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Vir prior accedat, vir verba precantia dicat:
Excipiat blandas comiter illa preces.
Ut potiare, roga: tantum cupit illa rogari;

Da causam voti principiumque tui!
Iuppiter ad veteres supplex heroidas ibat:
Corrupit magnum nulla puella Iovem.

715 Si tamen a precibus tumidos accedere fastus
Senseris, incepto parce referque pedem!
Quod refugit, multae cupiunt, odere, quod instat:
Lenius instando taedia tolle tui!

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Nec semper Veneris spes est profitenda roganti :
Intret amicitiae nomine tectus amor.

Hoc aditu vidi tetricae data verba puellae:

Qui fuerat cultor, factus amator erat.

Candidus in nauta turpis color: aequoris unda
Debet et a radiis sideris esse niger;

725 Turpis et agricolae, qui vomere semper adunco Et gravibus rastris sub Iove versat humum;

714. Höchst launiger Vers: Der grosse Juppiter wartete nicht erst ab, bis ihn ein Mädchen verführte, sondern Sachlich lässt sich vergleichen Theocr. 8, 59: ω πάτερ, ὦ Ζεῦ, οὐ μόνος ἠράσθην· καὶ τὸ γυναικοφίλας (vgl. Kallim. AP. XII 230).

715. Wenn deine Bitten auf hochmütige Sprödigkeit stossen, dann ziehe dich zurück, dann wird sie schon wollen. fastus ist das eigentliche Wort für weibliche Sprödigkeit (vgl. zu ars III 511), die hier mit Hochmut (tumidos) gepaart ist, weil das Mädchen den Verehrer als supplex sieht; das wird aber anders, wenn er pedem refert.

717. Klingt sprichwörtlich. Schon bei Sappho 1, 21: καὶ γὰρ αἱ φεύγει, ταχέως διώξει. Ter. Eun. IV 7, 43: novi ingenium mulierum: nolunt, ubi velis; ubi nolis cupiunt ultro. Erinnern kann man auch an Theokrit 6, 17: xai φεύγει φιλέοντα καὶ οὐ φιλέοντα διώκει.

718. instare bedeutet ein aufdringliches Bitten, zusetzen. Hor. sat. II 6, 39: 'si vis, potes' addit et instat.

719-722. Bisweilen empfiehlt es sich, die erotischen Absichten unter dem Deckmantel der Freundschaft zu verbergen.

723-738. Elfte Anweisung. Du musst als Liebender die richtige Gesichtsfarbe haben. Wie dem Seemann,

dem Bauer und dem Wettkämpfer die weisse Hautfarbe schlecht anstehen würde, sondern man schon an ihrem sonnenverbrannten Antlitz auf ihre Thätigkeit schliessen will, so muss der Liebende bleich sein. Das ist der color aptus amanti, wie er durch erotische Grössen der Mythologie ein für allemal eingebürgert ist, das ist die Farbe, wie sie zu dem anstrengenden Liebesdienste passt. Ueberhaupt muss ein klägliches etwas dein Aeusseres kennzeichnen, damit man deinen Seelenzustand sofort vom Gesichte ablesen kann.

724. sidus xar' ¿žoxv bezeichnet die 'Sonne', wie sidera 'Sonne und Mond'. Vgl. met. IX 286: decimum premeretur sidere signum. Mehr bei Vulpius zu Tib. II 1, 46 und Burmann zu Verg. Aen. II 154.

725. semper ιλλομένων αρότρων Tos els étos Soph. Ant. 340. Zum ganzen Distichon vgl. met. II 286: adunci vulnera aratri rastrorumque fero. Man beachte die Wahl der Attribute: Dass vomer das Beiwort 'aduncus' erhält, ist freilich nur malender Zusatz, aber wenn die Karste 'schwer' heissen, so veranschaulicht dies die Mühseligkeit der Arbeit ebenso, wie 'sub love' sofort die Vorstellung von der versengenden Wirkung der Sonnenstrahlen in uns erweckt, worauf gerade es hier ankommt.

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Et tua, Palladiae petitur cui palma coronae,
Candida si fuerint corpora, turpis eris:
Palleat omnis amans! hic est color aptus amanti;
Hoc decet: hoc stulti non valuisse putent!
Pallidus in Side silvis errabat Orion,

Pallidus in lenta Naide Daphnis erat.

