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den Einfluss der Sinne oder in Folge mechanischer Hindernisse die Richtung verändert. Sind dahingegen die Lokomotionsorgane des einen Körperhalbteils etwas, wenn auch nur ein wenig stärker, oder gibt dieser eine etwas kräftigere Muskelwirkung ab als der andere sei sie begründet in der aktiven oder passiven Ueberlegenheit der Bewegungsorgane der einen Seite so muss die Bewegungslinie von der stärkeren nach der schwächeren Seite hin ab weichen. Sind also die Extremitäten des rechten Körperhalbteils stärker als die des linken, so muss die Bewegungsrichtung nach links abweichen und zum Schlusse kommt das Tier nach seinem Ausgangspunkte zurück, vorausgesetzt, dass die Kraftentfaltung die ganze Zeit gleich und gleichmäßig war. Steigt dahingegen die Kraftentfaltung unter der vorwärtsschreitenden Bewegung, so wird die Bewegungslinie eine Spirale, indem die stärkere Muskelaktion auf der einen Seite einen kleineren Zirkel hervorbringt als eine schwächere Muskelaktion.

Man kann nun, im Großen und Ganzen davon ausgehen, dass morphologisch nachweisbare Quantitätsdifferenzen bei den Extremitätsknochen und Muskeln der einen Seite von analogen Differenzen in der physiologischen Kraftabgabe begleitet sind; als Beispiel wird angeführt, dass die Knochen der rechten Oberextremität in der Länge in 78% prädominieren, bei Lebenden prädominiert die rechte Oberextremität in 75% und in Kraft in 72% (die Abweichungen in den Zahlen beruhen sicherlich zum großen Teil darauf, dass der prozentuale Wert auf Basis ungleich großen Materials ausgerechnet ist). Mit anderen Worten: eine morphologische Asymmetrie wird in der Regel angenommen als von einer funktionellen Asymmetrie begleitet.

Wie an einer anderen Stelle in dieser Zeitschrift angeführt, behauptet Direktor F. O. Guldberg, gestützt auf zahlreiche biologische Beobachtungen des freien Lebens der Tiere in der Natur, sowie durch eine Reihe physiologischer Versuche, die wir beide zusammen ausgeführt haben, dass eine Reihe höherer Tiere und der Mensch unter gewissen Verhältnissen eine Kreisbewegung ausführen, nämlich, wenn die Bewegung nicht durch die Sinne geleitet ist. Der betreffende Mensch oder das Tier kommt nämlich dann nach seinem Ausgangspunkte zurück. Diese Kreisbewegung ist jedoch etwas verschieden in Betreff auf Form und Ausdehnung, indem man zwischen einer biologischen Kreisbewegung unterscheiden muss, die man bei freier Bewegung der Tiere draußen in der Natur beobachten kann, wenn aus einem oder dem anderen Grunde die Bewegung unbewusst geschieht und nicht von den Sinnen, oder weniger vollkommen durch die Sinne gelenkt wird (es waren diese Beobachtungen die den Direktor F. O. G. auf den Gedanken der Kreisbewegung hinleiteten), und eine physiologische Kreisbewegung, die experimental durch temporäre Elimination der Sinne oder der wichtigsten leitenden Sinne nachge

wiesen werden kann; auf dieser letzteren beruht die biologische Kreisbewegung.

Um Missverständnissen und Vermischungen zu entgehen, muss hier vorausgeschickt werden, dass diese Zirkularbewegung etwas ganz verschiedenes ist von der den Physiologen bekannten „Manègebewegung" die durch Läsionen der Pedunculi cerebelli experimental hervorgerufen wird, oder wenn pathologische Affektionen gewisser Bahnen im Cerebrum und Cerebellum auftreten.

Die Kreisbewegung nahm, F. O. Guldberg a priori an, sollte auf einen asymmetrischen Bau in den Lokomotionsorganen oder im Organismus im Allgemeinen zurückgeführt werden können.

Bei unsren gemeinschaftlichen Arbeiten zur Untersuchung dieser Aufgabe, bei welchen die morphologischen Untersuchungen mir ganz zufielen, während wir zusammen die physiologischen Versuche ausgeführt haben, ist es uns mehr und mehr klar geworden, dass die Kreisbewegung auf einer funktionellen Asymmetrie in den Bewegungsorganen beruhen muss, welche in mehreren Fällen auch morphologisch nachgewiesen werden konnte.

