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diese Erscheinung eine sehr wichtige Stütze für die Hypothese, daß das Gerüst eines jeden Kerns aus einer Anzahl selbständiger Bezirke (je einem Chromosoma entsprechend) zusammengesetzt ist. Was schließlich die relativen Mengen und das gegenseitige Verhalten des väterlichen und mütterlichen Chromatins im Neunaugenei anbelangt, so liegen die Verhältnisse viel zu ungünstig, als daß hierüber ein sicherer Aufschluß zu gewinnen wäre. Besonders über die Mengenverhältnisse läßt sich infolge der eigentümlichen Kernzustände gar nichts aussagen; denn auf jenen Stadien, wo der väterliche und mütterliche Anteil noch scharf auseinander gehalten werden können, befinden sich dieselben in einer so verschiedenen Entwickelungsphase, daß sie sich nicht miteinander vergleichen lassen, und später, wenn die männlichen und weiblichen Meriten einander gleich sind, sind dieselben zugleich zu einem so einheitlichen Haufen zusammengedrängt, daß sich die Herkunft der einzelnen Meriten nicht mehr feststellen läßt. Eher noch scheint mir die Frage nach dem gegenseitigen Verhalten des väterlichen und mütterlichen Chromatins gelöst werden zu können. Wenn wenigstens meine Deutung richtig ist, daß die von BOEHM beschriebene Metamorphose der Ovo- und Spermatomeriten nichts anderes ist als die bekannte Vorbereitung eines Kerns zur Teilung, so würde daraus folgen, daß auch im Neunaugenei die Chromosomen der ersten Furchungsspindel zum einen Teil rein väterlicher, zum anderen rein mütterlicher Abstammung sind.

C. Zusammenfassung und Folgerungen.

Die Kenntnis der Reifungs- und Befruchtungsvorgänge bei einer größeren Zahl von Eiern aus den verschiedensten Tierabteilungen gestattet die Aufstellung einer Anzahl allgemein gültiger Gesetze, an welche sich weiterhin einige nicht unwichtige Betrachtungen anknüpfen lassen.

I. Richtungskörperbildung.

1) Die Ausstoßung der Richtungskörper verläuft überall unter den Erscheinungen der echten karyokinetischen Teilung, d. h. es werden bei der Bildung eines jeden Richtungskörpers die vorhandenen Chromosomen halbiert und in ihren Hälften auf die beiden Tochterzellen verteilt. Wo die Chromosomen in einer Dimension besonders stark entwickelt sind, also die Form von Stäbchen oder Fädchen besitzen, geschieht die Spaltung in der Längsrichtung. Von einer „Pseudokaryokinese" im Sinne VAN BENEDEN'S kann

also bei diesem Vorgang nirgends die Rede sein. Ebensowenig bietet sich der geringste Anhaltspunkt für die Hypothese WEISMANN'S (43) dar, daß die zur Bildung des zweiten Richtungskörpers führende Kernteilung als „, Reduktionsteilung" zu der gewöhnlichen ,, Äquationsteilung" in einen Gegensatz zu bringen sei (vergl. auch Punkt 4 und 16).

2) In einem und demselben Ei enthalten die beiden Richtungsspindeln die gleiche Zahl von Chromosomen. Wo bis jetzt diese Zahlenübereinstimmung festgestellt worden ist, folgt dieselbe einfach daraus, daß die im Ei zurückbleibenden Tochterelemente der ersten Richtungsspindel direkt in die zweite Spindel als Mutterelemente übergehen.

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3) Die sog. Eireifung bietet uns demnach einen Fall dar, wo wir das Schicksal der einzelnen Chromosomen während der ganzen Dauer des Bestehens einer Zelle der Eimutterzelle 1) folgen können. Die Thatsache, daß die Chromosomen, welche bei der Teilung dieser Zelle (Bildung des zweiten Richtungskörpers) vorhanden sind, identisch sind mit denjenigen, welche die Zelle bei ihrer Entstehung erhalten hat, legt den Schluß nahe, daß auch in jenen Zellen, wo sich die Schicksale der einzelnen Elemente der Beobachtung entziehen, ein Gleiches der Fall sei. Es bildet also dieses Verhalten eine neue Stütze für die Hypothese, daß die Chromosomen im ruhenden Kern ihre Selbständigkeit bewahren.

