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515 Linguam ne rigeant; careant rubigine dentes;
Nec vagus in laxa pes tibi pelle natet,
Nec male deformet rigidos tonsura capillos;
Sit coma, sit scita barba resecta manu;
Et nihil emineant et sint sine sordibus ungues,
Inque cava nullus stet tibi nare pilus;
Nec male odorati sit tristis anhelitus oris,
Nec laedat naris virque paterque gregis!
Cetera lascivae faciant, concede, puellae
Et siquis male vir quaerit habere virum!

520

515. rigeant wird deutlich aus met. IX 567: linguam defecerat umor. Vgl. Verg. ge. III 508: aspera lingua.

rubigine vgl. met. II 776: livent rubigine dentes (von der Invidia). Als positive Forderung ergiebt sich mithin die vom Anstandsgefühl aus selbstverständliche Vorschrift, die Zähne sorgfältig zu putzen; vgl. III 216. Der Gebrauch des Zahnpulvers (dentifricium) war dabei ganz`üblich, vgl. Mart. XIV 56.

516. Auch den Griechen galt es als Zeichen mangelnder Bildung, μείζω του ποδὸς τὰ ὑποδήματα φορεῖν (Theophr. char. 4). Vgl. auch Luc. pro imag. 10: μηδὲ ὑπὲρ τὸν πόδα ἔστω τὸ ὑπόδημα. Auch Plato redet (Hipp. m. p. 294) von ὑποδήματα ἁρμόττοντα, Prop. II 29, 40: prosilit in laxa nixa pedem solea. Hor. sat. I 3, 31: male laxus in pede calceus haeret. Das Bild, das Ovid anwendet, steht schon bei Aristophanes, vgl. equit. 321: ἔνεον ἐν ταῖς ἐμβασιν. Wir wenden es anders: die Schuhe seien nicht so weit wie Kähne' übersetzt Blümner. pelle Metonymie: der Stoff für das daraus Gefertigte, vgl. Hor. sat. I 6, 27.

517. mála tonsura im Gegensatz zu dem Inhalt des folgenden Verses. Vielleicht kann man an unvollständiges Wegnehmen des Haares denken, vgl. Sen. ep. 114. Natürlicher aber erscheint der einfache Gegensatz zu scita manu. - Uebrigens ist rigidos nicht einfaches epitheton ornans, sondern wird ebenso wie der ganze Vers negiert.

518. Anklang trist. V 7, 18: non coma, non ulla barba resecta manu.

519. Auch sorgfältige Nagelpflege war ein wesentliches Erfordernis der Bildung. nihil emineant, d. h. sie sollen gut verschnitten sein, eine mehrfach bezeugte Anstandsregel, vgl.

Theophr. char. 26: ἀκριβῶς ἀπωνυχισ μένος. Wer die Nigel zu lang wachsen lässt, gilt als unfein (ib. char. 19). In der Regel überliess man die Pflege der Nägel dem tonsor, vgl. Plaut. aulul. II 4, 33.

520. Solche unschöne Haare wurden mit der volsella ausgerissen, vgl. Plaut. curcul. 577. Mart. IX 27, 5. Poll. VII 165. (Dazu Dindorf V 1 p. 476f.)

521. Um den Atem wohlriechend zu machen, bediente man sich der pastilli, Mundpillen, wie sie Horaz erwähnt (sat. I 2, 27). Vgl. Mart. I 87, 1: ne gravis hesterno fragres, Fescennia, vino, pastillos Cosmi luxuriosa voras.

522. virque paterque gregis gemeint ist der hircus, der hässliche Schweissgeruch unter den Achseln, der wiederholt mit ästhetischem Abscheu erwähnt wird; ars III 193: quam paene admonui, ne trux caper iret in alas. Catull. 71, 1: sacer alarum hircus. 69, 6: valle sub alarum trux habitare caper. Hor. sat. I 2, 27: pastillos Rufillus olet, Gargonius hircum. epist. I 5, 29: sed nimis arta premunt olidae convivia caprae. epod. 12, 5: polypus an gravis hirsutis cubet hircus in alis. Zu dem Ausdruck virque paterque vgl. Theokr. 8, 49: ὦ τράγε, τῶν λευκῶν αἰγῶν ἄνες. Verg. ecl. 7, 7: vir gregis ipse caper deerraverat. Hor. carm. I 17, 7: olentis uxores mariti. Ov. fast. 1334: lanigerae coniuge ovis. Vgl. unten II 486.