Die physiologischen Versuche zeigen, dass von Hunden und Kaninchen, deren Augen und Ohren bedeckt wurden, während beim Hunde gleichzeitig das Geruchsvermögen eliminiert oder jedenfalls durch stark riechende Stoffe herabgesetzt wurde, beim Schwimmen auf ruhigen Wasserflächen immer denselben Kreis von demselben Individuum beschrieben wird.

Lässt man Vögel z. B. Tauben, Schwalben, Meisen mit zugedeckten Augen und Ohren fliegen unter absoluter Windstille so sieht man immer, dass dasselbe Individuum in demselben Kreise fliegt, es sei zur Rechten oder zur Linken; der zur Linken schwimmende Hund liefert immer Kreise nach links; bei diesen müssen die Lokomotionsorgane der rechten Seite das Uebergewicht haben.

Indem ich noch nicht die Details über die neulich vorgenommenen Untersuchungen mit jungen Hunden zu veröffentlichen wünsche, will ich hier nur Folgendes anführen:

Auf der ruhigen Wasserfläche eines Binnensees mit flachem Boden wurde unter anderen mit 3 jungen Hunden experimentiert, von denen der eine 2 Monate und die 2 anderen 4 Monate alt waren. Sie lieferten schöne und präcise physiologische Kreise, von 2-5 Meter im Diameter. Nach den Versuchen wurden sie, der eine nach dem anderen, getötet und jedes Tier wurde seciert und ihre Extremitätsmuskeln gewogen. 1. Der 2 Monate alte Hund, der Kreise nach links lieferte, zeigte muskulares Uebergewicht auf der rechten Seite, indem die Muskeln des Vordergliedes allerdings nur ein Uebergewicht von 0,05% auf der rechten Seite hatte (0,10 g), während das rechte Hinterglied

ein muskulares Uebergewicht von 0,8% (1,68 g) hatte 1). 2) Der 4 Monate altè Hund (?) lieferte eine Reihe Kreise nach Rechts. Hier zeigte sich ein muskulares Uebergewicht am linken Vorderbein von 0,8% (2,64 g), während hier bei den Hinterbeinen eine kleine Prädominenz auf der rechten Seite von 0,05% (0,27 g) war. Das gesamte Uebergewicht wurde jedoch dadurch zusammengenommen nur unbedeutend verringert. Interessant ist es, dass man hier gekreuzte muskulare Asymmetrie" hat, welche Theile auch beim Menschen nachgewiesen hat. 3. Der andere 4 Monate alte Hund (), lieferte Kreise nach rechts (von 4-5 Meter im Diameter), außerordentlich schöne und regelmäßige. Die morphologische Untersuchung seiner Muskeln zeigte ein ausgeprägtes einseitiges muskulares Uebergewicht auf der linken Seite, nämlich bei den Vordergliedern 1,7% (6,430 g) und bei den Hintergliedern 1,5% (7,230 g). Es sei in Betreff auf die Untersuchung bemerkt, dass teils die einzelnen Muskeln, teils die Muskelgruppen gewogen wurden. Die Untersuchungen eines jeden Hundes erforderte 2 Tage lange strenge Arbeit. Kautelen wurden benutzt um Wasserverluste der Muskulatur durch Verdampfen zu verhindern. Die Knochen wurden nachher frisch gemessen, zeigten aber keinen deutlichen Unterschied. Später sollen sie nach der Präparation sowohl gemessen wie gewogen werden. Aehnliche Untersuchungen werde ich nach und nach mit verschiedenen Tierarten vornehmen lassen.

