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lichem Flug der Oberfläche sich darbietet, ohne gesehen werden zu können 1).

Eine physiologische oder wenn wir wollen, eine psychische Bedeutung aber haben jene Farben da, wo sie zum Schutze des Tieres als Schreck- oder Trutzfarben auftreten, denn auch solche sind stets einfache Farben von langen Wellen; und es ist wohl kein Zufall, dass die einzige psychische Farbenwirkung bei uns an ganz demselben Punkt anknüpft, das Erröten nämlich.

3) Die dritte Kategorie betrifft die komplizierteren Farbenerscheinungen. Während die Augenpigmente und die allgemein verbreiteten, für den Stoffwechsel so wichtigen Farbstoffe des Pflanzen- und Tierkörpers vom Rot bloß bis zum Grün reichten und die stärker brechbare Hälfte des Regenbogens nur unter der Erscheinung der Komplementärfarben berücksichtigten, so handelt sichs jetzt um Farbstoffe, welche entweder, im einfacheren Falle, auf dieser rechten Seite des Spektrums liegen, oder im verbreiteteren gar nicht auf die primären, einfachen Farben sich zurückführen lassen. Jene würden also die blauen und violetten Pigmente sein, diese die zusammengesetzten, wie Schwarz, Grau und die mannigfachen Abstufungen von Braun. Es ist wohl selbst kein Zufall, dass die blauen Farbstoffe, von denen ich vorderhand nur das schon erwähnte Lipocyan nenne, in ihrer chemischen Konstitution an die Lipochrome, bezw. Lipoxanthine sich anreihen, während die sekundären Pigmente, die sich nicht auf das Spektrum unmittelbar beziehen lassen, ihre höhere chemische Komplikation durch den Gehalt an Stickstoff bekunden. Vielleicht macht hier nur die Cellulosegruppe, ohne Stickstoff, eine Ausnahme; die anderen Pigmente, die Horn- und Chitinstoffe, Conchiolin, die manchfachen Melanine und was dahin gehören mag, dürften sämtlich hoch komplizierte, stickstoffhaltige Verbindungen sein. Man bezeichnet sie wohl gelegentlich als physiologische Farben, die zufällig mit den Ausscheidungen des Organismus verquickt sind und in den meisten Fällen keinen Wert haben für denselben, wie die braune Rinde des Baums und die dunkle Chitindecke eines Insekts. Sollte nicht gerade ihr Charakter als zufällig in ihrer hohen Komplikation liegen? „Zufällig" heißt doch weiter nichts, als dass uns noch jede sichere Handhabe für die Beurteilung fehlt, weil wir zunächst noch mit dem Ein

1) Simroth, Entstehung der Landtiere, S. 410 ff., Die Färbung der Landtiere. Herr Dr. Müggenburg machte mich darauf aufmerksam, dass viele Baumwanzen, die einen roten Rücken haben, unmittelbar nach der letzten Häutung über und über rot sind und sich erst beim Erhärten des Chitinpanzers verfärben, ebenso, dass bei vielen die Weibchen rot, die Männchen aber anders, weiß, braun u. dergl. gefärbt sind. Diesem Gesetz der männlichen Präponderanz entspricht es auch, dass Bibio Arten schwarze Männchen, aber rote oder orangene Weibchen haben. Aehnliches gilt von Ichneumoniden.

fachsten zu thun haben; aller Zufall wird für den, dem die Auflösung gelingt, gerade das Interessanteste.

In dieser Hinsicht darf man wenigstens betonen, dass die Verteilung dieser kompliziertesten Pigmente mit der Komplikation des organischen Haushaltes parallel geht. Wie sich die größere Intensität des Lebens, im Psychischen und Mechanischen, auf der tierischen Seite entfaltet, so kommt die größere Menge der komplizierten sekundären Pigmente auf die Seite des Tierreichs. Umgekehrt sind die Pflanzen reicher an den einfacheren, an den Spektralfarben; die Tiere sind nur selten bis zum Grün vorgeschritten, welches doch die Pflanzenwelt beherrscht, und selbst das einfache Rot, wiewohl bei Tieren häufig genug, kann doch nicht aufkommen gegen so allgemeine Erscheinungen, wie die Algen des roten Schnees, oder die Florideenwiesen der tieferen Litoralregion, bei denen das Rhodophyll mit an den Chlorophyllkörpern haftet, oder die Pracht unseres oder noch mehr des nordamerikanischen Herbstwaldes.