523. lascivae mutwillig, üppig, häufiges Beiwort der Mädchen in der römischen Poesie. Verg. ecl. 3, 64: malo me Galatea petit, lasciva puella. Ov. met. XIII 791: (Galatea) splendidior vitro, tenero lascivior haedo.

524. D. h. die nicht wahre Männer sind, sondern absurd (male) weiblich fühlen und nach männlicher Liebe verlangen. Vgl. II 683.

525 Ecce, suum vatem Liber vocat: hic quoque amantis
Adiuvat et flammae, qua calet ipse, favet.
Gnosis in ignotis amens errabat harenis,
Qua brevis aequoreis Dia feritur aquis,

524-630. Achte Anweisung. Du musst die günstige Gelegenheit, die ein Gelage bietet, geschickt auszunützen wissen. Ist doch Bacchus selbst der Liebe hold, wie er bewies, da er sein Herz der schönen Ariadne zuwendete. Daher erzählt der künftige Epiker ihre Geschichte, ihre Verlassenheit auf Dia, das Nahen des bacchischen Zuges und ihre Vermählung mit dem Gotte (—564). Du musst also Bacchus um seinen Schutz bitten (-568), seine Gabe bietet dir alle möglichen Gelegenheiten, deine Liebe zu fördern (-578). Du musst dich auch mit dem vir deiner puella gut stehen (-588). Trinke nicht zu viel, denke an das böse Beispiel des Eurytion; hingegen zeige deine gesellschaftlichen Talente. Erheuchelte Trunkenheit aber kann dir nützen, du kannst mit ihr dein zu kühnes Benehmen leicht entschuldigen (~602). Ist dann das convivium zu Ende, dann weiche nicht von der Erwählten deines Herzens: jetzt ist es Zeit, Beredsamkeit zu entfalten, spiele die Rolle des sterblich Verliebten, erobere ihre Gunst, indem du ihr schmeichelst und ihre Schönheit lobst, denn eitel sind sie ja alle: Göttinnen selbst gaben das Beispiel, und in der Natur ist es nicht anders (-630).

525. Liber ist ursprünglich ein altitalischer Gott; der Name wird gewöhnlich mit der Freiheit und Ausgelassenheit seines Kultes in Verbindung gebracht. Er wurde dann mit Bacchus identificiert und erscheint bei den Dichtern an seiner Stelle. Preller RM II 47. In der ars noch III 101. Cic. de nat. deor. II 62. Hor. ep. II 1, 5. Ihm feierte man das Fest der Liberalia, beschrieben von Ovid fast. III 713-790.

suum vatem an sich schon ist der Dichter vates Bacchi, des die Dichter begeisternden Gottes (vgl. III 348. Hor. carm. II 19, 6. Ov. amor. III 15, 17 u. o.), aber hier besonders, da er die Liebe des Bacchus besingt. Vgl. fast. III 714: Bacche, fave vati, dum tua festa cano.

vocat der Gott selbst ruft seinen Sänger, treibt ihn unmittelbar an. Hor.

carm. III 25, 1: quo me, Bacche, rapis tui plenum?

526. Vgl. oben 231 ff.

qua calet ipse in erotischem Spiel führt ihn z. B. Nonnus vor, WO er (42, 70) yvvaιuavns heisst. Auch Properz weiss, dass Bacchus in der Liebe nicht unerfahren ist; III 17, 7: te quoque enim non esse rudem testatur in astris lyncibus ad caelum vecta Ariadna tuis.

