben in ihren oben erwähnten Arbeiten die Mundteile der Myrmeleon-Larve geschildert. Dieses Tier besitzt ebenfalls zwei spitzige Saugzangen, der Mund, d. h. die Stelle, wo der Kanal der Zangen in das Innere des Kopfes eintritt, ist ebensowenig zu sehen, wie bei der Dytiscus-Larve. Nur wird hier jede Hälfte der Zange aus zwei Stücken gebildet, dem Ober- und Unterkiefer, die beide die gleiche langgestreckte Form haben und zwischen sich den Saugkanal einschließen. Beide Teile sind durch eine „Führung" derart mit einander verbunden, dass sie nicht leicht sich an einander verschieben können. Trotz der Zusammensetzung der Kanalwände aus zwei Stücken ist damit der Zusammenhalt genügend gesichert.

Auch vom Ameisenlöwen sagte man bisher, er nähre sich vom Blute seiner Opfer. Nach der Analogie mit der Dytiscus-Larve darf es wohl als sehr wahrscheinlich gelten, dass auch bei ihm die Beute grundlicher ausgenutzt, d. h. auch das Organeiweiß verflüssigt, peptonisiert, wird. Man findet die vom Ameisenlöwen erbeuteten und ausgesogenen Tiere nachher als leere Chitinhäute in seinem Sandtrichter liegen.

Noch eine ganze Klasse von Gliedertieren zeigt Verhältnisse in Bauart der Mundteile und in der Lebensweise, welche es wahrscheinlich machen, dass auch hier extraorale Eiweißverdauung vorkommt; ich meine die Spinnen. Auch sie saugen die Tiere aus, nur die leeren Häute übrig lassend; auch sie wissen, zum Teile wenigstens, durch ihren giftigen Biss ihre Opfer zu lähmen; auch sie entbehren der eigentlichen Kauwerkzeuge, allerdings auch eines derart vollkommenen Saugapparates, wie ihn die bisher erwähnten Tiere besitzen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die räuberischen Spinnen sich mit dem immerhin spärlichen Blut ihrer Beute begnügen sollten; auf der anderen Seite spricht die Gestaltung ihrer Mundteile aufs entschiedenste dagegen, dass sie die gefangenen Insekten ausfressen, in der Weise, wie dies die Raubinsekten (Raubkäfer u. dergl.) thun. Ihre Kiefer sind wohl zum Festhalten, nicht aber zum Kauen der Beute geeignet.

Viel zweifelhafter ist es, ob bei wirklich kauenden Insekten ein eiweißverdauendes Ferment vor oder während der Aufnahme der Nahrungsstoffe in den Mund zur Einwirkung auf dieselben kommt. In manchen Fällen wird höchst wahrscheinlich den abgebissenen und von den Mandibeln zermahlenen Fleischstückchen innerhalb des Mundes ein eiweißlösendes Sekret zugemischt, welches seine Hauptwirkung aber wohl erst im Darme entfaltet.

Bei vielen kauenden Insekten (Schmetterlingsraupen, fleisch- und

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