Imagens das páginas
PDF
ePub
[blocks in formation]

24 Nummern von je 2-4 Bogen bilden einen Band. Preis des Bandes 20 Mark. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.

XVI. Band.

[blocks in formation]

Inhalt: v. Lendenfeld, Report on the Scientific Results of the Voyage of H. M. S. „Challenger". Pintner, Versuch einer morphologischen Erklärung des Tetrarhynchenrüssels. Haacke, Zur Stammesgeschichte der Instinkte und Schutzmale (3. Stück). Roux, Gesammelte Abhandlungen über Entwicklungsmechanik. Leche, Zur Entwicklungsgeschichte des Zahnsystems der Säugetiere, zugleich ein Beitrag zur Stammesgeschichte dieser Tiergruppe. Rodet, De la variabilité dans les microbes. Au point de vue morphologique et physiologique. Rosenthal, Beobachtungen über die Variabilität der Bakterienverbände und der Kolonieformen unter verschiedenen physikalischen Bedingungen. Garbowski, Zur Notiz.

Report on the Scientific Results of the Voyage of H. M. S. „Challenger"

(mit Benützung der Challenger"-Number von „Natural Science", Nr. 41, Bd. VII zusammengestellt)

von R. v. Lendenfeld in Czernowitz.

Mit dem Erscheinen der beiden letzten seiner 50 stattlichen Bände ist dieses großartige Werk nun zur Vollendung gediehen und ziemlich erscheint es daher jetzt der wichtigsten Ergebnisse der ChallengerExpedition zu gedenken, deren Durchführung und wissenschaftliche Ausnutzung der britischen Thatkraft ein so glänzendes Zeugnis ausstellen.

Neben den übrigen Gelehrten und Seeoffizieren, welche an der Expedition teilnahmen, gebührt vor allem Herrn Dr. John Murray für die Redaktion der „Reports" die höchste Anerkennung und unser aller Dank. Jeder von uns, die wir an den Reports mitgearbeitet haben, hat in Murray nicht nur einen Herausgeber von seltenem Verständnis und unübertrefflicher Zuvorkommenheit gefunden, sondern auch einen Freund gewonnen. Seinem Takte, seiner unvergleichlichen Thatkraft und Ausdauer ist der schöne Erfolg zu danken, den das stattliche Werk uns vor Augen führt. Wohl selten hat sich die alte Phrase besser anwenden lassen wie in diesem Falle: finis coronat opus! XVI. 16

[ocr errors]

Wenn ich nun die wichtigsten Ergebnisse der Expedition hervorheben will, so stehe ich vor einer Aufgabe, die im besten Falle nur in sehr unvollkommener Weise gelöst werden kann. Möge dies der Leser bedenken, wenn er in den folgenden Zeilen das eine oder andere vermisst, was trotz der notwendigen Kürze dieses Referates hätte aufgenommen werden sollen.

Erst durch die vom Challenger ausgeführten Lotungen ist es möglich geworden, eine annähernd richtige Karte des Meeresgrundes zu entwerfen, eine richtige Vorstellung von den Tiefenverhältnissen zu gewinnen und das Volumen der auf unserem Planeten vorhandenen Seewassermasse zu berechnen. Die größte gelotete Tiefe war 8426 Meter (in der Nähe der Marianen). Die älteren Angaben, nach denen das Meer stellenweise bis 18000 Meter tief sei, sind durch die Challenger - Expedition als völlig mythisch für immer beseitigt worden.

Die genauen, mit großer Mühe durchgeführten Temperaturbestimmungen in verschiedenen Tiefen ergaben, dass unter 180 Meter die Temperatur des Wassers von der Jahreszeit nicht mehr beeinflusst wird, und — im allgemeinen von hier bis zum Meeresgrunde fortwährend abnimmt. Im nordöstlichen Teile des Atlantischen Ozeans wurde in Tiefen von mehr als 3766 Metern keine Wärmeabnahme mehr beobachtet, sondern eine durchaus konstante Temperatur von

2.7. Im nordwestlichen Teile des atlantischen Ozeans war das gleiche der Fall, hier jedoch das Wasser um 0-27° kälter.

Die Grundtemperatur betrug im nördlichen stillen Meere +1.67o, im chinesischen Meere +2.7°, in der Sulusee +10-27°, in der Celebessee 375°, in der Arafurasee +3.69°, im südwestlichen Teile des südlichen atlantischen Ozeans aber bloß + 0.42°. Diese Unterschiede der Grundtemperaturen und die Konstanz der Wärme verschiedener Tiefen unter bestimmten Niveaus in gewissen Meeresteilen werden, wie die Lotungen des Challenger ergaben, durch unterseeische Höhenzüge veranlasst, welche einzelne Becken umgrenzen und das in denselben befindliche Wasser derart abschließen, dass es von benachbarten Tiefwasserpartien vollkommen getrennt, den kalten, von den Polen kommenden Grundströmungen nicht zugänglich ist: jene Becken, welche mit den Polarmeeren in Kommunikation stehen, enthalten viel kälteres Grundwasser als jene, bei denen dies nicht der Fall ist.

