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In der That braucht man nur das eine Mal eine gläserne Kapillare und das andere Mal einen gewöhnlichen Lampencylinder gegen einen gleichmäßig hellen Hintergrund gehalten zu betrachten, um sich von der Richtigkeit unserer letzten Behauptung zu überzeugen. Die Erklärung des Ganzen dürfte nun auch nicht mehr schwer sein, wenigstens wenn man von einer exakt mathematischen Berechnung absieht. Der eine, nämlich der innere Kontur der Röhre oder der markhaltigen Faser ist der optische Schnitt der inneren Grenze des Glases oder des Marks. Man kann diesen nun offenbar nur durch die darüber liegenden Glas- oder Markschichten hindurch erblicken, und dies ist natürlich nur möglich, wenn die von jener inneren Glas- oder Markgrenze ausgehenden Strahlen nicht von der äußeren Glas- oder Markfläche total reflektiert werden. Die totale Reflexion hängt bekanntlich von den Brechungsindices der beiden Medien und von der Schiefe der auffallenden Lichtstrahlen ab. Je größer das Brechungsvermögen der Wand im Verhältnis zu demjenigen des umgebenden Mediums ist, und je schiefer die vom inneren Kontur der Wand ausgehenden Strahlen auf die äußere Wandung treffen, um so größer sind die Chancen für totale Reflexion und somit für den Uebergang vom „doppelt konturierten" zum „einfach konturierten, dunkelrandigen" Aussehen. Nun hängt die hier wesentlich in Betracht kommende Schiefe der Strahlen vom Durchmesser der Röhre und von ihrer Wandstärke ab. Die Schiefe wächst mit dem Durchmesser der Röhre und mit der Dünnheit ihrer Wandungen, wie eine sehr einfache Ueberlegung lehrt. Bezeichnet r den Gesamtdurchmesser der Röhre, d die Wandstärke und « den Winkel der parallel der optischen Axe des Instruments verlaufenden Strahlen 1) mit dem Einfallslothe, so ist r-d = sin a; und für jeden Winkel a, dessen Sinus gleich oder größer ist, als der Quotient der Brechungsindices der Wandsubstanz, (also des Marks), und des umgebenden Mediums, tritt totale Reflexion ein. Hierzu kommt nun noch die Oeffnung des Beleuchtungskegels und vor allen Dingen jede etwa vorkommnnde Abplattung des ursprünglich ziemlich genau kreisförmigen Querschnitts der Fasern. Jeder Druck, schon das bloße starke Adhärieren an dem Objektträger oder (bei Untersuchung nach Art derer im hängenden Tropfen) an dem Deckglase wird nämlich einen so weichen Gegenstand, wie eine Nervenfaser, abplatten. Hierdurch wird aber die Schiefe der in Betracht kommenden Strahlen vermindert, also die Chance zum Erscheinen eines deutlichen doppelten Konturs vermehrt. Das vorher angedeutete Zusammenschnurren" der Fasern mag die Wandstärke vergrößern und deswegen in demselben Sinne wirken. Bei Beobachtung lebender

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1) um der Einfachheit wegen von anderen abzusehen.

Fasern in Amphibienlarven und ähnlichen Objekten ist darauf hinzuweisen, dass die Markscheide bekanntlich erst mit einem gewissen Entwicklungsstadium überhaupt auftritt und daher wohl anfänglich eher dünn sein wird; bei solchen Untersuchungen ist also mehr Wahrscheinlichkeit vorhanden „einfach konturierte, dunkelrandige Fasern“ zu sehen.

Um nun meiner Sache sicherer zu gehen, ließ ich mir mikroskopische Glasröhren herstellen, die man ohne Mühe in sehr feinen Kalibern auch selbst machen kann, indem man Kapillaren, an beiden Seiten zugeschmolzen, über dem Zylinder einer Lampe vorsichtig auszieht. Eine aufs Geradewohl ausgewählte Röhre, die bei weitem noch nicht einmal zu den feinsten gehörte, hatte einen Totaldurchmesser von 0,035 mm und eine Wandstärke von 0,01 mm. Sie sieht, in Luft betrachtet, so ziemlich einfach konturiert und dabei dunkelrandig aus; bedeckt man sie aber mit einem etwas stärker als Luft brechenden Medium, wie z. B. Wasser, so sieht man einen sehr deutlichen doppelten Kontur und das Ganze ist dann einer markhaltigen Faser sehr ähnlich. Nun ist freilich die Wandstärke meiner Glasröhren relativ viel bedeutender wie die der Nervenfasern und auch sonst stimmen die in Betracht kommenden Größen nicht überein; dennoch kann die Betrachtung solcher mikroskopischer Röhrchen ganz lehrreich sein.

