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Kunstprodukte sind, welche durch die Struktur der Kerne des Darmepithels bedingt werden. So kann ich also diesen einzigen beschriebenen Fall von Konjugation unfreier Gewebselemente nicht bestätigen.

Und so scheint mir die Annahme möglich, dass die durch Inzzestucht und Selbstbefruchtung sowie durch auf einander folgende Teilungen bei Infusorien und Metazoenzellen hervorgerufenen Störungen, welche in letzterem Falle zum Altern und Tode führen, Störungen desselben Charakters sind und durch Störungen der trophischen Funktionen des Kernes hervorgerufen werden. Gleichfalls können wir annehmen, dass vor allem die trophischen Funktionen Störungen erleiden, da sie in Verbindung mit größerer Reizbarkeit und Kontraktilität stehen, welche die tierische Zelle charakterisieren. Wenigstens kann bei den Pflanzen die ungeschlechtliche Fortpflanzung in einigen Fällen scheinbar ununterbrochen vor sich gehen und ebenso ist die Selbstbefruchtung bei ihnen keine so seltene Erscheinung wie bei den Tieren. Die Tier- und Pflanzenzellen verhalten sich ungleich bei aufeinander folgender Teilung.

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Zur Stammesgeschichte der Instinkte und Schutzmale. Eine Untersuchung über die Phylogenie des Brutparasitismus und der Eicharaktere des Kuckucks.

Von Wilhelm Haacke.

Der nachfolgende Beitrag zur Stammesgeschichte der Organismen und zur Lehre von der schützenden Aehnlichkeit, der insbesondere auch die Behandlungsweise phylogenetischer Fragen betrifft, verdankt seine Entstehung einer Anregung, die ich vor einigen Jahren in einer Sitzung der Senckenberg'schen naturforschenden Gesellschaft zu Frankfurt a. M. empfing, wo der bekannte Ornitholog Ernst Hartert eine Anzahl von Eiern unseres Kuckucks (Cuculus canorus) nebst den Eiern aus denjenigen Vogelnestern, in denen die betreffenden Kuckuckseier gefunden worden waren, vorzeigte. Herr Hartert demonstrierte uns die mehr oder minder große, zum Teil überraschende Aehnlichkeit zwischen den Eiern des Kuckucks und denen der Kuckuckspfleger. Da ich schon damals den Darwinismus') als unzulänglich erkannt hatte, suchte ich mir eine eigne Auffassung über das Zustandekommen dieser Aehnlichkeit zu bilden. Hierbei erwiesen mir zwei in der Folgezeit veröffentlichte Werke ausgezeichnete Dienste, nämlich „Das Leben der europäischen Kuckucke. Nebst Beiträgen zur Lebenskunde der übrigen parasitischen Kuckucke und Stärlinge" von Dr. Eduard Bal

Der berühmteste lebende Vertreter des Darwinismus, der noch 1893 eine Schrift über die „Allmacht“ der Naturzüchtung veröffentlichte, macht jetzt den Versuch, die Darwin'sche Lehre von der zufälligen Formbildung mit ihrem kontradiktorischen Gegenteil zu verschmelzen. Vergl. August Weismann, Ueber Germinal - Selektion eine Quelle bestimmt gerichteter Variation" (Jena 1896). — Ernst ist Weismann immer zu nehmen.

damus, dem leider schon verstorbenen ausgezeichneten Kenner unserer Vogelwelt (Berlin 1892), und „Altes und Neues aus dem Haushalte des Kuckucks" von dem tüchtigen Leipziger Ornithologen Dr. Eugène Rey (Leipzig 1892). Aus diesen beiden Werken gebe ich in durchaus neuer und meinen Zwecken entsprechender Anordnung das, was mir für meine Aufgabe besonders wesentlich erschien, zum größten Teil mit den eignen (freilich meistens etwas wenn natürlich auch nicht sachlich veränderten und deshalb nicht in Anführungszeichen gesetzten) Worten der Verfasser wieder und biete dem Leser damit einen kurzen Abriss des interessantesten Teiles der merkwürdigen und für die allgemeine Biologie sehr wichtigen Naturgeschichte des Kuckucks und seiner Verwandten, der aber freilich die Lektüre jener Werke nicht überflüssig machen, sondern vielmehr dazu auffordern soll, sie eingehend zu studieren.

