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Cytotropismus schließlich ganz schwindet. Das Vorliegen dieses Zustandes pflegt sich schon dadurch anzuzeigen, dass das Eiprodukt beim ersten Zerreißen sogleich in sehr viele Zellen zerfällt, gleichsam zerstäubt; die Zeichen von Minderung der vitalen Energie. Bei vorschreitender Ausbildung dieses Zustandes wird der epitheliale Zellverband, die gegenseitige Abplattung der Zellen eines Eiproduktes aufgehoben, indem die Zellen sich runden und nur noch punktuell berühren; ein Zeichen des Todes zunächst des Ganzen als Individuum 1), dem dann der Tod der Zellen allmählich nachfolgt. Es ist interessant, dass schon in den äußerlich noch nicht sichtbaren, bloß durch Zerstäuben der Eier beim Zerreißen erkennbaren Anfangsstadien dieses am Ende der Laichperiode von selber eintretenden Zustandes, die Zellen nach ihrer Isolierung auch keine Näherungen gegen einander mehr erkennen lassen. Drittens war eine Abnahme des Cytotropismus zu konstatieren mit der Zeit nach der Isolierung der Furchungszellen. Ein den Cytotropismus verstärkender Faktor ist die Wärme. Eine Temperatur von 20-28° C. wirkt begünstigend, durch Erwärmung dann weiterhin über 30° C. hinaus werden die Zellen geschädigt und reagieren nicht mehr. — Für die Größe des Zellabstandes, in dem Näherung noch zu beobachten war, ergab sich als absolute obere Grenze 60 μ. Bei kleineren Zellen ist der maximale Näherungsabstand viel geringer; nur äußerst selten erreichte er die Größe des Zelldurchmessers, meist betrug er nur das Maß des Radius etwa. Die absolute obere Grenze des Näherungsabstandes gilt jedoch als solche trotz Zellen von mehrfach größerem Radius als 60 μ; es ergab sich anscheinend sogar, dass bei weiterer Zunahme der Zellgröße der Näherungsabstand sich verkleinerte. Doch haben die bis jetzt vorliegenden Beobachtungen an großen Zellen dadurch geringeren Wert, dass sie erst gegen Ende der kurzen Laichperiode gemacht wurden; sie bedürfen daher der Wiederholung am Anfange einer normalen Laichperiode.

2) Verhalten dreier in Näherungsabstand befindlicher Furchungszellen zu

einander.

Von 3 Zellen verrät gewöhnlich eine Zelle größere Beweglichkeit als die anderen. Manchmal nähert sich diese auf direktem Wege einer der beiden anderen (mit oder ohne Entgegenkommen dieser), die jedoch nicht die nähere zu sein braucht. Nach der Vereinigung kann dann noch die Näherung zwischen diesem Zellpaar und der dritten Zelle stattfinden. In anderen Fällen war die Bewegung der ins Auge gefassten beweglichen Zelle zunächst eine resultierende des Strebens nach

1) Roux sagt „des Individuums als Ganzen“; wir halten obige Ausdrucksweise für korrekter.

den beiden anderen Zellen, um sich erst nach einiger Zeit einer dieser beiden zuzuwenden, mit der zunächst dann die Vereinigung erfolgte.

3) Verhalten von Zellkomplexen zu einander und zu einzelnen Zellen.

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Legt man Komplexe, die aus einer Reihe von je 3, abgeplattet an einander schließender Zellen bestehen, parallel neben einander in einem Abstand von nicht viel über einen halben Zelldurchmesser, so kann man häufig beobachten, dass sie sich mit einem Paar ihrer Enden gegeneinanderneigen um so in Kontakt zu kommen. Bei Näherungen zwischen Zellkomplexen bis zu 4 Zellen und einzelnen Zellen kommt es sowohl vor, dass sich die Einzelzelle dem Komplexe, als auch umgekehrt dieser jener, als auch beide einander sich nähern. Größere Komplexe von 6 und mehr Zellen näherten sich als Ganze nicht, selbst nicht bei einem Abstand von Näherungsdistanz der einzelnen Zellen. Aber einige der in Näherungsabstand befindlichen Zellen zweier solcher Komplexe näherten sich manchmal einander durch stärkere Vorwölbung der betreffenden Zellen und unter teilweiser Loslösung aus dem Komplexe. Die zwischen Zellkomplexen stattfindende Näherung ist also nicht den Massen dieser proportional und stellt somit auch keine Massenwirkung der Komplexe auf einander dar, sondern sie erscheint von Zeller der einander zugewendeten Oberflächen der Komplexe hervorgebracht. Zwischen Komplexen, deren Zellen dicht zusammengeschlossen waren und zwar so, dass die Zellen auch nach außen, über das Gesamtniveau des Komplexes nicht hervorragten, die Roux daher geschlossene Komplexe" nennt, konnten Näherungen nicht beobachtet werden, eben so nicht zwischen solchen und naheliegenden einzelnen Zellen, wozu Roux bemerkt: Diese Beobachtung bedarf jedoch der Kontrole an frischem Materiale vom Anfang der Laichperiode. Wenn sie sich da bestätigt, würde sie von großer Bedeutung sein.

