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einer Kuhstelze beobachtet, deren Junge sehr bald verschwanden, obgleich sie, wenn der junge Kuckuck sie bloß aus dem Neste herausgedrängt hätte, neben dem Netze hätten sitzen und ebenso gut gefüttert werden können, als wenn sie darin geblieben wären. Es ist nach Baldamus ferner anzunehmen, dass es nicht immer das Kuckuckweibchen sei, das die weiter vom Neste aufgefundenen Jungen kleiner Vögel noch lebend aus dem Neste forttrage, oder sie vorher töte. Nicht selten möchten, wie wir bereits gesehen haben, auch die Pfleger ihre toten Jungen selbst fortgeschafft haben, und zwar aus Reinlichkeitsliebe.

Unter den ausländischen Kuckucken wachsen, wie Balda mus mitteilt, die Jungen des schon genannten Pfeifkuckucks (Heteroscenes pallidus), die in 12 bis 14 Tagen erbrütet werden, sehr schnell heran und verdrängen oder erdrücken ihre schwächeren Stiefgeschwister, die dann von den Eltern aus dem Neste geworfen werden. Bei einem Jungen von Hierococcyx varius fand Jerdon nach Baldamus auch einmal zwei junge Weichschwänze (Malacocercus), ein Beweis, dass der junge Kuckuck die Eier und Jungen der Pfleger nicht immer aus dem Neste wirft.

Sind die geschilderten Eigentümlichkeiten der parasitischen Kuckucke schon bemerkenswert genug, so werden sie noch weit übertroffen durch die Besonderheiten der von solchen Kuckucken gelegten Eier. Die Charaktere dieser Eier, namentlich ihre Färbung und Zeichnung sind aber so mannigfaltig und so wichtig für die Beurteilung allgemeiner biologischer Fragen, dass wir sie an der Hand unserer Gewährsmänner eingehend schildern müssen. Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit, für die schleppende Bezeichnung „Färbung und Zeichnung“ den kurzen und bequemen Terminus Kleid mal vorzuschlagen und zu gebrauchen. Er ist nach der Analogie von „Brandmal“ und „Muttermal" gebildet und dürfte ebenso wenig zu beanstanden sein, wie diese beiden Bezeichnungen. Außer der Färbung und Zeichnung haben wir auch Form und Größe zu beachten. Alle diese Dinge betreffen die äußere Erscheinung eines Organismus oder Organisationsproduktes ohne Rücksicht auf inneren Bau, Gliederung, Zusammensetzung und Verwandtschaft, also, kurz gesagt, das, was wir unter dem Begriff Trachtmale zusammenfassen können. Die Trachtmale, die sämtlich durch den Gesichtssinn wahrgenommen werden, sind häufig, aber nicht immer, Schutzmale. Sind sie es, so können sie Bergungsmale, Lockmale, Schreckmale, Warnmale und Täuschungsmale sein, womit die Anzahl der Schutzmale indessen kaum erschöpft ist. Außer den Schutzmalen, die ja auch gleichzeitig Nutzmale sind, gibt es noch weitere Nutzmale, nämlich Kennmale, Lockmale, Reizmale und andere. Eine eingehende Klassifikation und Definition der Trachtmale behalte ich mir für eine andere Gelegenheit vor. Es

dürfte dem Leser indessen jetzt schon einleuchten, dass meine neuen Kunstausdrücke Beachtung und vielleicht den Vorzug vor älteren verdienen. So wird das, was wir bisher Schutzfärbung" nannten, was aber nicht allein die Färbung, sondern oft auch die Zeichnung betraf, durch das umfassendere „Schutzmal", welches Größenmal, Formmal, Kleid mal und im letzteren Falle Farbmal und Zeichnungsmal sein kann, ersetzt. Schützende Farbmale allein wollen wir Schutzfärbung nennen; zu ihnen gesellen sich die schützenden Zeichnungsmale, welche die Schutzzeichnung bilden. Schutzfärbung und Schutzzeichnung stellen zusammen die Schutzkleidung dar, zu der sich die Schutzform und die Schutzgröße als zwei weitere Kategorien der Schutztracht gesellen.

