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bei Hymenopteren und vielen Vögeln ein Schluss auf die große Bedeutung ziehen, die sie haben müssen.

In Bezug auf diese Lufträume sind dreierlei Annahmen möglich: 1. sie sind ausschließlich accessorische Atmungsorgane oder Atemhilfsapparate; 2. sie sind ausschließlich mechanische Bewegungs- (Gleichgewichtserhaltungs- und das spezifische Gewicht regulierende) Organe und 3. sie verrichten beide von diesen Funktionen.

Wir könnten uns wohl vorstellen, dass gute, kräftige Flieger, ebenso wie sie ein relativ schwereres Herz als andere Vögel haben. (Parrot) auch besonders leistungsfähiger Atmungsorgane bedürften und dass dem entsprechend ihre Luftsäcke Atmungsorgane wären. Die Luftsäcke selbst können aber nicht Atmungsorgane sein, einerseits weil an ihnen gar keine Einrichtungen zur Vergrößerung der Oberfläche (Falten, Waben oder dergleichen) angetroffen werden; und anderseits weil (bei den Vögeln) die Haut, welche sie begrenzt, im allgemeinen arm an Blutgefäßen ist (Drosier u. a.). Nur an der Innenfläche lufthohler Knochen werden reichere Kapillaren angetroffen und hier ist auch Kohlensäure-Ausscheidung experimentell nachgewiesen worden (Baer). Es kann die Atmung hier jedoch nicht bedeutend sein, weil die Luft in diesen starren, blindsackartigen Räumen fast ganz stagnieren muss. Aber wenn auch Blutoxydation nur in ganz unbedeutendem Maße in den Luftsackwänden stattfindet, so könnten die Luftsäcke dennoch bei der Atmung als motorische Apparate, als Blasebälge, eine bedeutende Rolle spielen; sie könnten die lebhafte Durchlüftung der eigentlichen blutoxydierenden Teile zu besorgen haben. Man nahm an, dass die intra und die extrathoralen Luftsäcke der Vögel sich abwechselnd zusammenzögen und hiedurch die Luft durch die Lunge hin- und hergeblasen würde (Sappey). Die Resultate der neueren Untersuchungen, welche mit Hilfe der graphischen Methode gewonnen wurden und über deren Richtigkeit gar kein Zweifel bestehen kann, haben aber gezeigt, dass der Luftdruck in allen Luftsäcken gleichzeitig steigt und sinkt. Es gibt also keine von Luftsack zu Luftsack gehende Luftströmung, sondern nur eine zwischen dem Munde und den Luftsäcken hin- und hergehende. Obwohl nun die Luftsäcke durch weite, offene Röhren direkt mit den Bronchien kommunizieren, so soll dennoch ein großer Teil der zwischen dem Munde und den Luftsäcken hin- und herströmenden Luft, namentlich bei der Exspiration, die feinen Kanäle der Lunge passieren und die Luft in den Lungenalveolen stetig erneuern (Baer). Hiegegen muss jedoch eingewendet werden, dass die anatomischen Verhältnisse nicht für die Richtigkeit dieser Annahme sprechen. Wenn das die einzige oder die hauptsächlichste Funktion der Luftsäcke wäre, so müsste man jedenfalls Einrichtungen anzutreffen erwarten, welche bewirkten, dass die ganze Luft der Luftsäcke, oder doch der größte Teil der

selben den eigentlich respiratorischen Teil des Atmungssystems passierte. Solche Einrichtungen gibt es jedoch nicht. Bei den Insekten stehen die großen Luftblasen durch weite Tracheenrohrabschnitte in direkter und kurzer, freier Kommunikation mit den Stigmen, so dass die von außen in sie eintretende und die von ihnen nach außen abgegebene Luft die respiratorischen Endzweige der Tracheenbäumchen nicht durchströmen kann. Bei den Vögeln sind die Luftsäcke des Kopfes sowie einige der subkutanen bei gewissen Arten mit der Nasenhöhle verbunden; Luftströme, welche zwischen diesen und der Außenwelt hinund hergehen, können also gar nicht in die Lunge kommen. Die Luftsäcke des Körpers und der Gliedmaßen kommunizieren mit den Bronchien, mit denen sie durch weite Kanäle in offener Verbindung stehen. Allerdings entspringen von den Wänden dieser geräumigen, die Lungen durchsetzenden Röhren, enge Kanälchen, welche in das eigentliche Lungenparenchym hineinführen, aber trotzdem wird die allermeiste Luft, die zwischen der Außenwelt und diesen Säcken hin- und hergeht, den Weg durch jene weiten Röhren nehmen und werden nur ganz unbedeutende Luftstromschlingen das Lungenparenchym passieren.