Beim Menschen ist die Asymmetrie so allgemein bekannt, ebenso sind die Kreiswanderungen des Menschen, wenn er sich z. B. im Walde verirrt, eine von Arild's Zeit her unzweifelhaft festgestellte Erfahrung, dass weitere Beweise wohl kaum erforderlich erscheinen. Beispiele von Rudern im Kreise bei Nebel sind bekannt genug, ebenso Kreiswanderungen in finstern Wäldern. Bindet man einem Menschen die Augen zu und lässt ihn auf ebener Fläche gehen, z. B. auf einer mit neu gefallenen Schnee bedeckten Eisfläche, so sieht man bald Kreise bald Spiralen, die unter seiner Wanderung entstanden sind. Das schließliche Ergebnis kann dadurch konstatiert werden, dass man das Kräftverhältnis der Unterextremitäten durch den Dynamometer prüft. – Soll der Versuch inzwischen rein sein, so muss Windstille herrschen und kein Laut zu hören sein. Bei Blinden sind die anderen Sinne so geschärft, dass sie gleich dem einen oder anderen zur Leitung benutzen, wenn man nicht alle Kautelen anwendet. Ebenso kann Belastung der einen oder anderen Seite auf die Richtung Einfluss haben.

Obgleich das bis jetzt untersuchte Material in Betreff auf die Tiere noch verhältnismäßig klein an Zahl ist, sind doch die gefundenen Thatsachen insofern überzeugend, dass man von einer physiologischen

1) Beim Menschen variierte das gesamte Uebergewicht der einen Extremität von 10 pro Mille bis fünf Prozent (cf. Theile l. c.).

Zirkularbewegung sprechen darf, die nicht identisch mit der durch Läsionen hervorgerufenen „Manègebewegung“ ist, und dass diese physiologische, normal vorkommende Zirkularbewegung in einem kausalen Verhältnis zur Asymmetrie der Lokomotionsorgane steht. Wie generell diese Asymmetrie bei den bilateralsymmetrischen Tieren ist, lässt sich noch nicht sagen, jedenfalls ist sie viel mehr verbreitet, als man bis jetzt angenommen hat. Im August 1896.

M. Arthus, Nature des Enzymes.

Paris 1896.

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Die Frage, worin die Wirkung der Fermente besteht, wird schon lange diskutiert, und die Zahl der Theorien, die zu ihrer Lösung aufgestellt worden sind, ist ziemlich ansehnlich. Pasteur sah in den Gärungsprozessen nur die Wirkung der lebenden Zelle. „Der chemische Vorgang der Gärung ist wesentlich an einen vitalen Vorgang geknüpft, denn die Gärung beginnt mit letzterem und sistiert mit ihm". So formulierte Pasteur diese vitalistische" Theorie, der Liebig sodann seine „mechanistische" gegenüberstellte. Diese besagte, dass bei der Gärung die Molekeln einer zerfallenden stickstoffhaltigen Substanz in Schwingungen geraten, und dass diese Schwingungen sich auf die gärungsfähige Masse fortpflanzen. Zwar griff Liebig mit Unrecht gleichzeitig Pasteur's Versuche an, die bewiesen, dass die Zuckergärung an die Ernährung und Entwicklung der Hefeorganismen gebunden sei, aber die Aufstellung seiner neuen Theorie hatte doch zur Folge, dass man nun den Gärungsvorgang nicht mehr dem gewöhnlichen Protoplasmastoffwechsel gleichsetzte. Die molekulare Bewegung, die Liebig annahm, brauchte ja nicht gerade durch den Zerfall von Materie angeregt zu werden, es ließ sich auch annehmen, dass sie von besonderen Organismen oder von besonderen Produkten derselben angeregt wird. Denn jedenfalls musste nach den Pasteur'schen Versuchen anerkannt werden, dass die Gärungsvorgänge irgendwie verknüpft sind mit der Thätigkeit lebender Organismen; entweder können diese selbst, respektive ihre löslichen Produkte, Enzyme genannt, auf mechanische, physikalische oder chemische Weise die Umsetzungen hervorrufen, oder aber es geht bei der Gärung nur eine besondere Form von Energie, die irgendwie zu lebender Materie in Beziehung steht, in eine andere Form über.

In den meisten Fällen wurde die erste Annahme den Theorien zu Grunde gelegt, und es war nur die Erklärung, wie die Gärungsorganismen oder die Enzyme die Spaltungsvorgänge einleiteten, verschieden.

Berzelius erklärte die Umsetzungsprozesse durch eine katalytische oder Kontaktwirkung der Gärungserreger. Den analogen Vorgang sah er in der Wirkung von Platinschwamm, der, ohne selbst eine Veränderung zu erleiden, beträchtliche molekulare Umlagerungen verursacht. Platinschwamm, der Sauerstoff absorbiert enthält, bringt Wasserstoff zur Entzündung, bildet aus SO, SO3, zersetzt sauerstoffhaltiges Wasser, Prozesse, die sonst ohne Weiteres nie zustande kommen.