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Die höchste Entwicklungsstufe des Brutparasitismus in der Vogelwelt erblickt mein Gewährsmann Baldamus in den Eigentümlichkeiten der durch eine größere Anzahl von „Anpassungen" an den Brutparasitismus charakterisierten Unterfamilie der Baumkuckucke (Cuculinae), als deren bekanntester Vertreter unser europäischer Kuckuck (Cuculus canorus) zu gelten hat. Nach anderen stellt dagegen die Entwicklungshöhe, auf welcher sich der Brutparasitismus unseres Kuckucks befindet, eine niedere Stufe des Schmarotzertums dar. So erblickt der Amerikaner Hamilton Gibson nach Baldamus in der Sorglosigkeit und Ungeschicklichkeit des Nestbaues der Regenkuckucke (Coccygus) einen Uebergang von der niederen Stufe des kein Nest bauenden Parasiten zu dem künstlichen Nestbau, ein Beispiel des Entwicklungsprozesses zu einem höheren Standpunkt, nämlich dem der dämmernden Intelligenz der Nestbaukunst, stellt also die Regenkuckucke höher als die nichtnestbauenden Parasiten. Denn nach Baldamus betrachtet er den Nestbau der Vögel als ihre höchste Lebensäußerung, als Schlüssel zu ihrer Seele. Ihm gelten Nestbau, Selbstbrüten und Erziehung der Jungen als Fortschritt gegenüber dem Parasitismus, wie denn Gibson das liederlich gebaute Nest des gelbschnäbeligen Regenkuckucks (Coccygus americanus) als einen solchen in Anspruch nähme. Das Nest der beiden nordamerikanischen Regenkuckucke ist, Baldamus zufolge, nach den Angaben sämtlicher Augenzeugen verhältnismäßig klein, aus wenig Reisern erbaut und mit einigen Baumzweigen, Moos- und Grasstengeln sowie mit Blättern verwoben, kunstlos und undicht. Gibson fand nach Baldamus mehrere Nester, wenn, wie er sagte, der nachlässig geschichtete Reisigklumpen den Namen eines Nestes verdiente, in deren einem nur ein einziger junger Vogel saß oder hing, den er zum Erreichen seiner Stoppelfedertage im Neste und dazu, dass er nicht wie seine früheren Nestgenossen, herausgefallen sei, beglückwünschte. Denn der Rand des Reisighaufens

war viel niedriger, als seine Mitte, auf der sich der junge Kuckuck gehalten hatte. Bei allen vier von Gibson gefundenen Nestern war es ersichtlich, dass der Aufbau zum Ruin der Jungen führen musste. Sternberg fand, nach Baldamus, dass Angehörige einer Art der Regenkuckucke kein eignes Nest gebaut, sondern ein Taubennest, dem Sternberg acht Tage früher die Eier entnommen hatte, benutzt hatten. Das Taubennest wäre noch ganz so gewesen, wie Sternberg es verlassen hätte. Er hätte aber nicht feststellen können, ob der betreffende Kuckuck stets ein fremdes Nest usurpiere.