727. Palladia corona ist ein Kranz aus Oelzweigen. Bei dem Streite der Pallas Athene und des Poseidon um den Besitz des attischen Landes hatte Pallas den Oelbaum erschaffen (Eur. Troad. 802 : γλαυκᾶς ἐλαίας πρῶτον ἔδειξε xladov. Apollod. III 178. Hdt. VIII 55. Bekannte Darstellung im westlichen Giebel des Parthenon); seit der Zeit ist der Oelbaum der Göttin heilig (Soph. OK. 695-706). Vgl. unten II 518. Der Vers meint die Kämpfer in den Olympischen Spielen, deren Sieg mit einem Oelkranze ausgezeichnet wurde; Paus. VIII 48, 2: ἐν μὲν δὴ Ὀλυμπία κοτίνου τῷ νικῶντι δίδοσθαι στέφανον κτλ. palma steht hier wie so oft in übertragenem Sinne, und man darf nicht an die Verbindung des Oelkranzes mit einem Palmenzweige denken, von der Pausanias spricht, I. 1.: ἐς δὲ τὴν δεξιάν ἐστι καὶ πανταχοῦ τῷ νικῶντι ἐστιθέ uevos gotris (vgl. Hor. carm. IV 2, 18). Dass griechische Spiele genannt werden, daran wird man hier ebensowenig Anstoss nehmen wie bei Hor. carm. I 1, 5. Als die berühmtesten stehen die Olympischen typisch für Wettspiele überhaupt.

729. Die blasse Farbe der Liebe kennt schon Sappho 1, 14: xìwootέoa δὲ ποίας ἐμμί. Long. I 17: χλωρότερον τὸ πρόσωπον ἦν πόας θερινῆς. Ov. her. 3, 141 u

0.

731f. Zwei mythologische Beispiele sollen die Richtigkeit der eben gegebenen Lehre beweisen. Das Distichon bietet der Kritik und Exegese grosse Schwierigkeiten, vgl. den Anhang.

731. Apoll. I 25: oiros (sc. Orion) (πρώτην) μὲν ἔγημε Σίδην, ἣν ἔρριψεν εἰς Αΐδου περὶ μορφὴν ἐρίσασαν Ηρα,

in Side] Der Ablativ mit in bei pallidus, pallere und ähnlichen die Verliebtheit bezeichnenden Ausdrücken ist den römischen Erotikern geläufig, Hier bezeichnet er die Person, in die jemand verliebt ist (vgl. Prop. I 13, 7: perditus in quadam tardis pallescere curis incipis, vgl. III 8, 28), sonst auch die Ursache der Erscheinung, oder das Ge

biet, auf dem sie sich äussert, s. Rothstein zu Prop. I 3, 44.

732. Es ist schwer, aus den verschieden überlieferten Formen der Daphnissage die richtige Beziehung herauszufinden.

Daphnis ist der Sohn des Hermes und einer Nymphe (Parthen. 29. Diod. Sic. IV 84. Aelian. var. hist. X 18). Aus Theokr. I ist bekannt, wie sich der schöne Hirte dem Dienst der jungfräulichen Artemis widmete und sich vermass, der Gewalt der Kypris nicht unterliegen zu werden. Darüber ergrimmte die beleidigte Göttin und flösste ihm heisse Liebe zu einem Mädchen ein. Er aber versuchte die Leidenschaft zu bezwingen, unterlag aber, schmachtete dahin und verschied zum Leidwesen der Nymphen und Musen. Darauf könnte sich unser Ovidvers zur Not beziehen, vgl. Theokr. 66: Jaqvis étázeto, 78. 82. Indessen wäre das Beispiel recht unpassend, da ja Daphnis nur sehr widerwillig der Liebe nachgiebt und mithin von einem pallere im Sinne Ovids nicht Rede sein kann. Mit der Form der Sage, wie sie z. B. bei Parthenius 29 erzählt wird (vgl. dazu die kurze Erwähnung bei Ov. met. IV 276), ist in unserem Zusammenhange nichts anzufangen. Man wird vielleicht auszugehen haben von Theokr. 8. 92: κἐκ τούτω πρᾶτος παρὰ ποιμέσι Δάφνις ἔγεντο, καὶ Νύμφαν ἄκρηβος ἐὼν ἔτι Ναΐδα γαμεν. Daphnis und Menalkas hatten mit einander einen Wettgesang veranstaltet, in dem Daphnis siegte: darauf bezieht sich z Totw. Wir haben also hier eine Andeutung auf die Liebe des Daphnis zu einer Najade (ruga Nats: siehe unten). In diesen Zusammenhang wird nun wohl auch unser Ovidvers gehören, und man wird annehmen müssen, dass in einer uns nicht mehr bekannten alexandrinischen Quelle diese Liebe erzählt war, wo dann wahrscheinlich der Liebeskummer des Daphnis, ehe er Erklärung fand, einen breiten Raum in der Schilderung einnahm, aus der Ovid das

Arguat et macies animum, nec turpe putaris
Palliolum nitidis inposuisse comis!