Meine Ansicht geht demnach dahin, dass erstens die Markscheide der markhaltigen Fasern nicht nur als solche präformiert ist, sondern auch von Hause aus das verschiedene, nämlich viel größere Lichtbrechungsvermögen besitzt, als die plasmatische Axenzylindersubstanz. Dennoch kann durch rein physikalische Umstände, die mit einer Gerinnung oder andern chemischen Umwandlungen nichts zu thun haben, die innere Grenze des Marks unsichtbar werden, indem die von ihr ausgehenden Strahlen von der äußeren Oberfläche des Marks total reflektiert werden. Je nach Umständen wird dies eintreten oder nicht; und so erklärt sich der Widerstreit der verschiedenen Autoren. Zufällige Gewohnheiten bei der mikroskopischen Arbeit werden dabei leicht von ausschlaggebender Wichtigkeit werden. Wer gern enge Beleuchtungskegel anwendet, wer dünnwandige Fasern wählt, wer diese im Zustande physiologischer oder stärkerer Spannung betrachtet, und ferner Sorge trägt, dass die Fasern nicht durch irgend welchen Druck abgeplattet werden; - der hat alle Chancen, die Fasern einfach konturiert und dunkelrandig" zu sehen; wer anders verfährt, wird deutlich doppelt konturierte Fasern" finden.

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Was nun endlich noch die doppelt konturierten Marktropfen“ anbelangt, die für einen Gerinnungsvorgang zu sprechen scheinen, so neige ich der Vermutung zu, dass sie überhaupt nicht durchweg aus Mark bestehen; im Gegensatz zu meiner früheren Auffassung. Mir scheint, dass sie einen Bau ähnlich dem der Seifenblasen haben, dass

nämlich die Wand, d. h. die Schicht zwischen den beiden Konturen, aus Mark, das Innere dagegen aus Axenzylindersubstanz bestehe. Der ganze Markzerfall tritt ja vorzugsweise bei Einwirkung von Flüssigkeiten von zu geringem osmotischen Drucke, z. B. reinem Wasser ein. Die Axenmasse nimmt Wasser auf und quillt; der Inhalt der Schwann'schen Scheide wird zu voluminös, hat keinen Platz mehr und quillt daher an den Stellen des geringsten Widerstandes hervor; besonders also an Rissstellen. Hierbei überzieht häufig das mitströmende Mark die Axenzylindersubstanz. Diese Auffassung ist im Wesentlichen u. a. von Rawitz im Archiv f. Anatomie u. Physiologie, Jahrgang 1879, S. 68 u. 69 ausgeführt worden.

Uebrigens möchte ich aber meine Lösung der alten Streitfrage doch nur als eine, wenngleich wahrscheinliche, Hypothese hinstellen. Das etwas nicht sei, lässt sich nämlich sachlich und formell immer schwerer beweisen, als dass etwas ist. Die Idee einer sog. „Markgerinnung“ zu widerlegen, ist nicht leicht. Jedoch scheint mir diese Annahme wenig plausibel, da ja Kölliker's Versuche beweisen, dass die Nervenfasern viel mehr zu ertragen vermögen als man gemeinhin glaubt.

Sehr empfindlich sind sie nur gegen Salzlösungen von zu geringer Konzentration, abgesehen natürlich von allen an sich heftig wirkenden Chemikalien.

Deswegen sehe man zu, ob man nicht mit meiner rein physikalischen Annahme ausreicht, um den Widerspruch unter den berühmtesten Histologen zu erklären.

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Berlin, Ende November 1895.

Ortmann, Dr. Arnold E., Grundzüge der marinen Tier

geographie.

Anleitung zur Untersuchung der geographischen Verbreitung mariner Tiere, mit besonderer Berücksichtigung der Dekapodenkrebse. Jena 1896. G. Fischer.