4) Verhalten vieler isolierter Zellen zu einander.

Eine größere Anzahl isolierter Zellen, die sich in Näherungsabstand zu einander befinden, pflegen ein System von Näherungen zu bilden, die in dem Zustandekommen häufig eines einzigen Komplexes ihren schließlichen Abschluss finden.

5) Umwandlung der Furchungszellen zu Amöben.

Gegen Ende der Laichperiode oder nach bereits mehrere Stunden. bestehender Trennung der Furchungszellen wurden die Zellen hochgradig amöboid. Sie verhielten sich wie selbständige Amöben und ließen keinen Cytotropismus erkennen. Auch wenn sie auf ihren Wanderungen zufällig selbst zu gegenseitiger Berührung kamen, kam es zu keiner Vereinigung.

6) Negativer Cytotropismus.

Manchmal wurde zwischen 2 Zellen, die sich in punktueller Berührung befanden, manchmal auch bei solchen, die sich eben erst bis zur Berührung genähert hatten, gegenseitige Retraktion und Abrundung beobachtet. Zweitens konnte zuweilen an der Berührungsstelle zweier Zellen Sekretion einer hyalin bröckeligen Masse konstatiert werden. Eine dritte Art der Entfernung bestand darin, dass von zwei einander nahen oder sich berührenden Zellen die eine sich von der anderen weit entfernte, sei es unter Bildung besonderer Pseudopodien, sei es ohne solche. Diese Entfernung pflegte jedoch nicht in der mittleren Verbindungsrichtung der Zellen zu erfolgen. Ob in solchen gelegentlichen Entfernungsvorgängen vitale Erscheinungen bestimmter Eigenart vorliegen, die man dann als negativen Cytotropismus zusammenfassen könnte, muss noch dahingestellt bleiben.

B. Verhalten der isolierten Furchungszellen bei Lagerung in

Kochsalzlösung.

In halbprozentiger Kochsalzlösung tritt in den Zellen des Eiproduktes nach ihrer Isolierung Pseudopodienbildung auf. Auch cytotropische Näherung findet in Kochsalzlösung statt, nur wird das Beobachtungsbild durch die Pseudopodienbildung beeinträchtigt. Etwa 5-7 Minuten nach der Zerreissung des Eies in der halbprozentigen Kochsalzlösung verschwanden die Pseudopodien der isolierten Zellen; die Zellen rundeten sich und nahmen einen glatten Kontur an wie in Eiweiß liegende Zellen und verhielten sich danach bei ihren cytotropischen Bewegungen gleich solchen.

C. Verhalten der Furchungszellen verschiedener Eier gegen

einander.

Das cytotropische Verhalten zwischen Zellen verschiedener Eier unterschied sich im allgemeinen nicht von dem der Zellen desselben Eies; insbesondere trat eine Neigung der Zellen verschiedener Eier, sich von einander zu entfernen, nicht hervor.

D. Befunde an den Zellen älterer Entwicklungsstadien. Zu den Versuchen herangezogen wurden Gastrulae, Embryonen und junge Kaulquappen von Rana fusca. Die Trennung geschah wieder in filtriertem Hühnereiweiß oder halbprozentiger Kochsalzlösung. Sie lieferte bei diesen älteren Eiprodukten isolierte Zellen von zweierlei wesentlich verschiedenem Verhalten: einmal sich rundende Zellen und dann Zellen, die ihre vorherige, von abgeplatteten Flächen begrenzte Gestalt auch nach der Isolierung beibehielten. Die sich nach der Isolierung rundenden Zellen entstammten dem Dotter, dem Mittelblatt und dem Centralnervensystem; es waren zugleich die im Durchschnitt

größeren der Bausteintrümmer des Eiproduktes. Zum Teil zeigten die gerundeten dieser Zellen lebhafte amöboide Bewegungen. An diesen sich rundenden Zellen konnten cytotropische Bewegungen deutlich nachgewiesen werden. Doch fiel es auf, dass die Zellen sich wiederholt bis zur Berührung näherten, diese aber sogleich wieder lösten und zurücksanken, um aufs neue sich zu nähern; andere lösten sich nach der Berührung einfach von einander, um einen Spalt zwischen sich zu lassen. Da dies Verhalten bei den Zellen der erst weniger differenzierten Stadien seltener war, erweckte sein öfteres Vorkommen bei Zellen älterer Eiprodukte den Gedanken, dass Zellen von schon höher differenzierten Organen sich weniger 1) mit einander vertragen als Zellen noch indifferenterer Stufen. Die nach der Isolierung sich nicht rundenden Zellen, im Durchschnitt kleiner, entstammten der sogenannten Cylinderepithel- oder kubischen Epithel-Formation. An ihnen konnten im Gegensatz zu dem Verhalten der runden Zellen cytotropische Bewegungen nicht festgestellt werden. Natürlich ist hieraus nicht zu schließen, dass zwischen ihnen überhaupt kein Cytotropismus besteht; er ist möglicherweise nur so schwach, dass er gegenüber den Fehlerquellen nicht hervortritt. Auch an isolierten Epithelelementen des erwachsenen Frosches konnte ein Ergebnis in positivem Sinne nicht konstatiert werden. Besondere Sorgfalt verwendete Roux weiterhin auf die Prüfung des Verhaltens der roten Blutkörper des erwachsenen Frosches, doch konnten hier keine sicheren Ergebnisse gewonnen werden; ebenso nicht bei den weißen Blutkörpern des Grasfrosches und den Blutkörpern und sonstigen Zellen von erwachsenen Säugern, wo die Versuche ja auch von vornherein viel aussichtsloser

