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lich aber über die Entstehung des ruhenden Kerns, ist es vor allem die Lehre von der Kernteilung, welche durch das Werk VAN BENEDEN's in der bedeutendsten Weise gefördert worden ist. Indem der belgische Forscher zum ersten Mal für tierische Zellen und unabhängig von der kurz vorher erschienenen, pflanzliche Zellen behandelnden Arbeit HEUSER'S 1) auf das überzeugendste den Nachweis führte, daß von den beiden Tochterelementen, welche aus der von FLEMMING entdeckten Längsspaltung der Chromatinschleifen hervorgehen, jedes einer anderen der beiden Tochterzellen zu teil wird, war nach einer Richtung hin gewissermaßen der Schlußstein in das Gebäude unserer Erkenntnis des karyokinetischen Prozesses eingefügt; die Schicksale der chromatischen Substanz von der Vorbereitung eines Kerns zur Teilung bis zur Rekonstruktion der beiden Tochterkerne waren klar gestellt, und damit war nicht nur der Zweck der komplizierten Form- und Lageveränderungen der chromatischen Elemente bis zu einem gewissen Grade dem Verständnis erschlossen, sondern überdies eine sichere Grundlage für das Vererbungsproblem geschaffen, auf der in rascher Folge wesentlich übereinstimmende Theorien von verschiedener Seite aufgebaut werden konnten.

Aber noch in einer zweiten Richtung verdankt die Lehre von der karyokinetischen Teilung dem Buche VAN BENEDEN'S eine sehr wichtige Bereicherung. Dadurch, daß VAN BENEDEN zu dem Resultat gelangte, die Spindelfasern seien nicht kontinuierlich von einem Pol zum andern ausgespannt, sondern beständen aus zwei Hälften, die sich jederseits an die zur Äquatorialplatte vereinigten chromatischen Elemente festheften, und indem er weiterhin die Bewegung der Tochterelemente auf eine Kontraktion dieser Fädchen zurückführte, hat er meines Erachtens den ersten richtigen Schritt zur Erklärung der Teilungsmechanik gethan, was um so mehr zu bewundern ist, als seine Präparate, nach den Zeichnungen (Pl. XIX.) zu urteilen, von den achromatischen Strukturen nur sehr wenig, jedenfalls viel weniger als manche schon früher veröffentlichte Abbildungen erkennen lassen, und somit die Vorstellungen, zu denen VAN BENEDEN gelangt ist, nur durch scharfsinnige Kombinationen erschlossen sein können. In diesem Mangel eines direkten Beweises für seine Angaben scheint mir der Grund zu liegen, warum dieselben von allen Autoren, welche nach ihm

1) E. HEUSER, Über Zellkernteilung. 1884, No. 1-5.

Botanisches Centralblatt

an der Erforschung der Teilungsmechanik gearbeitet haben, vollständig ignoriert werden konnten.

Bekannt sind die Ergebnisse, zu denen VAN BENEDEN durch das Studium des Ascarideneies in betreff der Eireifung und Befruchtung geführt worden ist. Wenn auch, wie ich im ersten Heft dieser Studien nachgewiesen zu haben glaube, seine Lehre von der Richtungskörperbildung samt ihren Konsequenzen als verfehlt zu bezeichnen ist, kann auf der anderen Seite gegen die in seinem Werke niedergelegten Angaben über die Befruchtungsvorgänge ein begründeter Zweifel nicht erhoben werden, vielmehr sind dieselben als dauernde Errungenschaften von hervorragendem Wert dem sicheren Schatz der Thatsachen einzureihen.

Neben den wertvollen Aufschlüssen, welche wir VAN BENEDEN über die Schicksale der einzelnen Bestandteile des Samenkörpers im Ei verdanken, ist es vor allem die Entdeckung, daß Ei- und Spermakern nicht als sog. ruhende Kerne miteinander verschmelzen, sondern daß erst in der Spindel die aus einem jeden hervorgehenden zwei Chromatinschleifen mit denen des anderen Kerns zusammenkommen, wodurch ein höchst bedeutsamer Fortschritt gegenüber den bis dahin ermittelten Thatsachen erreicht ward.