4) Eine Eigentümlichkeit, welche an den chromatischen Elementen der ersten Richtungsspindel ziemlich häufig und in den verschiedensten Tierabteilungen (bei Cölenteraten, Würmern, Mollusken und Arthropoden) zur Beobachtung kommt, ist deren Vierteiligkeit. Die Bedeutung dieser Erscheinung habe ich bereits in meinen Arbeiten über das Ascaridenei erörtert. Die Angaben, welche ich über die Reifungsvorgänge bei jenem viel umstrittenen Objekt gemacht habe, werden durch meine im vorstehenden mitgeteilten Beobachtungen an anderen Objekten vollkommen bestätigt; und die Gesamtheit der Thatsachen, welche gegenwärtig über die Richtungskörperbildung bekannt sind, ist geeignet, auch einen letzten noch allenfalls obwaltenden Zweifel an der Richtigkeit meiner Deutung zu beseitigen. Die von der meinigen abweichenden Auffassungen des Vorgangs beruhen darauf, daß man das, was ich

1) Zum Verständnis dieser Bezeichnung verweise ich auf meinen Aufsatz:,,Über die Bedeutung der Richtungskörper". Sitz.-Ber. d. Ges. f. Morph. u. Phys. zu München. Bd. II, H. 3, 1886.

als ein einziges vierteiliges Chromosoma betrachte, als eine Gruppe von entweder 4 einfachen (CARNOY) oder 2 zweiteiligen Chromosomen (KULTSCHITZKY) in Anspruch nahm. Konnte eine derartige Betrachtungsweise schon auf Grund der von mir bei Ascaris megalocephala nachgewiesenen chromatischen Brücken zwischen den 4 prismatisch zusammengefügten Stäbchen als irrtümlich bezeichnet werden, so wird derselben durch meine neueren Beobachtungen vollends der letzte Schein von Berechtigung entzogen. Meine Resultate bei Sagitta stellen es außer Zweifel, daß das aus 4 Stäbchen bestehende chromatische Element der ersten Richtungsspindel nicht durch Zusammenfügung von 4 früher selbständigen Elementen gebildet wird, sondern daß die Vierteiligkeit durch Spaltung eines ursprünglich einheitlichen Chromosomas zustande kommt, ganz ebenso, wie die sonst bekannten zweiteiligen Stäbchen oder Schleifen ihre Entstehung einem Teilungsprozeß verdanken. Und weiterhin geht aus einer vergleichenden Betrachtung des Vorgangs mit Sicherheit hervor, daß jener Vierteilung nicht eine besondere Bedeutung zukommt, welche die Bildung des ersten oder beider Richtungskörper als einen Teilungsvorgang besonderer Art von der gewöhnlichen Karyokinese unterschiede. Denn wir finden Denn wir finden und zwar selbst bei sehr nahestehenden Formen (Ascaris meg. und lumbr., Pterotrachea und Carinaria) daß die Chromosomen der ersten Spindel das eine Mal nur in die beiden bei dieser Teilung zu trennenden Schwesterhälften gespalten sind, während das andere Mal diese letzteren bereits selbst wieder eine Spaltung aufweisen, und aus allen bis jetzt vorliegenden Beobachtungen läßt sich eine ziemlich kontinuierliche Reihe aufstellen von solchen Fällen an, wo die Spaltung der in der zweiten Richtungsspindel zu halbierenden Elemente erst in der Äquatorialplatte dieser Spindel sichtbar wird, bis zu solchen, wo dieselbe schon im intakten Keimbläschen hervortritt. Wir wissen ja auch von anderen Objekten, daß der Zeitpunkt, mit welchem die Teilung eines Chromosomas zuerst nachweisbar wird, in sehr verschiedene Phasen des karyokinetischen Prozesses fallen kann. Daß derselbe bei der Richtungskörperbildung unter Umständen so außerordentlich weit bis über die vorhergehende Teilung hinaus - zurückverlegt wird, dafür ergiebt sich die Möglichkeit dadurch, daß in der Regel zwischen die beiden Teilungen kein Ruhestadium der Chromosomen eingeschaltet wird. Ich glaube, diese Verhältnisse dürften hiermit ihre definitive Erledigung gefunden haben.

5) Die in den beiden Richtungskörpern ausgestoßenen Elemente sind für unser Auge vollkommen identisch mit denjenigen, welche, aus der gleichen Teilung hervorgehend, im Ei verbleiben. Der erste Richtungskörper erhält vielfach (Ascaris meg., Sagitta, Tiara, Pterotrachea etc.) zweiteilige Stäbchen oder Schleifen, Elemente also, die gewissermaßen eine Zellteilung erwarten und dadurch andeuten, daß die bei manchen Tieren noch bestehende Teilung des ersten Richtungskörpers früher ein allgemeines Vorkommnis war.

6) In mehreren Fällen, in welchen für die erste Furchungsspindel ein Bau mit distinkten Polen und ,,Protoplasmastrahlung" nachgewiesen werden kann, fehlen diese Bildungen in den Richtungsspindeln (Ascaris, vielleicht alle Nematoden, Ascidia mentula, wahrscheinlich alle Ascidien, Sagitta). Wie ich dies schon früher (13) erörtert habe, scheint mir diese Thatsache für unsere Einsicht in das Wesen der Befruchtung von großer Bedeutung zu sein 1).

