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beim normalen vorkommen (und wenn das wahr wäre, so wären alle vorgelegten Beweise vergeblich), er dann zu dem Schluss gelangt, dass die Zahl dieser Charaktere gleich bei normalen und Verbrechern ist.

Der Verfasser sagt zu wiederholten Malen in Bezug auf die degenerativen Charaktere, sowie auch auf die pathologischen Anomalien (deren größerer Zahl bei Verbrechern Sernoff auch widerspricht), dass dieselben keine Bedeutung haben, weil sie nur als individuelle Varietäten zu betrachten sind. Aber es ist in der That wichtig, dass diese individuellen Varietäten sich immer gleich und zahlreicher bei Verbrechern finden, und dieses zeigt auch, dass sie nicht zufällig vorkommen, sondern abhängig von gleichen und allgemeinen Ursachen sind.

Er fügt noch hinzu, dass die Anthropologie einen Unterschied des Verhältnisses zwischen Schädelknochen und Gesichtsknochen bei höheren und niederen Rassen bestätigt, aber er glaubt, dass diese Unterschiede innerhalb einer Rasse keine höher oder niedriger organisierter Individuen repräsentieren können, indem die Schwankungen in diesem Fall belanglos sind. Er gibt als Beispiel die Hautfarbe an, welche zur Unterscheidung der höheren und niederen Rassen dient, aber innerhalb der Rasse in ihren Abstufungen keinen Maßstab für die Höhe der individuellen Organisationen abgibt.

In diesem Einwand fehlt aber der kritische Geist. Man muss in der That nicht nur die Verschiedenheiten der Schädelgestalt und der Hautfarbe bei Individuen derselben Rasse berücksichtigen, wenn dieselben Typen niedriger Rasse vorstellen; sondern diese Verschiedenheiten sind sogar in diesen Fällen noch wichtiger als gewöhnlich. Beispiele dafür bieten die Cretinen und Idioten.

Der Mikrocephalus zeigt Gestalten und Formen, die nicht nur bei Negern sondern auch bei Affen vorkommen. Und wer wollte die Wichtigkeit dieser Ergebnisse und ihrer atavischer Charakter leugnen, weil die Idioten keine Affen oder Neger sind? Sie sind deshalb wichtig, weil sie eben atavische Charaktere sind.

Man muss ferner noch beifügen, dass wenn viele Individuen wie Cretinen, und vielleicht die Mikrocephalen, diese Charaktere zeigen, sie innerhalb der Rasse selbst wieder ihrerseits eine spezielle und besondere Gruppe, und in der Rasse eine neue Rasse ausmachen. Man kann nicht einwenden, dass sie in Folge von Zeugungsunfähigkeit keine Rasse bilden, da Cretinen und Verbrecher sich leider fortpflanzen und immer unter Beibehaltung derselben Charaktere.

Die Wichtigkeit der Anomalien nicht anerkennen, hieße die Gesetze der pathologischen Anatomie und der Theratologie umstoßen. Letztere ist immer in engster Verbindung mit der Physiologie, weil sie ursprüngliche Stadien der tierischen und menschlichen Entwicklung wiederholt, was, wie wir glauben, bei der Idiotie, bei dem moralischen Irrsinn und bei Verbrechern der Fall ist.

Weil Herr Prof. Sernoff keinen anderen Beobachter findet, so zitiert er Debierre.

Aber Debierre, welchem der Verfasser so viel Lob spendet, wegen der Ordnung und Sorgfalt, mit welcher er das Schädelmaterial gesammelt und studiert hat, bevor er den Schluss gegen die Theorie Lombroso's zieht, beweist seine wissenschaftliche Genauigkeit in folgender Weise.

In einem Artikel über die Fossa occipitalis mediana in der Anthropologie (Comptes rendus de la Societé de Biologie) schreibt Debierre, dass er 406 Verbrecherschädel beobachtet hat: 231 Verbrecher aus Gent mit 8; 24 Enthauptete mit 1; 25 Mörder mit 3; 17 Mörder und 6 andere Verbrecher mit 1 Fossa occipitalis. Dann fährt er fort:

Wenn ich alle die Verbrecherschädel, die ich beobachtet habe, zusammenfasse, so ergibt sich die große Zahl von 406 Schädeln, die durchschnittlich nur ein Verhältnis von 3% der Fossa occipitalis media gezeigt haben.