Muß es schon nach der Reihe von Bildern, die VAN BENEDEN in seinem Buche zur Illustration dieses Verhaltens gegeben hat, als in hohem Grade unwahrscheinlich bezeichnet werden, daß diese Bilder in einer von VAN BENEDEN'S Darstellung abweichenden Weise erklärt werden könnten, so darf wohl nach den seither von CARNOY (6), von mir (10, 16) und KULTSCHITZKY (22) gelieferten Bestätigungen und nach den Ausführungen, die sowohl von mir (16) als auch von VAN BENEDEN und NEYT (14) gegen die Angriffe von ZACHARIAS (9) geltend gemacht worden sind, die Frage als dahin erledigt betrachtet werden, daß VAN BENEDEN von Anfang an vollkommen im Rechte war. Überdies werde ich demnächst zeigen, daß nicht nur bei Ascaris megalocephala und, wie CARNOY (6) nachgewiesen hat, bei einigen andern Nematoden von den chromatischen Elementen der ersten Furchungsspindel die eine Hälfte rein männlich, die andere rein weiblich ist, sondern daß dieser Satz auch für andere Würmer (Sagitta), sowie für Vertreter der Cölenteraten (Tiara), Echinodermen (Echinus), Mollusken (Pterotrachea, Carinaria, Phyllirhoë) und Tunicaten (Cionia) Geltung hat und damit wohl den Wert eines allgemeinen Gesetzes beanspruchen darf.

Die Wichtigkeit dieses von VAN BENEDEN zuerst erkannten Verhaltens ist so vielfach erörtert worden, daß ich hier darüber hinweggehen kann und nur die eine, durch die Publikationen von O. ZACHARIAS veranlaßte Bemerkung anfügen möchte, daß O. HERTWIG, als er seine Befruchtungs- und Vererbungstheorie näher ausführte 1), die Resultate VAN BENEDEN'S nicht nur kannte, sondern auch anerkannte und sogar zur Begründung seiner theoretischen Betrachtungen verwertete.

Hat VAN BENEDEN Sonach durch seine Untersuchungen unsere Einsicht in das Leben der Zelle um eine Reihe fundamentaler neuer Thatsachen bereichert, so sehe ich einen kaum geringeren Wert seines Werkes in der erstaunlichen geistigen Durchdringung des Stoffes, in der Art und Weise, wie VAN BENEDEN jedes scheinbar unbedeutende Detail beachtet, eines mit dem anderen kombiniert, wie er jede Beobachtung von allen Seiten beleuchtet und nach allen Richtungen verfolgt und wie er so einer jeden Erscheinung einen neuen Gedanken abzugewinnen weiß. Wie vieles hiervon auch durch spätere Untersuchungen anders gestaltet werden mag, das Buch enthält eine Fülle von neuen Fragen und Ideen, und ich gestehe gern, wie viel Anregung und Belehrung ich gerade aus diesen Eigenschaften desselben geschöpft habe.

Daß auch nach der so äußerst sorgfältigen Durchforschung, welche VAN BENEDEN dem Ei des Pferdespulwurms hat angedeihen lassen, weiteren Untersuchungen noch ein fruchtbares Feld offen steht, das hat uns der belgische Forscher neuerdings selbst bewiesen, indem er, gemeinsam mit A. NEYT (11, 14), sowohl über die Genese der achromatischen Teilungsfigur, als auch über die Konstitution der Blastomerenkerne die Ergebnisse seiner ersten Abhandlung sehr wesentlich erweiterte.

In der gleichen Richtung hatte gleichzeitig ich selbst (10, 15) die in dem großen Werke VAN BENEDEN'S niedergelegten Resultate ergänzen können, und die in den beiden angeführten Mitteilungen kurz beschriebenen Befunde sollen nun im Folgenden ihre ausführ

1) O. HERTWIG, Das Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies, eine Theorie der Vererbung. Jena 1884.

liche Darstellung finden. Von den Hauptzielen, die ich dabei im Auge habe und zu deren Erreichung ich beitragen möchte, ist das eine die Erforschung der Konstitution des Kerns, die Geschichte der chromatischen Elemente.

Bekanntlich hat RABL1) durch seine mit bewunderungswürdiger Ausdauer und Beobachtungskraft angestellten Untersuchungen die Aufmerksamkeit auf die merkwürdige Thatsache gerichtet, daß bei der Vorbereitung gewisser Kerne zur Teilung nicht nur die gleiche Zahl von Kernelementen auftritt, die in das Gerüst eingegangen war, sondern daß diese neuen Mutterschleifen überdies annähernd in der gleichen charakteristischen Gruppierung hervortreten, in welcher die Tochterelemente vor der Kernrekonstruktion zu einander gestellt waren.