Aehnliches gilt nun auch vom Blau. Bei Pflanzen kommt es nicht selten vor, wohl als eine Chlorophyllumänderung in den Blüten und Früchten, oder mit Chlorophyll zusammen, in manchen Algen, bisweilen allein in Pilzen. Es entzieht sich meinem Urteil, wie weit Cockerell's Erklärung der blauen Blütenfarbe begründet ist. Er behauptet, dass alle oder die meisten Pflanzen mit blauen Blumen zu Gattungen gehören, welche eine mehr oder weniger große Anzahl von Arten im Hochgebirge haben. Das Blau wäre nun entstanden an Orten, welche während der Blütezeit die größte Lichtfülle genießen, sowohl nach der täglichen Insolationszeit als nach der Reinheit der Luft.

Um so seltner sind blaue Pigmente im Tierreich; wohl kommt die Farbe, zumeist wenigstens, auch hier den Lichtfreunden zu, namentlich Tagfaltern und Vögeln, nicht aber der Farbstoff, denn es handelt sich bei blauen Schmetterlingsflügeln und blauen Federn lediglich um Interferenzerscheinungen. Bei den psychisch-höchstentwickelten Tieren aber, bei den Säugern, gehören einfache Farben überhaupt zu den größten Seltenheiten, vielleicht beschränken sie sich auf das Rot des gelegentlich durchscheinenden Blutes, höchstens könnte man noch das Blau an Vorder- und Hinterbacken bei den Pavianen heranziehen. Aber auch das ist keine einfache Farbe mehr; im allgemeinen ist das Kleid schwarz, braun, grau, mit einem Stich ins Rote, Gelbe, Grüne, Blaue, lauter Komplikationen also.

Und doch gibt es ein großes Feld, wo das Tierreich Blau und Violett nicht als Interferenz, sondern als Pigment massenhaft ausbildet, die weite Fläche des Ozeans, soweit die klare Flut ein herrliches Kobalt- und Ultramarinblau zurückstrahlt, d. h. in den wärmeren Meeresteilen, in geographischer wie bathymetrischer Beziehung, also

nach dem Gleicher zu und in den oberflächlichen Wasserschichten. Hier haben wir massenhaft Quallen, Krebse, Mantel- und Weichtiere, nackte und beschalte etc., welche sämtlich an den reinen blauen und violetten Tönen partizipieren. Meistens sucht man die Deutung in einer Anpassung oder Schutzfärbung; und es ist wohl zweifellos, dass die Natur reichlich diesen Gebrauch macht. Und doch, glaube ich, lässt sich zeigen, dass diese Funktion nur die sekundäre ist, dass die primäre Ursache vielmehr in der unmittelbaren Lichtwirkung zu suchen ist, wie ja die natürliche Auslese immer nur gegebene Verhältnisse, die sie vorfindet, benutzen, bezw. weiter zuchten kann.

Zunächst die von Hensen, Brandt u. a. aufgedeckte Thatsache, dass unter den eupelagischen Tieren der wärmeren Meeresteile neben dem Blau fast nur noch Gelb oder Gelbbraun, d. h. Gelb durch kompliziertere Chitinfarben u. dergl. getrübt, sich findet. Wir treffen also wieder jenes merkwürdige Wechselverhältnis der Komplementärfarben 1).