waren.

Endlich berichtet Roux, dass an isolierten Zellen von Morulis und Blastulis von Rana esculenta und Bombinator igneus cytotropische Erscheinungen nicht zu konstatieren waren, ein vorläufig jedenfalls sehr auffallendes Ergebnis, dazu angethan, einen beinahe an den an entsprechenden Zellen von Rana fusca gemachten Beobachtungen irre zu machen, wenn diese nicht zu zuverlässig konstatiert wären.

III. Vitale" Bedeutung der beobachteten Thatsachen.

Roux diskutiert hier noch einmal im Zusammenhang die Frage, ob die beobachteten Erscheinungen auch wirklich Leistungen der vitalen Objekte selbst seien.

Zunächst werden, wir können wohl sagen in erschöpfender Vollständigkeit, die Möglichkeiten kritisch durchgegangen, dass die beobachteten Zellnäherungen durch äußere Einwirkungen hervorgebracht

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1) Der Text Roux's drückt sich aus: sich nicht mit einander vertragen als ."; vermutlich ein Schreib- oder Satzfehler.

sein könnten. Es ergibt sich, dass das Vorhandensein dieser Möglichkeiten im allgemeinen die vitale Bedeutung der Ergebnisse speziell der angestellten Versuche nicht in Frage zu ziehen vermögen.

Doch auch die weiterhin beobachteten negativ cytotropischen Erscheinungen konnten bei den angestellten Versuchen nicht durch äußere Einwirkungen hervorgebracht sein. Auch über ihre aktiv vitale Natur kann kein Zweifel bestehen, daraus folgt aber noch nicht, dass die beobachteten Entfernungserscheinungen gerade auf einer einem positiven Cytotropismus entgegengesetzten Leistung beruhen: es ist nicht gesagt, dass die negativ cytotropischen Erscheinungen negativer Cytotropismus sind; denn die wahrgenommenen, stets sehr geringen Enfernungen der Zellen in Richtung der mittleren Verbindungslinie kann auch schon durch ein Bestreben der sich berührenden Zellen, bloß ihre Berührung zu lösen, hervorgebracht werden, indem dabei die Zellen sich runden, wobei eine geringe distale Bewegung mit resultiert. Ein Bestreben von Zellen dagegen, sich direkt von einander zu entfernen, also auch ein Vermögen derselben, durch das fremde Medium hindurch sich irgendwie abstoßend zu beeinflussen, kann aus diesen Thatsachen allein nicht erschlossen werden; um so weniger, als die Bewegungen, der weiter als das genannte geringe Maß von einander sich entfernenden Zellen fast immer statt in Richtung der mittleren Verbindungslinie beider Zellen, schräg zu derselben erfolgte. Diese öfter beobachtete größere Entfernung einer Zelle von einer anderen kann daher höchstens als Ausdruck des mangelnden Cytotropismus aufgefasst werden.

Schwieriger ist es weiterhin den Befund zu deuten, dass zwischen vielen Zellen eine direkte Näherung nicht zu beobachten war, denn entweder kann dies auf dem Fehlen oder zu großer Schwäche des Cytotropismus, oder auf cytotropische Bewegungen hemmenden inneren oder äußeren Momenten beruhen. Als den Cytotropismus hemmende Momente können gegenwärtig bereits betrachtet werden zu niedrige Temperatur und Lichtmangel; beides wirkte bei den angestellten Versuchen auf alle Zellen in gleicher Weise, weshalb für ein verschiedenes Verhalten der Zellen ein und desselben Objektes die Ursache hier nicht zu suchen wäre. Weiter kann das fremde Medium die Zellen schädigend beeinflussen. Da auch dies auf alle Zellen desselben Objektes gleichmäßig wirken wird, so muss für die Verschiedenheit des Verhaltens der Zellen eine verschiedene Empfindlichkeit derselben gegen den Einfluss des Mediums angenommen werden, eine Annahme, die wohl berechtigt sein kann.

Weiterhin kann die Isolation an sich, der Verlust der normalen Nachbarschaft, schädigend und zwar in verschiedenem Grade schädigend auf die Zellen wirken. Denn es ist zu vermuten, dass der Verlust der Nachbarschaft auf Zellen, die der abhängigen Differenzierung unter

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