735 Attenuant iuvenum vigilatae corpora noctes
Curaque et, in magno qui fit amore, dolor.
Ut voto potiare tuo, miserabilis esto,

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Ut qui te videat, dicere possit 'amas'.

Conquerar, an moneam mixtum fas omne nefasque? Nomen amicitiast, nomen inane fides.

Ei mihi! non tutumst, quod ames, laudare sodali! Cum tibi laudanti credidit, ipse subit. 'At non Actorides lectum temeravit Achillis;

für seinen Zweck passende Symbol der Liebe, das pallere, herübernahm. Möglich wäre natürlich auch, dass unsere Stelle auf einer ungenauen Reminiszens Ovids beruht. Wenn nun lenta überliefert ist, so ist kein Grund zu ändern. Es bedeutet 'spröde' und giebt somit den Grund an, warum Daphnis pallidus ist. Der Name der Najade (vgl. schol. Theocr. 8, 93: ἱστοροῦσι γὰρ αὐτὸν ὑπό τινος ἀγαπηθῆναι, ἣν Σωσίθεος Θάλειαν zalez) ist entbehrlich, wo es dem Dichter nur darauf ankommt, ein allgemein giltiges Liebessymbol auch an Daphnis nachzuweisen. Auch bei Theokrit ist der Name nicht genannt, denn das Nouga Nais einfach aufzufassen ist als 'eine Nymphe, und zwar eine Najade', scheint nach bekanntem Sprachgebrauch sicher. Vgl. Hom. II. II 21: ous note Νύφη Νης Αβαρβαρξη τέκε. XIV 444. Apollod. ΙΙ 190: Εριχθόνιος Πραξιθέαν Νίδα Νύμφην ἔγημεν.

733. macies, ein weiteres in der Erotik häufiges Symbol der verzehrenden Liebe. Bekannte Stelle bei Theocr. 2, 83: τὸ δὲ κάλλος ἐτάκετο. 88: καί μευ χρὼς μὲν ὁμοῖος ἐγίνετο πολλάκι θάψω, ἔρρευν δ ̓ ἐκ κεφαλᾶς πᾶσαι τρίχες, αὐτὰ δὲ λοιπὰ ὀστί ἐπ ̓ ἧς καὶ δέρμα. Vgl. den häufigen Gebrauch von τýzɛodαi (z. B. Theocr. 1, 66. 7, 76 von Daphnis: eute or as τις κατετάκετο μακρὸν ὑφ ̓ Αἶμον κτλ).

734. Das Verhüllen des Hauptes ist ein bekanntes Symbol von Trauer und Schmerz, vgl. Plut. quaest. Roman. 14; hier soll es den Schmerz der von Liebespein gequälten Seele andeuten.

nitidis von Salböl duftig, nach bekannter Sitte; Hor. carm. I 4, 9: nunc decet aut viridi nitidum caput impedire myrto.

735. vigilatae, den Grund bringt

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der folgende Vers. Mit Unruhe auf nächtlichem Lager beginnen die Leiden" Ribbeck, RD. II2 179. Dazu z. B. Theokr. 30, 6: τάχα δ' οὐδ ̓ ὅσον ὕπνω ἐπιτύχην ἔσσετ' ἐρωία. Ov. amor. I 2, 1: esse quid hoc dicam, quod tam mihi dura videntur strata, necque in lecto pallia nostra sedent, et vacuus somno noctem, quam longa, peregi, lassaque versali corporis ossa dolent? Catull 50, 10 etc.

739-754. Zwölfte Anweisung. Sei vorsichtig, sprich nicht zu deinen treuen Freunden von deiner Liebe, damit du nicht Grund hast, eifersüchtig zu werden. Du kommst mit Beispielen aus der Mythologie, die das Gegenteil beweisen sollen? Eitler Thor! weisst du nicht, dass gerade das Unrechte erfreut, dass jeder nur an Befriedigung seiner Begierden denkt, auch auf Kosten des Freundes? Nicht fremde Feinde hast du zu fürchten, hüte dich vor denen, denen du am meisten traust, vor Verwandten und Freunden.

743-746. Ein fingierter Einfall (at) des Lesers, der an drei mythologischen Beispielen lauterster Freundestreue nachweisen will, dass Ovids Warnung doch gar zu ängstlich sei.