Der ursächliche Zusammenhang ergab sich mir bei der mehrjährigen Untersuchung der Planktongastropoden2). Es zeigt sich da, dass eine große Anzahl von Schnecken teils im erwachsenen, teils im Jugendzustande eben jene wärmeren Gegenden des Ozeans bevölkert. Die letzteren, oft mit allerlei Sonderanpassungen zum Schwimmen, gehören als ungewöhnlich große Larven Gattungen an, welche erwachsen an den Küsten jener Meeresteile hausen. Die Wärme, um die es sich handelt, ist etwa dieselbe, welche die Verbreitung der riffbauenden Korallen regelt, d. h. die Wassertemperatur darf zu keiner Zeit unter 20° C herabsinken. Da das kosmische Licht aber als eine Funktion der Wärme betrachtet werden muss, so ist es unmöglich, auf unserer Erde einen Organismus dauernder und vollkommner der Lichtwirkung auszusetzen, als Tiere, welche ununterbrochen ohne andere Beschattung als durch die Wolken, in jenen wärmsten Wasserschichten treiben. Natürlich müssen sie noch eine andere Bedingung erfüllen, nämlich die, nie in die Tiefe zu tauchen. Dadurch schließen sich von den Schnecken namentlich die in den wärmeren Meeren verbreiteten Kielfüßer aus, die zumeist als sogenannte Glastiere farblos geworden sind. Es kommt vielmehr von den beschalten Gastropoden — die nackten lasse ich der Kürze wegen bei Seite nur die Familie der Janthiniden oder Veilchenschnecken in Betracht, denn diese treiben an ihrem Floß, das sie aus abgeschiedenem und erhärtetem Schleim mit eingeschlossenen Luftblasen fabrizieren, beständig an der Oberfläche.

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1) Brandt K., Ueber Anpassungserscheinungen und Art der Verbreitung von Hochseetieren. In: Ergebnisse der Plankton-Expedition, Bd. I, S. 338 ff., 1892. 2) Simroth, Die Gastropoden der Plankton - Expedition. In: Ergebnisse der Plankton-Expedition, Bd. II, 1895. Eine einschlägige Mitteilung habe ich auf der letzten Versammlung der d. zool. Ges. in Straßburg gemacht.

Unter den Larven fand ich neben blassen oder manchem schwarzen und braunem Punkt, der von den litoralen Eltern stammen mochte, von grelleren Pigmenten fast nur Gelb und Violett, nie in Flecken durch einander, sondern in gleichmäßiger Ausbreitung bald über die ganze Schale, bald das eine an der Spitze, das andere am Deckel oder umgekehrt.

Hier war eine andere frühere Untersuchung heranzuziehen, die, welche Lacaze-Duthiers seinerzeit am Purpursafte der Stachelund Purpurschnecken, der den Purpur der Alten lieferte, angestellt hat. Bekanntlich handelt es sich da um einen Saft, der von einem flächenhaft ausgebreiteten, etwas gefalteten Epithel neben der Kieme, der sogenannten Hypobranchialdrtise, geliefert wird. Frisch ist er blassgelb 1), am Lichte geht er durch Grün in Violett über, mit andern Worten, er durchläuft die Farben - Scala, welche wir oben wiederholt durch die Schwefelsäure bewirken sahen, einfach unter dem Einfluss des Lichtes. Das Purpurin aber, so gut wie das Janthinin, wie man den violetten Farbstoff der Veilchenschneckenschale genannt hat, werden zu den Lipochromen gezählt 2). Hierzu kommt nun der Nachweis, dass die Purpuridenlarven in ganz besonderer Umformung, welche ihnen den eigenen besonderen Gattungsnamen Sinusigera verschafft hat, ihre Jugend pelagisch im freien Meere zubringen. Diese Thatsachen führten zu einer anderen Schlussfolge. Die größten Schnecken des Mittelmeeres sind die Tritonshörner und Tonnenschnecken, Triton und Dolium. Sie sind in vielen Arten als Küstenschnecken in den tropischen Meeren verbreitet. Ihre Larven leben, mindestens zum Teil, eupelagisch, mit relativ großen Schalen, die 0,5 cm Durchmesser erreichen. Die von Dolium wird als Macgillivrayia bezeichnet. Nun ist es höchst merkwürdig, dass eine Anzahl von Triton- und Dolium - Arten dem westindischen und dem fernen ostindischen Meere, der Sundasee u. s. w., gemeinsam sind, ohne dass eine von ihnen an der Westküste von Amerika vorkäme. Es ist also ausgeschlossen, dass die Verbreitung sich vollzog zu einer Zeit, als etwa an Stelle der Landenge von Panama