Aber wenn wir die von ihm aufgezählten Schädel addieren, s ergibt sich nicht die Zahl 406 sondern nur 303, und das Verhältnis der Fossa stellt sich in diesem Falle auf 4,2%. Außerdem hat Debierre unter 23 Schädeln von Irren dreimal die Fossa occip. media gefunden, d. h. ein Verhältnis von 13% (Lombroso 14%), aber er sagt, dass das Verhältnis dieser Fossa nur zwischen 2 und 8% sei.

So genau sind seine Rechnungen. Und was seine wissenschaftlichen Kenntnisse betrifft, so will ich nur erwähnen, dass er in demselben Artikel nicht zu wissen scheint, was schon längst eine anerkannte Thatsache ist, nämlich, dass die Frauen immer weniger degenerative Charaktere als die Männer zeigen und dass sich derselbe Unterschied auch in Bezug auf Idiotie und Cretinismus zeigt.

Wenn Herr Sernoff keine anderen Gewährsmänner hat, so kann man ruhig sagen, dass bis jetzt kein ernsthafter Anatom der kriminellen Anthropologie ernstlich widersprochen habe.

Zur Entwicklungsgeschichte der Nemertinen.
Von J. Lebedinsky,

Privatdozent an der Universität in Odessa,

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Die Nemertinen entwickeln sich, wie bekannt, auf zweierlei Weise. Die einen laufen in der Ontogenie durch eine streng ausgesprochene Metamorphose, die anderen entwickeln sich dagegen ohne jede Metamorphose. Erstere gehen ontogenetisch die larvale Pillidium-Form oder Desor'sche Larve durch, die letzteren besitzen keine Larvenform. Danach unterscheidet man indirekte und direkte Entwicklung der Nemertinen.

Was die indirekte Entwicklung der Nemertinen betrifft, ist dieselbe vergleichsweise ziemlich vollständig untersucht, worüber man sich aus

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den Arbeiten von Metschnikoff, Bütschli, Hubrecht, Salensky und Bürger informieren kann. Unsere Kenntnisse über die direkte Entwicklung der Nemertinen sind dagegen nur fragmentarisch und sehr dürftig. Von den diesbezüglichen Arbeiten sind die einen 1) ziemlich alt und fördern neuere Untersuchungen; die anderen 2) bieten nur kurze Notizen, die die spätesten Stadien als die frühesten qualifizieren; die dritten3) behandeln wieder die Entwicklung nur nach optischen Schnitten. Die einzige mehr ausführliche und spätere Arbeit, die die direkte Entwicklung der Nemertinen behandelt, ist diejenige von Palensky über Monopora vivipara). Aber Monopora ist vivipar und bietet dadurch jedenfalls cönogenetische sekundäre Abweichungen dar. Die Arbeiten über die Nemertinen aus dem letzten Decennium behandeln nur die Anatomie, Histologie und Systematik der Nemertinen gründlich. Die Ontogenie aber ist ganz bei Seite gelassen. „Unsere Kenntnisse von den ersten Entwicklungsvorgängen bei den Nemertinen klagt Bürger sind sehr lückenhaft. So sind wir über die Entwicklung der Protonemertinen völlig im Dunkeln. Auch über die Entwicklung der Eupoliiden wissen wir nichts. Ferner sind unsere Kenntnisse von der Ontogenie der Meso- und Heteronemertinen dürftig zu nennen. Am völligsten sind wir über die Entwicklungsgechichte der Metanemertinen unterrichtet, wo wir sie wenigstens fragmentarisch von den meisten Gattungen besitzen 5). Es ist mir nicht gelungen gesteht Bürger bedeutende Lücken im embryologischen Teil auszufüllen ®).

Sind unsere Kenntnisse über die Entwicklungsgeschichte der Nemertinen lückenhaft, dürftig, veraltet so scheint mir jede neuere Mitteilung aus diesem Gebiete nützlich und wünschenswürdig zu sein.