527. Die Geschichte der von Theseus verlassenen Ariadne und ihr Liebesbund mit Dionysos ist reich an dichterischen Schönheiten und daher von der Poesie ebenso wie von der bildenden Kunst häufig dargestellt. Die Entführung der kretischen Königstochter durch Theseus kennt schon Homer (Od. XI 323), bei dem sie durch das Geschoss der Artemis stirbt Δίῃ ἐν ἀμφιρύτῃ Διονύσου μαρτυρί ow (325). Ueber weitere Darstellungen der Sage, z. B. durch Hesiod, Jon, Paeon ist lehrreich Plut. Thes. 20. Der erste Dichter, der danach von der Flucht des Theseus erzählt, ist Apollonius Rhodius (IV 425 ff.) Vgl. Theocr. 2, 45: 8000v ποκὰ Θησέα φαντὶ ἐν Δία λασθημεν ἐυπλοκάμω Αριάδνας. Gelegentliche Andeutungen finden sich bei römischen Dichtern sehr zahlreich; von ausführlichen Darstellungen sei erinnert an Catull. 64, 52 ff. Ovid. heroid. 10. Vgl. auch Ov. fast. III 459 ff. ars III 35 f. 157 f. 457 f. Weiter vgl. Welcker, griech. Götterlehre II 591 ff. Preller, Gr. M. I3 559 f.

Gnosis zu v. 293. In der ars noch III 158.

amens vor Liebesleidenschaft und getäuschten Hoffnungen; vgl. Catull. 64, 54: indomitos in corde gerens Ariadna furores. ib. 197: amenti caeca furore.

harenis so auch fast. III 472. her. 10, 20. Catull. 64, 57 etc.

528. Dia wird in diesem Zusammenhange meist von den Dichtern genannt, die jedoch die Lage der Insel (Hom. Od. XI 325: Sin ev auqiouτn) zunächst unbestimmt lassen und nur ihre ungastliche Einsamkeit hervorheben. Apoll. Rhod. IV 434 (dazu den Scholiasten). Theocr. 2, 46. Cat. 64, 52. 121. Ov.

530

Utque erat e somno tunica velata recincta,
Ñuda pedem, croceas inreligata comas,
Thesea crudelem surdas clamabat ad undas
Indigno teneras imbre rigante genas.
Clamabat flebatque simul; sed utrumque decebat:
Non factast lacrimis turpior illa suis.

535 Iamque iterum tundens mollissima pectora palmis
'Perfidus ille abiit! quid mihi fiet?' ait.
'Quid mihi fiet? ait: sonuerunt cymbala toto

met. III 597. VIII 174. Seit Kallimachos wurde sie mit Naxos identificiert: fr. 163: ἐν Δίῃ, τὸ γὰρ ἔσκε παλαίτερον οὔνομα Νάξῳ. So dann Properz (III 17, 27), Ovid (met. III 636) u. andere. Vgl. darüber Bursian, Geogr. v. Gr. II 560. Preller, Gr. M. I3 559.- feritur auch Catull (64, 52) erwähnt das fluentisonum litus der Insel Dia.

529. e somno Catull. v. 56: utpote fallaci que tunc primum excita somno. Ov. her. 10, 5 ff.

Die in der Erregung in Unordnung geratene Kleidung wird in diesem Zusammenhange auch sonst erwähnt. Z. B. Catull. v. 63: non flavo retinens subtilem vertice mitram, non contecta levi velatum pectus amictu, non tereti strophio lactentis vincta papillas, omnia quae toto delapsa e corpore passim ipsius ante pedes fluctus salis adludebant.

tunica velata recincta der Versausgang auch fast. III 645.

530. nuda pedem Catull. v. 129: mollia nudatae tollentem tegmina surae.

inrelegata Ov. her. 19, 16: utque erat e somno turbida, rapta comast.

croceas Ariadne wird oft savin genannt. Hes. theog. 947: zovoozóμns δὲ Διώνυσος ξανθὴν ̓Αριάδνην, κούρην Μίνωος, θαλερὴν ποιήσατ ̓ ἄκοιτιν. Catull.

V.

63. Das blonde Haar war von den Alten sehr geschätzt. Vgl. bei Homer ξανθός. Pind. Nem. 10, 7: Eardà Γλαυκώπις. Eur. Med. 1141: ξανθὸν zága naidav. Iph. Aul. 225. Theocr. 13, 36: 27as Eartós. 17, 103. 18, 1: ξανθότριχι πὰρ Μενελάφ. (Ι. III 284). Longus past. II 4, 1: βλέπεται μοι παῖς λευκὸς ὡς γάλα, ξανθὸς ὡς πῦρ (vom kleinen Eros). Hor. carm. I 5, 4: cui flavam religas comam. Ov. her. 4, 72. u. ö.

