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bist Du auch hier bewundernswürdig, indem Du der Zeit nicht vorgreifst, und doch in der Knospe schon die künftige Blume ahnen lässest.

Heidelberg, 21. Oktober 1820.

Da haben wir ihn, den Sohn Deines Herzens, Du geliebter Jean Paul. Wie er uns gefällt, sag' ich Dir einmal hinter seinem Rücken. Und überall gefällt er; wär' er nicht zu fest, ich würde für seine Bescheidenheit fürchten. Aber die ist seine schöne Erbtugend; auch weiß er zu unterscheiden, wie ich ehemals, was ihm schönes und gefälliges gesagt wird, seinem Vater zu lieb und ihm selber zu lieb. Wohl war ich in meinen Studentenjahren stolz auf meinen Vater, aber nie eitel.

Die Stelle im Hesperus über Müllner ist höchst gerecht, und wie mild neben dem starken Urtheil über Dich selbst! - Armselige Wichte, die gleichwohl auf Rache sinnen, und dann Sache und Person, Äußeres und Inneres alles durch einander rühren! Der abscheulichste Ladel ist mir der, der mit Worten des Lobes ausgesprochen wird, so wie mir alle boshafte Ironie vom Teufel dünft. Die edle Ironie weiß ich zu schäßen, wie das beste.

Baireuth, 30. Oktober 1820.

Mein guter Heinrich! Habe Dank für Deine Briefe, ohne die ich ordentlich nicht recht mehr leben kann. Denn sie bringen mir so viel Neues an Sas chen und Gedanken und so viel Altes, nämlich Deine schöne Liebe. Lausend Dank sei euch allen für

die gegen meinen glücklichen Mar gesagt! Ach! mit seinem Viertels-Glück hätt' ich in meiner farblosen Jugend ein ganzes gehabt.

Schenkte doch Gott meinen „Doppelwörtern“ nur Einen tüchtigen, unparteiischen, wenn auch anders glaubenden Richter! Aber das Rezensierwesen ist jego wegen der Menge der Bücher eben so flach als unvollständig. froher, Alter, bin ich über Dein Versprechen - das aber bald halte, bitt' ich recht den Kometen wie

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Desto

ein Zach anzuzeigen. Auf Deines Vaters Büchelchen (gegen Perthes) freu' ich mich unsäglich, aus Lust an Sprache, Kraft und Sinn. Seine neulich wiedergelesene Recension der „grammatischen Gespräche von Klopstock" macht mich nach jeder deuts schen Seite von ihm und noch mehr nach seinem deuts schen Wörterbuche lüstern, das uns das verlorene von Lessing ersehen könnte.

Heidelberg, 27. November 1820.

Der Verleger will den Aristophanes drucken, und fodert kurze Noten unter dem Lert. Ferner will er schon jezt das ganze Manuscript haben. Nun muß ich den ganzen Lag arbeiten, fröhlich, wie sich versteht, denn die Arbeit zieht den Mann an, aber meinen Correspondenten muß ich scheinbar ungetreu werden

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Baireuth, 17. December 1820.

Mar genießt Dich und Deine herrlichen Eltern mit dankbarer Seligkeit, und erfreut sich am meisten über Deine Metrik- und Aristophanes - Vorlesungen. Mich wird der gedruckte Aristophanes beseligen und entschädigen. Denn es ist freilich ein Jammer für mich, daß mein „Komet“ erst so spät einen Sternseher und Kometensucher finden soll. Lasse ja alle Noten weg, die ein griechischer Laie machen könnte; die Meister lesen und meistern Dich; diese verzeihen kaum das Beste, geschweige das Gewöhnliche. Du bist aber wahrscheinlich der erste, der zu einem Shak speare solche Vorrede und zu einem Aristophanes solche Noten macht; und doch seßt das eine das andere wechselnd voraus. — Ach, wie nöthig wären mir im Fortspinnen des 3ten Theils scharfe Urtheile

über die 2 ersten, in Tadel und Lob! Ich habe hier niemand. Du jagst immer so sehr nach einem Re

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censenten für mich;

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Franz Horn, der in Berlin über mich liest, würde von der Windseite her, wo

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er nicht zu frånklich - christlich - weich und lau umweht, etwas passen. Lebe wohl! Habe und habt schönste Weihnachten. Solche Eltern wie Deine sind recht zu Gebern und Empfängern dieser Feier gemacht!

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Heidelberg, 6. April 1821.

Nur ein Lebenszeichen kann ich heute meinem theuren Jean Paul geben. Vor etwa 14 Tagen überfiel mich ein furchtbares Nasenbluten, das mich ganz entkräftete. Noch immer fühle ich eine Art von Mattigkeit, die mich nicht arbeiten läßt. Ich schone mich daher, denn zu Anfang Mai muß ich wieder kerngesund sein. Die Einsamkeit ist bis jezt meine liebste Freundin.

Baireuth, 13. April 1821.

Mein Heinrich! Welch ein stummes Jahr! Im mer wartete ich mit meiner Beantwortung Deines ersten Briefs auf Deinen zweiten, welchen mir, wie sonst, mein Geburtstag versprach. Gott gebe nur,

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daß Dein Nasenbluten nicht Vorlauf einer Krankheit

war.

Diesesmal komm' ich schon im Mai auf die Kunststraßen, die über - Heidelberg führen; wo ich aber hausen werde, ob in Mannheim, oder in Kreuznach oder in Carlsruhe, oder in allen nach und nach, werd' ich erst wissen, wenn ich zurückgekommen. Wie wohl soll mir's thun, nach so langer und stummer Unsichtbarkeit Dich vor meinen Augen und Ohren zu haben! Sind in Mannheim und Kreuznach Nachtigallen? Ihrentwegen und Göthe's we gen möcht' ich einmal nach Weimar, wenn dieses nicht auch ein Nachtigallenkirchhof jego wäre. — Auf die Noten zum Aristophanes freu' ich mich wenigstens eben so sehr als auf den Lert; denn durch jene wird mir erst dieser. Nach Deinen philologischen Streitschriften zu urtheilen, werden Deine aristophanischen sogar noch reicher ausfallen als Deine shakspearischen; denn Athen und dessen Zeit kennst Du doch am besten. — Deine Maskeraden- und HochzeitXenien *) sind allerliebst; und Du scheinst mir überhaupt — auch nach Deinen Briefen und Recensionen Deiner poetischen und satirischen Zeugkraft viel

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*) Einige können in einem späteren Hefte zur Probe mitgetheilt werden.

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