Seit zwei Jahren beschäftigte ich mich mit der Entwicklungsgeschichte der Nemertinen. Mehrere und verschiedene Gattungen unterlagen als Objekte meiner Untersuchungen"). Aber nur einige von

1) Dieck S., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Nemertinen. Jen. Zeitschr. f. Naturw., 8. Bd., 1874.

2) Hoffmann C. K., Zur Entwicklungsgeschichte von Tetrastemma varicolor Oerst. Niederländisches Archiv f. Zoologie, 3. Bd., 1876-1877.

3) Barrois Jules, Mémoire sur l'embryogénie des Nemertes. Annales des sciences nat., 6e série, Zoologie, T. 6, 1877

4) Salensky W., Recherches sur le développement de Monopora vivipara Uljan. Archives de Biologie, T. 5, 1884.

5) Bürger O., Nemertinen. Monographie, S. 456.

6) Ibid. Vorwort, S. 5.

7) Protonemertini:. Carinella annulata (Mont.), C. suporbes (Köl.); Mesonemertini: . Cephalothrix bioculata (0erst.);

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Metanemertini: Tetrastemma vermiculus (Quatrf.), T. diadema (Hubr.), T. melanocephalum (Johnst.);

Oerstedia dorsalis (Zool. Dan.) und Drepanophorus spectabilis (Quatrf.).

Meteronemertini: Micrura fasciolata, Eupolia curta und E, delineata,

ihnen haben mir embryologisches Material geliefert 1). Das sind Drepanophorus spectabilis (Quatref.), Tetrastemma vermiculus (Quatref.), T. diadema (Hubr.), T. melanocephalum (Johnst.), Oerstedia dorsalis, Cephalothrix bioculata (Oerst.). Von diesen Arten wurden Drepanophorus, Tetrastemma vermiculus, Oerstedia und Cephalothrix ausführlich untersucht, die anderen boten nur die ersten oder späteren Entwicklungsstadien dar. Meine Absicht ist, die Entwicklungsgeschichte von Drepanophorus spectabilis (Quatr.) hier mitzuteilen. Diese Metanemertine legt die Eier in großer Zahl und Masse ab2). Die Eier sind in einer zarten Gallerte eingebettet, von welcher man sie leicht befreien kann. Ein Teil der Eier sind ganz rund, die anderen länglich oval. Die Eier sind so groß, dass man im Stadium von 8 Blastomeren diese gut mit dem bloßen Auge unterscheiden kann. Das sogleich abgelegte Ei ist von zwei Hüllen umgekleidet. Die innere oder Dottermembran steht nur wenig von der Eiperipherie ab, die äußere oder Chorion ist dagegen weit entfernt. Zwischen dem Eie und Dottermembran, sowie zwischen dieser und dem Chorion befindet sich eine zähe Flüssigkeit, die unter der Einwirkung von Reagentien gerinnt. Das Ei und die das selbe umkleidenden Hüllen sind zu einander konzentrisch gelagert; das Ei berührt weder die Dottermembran noch diese letztere das Chorion. Das abgelegte Ei besitzt ein großes ovales Keimbläschen. Dasselbe ist sehr deutlich konturiert, sein Plasma ist feinkörnig und auf der Peripherie mit den Chromatinkügelchen besämet. Bald nach der Ablagerung teilt das Ei zwei Richtungskörperchen ab, indem man gute karyokinetische Spindeln sehen kann. Eines der zwei Richtungskörperchen halbiert sich nicht selten und dann beobachten wir deren drei, die alle untereinander gleichgroß sind. Welches der zwei Richdas erste oder das zweite tungskörperchen sich halbiert kann ich mit Sicherheit nicht sagen 3). Das Richtungskörperchen geratet

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1) Mehrere Nemertinengattungen sind wie es auf der Stazione zoologica zu Neapel wohl bekannt ist sehr capricios und wollen in den Aquarien die Eier nicht ablegen.

2) Diese Nemertine wohnte im Aquarium während 5 Monate (SeptemberJanuar) und hat nicht einmal die Eier abgelegt, obwohl alle der in großer Menge vorhandenen Individuen mit den geschlechtlichen Produkten ausgefüllt waren. Das embryologische Material habe ich ganz zufällig erhalten: einer von den frisch gefangenen Drepanophorus - Weibchen hatte eine große Menge von Eiern abgelegt.