Bunsen und Hüfner meinten, dass die Fermente bei der Gärung dieselbe Rolle spielen, wie die Schwefelsäure bei der Aetherdarstellung, dass also analog den Gleichungen: 1. Alkohol + Schwefelsäure Alkohol

=

schwefelsäure Wasser; 2. Alkoholschwefelsäure + Alkohol = Aether + Schwefelsäure bei der Wirkung von Trypsin auf Eiweiß z. B. sich etwa folgender Vorgang abspiele: 1. Trypsin Eiweiß Eiweißtrypsin + x; + 2. Eiweißtrypsin + Eiweiß Albumosen und Pepton +Trypsin (Arthus). Naegeli nahm an, dass in den Enzymmolekeln fort während Schwingungen stattfinden, die sich dann anf die gärungsfähige Substanz fortpflanzten und sie zur Spaltung brächten; also eine Theorie, die mit der Liebig'schen eine gewisse Aehnlichkeit hat.

An sie knüpft dann die von de Jager an, welche zu der zweiten Gruppe von Theorien gehört. Denn de Jager geht soweit, zu behaupten, dass Fermente ebenso Imponderabilien seien wie Licht, Magnetismus, Elektrizität, dass die Enzyme nicht Materie, sondern Energie seien, dass also die Gärungsvorgänge in der Umwandlung einer ganz bestimmten Energie in chemische Energie beständen.

An den genannten Theorien übt Arthus in einer neuen Arbeit Kritik, um dann schließlich an die von de Jager anzuknüpfen und für sie einzutreten.

Die katalytischen Vorgänge mit denen, wie sie bei den Gärungsprozessen vorkommen, zu identifizieren, hält Arthus für unmöglich. Insbesondere der Vorgang der Wasserzerlegung durch Platinschwamm, in dem man ein Analogon für die Gärung sah, eignet sich dazu am wenigsten; denn diese Zerlegung ist ein Dissoziationsvorgang, mit dem die Spaltungen bei einer Gärung keine Aehnlichkeit haben.

Der Vergleich mit einfachen chemischen Umlagerungen ist deshalb nichts weiter als ein Vergleich, weil bei der Ueberführung von Alkohol in Aether oder von Stärke in Traubenzucker durch Schwefelsäure ziemlich große Mengen der wirksamen Substanz Schwefelsäure nötig sind, Mengen, die in gar keinem Verhältnis stehen zu den Spuren von Enzymen, die genügen, um eine Gärung in Gang zu bringen.

Um es aber wahrscheinlich zu machen, dass nicht einmal Spuren, sondern dass es gar keine bestimmten Körper sind, auf denen die Fermentationen beruhen, gibt Arthus eine Uebersicht über die Elementaranalysen der dargestellten Enzyme, deren Resultate so verschieden sind, dass ein Teil der Autoren sie für Eiweiß- oder eiweißähnliche Körper, ein anderer sie für Kohlehydrate erklärt und ein dritter Teil ihnen eine ganz besondere Stelle einräumen zu müssen glaubt. Und schließlich lasse sich meistens nachweisen, dass, wenn überhaupt, jedenfalls nur ein ganz kleiner Teil des dargestellten Körpers keine Verunreinigung sei. Wenn man also schon so weit sei, die Menge von Enzym in diesen Präparaten für fast imponderabel zu halten, so schlägt Arthus vor, noch einen Schritt weiter zu thun und überhaupt den Glauben an die Körperlichkeit der Enzyme fallen zu lassen und in ihnen nur eine besondere Energieform zn sehen.

Zur Stützung der Hypothese gibt er für jede allgemeine Eigenschaft der Enzyme einen analogen Vorgang bei den Erscheinungen des Lichts, der Elektrizität, des Magnetismus und der Wärme an: Wie diese vermögen die Enzyme chemische Veränderungen hervorzurufen. Durch Wärme werden die Enzyme zerstört, wie der Magnetismus in Magnetnadeln. Enzyme lösen sich in Wasser und Glyzerin; einen analogen Vorgang findet er darin, dass Wärme in eine kalte Flüssigkeit übergehen, sie er

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