Auch über den Salzgehalt und die Strömungen sind eingehende Berichte erstattet worden, doch mehr als diese Dinge interessieren uns hier die biologischen, namentlich zoologischen Ergebnisse, welche auch den weitaus größten Raum in dem Report einnehmen.

Es wurde nachgewiesen, dass Tiere mit Hartteilen, welche aus kohlensaurem Kalk zusammengesetzt sind, ihre Skelette nicht bloß aus

im umgebenden Wasser gelöstem kohlensauren Kalk, sondern ebenso gut aus phosphorsauren, salpetersauren, schwefelsauren und kieselsauren Kalksalzen herzustellen im Stande sind. Es wird angenommen, dass dieser Vorgang durch die Anwesenheit von Ammoniumkarbonat vermittelt wird, einer Substanz, die stets als Endprodukt der Fäulnis stickstoffhaltiger, organischer Körper gebildet wird. Bei höherer Temperatur wirkt das Ammoniumkarbonat lebhafter auf die genannten Kalksalze ein als bei niederer. Dies wird zur Erklärung der Thatsache herangezogen, dass die Steinkorallen der Tropen und der Oberfläche unvergleichlich voluminösere, massigere Kalkskelette besitzen wie jene der kälteren Zonen und der kälteren Tiefe.

Diatomeen sind im Stande ihre Kieselschalen auch dann zu bilden, wenn gar kein gelöstes Silikat, sondern nur feinverteilter Lehm in dem Wasser vorhanden ist, in dem sie leben. Es hat sich gezeigt, dass diese Diatomeen in jenen Meeresabschnitten am häufigsten sind, wo größere Quantitäten von Lehm im Meerwasser suspendiert sind; so z. B. in der Nähe von Flussmündungen, in den Polarregionen und im nordwestlichen Stillen Meere, wo das Wasser wegen seines hohen spezifischen Gewichtes besser wie anderswo im Stande ist feine Lehmteilchen schwebend zu erhalten. Es wird daher angenommen, dass Organismen mit Kieselskeletten nicht auf die im Meerwasser gelöste Kieselerde allein angewiesen sind, sondern ihre Hartteile auch aus den ungelösten Silikaten des Lehms, den sie verschlucken, herstellen können.

In der Umgebung der Küsten, sowie dort, wo schwimmende Eisberge über ihn hinziehen, finden sich verschiedene vom Lande herrührende Ablagerungen, Schlamm, Sand, Geröll und erratische Blöcke am Meeresgrunde: überall sonst wird er von einem pelagischen Sedimente bedeckt, welches aus den Hartteilen abgestorbener Organismen und feinem Staub zusammengesetzt ist. In den tropischen und subtropischen Regionen besteht dieses pelagische Sediment, wenigstens dort wo der Meeresgrund nicht allzu tief ist, zumeist aus Schalen von Foraminiferen und teilweise auch von Weichtieren (Globigerinen- und Pteropoden - Sediment). Gegen den Südpol hin und im centralen und nordwestlichen Teile des Stillen Meeres besteht das pelagische Sediment häufig zum größten Teile aus Kieselschalen von Protozoen und Algen (Radiolarien- und Diatomeen - Sediment). In den größten Tiefen fehlen die Kalkschalen zuweilen ganz. Sie accumulieren natürlich auch hier, werden aber vom Seewasser ebenso rasch oder rascher aufgelöst, als sie sich anhäufen. An ihrer Stelle findet man den eigentümlichen, für jene Tiefen charakteristischen, roten Lehm, welcher terrestrisch vulkanischen oder kosmischen Ursprungs ist, teilweise wohl auch von den Kontinenten auf das Hohe Meer hinausgeweht werden mag.

-

Referent möchte hiezu bemerken, dass zweifellos dieser „rote Lehm" überall in ziemlich gleicher Menge im pelagischen Sediment vorkommt und nur deshalb an diesen Stellen den tiefsten Punkten Radiolarien-armer Meere besonders auffallend hervortritt, weil er überall sonst zwischen der großen Masse der Kalk- oder Kieselschalen der pelagischen Organismen verschwindet. Bei der Verwitterung (Auflösung) des Kalksteins am Karste entsteht" auch solcher roter Lehm, das heißt er bleibt nach Entfernung des Kalksteins, in dem er vorher eingeschlossen war, zurück.

[ocr errors]

Nicht selten erbeutete der „Challenger", zusammen mit diesem roten Lehm, kleinere oder bedeutendere Mengen von Haifischzähnen, einige von ungeheurer Größe, welche zum Teile ausgestorbenen Spezies anzugehören scheinen. Auch Walknochen, namentlich Gehörknöchelchen wurden an solchen Stellen häufig heraufgebracht.

Der Prozentsatz des kohlensauren Kalkes in dem pelagischen Sedimente nimmt mit zunehmender Tiefe rasch ab. Bei 1246 Metern macht er im Korallensande 86.41%; bei 2044 Metern im PteropodenSedimente 79.26%; bei 3650 Metern im Globigerinen-Sedimente 64.53%; bei 4987 Metern im Roten Lehm 6.7%; und endlich bei 5293 Metern im Radiolariensedimente bloß 4.01% aus.