1) Leider habe ich bei Bearbeitung der Planktongastropoden eine Abhandlung übersehen, nämlich: A. Letellier, Recherches sur le Pourpre produit par la Purpura lapillus, in: Compt. rend. Ac. sc. Paris, CIX, p. 82-85. Danach wird im Purpursafte nicht das gelbe, sondern das grüne Pigment durch das Licht nach der rechten Seite des Spektrums hin verändert. Wiewohl diese Angabe nicht gerade im Widerspruch steht mit den vorliegenden Ableitungen, glaube ich doch, dass ihre Korrektheit nur für das einzelne Experiment gilt. Grün ist auch bei den verwandten Farbstoffen, z. B. den Chromophanen (s. o.) der hinfälligste. Das Gelb wird jedenfalls sehr viel langsamer vom Lichte beeinflusst.

2) In diesen, wie den meisten physiologisch-chemischen Angaben bin ich Halliburton-Kaiser's Lehrbuch der chemischen Physiologie und Pathologie (Heidelberg 1893) gefolgt.

ein Meeresarm den Tieren zur Verfügung stand. Es muss mithin ein anderer Weg gesucht werden. Man konnte ebenfalls an veränderten Meereszusammenhang in früherer Zeit denken, was aber bei völliger Identität der betreffenden Species an den weit entlegenen Fundorten unwahrscheinlich war; der Weg konnte andrerseits um das Cap der guten Hoffnung herum durch den Indic und Atlantic führen. Die Strömungs- und Wärmeverhältnisse während des südlichen Sommers, im Dezember etwa, bieten kein Hindernis. Die Verbreitung der Larven von Dolium perdix, der einzigen Art von Tonnenschnecken von dem fraglichen zugleich westlichen und östlichen Vorkommen geht nach den Planktonergebnissen von Westindien nach der afrikanischen Westküste. Die Entscheidung der Frage ergab sich mir aus der Pigmentierung der erwachsenen großen Schalen. Alle die verschiedenen Arten aus dem pacifischen, indischen etc. Ozean zeigten durch die scharfabgesetzte Spitze des Gehäuses, dass sie als Macgillivrayien pelagisches Leben geführt hatten, in Uebereinstimmung mit den direkten Beobachtungen. Aber während alle auf dem weißen Kalk nur gelbliche oder bräunliche Farben trugen, hatte nur Dolium perdix einen violetten Ton eingefügt und zeigte dadurch die längere Insolation. Sie war ihm zu Teil geworden während der langen, jedenfalls mehrjährigen pelagischen Reise von Ost- nach Westindien. Der vereinzelte Befund bewies sofort die Berechtigung der Deutung, wenn sich das Augenmerk auf andere Schalen richtete. Nicht nur jene erwähnten Tritonen haben im Alter violetten Hauch oder grellviolette Spitzen, sondern derartige Purpurzeichen finden sich nur bei tropischen und subtropischen Küstenschnecken und zwar solchen, von denen vorher aus morphologischen Gründen eine Zusammengehörigkeit mit irgendwelchen eupelagischen Larven vermutet war1). Das Auffallende an diesem Verhältnis ist aber das Zustande

1) Eine Anzahl Gastropoden mit dem auf eupelagische Lebensweise der Larven hindeutenden Purpurzeichen habe ich im Planktonwerk zusammgestellt. Bei einem Gange durch das Dresdner Museum fielen mir kürzlich noch die folgenden auf:

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