Während nun RABL diese Entdeckung in der Weise verwertet, daß er jedem Kern einen auf die erkannte Anordnung gegründeten einachsigen Bau mit differenten Polen vindiziert, von dem aus er dann die Erscheinungen der Teilung als den denkbar einfachsten Modus erklärt, um die gleiche Konstitution auf die beiden Tochterkerne zu übertragen, halte ich, nach meinen Erfahrungen an anderen Kernen, das Fortbestehen einer bestimmten Fadengruppierung im ruhenden Kern an sich für etwas vollkommen Bedeutungsloses; ich betrachte dasselbe nicht als den Zweck, sondern nur als gleichgültige Folge der durch die Teilungsmechanik bedingten Anordnung der Tochterelemente und sehe die Bedeutung des RABL'schen Fundes vielmehr in der durch denselben, meines Erachtens, eröffneten Wahrscheinlichkeit, daß die chromatischen Elemente selbständige Individuen sind, die diese Selbständigkeit auch im ruhenden Kern bewahren.

Diese Anschauung suche ich an dieser Stelle auf zweierlei Wegen zu erweisen: einmal in der von RABL vorgezeichneten Richtung durch die Vergleichung des entstehenden mit dem zur Teilung sich anschickenden Kern, zweitens durch die Verfolgung des Schicksals von chromatischen Elementen, welche infolge von Verschleppung oder sonst wie als überzählige einem Kern zu teil geworden sind.

Die Bedeutung, welche ein solcher Nachweis individualisierter Kernelemente haben müßte, scheint mir eine doppelte zu sein. Einerseits würde sich daraus eine gewisse Aussicht auf die Kon

1) RABL, Über Zellteilung. Morpholog. Jahrbuch, Band X, 1885.

stitution der Zelle überhaupt ergeben, die Idee, daß die Zelle selbst wiederum aus noch elementareren Organismen zusammengesetzt sein könne, die sich zu ihr verhalten, wie sie selbst zum Metazoënleib; auf der anderen Seite wäre mit jenem Nachweis ein Postulat unserer Vorstellungen über die Vererbung erfüllt und dadurch der Vererbungstheorie eine neue Stütze eingefügt. Wenn nämlich die chromatische Kernsubstanz der Vererbungsträger ist und demgemäß die Ähnlichkeit eines Kindes mit seinen beiden Eltern auf der Zusammenführung väterlicher und mütterlicher Kernsubstanz im Ei beruht, so muß die Thatsache, daß die auf solche Weise hergestellte Qualitätenkombination in allen Organen des Kindes zur Geltung kommt, besonders aber der Umstand, daß diese Kombination in den symmetrischen Teilen der beiden Körperhälften in ganz identischer Weise sich ausprägt, die Annahme fordern, daß in allen Zellen des Körpers das gleiche Mengenverhältnis väterlicher und mütterlicher Kernsubstanz besteht, das im Ei bestanden hat. Und diese Forderung, die man sich allerdings in verschiedener Weise erfüllt denken könnte, wäre sofort zur Thatsache erhoben, wenn es sich herausstellte, daß das Gerüst eines jeden Kerns aus einer bestimmten Zahl selbständiger Elemente zusammengesetzt ist, von denen die eine Hälfte Nachkommen. der väterlichen, die andere Hälfte Abkömmlinge der mütterlichen Kernelemente des befruchteten Eies sind.

Endlich aber würde der Nachweis der Individualität der Kernelemente auch eine neue Forderung in sich schließen. Denn die Thatsache, daß die beiden im Befruchtungsakt sich vereinigenden Geschlechtszellen halb so viel chromatische Segmente enthalten als das befruchtete Ei, aus dem sie sich ableiten, würde verlangen, daß in irgend einer Keimzellengeneration eine Reduktion der Zahl der Kernelemente auf die Hälfte zustandekomme.

Bekanntlich ist WEISMANN 1) auf ganz anderer Grundlage zu einem ähnlichen Schluß geführt worden, und wenn ich mich auch seinen Anschauungen über den Zeitpunkt und die Art der Reduktion nicht anschließen kann, so gelange ich doch auch von meinem Standpunkte aus zu der von dem hochverdienten Forscher gezogenen bedeutsamen Konsequenz, daß durch die postulierte Reduktion bei einem und demselben Individuum eine (mit der Zahl der Kernelemente wachsende) Verschiedenheit der Geschlechts

1) Über die Zahl der Richtungskörper und über ihre Bedeutung für die Vererbung. Jena 1887.

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