Ein Buch, welches die Arbeiten über ein bestimmtes Gebiet zusammenfasst, unter allgemeinen Gesichtspunkten behandelt und es sich zur Aufgabe macht, darauf hinzuweisen, wie weit einerseits unsere Kenntnis in Bezug auf dieses Gebiet vorgeschritten ist, wie viel aber andererseits noch zu thun übrig bleibt, wird stets mit Freuden begrüßt werden und sich des Dankes aller Fachgenossen zu erfreuen haben, zumal wenn es, wie in dem vorliegenden Fall, von einem Verfasser geschrieben ist, der durch eine Anzahl eigener einschlägiger Arbeiten in dem betreffenden Gebiete zu Hause ist und seine neuen Gesichtspunkte an einer Reihe von Beispielen aus seinem Spezialgebiet zu erläutern vermag.

Der Verfasser hat es sich in seiner vorliegenden Arbeit zur Aufgabe gemacht, das hochinteressante Studium der marinen Tiergeographie zur gebührenden Anerkennung zu bringen und hat zunächst die Grundzüge festgestellt, nach denen man die Verbreitung mariner Tiere zu untersuchen hat.

Es sind dafür einige allgemeine tiergeographische Prinzipien ent

wickelt worden, deren Anwendung in der Spezialforschung an der Gruppe der Dekapodenkrebse, mit denen Verfasser sich schon seit einer Reihe von Jahren beschäftigt hat, im einzelnen durchgeführt worden sind.

Nach einem geschichtlichen Ueberblick über die Entwicklung der tiergeographischen Wissenschaft, die sich im wesentlichen an die Namen von Wagner, Dana, Schmarda und Wallace knüpft, behandelt Verf. die wichtigsten physikalischen Lebensbedingungen und die Lebensbezirke: Er unterscheidet als die Grundlagen, nach denen sich die allgemeinen Existenzbedingungen gestalten, Licht, Medium und Substrat. Diese Grundprinzipien bilden in ihren verschiedenen Kombinationen die verschiedenen Lebensbezirke, d. h. Bezirke gleicher primitiver

Existenzbedingungen.

Nach den verschiedenen Erscheinungsformen dieser Grundbedingungen des Lebens kann man zunächst einen erleuchteten und einen nichterleuchteten Bezirk unterscheiden: in ersterem ist pflanzliches, assimilierendes Leben vorhanden, im letzteren fehlt dieses. Die unter dem Einfluss des Sonneslichtes stehenden Teile der Erdoberfläche zerfallen nach dem Medium, in dem die Tiere leben, in zwei Bezirke; in dem einen, dem festländischen oder terrestrischen bildet die Luft das Medium, in dem anderen, dem aquatischen (von dem man aber die nichterleuchtete Tiefsee abrechnen muss) das Wasser. Die das letztere bewohnenden Tiere trennen sich nach ihrem Verhältnis zum Substrat in zwei große Gruppen: die einen sind an das Substrat mehr oder weniger gebunden und bewohnen den littoralen Bezirk, die anderen sind unabhängig von einem Substrat und schwimmen oder treiben frei im Medium: sie bewohnen den pelagischen Bezirk. Zum zweiten Hauptbezirk, dem abyssalen, gehören diejenigen Teile der Ozeane, welche dem Einflusse des Lichtes infolge ihrer bedeutenden Tiefe entrückt sind. Nach dem verschiedenen Charakter des Mediums, ob Süß- oder Salzwasser, kann man von dem littoralen Bezirk einen weiteren abtrennen, der sich als Bezirk des Süßwassers bezeichnen lässt und nach seinen unterscheidenden Merkmalen einen Bezirk niederer Ordnung bildet, aber durch sein Eindringen in das Gebiet des terrestrischen eine eigentümliche Sonderstellung erlangt hat, so dass man ihn wohl für praktische Zwecke den übrigen Lebensbezirken koordinieren kann. nach unterscheidet Verf. folgende sechs Lebensbezirke: 1) Terrestrial oder Kontinental, 2) Fluvial, 3) Littoral, 4) Pelagial, 5) Abyssal.