(Zweites Stück folgt.)

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Bemerkungen über den Bau der markhaltigen Nervenfasern. (Doppelt oder einfach konturiert?)

Von Benedict Friedlaender in Berlin.

Die folgenden Zeilen beziehen sich auf eine sehr alte und bis auf den heutigen Tag nicht beseitigte Unsicherheit in der Deutung des Aussehens der markhaltigen Nervenfasern. Schon zur Zeit der Abfassung meiner Abhandlung über die damals sog. Neurochorde und markhaltigen Fasern der Crustaceen und Anneliden (Neapler Mitteilungen 1889) war ich darauf aufmerksam geworden, ohne jedoch trotz eines ziemlich umfangreichen Litteratur-Studiums eine befriedigende Erklärung der Widersprüche zwischen den namhaftesten Histologen finden zu können. Freilich ist die Litteratur über Nerven histologie so ausgedehnt, dass man sich fast scheut, eine eigentlich ziemlich naheliegende Erklärung als neu zu veröffentlichen. Das war auch einer der Gründe, weswegen ich meinen Erklärungsversuch, auf den ich schon vor längerer Zeit gekommen bin, bisher nicht bekannt gegeben habe. Man wird es jedoch hoffentlich als zulässig ansehen, wenn ich mich hierin auf die annähernde Vollständigkeit und Sorgfalt eines umfangreichen modernen Lehrbuches eines Spezialisten wie Kölliker verlasse; in dessen „Handbuch der Gewebelehre" (II. Bd., 1. Hälfte, Leipzig, Engelmann 1893, S. 6) ist nämlich des fraglichen Widerspruchs gedacht, ohne daß eine, wie mir scheinen will, befriedigende Erklärung gegeben würde.

Es handelt sich um die Frage nach dem sogenannten „doppelten Kontur" der markhaltigen Fasern.

Die einen glauben, daß der „doppelte Kontur" bereits den frischen und unveränderten Fasern zukomme; die andern, unter ihnen auch Kölliker, vertreten die Ansicht, dass die markhaltigen Nervenfasern

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von Hause aus einfach konturirt sind und erst nach und nach doppelte Umrisse annehmen", und noch später in verschiedenen Graden körniges Mark zeigen. „Man bezeichnete diese Umwandlungen“, fährt Kölliker fort, bisher als „Gerinnung"" und ist nicht zu leugnen, daß für eine solche Deutung namentlich die Umwandlungen sprechen, welche das herausgeflossene Nervenmark erleidet, indem an demselben ebenfalls doppelte Konturen und später körnige Umwandlungen im Innern auftreten."

Nach diesen Ausführungen von Kölliker und andern scheint es allerdings so, als ob der sogenannte „doppelte Kontur" im lebenden Zustande noch nicht sichtbar sei sondern erst mit dem Absterben der Fasern auftrete. In der Nervenhistologie steht nun leider sehr viel weniger wirklich fest, als der Fernstehende anzunehmen geneigt ist. So erscheint dann der fragliche Widerspruch in recht bedenklichem Lichte; ich will gestehen, dass er mich früher förmlich beunruhigt hat. Der doppelte Kontur ist der optische Querschnitt der Markscheide; und wenn er in der lebenden Faser nicht sichtbar ist, so muß hierfür eine befriedigende Erklärung gefunden werden; widrigenfalls grundsätzliche Unsicherheiten bestehen bleiben. So könnte beispielsweise ein Skeptiker womöglich gar auf die Idee kommen, dass die ganze Markscheide ein postmortales Gebilde und dass in der lebenden Faser das Mark etwa mit der Axenzylindersubstanz gemischt sei. Von meiner Erklärung, die später besprochen wird, abgesehen, kann nämlich die Unsichtbarkeit des doppelten Konturs nur so gedeutet werden, daß entweder die Markscheide als solche in der lebenden Faser nicht existiere, oder aber zwar schon vorhanden sei, jedoch ein Brechungsvermögen besitze, das von dem der Axenzylindersubstanz nicht merklich abweiche. Letzteres scheint z. B. Kölliker's Ansicht zu sein; erst durch die sogenannte Gerinnung entsteht nach dieser Meinung eine hinreichende Aenderung der Brechungsindices, um eine optische Sonderung des Marks und des Axenzylinders, nämlich eine deutliche Begrenzung der Markscheide nach innen, zu erzeugen.

