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ist 1). Zwischen diesem Vorkommnis und der so häufig zu beobachtenden dauernden Zweikernigkeit der ersten Embryonalzelle besteht eine vollkommene Analogie. Auch sind es in beiden Fällen die gleichen Bedingungen, welche entweder zur Einoder zur Mehrkernigkeit führen. Die durch Teilung entstehende Zelle wird einkernig, wenn die ihr zugeteilten Chromosomen so dicht zusammengelagert sind, daß sie entweder gleich von Anfang an eine gemeinsame Vakuole um sich erzeugen oder daß wenigstens die zunächst um die einzelnen Elemente auftretenden Bläschen noch vor ihrer vollen Ausbildung sich berühren und verschmelzen. Ist dagegen der Abstand der einzelnen Teile während dieser Bildungsperiode zu groß, so wird die Zelle dauernd mehrkernig. Ebenso ist es bei der Befruchtung; die beiden in der ersten Embryonalzelle vereinigten Kerne verschmelzen, wie wir nach den zahlreichen vorliegenden Erfahrungen behaupten dürfen, dann zu einem einzigen, wenn sie vor Überschreitung des Gerüststadiums aufeinander treffen; wird dieser Zeitpunkt versäumt, so bleiben sie, auch bei dichtester Aneinanderlagerung dauernd getrennt. Es ist also ein sehr nebensächliches und zufälliges Moment, von dem diese Verschiedenheiten abhängen, und so kommt es, daß wir eventuell in den Eiern eines und desselben Muttertieres beiden Zuständen begegnen.

Die große Bedeutung, welche dem Selbständigbleiben von Eiund Spermakern für unsere Einsicht in die Schicksale des väterlichen und mütterlichen Chromatins zukommt, ist seit E. VAN BENEDEN'S Entdeckung genügend gewürdigt worden. Daneben besitzt aber jenes Verhalten eine nicht minder große Wichtigkeit für unsere Auffassung vom Wesen des Kerns. Wenn es ganz gleichgültig ist, ob das Kernmaterial einer Zelle in einem Kern vereinigt ist, oder verteilt auf zwei oder mehrere Vakuolen', so folgt daraus, daß der gewöhnliche einfache ,,Kern" weder morphologisch noch physiologisch eine Einheit ist, sondern sozusagen nur ein gemeinsames Haus für eine Anzahl gleichwertiger, voneinander unabhängiger Bestandteile, die ihre Funktionen ebenso gut getrennt auszuüben vermögen. Diese selbständigen Teile sind die Chromosomen. Jeder solche Körper ist für sich allein imstande, einen Kern zu erzeugen, und nur ein solcher aus einem einzigen

1) Ich verweise in dieser Hinsicht auf Heft II dieser Studien, wo (pag. 57) derartige Fälle beschrieben und durch Fig. 45-47 (Tafel III) illustriert sind.

Chromosoma entstandener Kern ist eine (relative) Einheit. Derselbe besitzt alle Kernqualitäten ganz ebenso wie ein aus 2, 10 oder 200 Chromosomen entstandener Kern; und es ist sehr wahrscheinlich, daß ein solcher Kern mit nur einem Chromosoma derselbe findet sich normaler Weise im unreifen Ei von Ascaris meg. (Typus VAN BENEDEN) 1) vollkommen zum Bestand einer jeden Zelle genügen würde, indem die Vielheit der Chromosomen nur durch deren individuelle Verschiedenheiten von Bedeutung zu sein scheint.

Des weiteren spricht die in Rede stehende Mehrkernigkeit meines Erachtens sehr energisch gegen die Anschauung, daß die Kerne für die Individualisierung des Protoplasmas zu einzelnen Zellen von centraler Bedeutung seien. Wäre der Kern oder ein Bestandteil desselben ein Centrum, welches einen bestimmten Bereich des Protoplasmas beansprucht, so müßte beim Vorhandensein mehrerer Kerne jeder einen solchen Anspruch erheben, und das Protoplasma müßte in eine entsprechende Anzahl von Territorien zerlegt werden, was nicht der Fall ist. Oder wenn man annehmen wollte, daß erst durch eine neue Teilung des Kerns die beiden. Tochterkerne auf einige Zeit solche Herrscherkräfte erlangen, so müßte sich in einer solchen Zelle jeder Kern für sich teilen, und dann müßte die Abgrenzung erfolgen. Auch dies ist nicht. der Fall. Vielmehr treten, ob die Zelle einen, zwei oder mehr Kerne besitzt, ganz unabhängig von diesen, zwei Pole auf, die sich nun die kontrahierten Chromosomen, so viele deren vorhanden sind und auf wie viele Lokalitäten dieselben auch zerstreut sein mögen, überall her zusammenholen, um dieselben auf 2 Gruppen zu verteilen.