743. Erstes Beispiel: Achilles und Patroklos. Actorides ist Patroklos als Enkel des Aktor: II. XI 785. Pind. Ol. 9, 69: υἱὸν δ ̓ Ακτορος ἐξόχως τίμασεν ἐποίκων Αἰγίνας τε Μενοίτιον· τοῦ παῖς ἅμ' Ατρείδαις Τεύθραντος πεδίον μολὼν ἔστα σὺν Ἀχιλλεί. Des Patroklos und Achilles treue Freundschaft ist seit Homer berühmt. Pind. Ol. 10, 19. Xen. symp. 8, 31. Luc. Tox. 10. Ov. trist.

19, 29: quae fuit Actoridae cum magno semper Achille, laudari solita est йectoris ore fides.

Quantum ad Pirithoum, Phaedra pudica fuit;
745 Hermionam Pylades, qua Pallada Phoebus, amabat,
Quodque tibi geminus, Tyndari, Castor, erat.'
Siquis idem sperat, iacturas poma myricas
Speret et e medio flumine mella petat!

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Nil nisi turpe iuvat: curae sua cuique voluptas;
Haec quoque ab alterius grata dolore venit.
Heu facinus! non est hostis metuendus amanti;
Quos credis fidos, effuge: tutus eris.
Cognatum fratremque cave carumque sodalem:
Praebebit veros haec tibi turba metus.

755 Finiturus eram; sed sunt diversa puellis

744. Zweites Beispiel: Theseus und Pirithous. Sinn: Pirithous hat seines Freundes Theseus Gemahlin Phädra nicht verführt. Phädra: zu 338. Пapidoos, der Sohn des Ixion, Lapithenfürst, bekannt durch seine Hochzeit mit Hippodameia, während welcher der grosse Kampf der Lapithen und Kentauren stattfand (zu 593). Sprichwörtlich war die Πειρίθου καὶ Θησέως φιλoževia (Apost. 14, 19: II p. 611). Soph. OK. 1594. Paus. X 29, 30: Oŋoéws dè καὶ Πειρίθου τὴν λεγομένην φιλίαν κτλ. Xen. 1. 1. Luc. 1. 1. salt. 60. Charid. 16.

745f. Drittes Beispiel: Orestes und Pylades. Pylades liebte die Hermione, die Gemahlin seines Freundes Orestes, mit nur schwesterlicher Liebe, ohne ihr nachzustellen.

Hermione, die Tochter des Menelaus und der Helena (Hom. Od. IV 14), zunächst die Gemahlin des Neoptolemos, dann des Orestes (vgl. Eurip. Andromache). Hermione wird als überaus liebreizend geschildert, vgl. Hom. Od. IV 13: παιδ ̓ ἐρατεινήν, Ερμιόνην ἢ εἶδος ἔχε χρυσέης Αφροδίτης. Wurde

doch um ihretwillen Neoptolemos durch Orestes getötet (Eur. Andr. 1058 ff.). Um so passender ist aber gerade hier das Beispiel: trotzdem sie so begehrenswert war, hat Pylades doch seinem Freunde die Treue gewahrt und dessen Gattin nur mit der Liebe des Bruders geliebt.

In diesem Sinne erscheint hier an dritter Stelle der treue Freundschaftsbund zwischen Orestes und Pylades, der ebenfalls sprichwörtlich und weltberühmt geworden ist: vgl. Xen. symp. 8, 31. Luc. am. 47. Cic. de am. 7, 24. Them. 22, p. 269, u. s.

Um die reine Liebe des Pylades zur Hermione recht deutlich zu bezeichnen, sagt der Dichter erst: er liebte sie wie Phoebus die Pallas liebt, und dann er war ihr das, was der Helena Castor war, d. h. eben nur Bruder.

746. Tyndaris ist Helena als Tochter des Tyndareos (Eur. Hel. 614 etc.; oft bei Ovid, in der ars nicht wieder, aber z. B. amor. II 12, 18. her. 5, 91. 15, 100. 306. 16, 118).

747 f. Die Antwort Ovids auf den fingierten Einwand besteht in einem ironischen ἀδύνατον: wer auf eine solche Treue hofft, der kann mit demselben Rechte das allerunmöglichste erwarten, dass z. B. die Tamarisken Obst tragen, oder dass der Fluss von Honig fliesst. Ueber das αδύνατον vgl. zu 271.