Die Kopfluftsäcke und die zu ihnen gehörenden subkutanen Luftsäcke der Vögel sowie die meisten Luftsäcke der Insekten tragen also gar nicht, und die übrigen Luftsäcke nur in einem sehr geringen, mit ihrer Größe gar nicht im Verhältnisse stehenden Maße, zur Durchlüftung der O absorbierenden und CO2 ausscheidenen Körperteile bei. Als Atemhilfsapparate können sie also bestenfalls nur nebenbei funktionieren: ihre Hauptfunktion muss eine andre sein.

Wir kommen damit zu der zweiten und dritten von den oben angeführten Alternativen; es fragt sich, in welcher Weise die Luftsäcke mechanisch die Flugfähigkeit unterstützen können. Jedenfalls setzen sie das spezifische Gewicht des Körpers sehr erheblich herab und ich vermute, dass dies die Flugfähigkeit erhöhen, namentlich die Erhaltung des Gleichgewichtes in der Luft wesentlich erleichtern dürfte, obwohl die damit verbundene Vergrößerung des Körpers den Luftwiderstand, besonders bei raschem Fluge beträchtlich erhöhen und so unter Umständen auch Nachteile im Gefolge haben wird.

Da die in den Lufträumen der warmblütigen Vögel enthaltene Luft eine höhere Temperatur als die Außenluft hat, so werden die Luftsäcke bei ihnen allerdings direkt hebend, als Ballone wirken, aber diese Wirkung ist so unbedeutend, dass sie praktisch gar nicht in Betracht kommen kann.

Abgesehen von jenen Lufträumen, welche sich (bei den Vögeln) in den Knochen ausbreiten, und deren Zweck, das Leichter - machen der Knochen ohne Beeinträchtigung ihrer Stärke, deutlich zu Tage tritt, sind alle Lufträume leicht zusammenziehbar und ausdehnbar.

Der chitinige Spiralfaden, welcher die Insektentra cheen versteift, fehlt den Wänden ihrer größeren Lufträume und bei den Vögeln sind die Wände der Luftsäcke des Körpers sehr zarte und weiche Membranen.

Sicher scheint es, dass die fliegenden Tiere den Füllungsgrad dieser Lufträume (mit Ausnahme jener natürlich, die in den Knochen liegen) sehr rasch durch willkührliche Kontraktion der Körpermuskeln verändern können und hiedurch in die Lage versetzt sind, die Stellung ihres eigenen Schwerpunktes zu verrücken und das spezifische Gewicht ihrer Teile sowie die Größe derselben abzuändern. Es frägt sich nun aber, wie derartige Veränderungen für den Flug von einem so großen Nutzen sein können um den außerordentlich hohen Grad der Ausbildung dieser Hohlräume bei guten Fliegern zu erklären.

Bei den Insekten stehen die Lufträume durch verschiedene Tracheenröhren mehrfach mit einander in Verbindung; bei den Vögeln scheint eine Interkommunikation derselben nicht vorhanden zu sein.

Die geräumigsten Luftblasen werden, bei Vögeln sowohl wie bei Insekten, zumeist im Abdomen angetroffen. In einigen Fällen (Libellen, Kondor) sind auch die Lufträume des Kopfes recht groß.