Man könnte vielleicht noch den Einwand erheben, es handle sich eben in diesen Fällen von Mehrkernigkeit und speziell in der zweikernigen ersten Embryonalzelle nicht um vollkommene, ganze Kerne, sondern nur um ,,Halbkerne" etc., die erst in ihrer Gesamtheit alle Qualitäten des sonst vorhandenen einheitlichen Kerns repräsentieren und die sich aus diesem Grunde nicht jeder für sich teilen, sondern zusammen eine karyokinetische Figur erzeugen, wie sie einem gewöhnlichen einheitlichen Kern entspricht. Allein auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Denn wir wissen von der Polyspermie (32, 13), von der Befruchtung kernloser Eifragmente (32, 16) und von den Erscheinungen, die ich unter der

1) Vergl. Zellenstudien, Heft I u. II.

Bezeichnung,,partielle Befruchtung" beschrieben habe, daß sich ein solcher „Halbkern" auch allein ganz regulär zu teilen vermag, wenn ihm nur ein Teilungscentrum (Centrosoma) beigegeben ist. Dieses die Teilung beherrschende Organ kann, wie hieraus hervorgeht, nicht als Bestandteil des Kerns aufgefaßt werden.

10) Nachdem sich zuerst für diejenigen Eier, in denen die beiden Geschlechtskerne selbständig bleiben, der Nachweis hat führen lassen, daß die Chromosomen der ersten Furchungsspindel zum einen Teil rein väterlicher, zum anderen rein mütterlicher Abkunft sind, konnte neuerdings auch für einige Eier, in welchen die Kerne verschmelzen, ein Gleiches mit Sicherheit festgestellt werden. Es sind dies solche Fälle, in denen das väterliche Chromatin in Gestalt einer kompakten Kugel in das Eikernbläschen aufgenommen wird (Tiara) und wo dann das mütterliche Kerngerüst sich bereits zu isolierten Schleifen kontrahiert, noch ehe sich die väterliche Kernsubstanz aus ihrer Zusammenballung gelöst hat.

11) Dürfen wir demnach in den Variationen, welche uns die beiden Geschlechtskerne in ihren Beziehungen zu einander darbieten, lediglich verschiedene Erscheinungsformen eines prinzipiell überall gleichen gegenseitigen Verhaltens der väterlichen und mütterlichen Kernsubstanz erkennen, so weisen die Kernverhältnisse dagegen in anderer Hinsicht thatsächliche und wesentliche Unterschiede auf. Es giebt Fälle, in denen die für die erste Furchungsspindel bestimmten väterlichen Chromosomen, wie z. B. bei Tiara, direkt aus dem homogenen Chromatinkörper des Spermatozoon hervorgehen, und andere, wo sich aus den Elementen des Spermakopfes zunächst ein ruhender Kern entwickelt, der dann erst die Chromosomen so entläßt, wie sie für die erste Furchungsspindel beschaffen sein müssen (Ascaris meg., Pterotrachea etc.). Im ersteren Fall besitzen die aus dem Spermakopf hervorgehenden väterlichen Chromosomen sogleich den nämlichen Entwickelungszustand, wie die von dem Eikern gelieferten mütterlichen, im letzteren Fall entsprechen dieselben den im Ei verbleibenden Tochterelementen der zweiten Richtungsspindel und müssen noch, diesen ganz parallel, unter Einschaltung eines Ruhestadiums eine schon äußerlich sehr auffallende Veränderung erfahren, ehe sie in die erste Furchungsspindel aufgenommen werden. Besonders klar konnte das letztere Verhalten bei Ascaris meg. (vergl. die Arbeiten von E. VAN BENEDEN, CARNOY, ZACHARIAS und mir) und bei Pterotrachea (siehe oben) verfolgt werden, wo

der homogene Chromatinkörper des Spermatozoon vor der Umbildung zum Gerüst in eine Anzahl von Stäbchen oder Schleifen zerfällt, die mit den Tochterelementen der zweiten Richtungsspindel in Größe, Form und Färbbarkeit übereinstimmen.