Das wir in den Nestbaueigentümlichkeiten der Regenkuckucke nach allem obigen eine Uebergangsstufe zwischen Bauen und Nichtbauen zu erblicken haben, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Es fragt sich nur, ob unser europäischer Kuckuck, der kein Nest baut, auf einer höheren oder auf einer tieferen, oder, besser, auf einer stammesgeschichtlich späteren oder früheren Entwicklungsstufe steht. Ich möchte das erstere annehmen. Wir müssen die Vögel nach allem, was wir wissen, von Vorfahren ableiten, die noch keine Brutpflege übten. Die Brutpflege kann aber, wie ich bereits in meiner „Schöpfung der Tierwelt" (Leipzig 1893) darzulegen suchte, nur dadurch entstanden sein, dass die Vögel oder ihre Vorfahren sich zunächst um ihre Eier kümmerten. Zuerst mag eine natürliche Nestmulde auf dem Boden oder in einem Fels- oder Baumloche benutzt worden sein. Später wurde diese durch Vertiefung und durch Ausgleichung ihrer Unebenheiten verbessert, noch später mit in der Nähe befindlichen, darauf mit herbeigeholten Pflanzenteilen, Federn, Haaren u. dergl. ausgepolstert, ein Verfahren, woraus sich daun endlich die höheren Stufen der Nestbaukunst entwickelten. Der Nestbau der Regenkuckucke, insbesondere das, was Gibson und Sternberg darüber berichten, macht dagegen den Eindruck, als ob er einem degenerierenden Instinkte entsprünge: Zunächst ein liederlich gebautes und die Jungen gefährdendes Nest, dann Benutzung fremder Nester, die für den eignen Bedarf hergerichtet wurden, endlich vollständige Aufgabe des Nestbaues und Brütens das werden die Entartungsstufen gewesen sein, denen der Nestbauinstinkt der Vorfahren unseres Kuckucks unterworfen gewesen ist.

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Ueber die Ursachen dieser Degeneration müssen wir unsere Unwissenheit bekennen.

Man hat den Brutparasitismus des Kuckucks unter anderem mit seiner Nahrung in Zusammenhang bringen wollen. Das Kapitel von der Nahrung der Kuckucke ist nach Baldamus für ihre gesamte Biologie, besonders aber für so viele exzeptionelle Eigentümlichkeiten ihrer Fortpflanzungsweise von großer Bedeutung, und fast alle Beobachter stimmen nach Baldamus darin überein, dass unser Kuckuck und, wie Baldamus glaubt, auch andere Arten der Baumkuckucke

(Cuculinae) sich zu gewissen Zeiten hauptsächlich von behaarten Raupen nähren. Ramsay fand nach Baldamus Raupenhaare im Magen des australischen Bronzekuckucks (Lamprococcyx lucidus). Gleiche Entdeckungen wurden später, wie Baldamus ebenfalls mitteilt, bei andern Arten der Baumkuckucke gemacht. Indessen frisst der europäische Kuckuck auch Käfer, Nachtschmetterlinge, Libellen, Maulwurfsgrillen und Heuschrecken. Gleichwohl zweifelt Baldamus nicht daran, dass die bisher nur bei den Kuckucken nachgewiesene Eigentümlichkeit, stachelhaarige Raupen zu fressen, in mittel- oder unmittelbarer Beziehung zu deren Brutparasitismus steht. Möglich, dass es so ist; wir wissen aber nichts darüber.

Auch über den Zusammenhang des Brutparasitismus mit der Zeit, welche das Ablegen der in einem Kuckucksweibchen zur Entwicklung gelangenden Eier in Anspruch nimmt, können wir nichts sicheres aussagen. Baldamus meint zwar, der nächste und zureichende Grund des Brutparasitismus von Cuculus canorus sei die vielseitig konstatierte Thatsache des langsamen Heranwachsens seiner Eier, in Folge dessen sie nur in Zwischenräumen von 6-7 Tagen abgelegt werden könnten. Unter diesen Umständen sei aber ein erfolgreiches Selbstbrüten seitens der Mutter oder beider Eltern gänzlich ausgeschlossen. Allein nach Rey muss man das „Dogma" von dem langsamen Heranwachsen der Kuckuckseier fallen lassen. Die Ablage der Eier geschieht beim Kuckuck einen Tag um den andern, wie Rey durch eingehende und sorgfältige Forschungen festgestellt hat. Immerhin erfolgt sie langsamer als bei, man kann wohl sagen, der großen Mehrzahl der anderen Vögel, die täglich ein Ei legen, bis das Gelege vollzählig ist. Es mag deshalb auch wohl sein, dass sie mit dem Brutparasitismus zusammenhängt; in welcher Weise, das müssen wir dahingestellt sein lassen.