Bei den Insekten könnten wir uns vorstellen, dass durch plötzliches Ausstoßen größerer Luftmengen aus den Stigmen einer Seite, oder aus nur einem bestimmten Stigma, ein Rückstoß erzeugt werden könnte, welcher eine bestimmte, nützliche Seiten- oder Drehbewegung des Körpers zur Folge hätte. Solches würde durch die Verbindung der Lufträume beider Symmetralhälften des Körpers wesentlich erleichtert. Bei den Vögeln jedoch ist eine derartige Erklärung natürlich ausgeschlossen.

Da die zumeist schwebenden, das heißt ohne Flügelschlag sich bewegenden, in der Höhe haltenden, selbst ansteigenden Vögel ganz besonders wohl entwickelte Lufträume haben ieh erinnere nur an den Pelikan und gewisse, große Raubvögel so liegt die Annahme nahe, dass sie gerade beim Schweben am meisten in Verwendung kommen. Da das Schweben nur geringe, atmungsintensitätserhöhende Muskelarbeit erfordert, so spricht ihre hohe Ausbildung bei Schwebevögeln gegen die Annahme, dass die Luftsäcke nichts weiter als Atmungs- Hilfsorgane seien.

Um über ihre mechanische Funktion beim Schweben ein Urteil abgeben zu können, müssen wir erst festzustellen suchen, wie die Schwebevögel diese merkwürdige Bewegung ausführen. Sicher ist, dass das Schweben und Kreisen auf einer Ueberwindung der Schwerkraft mit Hilfe und unter Ausnutzung der dem Winde innewohnenden Kraft beruht. Wie nun diese ausgenutzt wird, erscheint einigermaßen zweifelhaft. Falls die Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe hinreichend rasch zunimmt, kann der Vogel, das Inkrement der Windkraft ausnützend, kreisend ohne Flügelschlag ansteigen (Lord

Rayleigh). Auch soll der Wind sehr unregelmäßig sein, an jedem gegebenen Punkte mit rasch wechselnder Kraft und mit rasch (in geringem Maße) wechselnder Richtung wehen. Durch Ausnutzung der Differenzen der Kraft und Richtung des Windes kann der Vogel ebenfalls schwebend sich erhalten und auch ohne Flügelschlag ansteigen (Langley). Endlich kann der Vogel durch das Kreisen, ebenso wie ein rasch rotierender Kreisel, eine gewisse inhärente Stabilität erlangen, welche ähnlich wie die Schnur eines Drachens wirkend, ihn in den Stand setzt, bei stetigem und durchaus gleichstarkem Luftstrome, wie ein Drachen zu schweben und zu steigen (Lendenfeld).

Wie dem nun sei, jedenfalls beruht das Schweben auf einer trefflichen Ausnützung der Windkraft, die nur dadurch erzielt werden kann, dass der Vogel stets seine Segelfläche, die Gesamtunterseite (Müllenhoff) ganz genau in den richtigen Winkel gegen die Horizontale und gegen die Windrichtung einstellt. Diese Einstellung muss sehr schwierig sein. Ja es ist schwer vorstellbar, wie ein frei schwebender Vogel, welcher dem Winde eine große Segelfläche darbietet, mitten in heftigen Luftströmungen und in stets wechselnder Lage, ohne jeglichen fixen Anhaltspunkt, sein Gleichgewicht behaupten und die Neigung der Segelfläche, die er bildet, leicht und sicher, zweckentsprechend regulieren kann.

Die Lage der Segelfläche kann, da der Vogel frei schwebt, eigentlich nur durch Aenderungen in der Lage des Schwerpunktes in Bezug auf die Segelfläche, sowie durch Aenderungen der Luftwiderstand empfindenden Teile erzielt werden. Solche Lageveränderungen des Schwerpunktes und Aenderungen der Widerstandsflächen können aber durch Aenderungen des Füllungsgrades der verschiedenen Luftsäcke herbeigeführt werden, indem durch ihre Blähung Körperteile vergrößert und von dem Körpermittelpunkte abgedrängt werden. Allerdings sind diese Aenderungen gering, aber auch geringe Aenderungen dieser Art werden hinreichen, einen bedeutenden und genügenden Ausschlag zu geben.