531 ff. Ihre Klagen liest man bei Catull. 64, 132-201. Ov. her. 10, 35 f. 56 ff. Vgl. fast. III 473: dicebam, memini, periure et perfide Theseu.

-

Thesea crudelem entspricht der direkten Rede Theseu crudelis. So Verg. ecl. 5, 23: atque deos atque astra vocat crudelia mater. georg. IV 356: te crudelem nomine dicit. Prop. I 8, 16: crudelem infesta saepe vocare manu. Vgl. Theokr. 8, 73. Aber auch direkte Rede kommt in solchem Falle vor. Verg. ecl. 3, 79: et longum formonse, vale, vale“, inquit, „Iolla“! 6, 44. Ov. met. III 501. ars I 701.

532. indigno wird zumal durch teneras erklärt, was gleichzeitig wieder einen schönen, das Mitleid mit der armen Verlassenen steigernden Contrast ergiebt weil die Wangen so zart sind, verdienen sie nicht, von Thränen benetzt zu werden. Derartiges ist häufig. Eine ähnliche Wirkung hat das Deminitivum, z. B. bei Catull. 3, 17: tua nunc opera meae puellae flendo turgiduli rubent ocelli. Das thränenfeuchte Antlitz auch bei Catull. 64, 131: frigidulos udo singultus ore cientem.

imbre bekanntes schönes Bild. Vgl. Ov. trist. I 3, 18: imbre per indignas usque cadente genas. III 2, 19. IV 1, 98: inque sinum maestae labitur imber aquae.

535. Das Schlagen der Brust ist ein bekanntes Zeichen von Trauer, Schmerz, Verzweiflung. Aesch. Choeph. 23 mit der Note von Klausen. mollissima wieder pathetisch das Mitleid steigernd; zu 532. Ausserdem ist es ständiges Rüstzeug der Poesie, die Brust des Mädchens mit irgend einem ästhetisch schönen Beiwort auszuzeichnen. Vgl. Cat. 55, 12. Rufinus (AP V 59). Theocr. 27, 49. Apul. met. X 21 u. o.

536. perfidus zu v. 531.

537. Die Wiederholung der Frage malt sehr hübsch das Hoffnungslose, Verzweiflungsvolle ihrer Lage, in die dann plötzlich, ganz mit einem Male (Asyndeton, vorausgestelltes sonuerunt)

540

Litore et adtonita tympana pulsa manu. Excidit illa metu rupitque novissima verba; Nullus in exanimi corpore sanguis erat. Ecce Mimallonides sparsis in terga capillis, Ecce leves Satyri, praevia turba dei, Ebrius ecce senex: pando Silenus asello Vix sedet et pressas continet arte inbas; 545 Dum sequitur Bacchas, Bacchae fugiuntque petuntque,

das Erscheinen des Gottes fällt, das sie zunächst mit neuer Furcht erfüllt.

Die Beschreibung des bacchischen Zuges beginnt sehr passend mit der Erwähnung der rauschenden Musik : zunächst ist der Zug noch nicht ganz nahe, aber er kündet sich an durch die Cymbeln, Pauken und dgl.

cymbala meist im Plural, denn es sind zwei hohle (cava Catull. 63, 29, vgl. ars II 610). Halbkugeln aus Metall, die mit grossem Schalle auf einander geschlagen wurden. Vgl. Ov. met. III 532 mit Haupts Note. Liv. XXXIX 8, 8: occulebat vim, quod prae ululatibus tympanorumque et cymbalorum strepitu nulla vox quiritantium inter stupra et caedes exaudiri poterat. Prop. III 18, 6: cymbala Thebano concrepuere deo.