7) In jenen Eiern, wo die Richtungsspindeln aus zwei Strahlensonnen kombiniert sind, entstehen die Pole der zweiten Spindel durch Teilung des im Ei zurückbleibenden Poles der ersten.

II. Befruchtung.

8) In dem Verhalten der chromatischen Substanz bei der Befruchtung zeigt sich in verschiedener Hinsicht eine gewisse Varia

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1) Ich will bei dieser Gelegenheit einen Einwand zur Sprache bringen, den PLATNER (38) gegen meine Anschauungen über das Wesen der Befruchtung erhoben hat. PLATNER hat die Ausbildung der ersten Richtungsspindel im Ei von Aulostomum gulo studiert und sagt hierüber (pag. 211):,,Die Konstatierung eines Centrosomas im Eie, sowie die allmähliche Ausbildung zweier typischen Archoplasmakugeln um die beiden Tochtercentrosoma, wie ich sie beschrieben habe, ist ein wichtiges Phänomen, welches die theoretischen Schlufsfolgerungen, zu welchen BOVERI gekommen ist, ohne weiteres auszuschliefsen berechtigt". Ohne mich hier auf eine Verteidigung meiner Hypothese einlassen zu wollen, möchte ich doch einstweilen konstatieren: erstens, daß PLATNER ja nur die Bildung der ersten Richtungsspindel untersucht hat und also für sein Objekt gar nicht angeben kann, wie es im reifen Ei, auf das es doch ankommt, mit den Centrosomen bestellt ist, und zweitens, daß die Anwesenheit eines Centrosomas in vielen reifen Eiern mir bei der Aufstellung meiner Hypothese auf Grund der Beobachtungen von BUTSCHLI, O. HERTWIG, FOL u. a. nicht im mindesten zweifelhaft war, was ganz deutlich aus dem Satz hervorgeht (13, pag. 162):,, Im allgemeinen wird sich. die Rückbildung des Eicentrosomas erst nach der Abtrennung des zweiten Richtungskörpers vollziehen".

bilität. Am auffallendsten ist auf den ersten Blick die Thatsache, daß Ei- und Spermakern in den einen Fällen zu einem einheitlichen ersten Furchungskern verschmelzen, wogegen sie in anderen sich selbständig zur Teilung vorbereiten und sich, ohne zu verschmelzen, auflösen. Während das letztere Verhalten bisher als die Ausnahme gelten konnte, dürfen wir heute sagen, daß unter den genauer untersuchten und analysierten Fällen diejenigen, in welchen die Kerne nicht verschmelzen, weitaus die zahlreicheren sind. Auch ist es nicht etwa nur eine beschränkte Gruppe von Tieren, bei denen dieser Modus besteht, sondern wir kennen denselben mit Ausnahme der noch nicht untersuchten Molluscoideen von allen Tierkreisen: von den Coelenteraten (Mitrocoma), den Echinodermen (Echinus microtub., hier nur ausnahmsweise), von Würmern (Nematoden, Sagitten, Nephelis), Arthropoden (Cetochilus), Mollusken (Limax, Helix, Arion, Pterotrachea, Carinaria, Phyllirhoë, Tiedemannia und Cymbulia), von Tunikaten (Cionia intestinalis) und auch von Wirbeltieren (Ctenolabrus) 1).

9) Da die in Rede stehenden Variationen in dem gegenseitigen Verhalten der beiden Geschlechtskerne in den Eiern eines und desselben Tieres angetroffen werden (Ascaris meg., Cionia, Phyllirrhoë, Echinus microtub.), so müssen wir annehmen, daß dieselben gänzlich bedeutungslos sind.

Zu ihrer richtigen Würdigung scheint mir nichts geeigneter zu sein als der Hinweis auf jene Fälle, wo eine durch Teilung entstandene Zelle die ihr zukommenden Chromosomen nicht in eine einzige Vakuole einschließt, sondern in mehrere Kernbläschen, die sich bis zur nächsten Teilung erhalten, so daß die Zelle also während der ganzen Dauer ihres Bestehens mehrkernig

1) Erst nach Fertigstellung dieser Arbeit erhielt ich durch die Freundlichkeit der Herren A. AGASSIZ und C. O. WHITMAN deren verdienstvolle Abhandlung: „The Development of Osseous Fishes. II. The preembryonic Stages of Development. Part First." Mem. of the Mus. of. Comp. Zool. at Harvard College. Vol. XIV, No. I. Die beiden Forscher geben in Fig. 32 (Pl. XXIII) von Ctenolabrus ein Bild, welches zwischen den beiden von Strahlen umgebenen Polen zwei sich innig berührende Vorkerne zeigt, in denen man bereits kontrahierte Chromosomen wahrnehmen kann. Unsere Erfahrungen an anderen Objekten lassen wohl keinen Zweifel, daß, wo ein solches Stadium vorliegt, keine Verschmelzung der Kerne mehr eintritt, sondern beide bis zu ihrer Auflösung selbständig bleiben.

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