Es ist also sicher, daß das väterliche Chromatin, wie dasselbe ins Ei eingeführt wird, nicht überall auf gleicher Entwickelungsstufe steht, und diese Thatsache fordert zu einigen weiteren Betrachtungen auf. Zunächst ist zu erwähnen, daß die gedachten Unterschiede mit den bekannten Variationen zusammenfallen, welche hinsichtlich des Zustandes, in welchem das Ei befruchtet wird, bei verschiedenen Organismen bestehen. Spermatozoën mit gewissermaßen unreifen chromatischen Elementen finden wir in jenen Fällen, wo die Befruchtung vor der Bildung der Richtungskörper erfolgt, wo also der Spermakern längere Zeit warten muß, ehe seine Beteiligung an den Entwickelungsprozessen beginnt; die andere Art von Spermatozoën ist dort vertreten, wo im Moment der Befruchtung schon ein ruhender Eikern vorhanden ist. Allein hier fragt es sich nun: Wie ist es in jenen Fällen, wo die Kopulation der Sexualzellen vor und nach der Richtungskörperbildung erfolgen kann, wie ist es z. B. bei Echinus, wo die Spermaelemente nach den vorliegenden Angaben gewöhnlich in ein Gerüst übergehen, während in den von mir beobachteten Eiern aus dem homogenen Chromatinkörper sogleich die für die erste Furchungsspindel bestimmten Schleifen hervorgehen? Hier haben wir es ja sicherlich mit Spermatozoën zu thun, deren Elemente nicht nötig haben, im Ei noch ein Gerüststadium durchzumachen, und wenn sie dies doch unter Umständen thun, so müssen wir eben annehmen, daß diese Metamorphose im Gegensatz zu dem durch Ascaris megalocephala repräsentierten Verhalten keine Veränderung an ihnen hervorbringt.

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Schließlich wäre noch in Erwägung zu ziehen, ob den in Rede stehenden Unterschieden Verschiedenheiten bei der Spermatogenese entsprechen könnten. In der That lassen sich in dem Verhalten der chromatischen Substanz der Spermatiden Variationen erkennen, welche sich vielleicht auf das verschiedene Verhalten des väterlichen Chromatins im Ei beziehen ließen. Während nämlich in den einen Fällen die Chromosomen, welche die Spermatiden bei ihrer Entstehung aus den Spermamutterzellen erhalten, zunächst in das Gerüst eines ruhenden Kernes übergehen, ballen sich dieselben in anderen Fällen, so nach den schönen Untersuchungen von E. VAN BENEDEN und JULIN (5) bei Ascaris megalocephala,

direkt zu dem scheinbar homogenen Chromatinkörper des Spermatozoon zusammen, so daß man zu der Vermutung gelangen könnte, es müsse das in den letzteren Fällen ausgefallene Ruhestadium der Spermatiden nach der Überführung des Spermatozoon in das Eiprotoplasma hier nachgeholt werden. Allein unsere Übersicht über die hier in Betracht kommenden Verhältnisse ist noch viel zu gering, als daß wir zu einem solchen Schluß jetzt schon berechtigt wären.

12) Die vom Spermakern zur ersten Furchungsspindel gelieferten väterlichen Chromosomen stimmen in Zahl, Größe, Form und sichtbarer Struktur mit den aus dem Eikern stammenden mütterlichen Elementen überein.

Die Übereinstimmung in der Zahl der väterlichen und mütterlichen Chromosomen konnte bis jetzt in 11 Fällen mit Sicherheit festgestellt werden, und zwar bei einem Coelenteraten (Tiara), einem Echinodermen (Echinus), sechs Würmern (5 Nematoden und Sagitta) und drei Mollusken (Pterotrachea, Carinaria und Phillirhoë). In einigen weiteren Fällen, in denen eine Zählung nicht auszuführen war, ergab die Schätzung wenigstens annähernde Zahlenübereinstimmung, und es darf betont werden, daß wir keinen einzigen Fall kennen, für den ein verschieden großer Anteil der beiden Eltern an der chromatischen Kernsubstanz des Kindes mit nur einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden dürfte.

13) Die chromatischen Elemente der ersten Furchungsspindel und die der Richtungsspindeln stehen in einem nicht näher zu erklärenden Formenverhältnis zu einander, derart, daß die ersteren im Verhältnis zum Querschnitt meist über doppelt so lang sind als die letzteren. Wo wir in der Furchungsspindel „Schleifen“ finden, zeigen die Richtungsspindeln häufig nur Stäbchen oder Körner.

III. Allgemeine Zahlenverhältnisse der Chromosomen.

14) Nachdem ich schon im vorstehenden einige auf die Zahl der Chromosomen bezügliche Gesetze erwähnt habe, will ich hier alles, was über diesen wichtigen Punkt aus dem Studium der Eireifung und Befruchtung gewonnen werden konnte, im Zusammenhang aufführen:

a) Für jede Spezies ist die Zahl der Chromosomen konstant, d. h. in den karyokinetischen Figuren homologer Zellen finden sich stets die gleichen Zahlen.

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