538. tympana sind besonders im Dienste der Cybele und des Dionysos heimische Musikinstrumente, Handpauken mit hohlem (Ov. met. XII 481), halbrundgewölbtem Schallboden, mit Leder überzogen. Eur. Hel. 1346: zahnov ď αὐδὲν χθονίαν τύπανά τ ̓ ἔλαβε βυρσοτενῆ. Bacch. 124: βυρσότονον κύκλωμα. Ov. met. IV 29. 391. XI 17. eigentlich die manus ist adtonita (verzückt); aber nicht unpassend wird das Epitheton demjenigen Körperteile zugefügt, in dessen Thätigkeit sich die Verzücktheit offenbart; vgl. II 610: vaesanis ictibus.

Nicht

539. novissima verba die letzten Worte, da sie vor Angst zu sterben meint. Vgl. Catull. 64, 130: atque haec extremis maestam dixisse querelis (vgl. Prop. III 7, 55). Verg. Aen. IV 650: dixitque novissima verba.

540. Vgl. Ov. met. III 39: sanguisque relinquit corpus et attonitos subitus tremor occupat artus.

541. Μιμαλλόνες heissen die Bacchantinnen. Die Etymologie des Wortes ist ungewiss, wahrscheinlich mit μáw, auά zusammenhängend. Vgl. Athen. ν 198: μετὰ δὲ ταῦτα Μακέται, αἱ

καλούμεναι Μιμαλλόνες, καὶ Βασσάραι καὶ Λυδαί, κατακεχυμέναι τὰς τρίχας καὶ ἐστεφανωμέναι τινὲς μὲν ὄφεσιν, αἱ δὲ μίλαξι καὶ ἀμπέλῳ καὶ κισσῷ. Stat. Theb. IV 660. Strab. X 468 c. Die Form Mimallonides kommt meines Wissens sonst nicht vor. Das adj. Mimalloneus hat Nero bei Persius (1, 99: torva Mimalloneis implerunt cornua bombis).

542. leves Hes. fr. 129 Goettl." (bei Strabo X 471): καὶ γένος οὐτιδανῶν Σατύρων καὶ ἀμηχανουργῶν.

543. Natürlich darf auch die höchst ergötzliche Figur des Silenus nicht fehlen. Σειληνός gilt als Erzieher und Lehrer des Dionysos, ist dann sein treuer Begleiter. Pind. fr. 156 (57). Diod. Sic. IV 4,3: φασὶ δὲ καὶ παιδαγωγὸν καὶ τρομέα συνέπεσθαι κατὰ τὰς στρατείας αὐτ τῷ Σειληνόν, εἰςηγητὴν καὶ διδάσκαλον γινόμενον τῶν καλλίστων ἐπιτηδευμάτων καὶ μεγάλα συμβάλλεσθαι τῷ Διονύσῳ πρὸς ἀρετήν τε καὶ δόξαν. Hor. AP. 239: custos famulusque dei Silenus alumni. Er erscheint dann als wunderbares Gemisch von Trunkenheit und heiterer Lebensweisheit, ist yéowv, senior (Ov. fast. I 399), senex (ib. III 745), natürlich auch kahlköpfig (ib.) und stets betrunken (Verg. ecl. 6, 15: inflatum hesterno venas ut semper Jaccho). Er reitet auf einem Esel (Luc. deor. conc. 4. Bacch. 4 und sonst oft), dessen Rücken sich unter seiner Last biegt (daher pando asello). Ewig lüstern (Ov. fast. I 413: te quoque, inextinctae Silene libidinis, urunt: nequitiast, quae te non sinit esse senem) ist er hinter den Bacchantinnen her, die vor dem hässlichen Alten fliehen und doch wieder kommen, um ihn zu necken. Mancherlei liesse sich noch anführen, vgl. im allgemeinen Ov. met. IV 25: Bacchae Satyrique sequuntur, quique senex ferula titubantes ebrius “artus sustinet aut pando non fortiter haeret asello. fast. I 399.