3) Wie bekannt, nimmt man jetzt an, dass nur das erste der zwei Richtungskörperchen sich halbieren kann und muss. Diese Halbierung der ersten Richtungskörperchen ist aus den jetzigen hierhergehörigen Theorien verständlich (0. Hertwig, Vergleich der Ei- und Stammbildung bei Nematoden. Arch. f. mikrosk. Anat., 36). Aber es sind Fälle beobachtet worden, wo auch das zweite Richtungskörperchen sich halbiert, z. B. bei Macrobiotus macronyx nach Erlanger (Biol. Centralbl., XV, 1895).

oft in die Pigmentationshöhle und kann sich hier halbieren. Das Schicksal der Richtungskörperchen, die in die Segmentationshöhle geraten sind, ist für mich unbekannt geblieben. Jedenfalls beteiligen sie sich am Bau des Körpers nicht: ihre Anwesenheit in der Segmentationshöhle ist rein-mechanisch. Was die Richtungskörperchen betrifft, die außerhalb des Eies geblieben sind, so liegen sie immer unter der Dottermembran und werden nur nach dem Zerreissen der beiden Eihüllen frei.

Das reif gewordene und befruchtete Ei fängt an sich zu segmentieren. Die Segmentation ist eine totale inäquate, da die dritte, äquatoriale Furche jedes von den vier ersten Blastomeren in zwei ungleiche teilt. So haben wir im Stadium von 8 Blastomeren eine bipolare Blastula mit einer kleinen Segmentationshöhle. Diese Differenz zwischen den beiden Polen bleibt auch während der weiteren Eifurchung, und die kleineren Zellen des oberen Poles teilen sich viel rascher als diejenigen des unteren. Die ganze Oberfläche der Blastula ist mit Wimpercilien bekleidet. Die weit vorgeschrittene bipolare Blastula hat einen bemerkenswerten Bau. Sie ist länglich oval und zeigt eine klar ausgesprochene bilaterale Symmetrie. Ihre Bauchseite besteht aus hohen großen keilförmigen, die Rückseite dagegen aus niedrigen, kleinen, kubischen Zellen. In den beiden Enden der Blastula sind die Zellen sehr hoch; sie ragen in die Segmentationshöhle fächerartig hinein und markieren scharf die Bauch- und Rückenseite. Die Bauchseite bietet eine interessante Einrichtung der Zellen dar. Nahe am Hinterende befinden sich zwei große, ovalrunde Zellen, die immer gute karyokinetische Spindeln enthalten. Sie liegen im Anfange sich mit ihren Medianseiten berührend. Später aber schaltet sich zwischen ihnen eine prismatische Zelle ein, ihr folgen darauf mehrere und es bildet sich ein Feld (Ektodermfeld) von prismatischen Zellen. Diese werden die ersten invaginierenden Zellen sein. Jede der zwei großen ovalrunden Zellen teilt sich in zwei und so bilden sich vier ovalrunde Zellen. Diese sind am hinteren und am vorderen Rande des Entodermfeldes paarweise angeordnet. Eine solche bilateralsymmetrische Blastula verwandelt sich in die invaginierte Gastrula. Der Gastrulationsvorgang geht sehr langsam vor sich. Zuerst invaginiert das Entodermfeld und zieht die großen keilförmigen Zellen des hinteren Endes der Blastula mit sich. Diese bilden die dorsale, die Zellen des Feldes die ventrale Wand des Urdarms. Der Blastoporus stellt eine ovale seichte Einsenkung dar. Während der Gastrulation teilen sich die invaginierenden Zellen schon nach der Länge. Die beiden hinteren sowie die vorderen ovalrunden Zellen bleiben entsprechend am hinteren und vorderen Rande des Blastoporus. Sie invaginieren erst, wenn die Gastrulation schon ziemlich vorgeschritten ist, indem die hinteren in der dorsalen Wand des Urdarmes, die vorderen aber zwischen Entound Ektoderm, am Vorderende des Blastoporus und symmetrisch zur

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