Man ist gewohnt, die Nervenfasern als ganz besonders zarte und veränderliche Gebilde anzusehen, und hat damit auch Recht. Allein, es will mir so scheinen, als ob man hierin zu weit gegangen sei. Kölliker selbst hat eine Entdeckung gemacht, die auch für diese Frage von grosser Bedeutung ist und gegen seine Auffassung spricht. In seiner Abhandlung über die Vitalität der Nervenröhren" in der Zeitschrift f. wiss. Zoologie, Bd. IX, 1858, S. 417 berichtet er nämlich, dass Nervenfasern nach Behandlung mit 10% Kochsalzlösung, ja sogar nach Eintrocknung, binnen kurzer Zeit wieder funktionsfähig werden können. Es ist nun schwer zu glauben, dass den Nervenfasern dies in so kurzer Zeit möglich sein sollte, wenn ihre feinere Struktur

erst einmal durch Gerinnungen u. dgl., die angeblich so leicht eintreten, zerstört worden ist. Die Behandlung mit 10°, Kochsalzlösung ist doch nun aber eine sehr viel ärgere Mißhandlung, als diejenigen Eingriffe, die notwendig sind, um ein Nervenfaserbündelchen zur mikroskopischen Betrachtung herzurichten, wenigstens dann, wenn man die selbstverständliche Vorsicht anwendet, die Fasern vor Salzlösungen von zu geringer Konzentration, oder gar destillirtem Wasser, zu schützen. Dennoch aber soll angeblich eine ganz besondere Vorsicht notwendig sein, wenn das ursprüngliche Aussehen der vermeintlich oder wirklich einfach konturierten „dunkelrandigen" Fasern erhalten werden soll.

Ich habe viele markhaltige Fasern bei Gelegenheit meiner früheren Studien (Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 58, 60, Mitteilung der Neapler Station, Bd. 9 S. 205) betrachtet, freilich vorwiegend markhaltige Fasern wirbelloser Tiere; aber auch mit dem Ischiadicus des Frosches habe ich oft zu thun gehabt, und endlich auch lebende Fasern in kleinen durchsichtigen Fischen betrachtet, letzteres ausschließlich in der Absicht, hinter die Geheimnisse des fraglichen Widerspruchs zu kommen. Ich will hervorheben, dass es lange gedauert hat, ehe ich Fasern des Ischiadicus fand, die keinen doppelten Kontur besaßen. Ich hatte sie dabei mit großer Sorgfalt und mit möglichster Schnelligkeit zu lockeren Bündelchen isoliert und in physiologischer Kochsalzlösung, oder anch in Froschblut, nach Art der Beobachtungen „im hängenden Tropfen" montiert, um Druck und Austrocknung zu gleicher Zeit auszuschließen. Eine andere Art der Herrichtung sollte dann, wie ich glaube, den Schlüssel zum Ganzen liefern. Es ist im wesentlichen dieselbe, die ich schon zum Studium der markhaltigen Fasern (der früher sogenannten Neurochorde), des Anneliden Mastobranchus angewandt hatte. Das Präparat wurde nämlich so zugeschnitten, dass zwischen zwei Stückchen der hinteren Extremität nichts außer dem Nerven übrig blieb, so dass man also an jenen Stücken als Handhaben die Spannung des sie verbindenden Nerven ändern konnte. Der Nerv wurde dann in der Mitte gespalten, und Theile von ihm gleichfalls entfernt, so dass an einer Stelle schließlich nur noch einige Fasern vorhanden waren, die gut zu beobachten waren und deren Spannung in der angegebenen Weise reguliert werden konnte. Hierbei ergab sich nun zunächst das Resultat, dass die bekannten Varikositäten der Markscheide durch vermehrte Spannung zwar nicht gänzlich, aber doch teilweise ausgeglichen werden konnten, wie ich das schon für Mastobranchus angegeben hatte. Der Versuch gelingt nicht so gut, wie bei Mastobranchus, aber doch hinreichend, um jene Varikositäten weniger auf chemische Aenderungen, als auf einen rein mechanischen Vorgang, den ich bei Mastobranchus als „Zusammenschnurren" bezeichnet hatte, zurückzuführen.