Obzwar diese Wirkung der Luftsäcke am deutlichsten beim Schweben hervortritt, so wird sie doch jedenfalls auch beim gewöhnlichen Fluge mit Flügelschlag, bei dem ja stets die Drachenwirkung der Segelfläche in größerem oder geringerem Maße mit im Spiele ist, zur Geltung kommen.

Zugegeben also, dass die Luftsäcke, namentlich bei den Vögeln, die Atmungsthätigkeit einigermaßen unterstützen, so wird ihr Hauptzweck doch ein mechanischer, das spezifische Gewicht des ganzen Tieres herabsetzender, das spezifische Gewicht und die Größe seiner Teile sowie die Lage des Schwerpunktes regulierender sein.

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Ueber die Zirkularbewegung als tierische Grundbewegung, ihre Ursache, Phänomenalität und Bedeutung.

Von Direktor F. O. Guldberg.

Vortrag '), gehalten in der biolog. Gesellschaft in Christiania, am 30. März 1896. Es ist gewiss den Meisten, die gewohnt sind, mit offnen Augen für das Tierleben sich in Feld und Wald zu bewegen, auffallend gewesen, wie leicht Tiere, die derselben Familie oder Gesellschaft angehören, einander wiederfinden, nachdem sie, freiwillig oder unfreiwillig, von einander geschieden wurden. Ja selbst kürzlich ausgebrütete oder neugeborene Jungen, von denen man wohl nicht leicht annehmen kann, dass sie einen entwickelten Ortssinn oder einige Lokalbekanntschaft haben, und von denen man wohl nicht annehmen kann, dass sie schon im Besitz des vollen Gebrauches ihrer Sinne sind, finden doch, wie es scheint, mit der größten Leichtigkeit ihre Eltern, Geschwister oder Kameraden wieder, selbst wenn sie von ihnen längere Zeit oder durch eine größere Entfernung geschieden waren, als ihr Sinnesvermögen reicht, um sie in direkten Rapport mit einander zu bringen.

Man hat nämlich aus dem Leben in der Natur eine Reihe Beobachtungen, welche zeigen, dass die höheren Tiere, jedenfalls unter Verhältnissen, wo die Sinne nicht normal oder vollkommen fungieren oder wenn die Tiere verbindert sind mit Hilfe der Sinne sich mit einander in Verbindung zu setzen, sich in der Weise einander aufsuchen und wiederfinden, dass sie nach der Stelle zurückkehren wo sie getrennt wurden oder wo die Sinne zum letztem Male korrespondierten. Dieses gewöhnliche und notwendige Zurückkehren der Tiere zur Trennungsstelle muss, wie ich zeigen werde, von doppelter Natur sein, nämlich sowohl instinktiv wie physiologisch, indem die Begegnung auf zwei verschiedene Weisen vor sich geht, entweder dadurch, dass die Tiere durch Hilfe der Sinne nach der Stelle, wo sie sich trennten, suchen und zurückfinden, oder dass sie ohne Hilfe der Sinne eine kreisförmige Bewegung machen, die sie notwendiger Weise auch nach der Trennungsstelle zurückführt. Um nun zu einem klaren Verständnisse über die Natur dieser kreisförmigen Bewegung zu kommen, welche die Grundlage oder die Ursache dieses genannten instinktiven Phänomens sein muss, habe ich im Verein mit meinem Mitarbeiter, Prof. Dr. G. A. Guldberg, eine

1) Dieser Vortrag ist eine kurze, vorläufige Mitteilung über eine Arbeit, die der Verfasser schon im Frühjahr 1888, in weniger vollkommener Form, seinem Bruder Prof. Dr. G. A. Guldberg vorlegte, der später als Mitarbeiter, besonders für den morphologischen und physiologischen Teil hinzutrat. Was das eigentliche detaillierte Beweismaterial betrifft, so wird dieses in einer nahen Zukunft der wissenschaftlichen Welt vorgelegt werden, sobald Zeit und Gelegenheit es erlaubt.

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