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Zellen-Studien

von

Dr. Theodor Boveri,

Privatdozent an der Universität München.

Heft 3.

Über das Verhalten der chromatischen Kernsubstanz bei der
Bildung der Richtungskörper und bei der Befruchtung.

Mit 3 lithographischen Tafeln.

(Aus dem zoologischen Institut zu München.)

Jena,

Verlag von Gustav Fischer.
1890.

A

Die wichtige Frage, in welchem Verhältnisse Vater und Mutter zu der in der ersten Embryonalzelle vereinigten Menge von chromatischer Kernsubstanz beitragen, und in welche Beziehung die Chromatinteile beider Eltern hier zu einander treten, ist bekanntlich durch E. VAN BENEDEN (3) für das Ei von Ascaris megalocephala gelöst worden. VAN BENEDEN konnte nachweisen, daß bei diesem parasitischen Wurm die beiden Geschlechtskerne nicht miteinander verschmelzen, sondern daß die chromatische Substanz eines jeden Kerns sich in zwei, sowohl untereinander als mit denen des anderen Kerns gleiche Schleifen kontrahiert, die nun, ohne weiter in Beziehung zu einander zu treten, in die erste Furchungsspindel eingelagert und hier so halbiert werden, daß jede der beiden primären Furchungskugeln von jedem männlichen und von jedem weiblichen Chromatinkörper die eine Hälfte erhält. Damit war für diesen speziellen Fall das Problem, noch ehe es überhaupt aufgeworfen worden war, in der denkbar einfachsten Weise gelöst.

Auf die erste Frage: Wie verhalten sich väterliche und mütterliche Kernsubstanz in ihren Mengen und sichtbaren Qualitäten zu einander? lautet die Antwort: Sie sind vollkommen gleich, nicht nur in der absoluten Substanzmenge, soweit sich dies schätzen läßt, sondern auch was vielleicht nicht weniger wichtig ist in der Zahl, Struktur und Form der von jedem Kern gebildeten selbständigen Teilstücke, der Chromosomen1). Und die zweite Frage: In welche Beziehung treten die beiden Substanzen zu

1) Ich gebrauche fortan diese von WALDEYER (42) vorgeschlagene zweckmäßige Bezeichnung.

Boveri, Zellen-Studien III.

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