Außer in der Zeit, welche die Eiablage beansprucht, hat man in dem Bau der Geschlechtsorgane unseres Kuckucks die Ursache seines Brutparasitismus erblicken wollen. Opel hat aber nach Baldamus durch anatomische Untersuchungen den Nachweis geliefert, dass mit den Verhältnissen der Geschlechtsorgane die merkwürdige Art und Weise der Fortpflanzung des Kuckucks nicht erklärt werden könne. Und nach Rey zeigten weder der Eierstock noch das Heranwachsen der Eier des Kuckucks irgend welches Anormale im Vergleich zu andern Vögeln. Inwieweit, nebenbei bemerkt, das Legen des relativ sehr kleinen Eies, das sich nach Baldamus unter langen, schweren und krampfhaften Wehen vollzieht, wobei der Vogel nicht sieht und hört, etwas Abnormes darstellt, mag dahingestellt bleiben.

Unser Kuckuck legt nach Rey im Jahre bis einige 20 Eier. Rey meint, dass vielleicht gerade durch diese hohe Eierzahl der Brutparasitismus des Kuckucks bedingt werde. Ich kann mich dieser Auf

fassung nicht anschließen, wenn ich auch zugeben muss, dass die hohe Eierzahl des Kuckucks, die gegenüber der der meisten andern Vögel außerordentlich groß ist, mit dem Brutparasitismus zusammenhängt. Vielmehr denn als Ursache möchte ich die hohe Eierzahl als Folge des Schmarotzertums betrachten.

Als solche dürfte auch die Polygamie unseres Kuckucks, falls sie wirklich existiert, zu betrachten sein. Baldamus bestreitet sie. Nach diesem Beobachter sind bei Cuculus canorus sowohl Polyandrie als auch Polygynie hin und wieder behauptet worden. Aber man ist, wie Baldamus glaubt, die positiven Beweise für die Behauptungen bis jetzt noch schuldig geblieben. Die Gebrüder Naumann, bekanntlich zwei der besten Kenner unserer heimischen Vogelwelt, waren nach Baldamus der Ansicht, dass der Kuckuck in Monogamie lebe, eine Ansicht, die Baldamus lediglich bestätigt gefunden hat. Dieser meint, dass man, um die Frage nach dem Eheleben des Kuckucks zu entscheiden, berücksichtigen müsse, dass die Kuckucke immer ihr altes Standquartier wieder aufsuchen. J. F. Naumann habe einen Kuckuck beobachtet, der 25 Mal wieder auf sein Standquartier zurückkehrte. Außerdem war in allen von Baldamus beobachteten Fällen das Kuckucksweibchen von seinem Männchen begleitet, das die lebhafteste Teilnahme an den zu Gunsten der Kinder vorgenommenen Manipulationen des Weibchens bezeugte, sich aber freilich stumm und beobachtend in einiger Entfernung hielt. Baldamus erwähnt dieses, um daran die Bemerkung zu knüpfen, dass sich das Männchen auch bei der Nestersuche und Nesterbeobachtung, wenn auch nur als stiller und stummer Zuschauer, beteilige. Aber auch andere haben nach Baldamus ähnliche Beobachtungen gemacht. Unter diesen soll Thiele behaupten, dass das Männchen in einsamen Waldrevieren häufig mitspioniere, d. h. sich bei der Suche nach geeigneten Pflegernestern thätig beteilige. Baldamus sah ferner im Engadin ein Kuckuckspaar, das Männchen voraus, auf eine Tanne zufliegen, auf welcher sich das Paar unter fortwährendem Rufen des Männchens niederließ. Dann hörte das Rufen auf. Das Weibchen begab sich, dicht über den Boden hinstreichend, nach einem mit vertrocknetem Gras bedeckten Platze, kaum dreißig Schritt von Baldamus' Versteck entfernt, beugte sich fünf Mal über ein Nest, nahm etwas heraus, und schob es in das Gras, das fünfte Mal unter das Nest. Dann flog es nach dem nun wieder eifrig rufenden Männchen zurück, und verschwand mit ihm abwärts in den Wald. Das war, sagt Baldamus, das Benehmen eines „gepaarten Paares". Die später noch näher zu erörternde Thatsache, dass ein Kuckucksweibchen immer gleiche Eier legt, ist nach Baldamus nicht ohne Gewicht für die Entscheidung der Frage nach dem ehelichen Leben des Kuckucks. Er findet einen Beweis für die Monogamie unseres Kuckucks und wahrscheinlich aller parasitischen Arten

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