545. Höchst humoristisch ist die

550

Quadrupedem ferula dum malus urget eques, In caput aurito cecidit delapsus asello:

Clamarunt Satyri 'surge age, surge, pater!' Iam deus in curru, quem summum texerat uvis, Tigribus adiunctis aurea lora dabat: Et color et Theseus et vox abiere puellae

Terque fugam petiit terque retenta metust; Horruit, ut sterilis agitat quas ventus aristas, Ut levis in madida canna palude tremit.

edle Reitkunst (arte) des alten Silen geschildert. Trotzdem er sich an der Mähne mit Todesangst festklammert (pressas), sitzt er doch kaum und während er in lüsterner Gier hinter den Mädchen her sein edles Tier antreibt, fällt er natürlich von Meister Langohr herunter auf die Glatze. Vgl. Ov. fast. III 755: ille cadit praeceps et calce feritur aselli inclamatque suos auxiliumque rogat. Concurrunt satyri turgentiaque ora parentis rident; percusso claudicat ille genu. Ridet et ipse deus limumque inducere monstrat, hic paret monitis et linit ora luto.

546. ferula, vάons (Hes. theog. 567) dient dem Silen, seinen Esel anzutreiben, vgl. auch met. IV 26. Bekanntlich diente die ferula in den Schulen auch als Rohrstöckchen, vgl. Juv. I 1, 15. Mart. X 62, 10: ferulaeque tristes, sceptra paedagorum; auch Sklaven wurden damit gestraft, s. Hor. sat. I 3, 120.

547. auritus ist leichterklärliches Beiwort des Esels, vgl. am. II 7, 15: auritus miserandae sortis asellus; sonst heisst auch der Hase so, Verg. georg. I 308. Vgl. Fest. p. 8: auritus a magnis auribus dicitur ut sunt asinorum et leporum, alias ab audiendi facultate.

550. Zu dem Auftreten des bacchischen Zuges, wie er hier von 537-564 geschildert ist, giebt es viele Parallelen; besonders zu vergleichen ist, (ohne dass bestimmte Reminiszenzen vorlägen) Catull. 64, 251 ff: at parte ex alia florens volitabat Jacchus cum thiaso Satyrorum et Nysigenis Silenis, te quaerens, Ariadna, tuoque incensus amore; quae tum alacres passim lymphata mente furebant, euhoe bacchantes euhoe capita inflectentes. Harum pars tecta quatiebant cuspide thyrsos, pars e divolso iactabant membra iuvenco, pars sese tortis serpentibus incingebant, pars ob

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scura cavis celebrabant orgia cistis, orgia quae frustra cupiunt audire profani; plangebant aliae proceris tympana palmis aut tereti tenuis tinnitus aere ciebant, multis raucisonos efflabant cornua bombos barbaraque horribili stridebant tibia cantu. Wie Ariadnes Trauer war auch ihre Vereinigung mit Dionysos häufig ein Gegenstand der bildenden Kunst; vgl. O. Jahn, archäol. Beiträge S. 251-299. Pauly, Realencykl. Io 1550 A (jetzt II 809 ff.). Auf einer Vase von Volci ist Theseus von Athena geführt und Dionysos Ariadne umarmend' zusammen dargestellt; ein Gemälde mit beiden Scenen schildert auch Philostr. imag. 1, 26." Riese zu Catull. 64, 251.

551. Die göttliche Schönheit des Dionys lässt den Theseus aus ihrem Gedächtnis schwinden. Fast. III 461: iam bene periuro mutarat coniuge Bacchum.. sorte tori gaudens `quid flebam rustica? dixit: utiliter nobis perfidus ille fuit.

551-554. Die Angst der Ariadne vor dem Glanz der ungeahnten göttlichen Erscheinung wird zunächst an zwei äusseren Symptomen (color, vox) geschildert, dann an dem Widerspruch ihres Handelns: wiederholt will sie fliehen, wiederholt hemmt die Angst ihren Fuss; schliesslich an zwei Gleichnissen.

552. Die Dreizahl ist in solchen Fällen beliebt. Vgl. Ov. met. VII 324. VIII 51. X 279. Hor. sat. II 1, 7. Vor allem bei heiligen Handlungen, Beschwörungen etc. war die Dreizahl üblich, worüber Horaz spottet (ep. I 1, 36). Vgl. darüber Voss zu Verg. ecl. 8, 73, die Erklärer zu Theocr. 2, 43. 6, 39 etc.

554. Daher Ov. met. VI 326: tremulis circumdata cannis.

palude] canna palustris met. IV 298. VIII 631.

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