Isolierte, frei flottierende Fasern, namentlich aber Rissenden, ziehen sich unregelmäßig zusammen, wodurch die bekannten Varikositäten entstehen. Die Markscheide bildet bei jener Kontraktion, die vielleicht auf eine elastische Beschaffenheit einer Stützsubstanz zurückzuführen ist, eben jene eigenttimlichen tropfenartigen, wurstförmigen oder gedrehten Falten und Anschwellungen, die bei der starken Brechung der Marksubstanz das bekannte, oft beschriebene und abgebildete Aussehen zeigen. Für unsere Frage ist nun aber der Umstand wichtig, dass es mir mitunter gelang, aus einer deutlich doppelt konturierten Faser eine solche zu machen, auf die die Bezeichnung einer „einfach konturierten, dunkelrandigen" passte. Vermehrte Spannung der Faser, besonders mit gleichzeitiger Verkleinerung der Blendenöffnung des Kondensors ließ den vorher deutlichen inneren Kontur der Markscheide verschwinden. Ja, es genügte mitunter die Verkleinerung der Blendenöffnung oder das Hinabschrauben des ganzen Abbe'schen Beleuchtungsapparats allein zu diesem Zwecke. Soweit man wenigstens aus den Beschreibungen und Abbildungen anderer Beobachter, oder aus der Bezeichnungsweise, bei den einen als „dunkelrandiger, einfach konturierter", bei den anderen Autoren als „doppelt conturierter Fasern" eine Vorstellung davon gewinnen kann, was für mikroskopische Bilder von den verschiedenen Forschern gesehen wurden, so schien mir das Aussehen der etwas entspannten und mit weiterem Kegel beleuchteten Faser die eine Bezeichnung („doppelt konturiert"), das Aussehen der stärker gespannten und mit engerem Kegel beleuchteten Faser die andere Bezeichnung („einfach konturiert dunkelrandig“) zu verdienen.

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Sollte vielleicht der wunderliche Widerspruch erklärt sein? Denn es ist doch wohl wunderlich, wenn verschiedene mit guten Augen und vorzüglichen Mikroskopen versehene und dazu in solchen Dingen geübte Beobachter nicht einmal darüber einig werden können, ob ein so alltägliches Objekt, wie die markhaltige Faser, einen oder zwei Konturen habe.

Weiteres Licht wird auf diese Angelegenheit durch das Aussehen eines anderen sehr gewöhnlichen Gegenstandes, nämlich der Glasröhren geworfen. In einer Unterhaltung mit meinem verehrten Lehrer, Herrn Geheimrat Prof. F. E. Schulze, erwähnte ich einmal die Aehnlichkeit des Aussehens der markhaltigen Fasern mit Glasröhren, indem diese ja in ganz ähnlicher Weise „doppelt konturiert" seien, wie die mark haltigen Fasern. Beides wurde mir bestritten; und dennoch hatten wir in ganz ähnlicher Weise beide Recht, wie etwa Ranvier auf der einen und Kölliker auf der anderen Seite. Ich hatte nämlich bei jenem Vergleiche stillschweigend an Capillarröhren mit verhältnismäßig starken Wandungen, Herr Professor Schulze aber an dickere Röhren, etwa vom Caliber eines Lampenzylinders gedacht.

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