Der Challenger - Expedition verdanken wir die erste sichere Kunde von der weiten Verbreitung einzelliger pelagischer Algen auf hoher See. Spätere Expeditionen haben dann das massenhafte Vorkommen derselben im Plankton und die Wichtigkeit der Rolle, welche sie im Haushalte der Natur, namentlich im offenen Meere spielen, dargethan. Besonders interessant sind die Peridinieen, Coccosphereen und Rhabdosphereen. In dem Berichte Castra cane's über die Diatomeen sind zahlreiche neue Arten beschrieben worden.

Auch die Landflora mancher selten besuchter, entlegener Insel ist dank dem Sammeleifer Moseley's durch die Challenger - Expedition besser bekannt worden. Hemsley hat auf Grund der ChallengerSammlung einen Bericht über die Gefäßkryptogamen und Phanerogamen von Bermuda, Fernando Noronha, Ascension, St. Helena, Trinidad, Tristan da Cunha, Prinz Edward-Inseln, Amsterdam-Insel, St. Paul, Juan Fernandez, Aru, Re-Inseln und Admiralty-Inseln zusammengestellt.

Besonderen Wert gewinnt diese Arbeit dadurch, dass in derselben alle von jenen Inseln überhaupt bekannten Arten auch jene, welche nicht der Challenger, sondern andere Schiffe heimbrachten — aufgeführt sind und somit die Florenlisten als ziemlich vollständig angesehen werden können. Und diese erscheinen um so wertvoller, wenn wir bedenken, wie rasch diese Inselfloren unter dem Einflusse des Menschen und der in seinem Gefolge auftretenden Tiere, Kulturpflanzen und Unkräuter ihren ursprünglichen Charakter verlieren.

[ocr errors]

Aber alle diese ozeanographischen, geologischen und botanischen Ergebnisse werden an Wert von den Zoologischen weit übertroffen: keine Expedition, welche je ausgerüstet worden ist, hat ein so bedeutendes zoologisches Ergebnis geliefert wie die Reise des Challenger.

---

Vordem wusste man nichts von den Tieren, die unter 1000 Metern leben, ja man bezweifelte, ob in der ewigen Winternacht jener Tiefen Organismen überhaupt existieren könnten; diesen Zweifel hat die Challenger - Expedition gründlich zerstreut und eine höchst merkwürdige Fauna aufgedeckt, welche die Meerestiefe belebt. Andrerseits aber sind Erwartungen, die von gewisser Seite gehegt wurden, nicht realisiert worden. Manche hofften im tiefen Wasser bekannte, ausgestorbene Tiere lebend wieder zu finden, sowie auch das eine oder andre neue Verbindungsglied zwischen jetzt lebenden Tierstämmen sogenannte „missing links" zu entdecken. Moseley erzählt, dass „even to the last every cuttlefish which came up in our deepsea net was squeezed to see if it had a Belemnite's bone in its back" jedoch vergebens. Diese Hoffnungen sind nur in sehr geringem Maße erfüllt worden und es hat sich gezeigt, dass die Tiefseefauna im Allgemeinen von der Seichtwasserfauna abstammt und der Hauptsache nach nur insofern von dieser abweicht, als sie sich dem Leben in der Tiefe angepasst hat.

Auch hatte man gehofft, die Entdeckung des Urschleims (Bathybius), die schon vorher von Huxley gemacht worden war, durch den Challenger bestätigt zu sehen, aber es stellte sich heraus, dass dieser Schleim, welcher nach den älteren Angaben den ganzen Meeresgrund mit einer kontinuierlichen Protoplasmaschichte bedecken sollte, nichts anders war als ein durch Weingeist im Meerwasser erzeugter Gypsniederschlag.

Doch nun zu den positiven Ergebnissen!

Die Foraminiferen sind von Brady bearbeitet worden und der voluminöse, mit 115 Tafeln ausgestattete Bericht, den er über dieselben publiziert hat, muss die Grundlage aller späteren Foraminiferenarbeiten bilden. Besonderes Interesse nehmen die mit Sandgehäusen ausgestatteten Formen in Anspruch, welche in Brady's Challengerreport zum ersten Male in entsprechender Weise beschrieben worden sind. Ueber Orbitolites hat Carpenter Bericht erstattet.

Ein besonderes Interesse beanspruchen die Radiolarien, welche Haeckel bearbeitet hat. Er selbst berichtet, wie er bei dem Studium und der Beschreibung dieser 4316 Arten, von denen die allermeisten neu waren, sich wie ein Forschungsreisender gefühlt habe, der als Erster ein Gebiet betritt, das von einer neuen, fremdartigen und unendlich formenreichen Organismenwelt belebt ist. Zehn Jahre hat er an den Radiolarien des Challenger gearbeitet und das Ergebnis dieses

« AnteriorContinuar »