Mit dieser Einteilung greift Ortmann auf Moseley zurück, der ja schon 1855 unter den marinen Tieren eine littorale, eine Tiefsee- und eine pelagische Fauna unterschied, setzt sich aber im großen Gegensatz zu der neueren englischen Litteratur, indem er als Littoral die dort unterschiedenen Bezirke des Littorals und der Flachsee zusammenfasst und zu J. Walther, welcher in seiner Bionomie des Meeres, sechs marine Lebensbezirke unterscheidet. Diese sechs Walther'schen Bezirke hat Ortmann mit vollem Recht auf drei reduziert; geologisch mögen sie von praktischer Bedeutung sein, aber zoologisch lassen sie sich nicht aufrecht erhalten.

Wenn sich nun allerdings auch nicht leugnen lässt, dass sich die Moseley-Ortmann'sche Einteilung auch nicht scharf abgrenzen lässt, da die Bewohner sich natürlicher Weise an den Grenzen vielfach vermischen und mancherlei Uebergänge vorhanden sind, auch sekundäre, besonders lokale Sonderheiten zu ähnlichen Faciesbezirken führen können, so ist sie

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scharf begründet und praktisch; die Schwierigkeit der Abgrenzung wird um so größer, je mehr Grenzen vorhanden sind, d. h. je mehr Bezirke man unterscheidet.

Ortmann scheint für seinen ganzen ersten Hauptbezirk, den erleuchteten, pflanzliches, assimilierendes Leben anzunehmen; doch dürfte die Grenze von Licht und Assimilation durchaus nicht zusammenfallen. Die Tiefe, bis zu der Licht ins Wasser eindringt, beträgt etwa 400 m in klarem Wasser, der Pflanzenwuchs reicht aber nicht einmal im reinsten Wasser bis in diese Tiefe.

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Nachdem Verf. die Grundgesetze, die im allgemeinen die Verbreitung der Organismen regeln Beförderung und Verhinderung der Verbreitung, Einfluss der geologischen Veränderungen der Erde u. s. w., eingehend erörtert hat, sucht er dieselbe in ihrer Wirkung an einer einzelnen Tiergruppe wieder nachzuweisen, an der Gruppe der Dekapodenkrebse, die ganz besonders geeignet erscheint, als Beispiel zu dienen, nach dem andere Tiergruppen behandelt werden können, da sich hinsichtlich der bionomischen Verhältnisse in ihr alle Möglichkeiten verwirklicht finden.

Wenn auch die Darstellung der geographischen Verbreitung der Dekapodenkrebse durchaus nicht erschöpfend ist, teilweise fehlen dazu überhaupt noch die notwendigsten Voruntersuchungen: Monographien kleiner Gruppen, so gibt sie doch einen befriedigenden Ueberblick darüber, wie sich der Verfasser die Einzelbearbeitung einer Tiergruppe in geographischer Beziehung denkt, was zu einer derartigen Bearbeitung unumgänglich notwendig ist, wenn anders sie zu befriedigenden Resultaten gelangen soll.

Das Schlusskapitel gibt einen Ueberblick über den Stand unserer Kenntnis der geographischen Verbreitung anderer Tiergruppen, in denen einerseits die Aehnlichkeiten oder Verschiedenheiten derselben gegenüber den Dekapoden, was das Verhalten zu den allgemeinen Lebensbedingungen anbetrifft, festgestellt werden, andererseits aber überall darauf hingewiesen wird, wie viel in den einzelnen Gruppen noch zu thun und wie notwendig eine gründliche Revision ist. Besonderer Wert ist auf die Litteraturnachweise gelegt worden.

Verf. hat dadurch eine bequeme und sichere Grundlage gegeben, auf der weitere Forschungen aufgebaut werden können. R-r. [31]

Die Wirbeltiere Thüringens nach F. Regel.

Aus Pflanzen und Tierverbreitung Thüringens, 2. Teil eines geographischen Handbuches für Thüringen. Jena 1894. G. Fischer.

Die Fauna Thüringens hat in ihrer Gesamtheit noch keine einheitliche Bearbeitung erfahren. Mit einzelnen Gruppen, die aus naheliegenden Gründen das Interesse weiterer Kreise auf sich zogen, sind Spezialforscher und Sammler seit einer Reihe von Jahren beschäftigt und haben schon recht umfangreiche Resultate erzielt.

Für verschiedene Insektengruppen sind schon einigermaßen vollständige Listen vorhanden, so hat z. B. E. Krieghoff für Thüringen allein 208 Arten Wanzen festgestellt! Unter den Wirbeltieren haben die Vögel die umfassendste Bearbeitung erfahren, an der neben J. F. Naumann,

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