747. myrica (tamarix gallica L.), ein strauchartiges Gewächs, das am Wasser gedeiht, in der ars noch III 691, wo sie fragilis heisst (vgl. met. X 97: tenuesque myricae). Vgl. Voss zu Verg. ecl. 4, 2. Zu dem hier gebrauchten adúvatov vgl. Theokr. 1, 132: vvv día μὲν φορέοιτε βάτοι, φορέοιτε δ ̓ ἄκανθαι, ὰ δὲ καλὰ νάρκισσος ἐπ' ἀρκεύθοισι κομάσαι, πάντα δ ̓ ἔναλλα γένοιτο, καὶ ὁ πίτυς ὄχνας ἐνείκαι, Δάφνις ἐπεὶ θνάσκει, καὶ τὼς κύνας ὤλαφος ἕλκοι, κἐξ ὀρέων τοὶ σκώπες ἀηδόσι δηρίσαιντο. Vergils Nachbildung ecl. 8, 51-58, zumal aurea durae mala ferant quercus, narcisso floreat alnus, pinguia corticibus sudent electra myricae.

755-770. Dreizehnte Anweisung. Du musst die Verschiedenheit der weiblichen Gemüter bedenken. Wie in der Natur verschiedenes an verschiedenem Platze frommt, so muss der Liebhaber eine Proteusnatur sein und seine

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Pectora: mille animos excipe mille modis!
Nec tellus eadem parit omnia: vitibus illa

Convenit, haec oleis; hic bene farra virent.
Pectoribus mores tot sunt, quot in orbe figurae:
Qui sapit, innumeris moribus aptus erit:
Utque leves Proteus modo se tenuabit in undas,
Nunc leo, nunc arbor, nunc erit hirtus aper.
Hic iaculo pisces, illic capiuntur ab hamis,
Hic cava contento retia fune trahunt.

765 Nec tibi conveniet cunctos modus unus ad annos:
Longius insidias cerva videbit anus;

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Si doctus videare rudi petulansve pudenti,
Diffidet miserae protinus illa sibi.

Inde fit, ut quae se timuit committere honesto
Vilis in amplexus inferioris eat.

Pars superat coepti, pars est exhausta laboris
Hic teneat nostras ancora iacta rates.

Methode individuell einrichten, wie der Fischer seine Beute bald mit dem Spiess, bald mit der Angel, bald mit dem Netze fängt. Auch das verschiedene Alter der erhofften Beute fordert verschiedene Methode.

757. Vgl. Verg. ge. II 109: nec vero terrae ferre omnes omnia possunt. 759. Bekanntes Sprichwort, dessen Quelle bei Hom. Od. XIV 228 zu suchen ist. Vgl. Philemon fr. 89 (II 504 K.): ἡμῶν δ ̓ ὅσα καὶ τὰ σώματ ̓ ἐστὶ τον αριθμὲν καθ ̓ ἑνός, τοσούτους ἔστι καὶ τρόTovs idelv. Ter. Phorm. II 4, 14 (454): quot homines tot sententiae.

761. Seit Homer ist die Gestalt des „weissagenden Meerkobolds" Proteus, der sich in alles verwandeln konnte ὅσσ ̓ ἐπὶ γαῖαν ἑρπετὰ γίγνονται, καὶ ὕδωρ xai Feonidaès nuo (Od. IV 418) eine in der Poesie häufig wiederkehrende typische Figur. Hom. Od. IV 456: ἀλλ ̓ ἦ τοι πρώτιστα λέων γένετ' ἠυγένειος, αὐτὰρ ἔπειτα δράκων καὶ πάρδαλις ἠδὲ μέγας συς· γίγνετο δ ̓ ὑγρὸν ὕδωρ καὶ Sévdosov vчinétηhov. Verg. ge. IV 407: fiet enim subito sus horridus atraque ti

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gris squamosusque draco et fulva cervice leaena aut acrem flammae sonitum dabit atque ita vinclis excidet, aut in aquas tenuis dilapsus abibit. Ov. met. VIII 732 ff. Daher heisst er ambiguus (met. Il 9) und voltus mutans (Hor. ep. I 1, 90, vgl. sat. II 3, 71 ff.).

leves, leichtflüssig' entspricht dem homerischen vyoòv idwo und veranschaulicht gut die Schwierigkeit, ihn festzuhalten; ebenso se tenuabit, und auch hirtus aper.

763. iaculum ist ein 'Wurfnetz', vgl. Auson. ep. 4, 56 (p. 247 Peiper). Plaut. asin. 100: venari retei iaculo in medio mari.

ab hamis] Ueber den Ablativ mit a, wo die Prosa den ablativus instrumenti setzen würde, vgl. Rothstein zu Prop. I 16, 14.

μέγα δίκτυον ἐς βόλον ἕλκει.
764. trahunt] vgl. Theokr. 1, 40:

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766. cerva] nicht ohne Nebensinn, vgl. zu v. 89. Der Ausdruck ist sprichwörtlich, vgl. Otto, Sprichwörter etc. sub lupus 7.

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