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Blumen und Kränze brachten und Abends jene von meinen Rockklappen wieder holten. In Einem Wagen fuhren einmal vier Dichter zugleich, Graf Kalkreuth, Graf Löwen, Baron Malsburg und ich. Mein alter Wolke reisete mir zur Freude von Leipzig an mein Herz.

Heidelberg, 3. Juli 1822.

Vielleicht zum erstenmal in meinem Leben hab' ich gezittert beim Empfange eines Briefes von Dir. Wie so gar lange schrieb ich nicht! Meine Liebe hascht nach keiner Entschuldigung, denn Gott und Du wis sen, daß Du, Theurer, mein täglicher Gedanke bist; wohl aber meine Trägheit. Kurz vor Ostern reiste ich nach Offenburg zum Bruder Hans, um dort die Ferien recht ungestört am Shakspeare zu arbeiten. Da foderte mich ein Brief nach Heidelberg zurück, mein Vater liege gefährlich darnieder. Erst nach fünf vollen Wochen gelang es der unermüdeten Sorgfalt unseres Conradi, die rechte Gesundheit Schritt vor Schritt herbeizuführen. Nachher, alter Jean Paul, bin ich selbst krank geworden, und noch nicht ganz genesen. Der rechte Appetit fehlt noch, und die Lust am Wein. Doch wird es nun, und ich lese Kollegien, und shakspearisire, und was ich vors

nehme alles mit Maß, nach Deiner und der Vers nunft Vorschriften - das gelingt.

Das lohne Gott den lieben Dresdnern, daß sie Dir frohe Lage schufen. Ich habe mir jedes Deiner Worte in ein Bild verwandelt.

Der Verfasser der unächten Wanderjahre macht mir am wenigsten Freude, wo er gegen Göthe Recht hat. Wahrlich alle Wahrheiten sind mit Schiefheis ten untermengt, die in der Umgebung auf mich als Lüge wirken. Ich verlange nicht Göthe's Vertheidigung, was die Lehrjahre und die Wahlverwandschaf ten betrifft; aber die ächten Wanderjahre, von der Composition abgesehn, sind sittlich und rein, und wie lehrreich unterhaltend. Die unächten sind die Langweiligkeit selbst. Ich hörte, der Verf. hieße Keßler, und machte folgendes Impromptu :

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Der Geßler schoß sich selber todt.

Nun höre ich, der Geßler heißt Pustkuchen.

W. Scott ist mir ein Wunder der Zeit. Durchs aus unterschreib' ich Dein Lob, das aus dem Munde dieses Lobers noch mehr Bedeutung gewinnt. Auch

von Scott kann man sagen, er ist, außer dem Dichter, noch weit mehr. Was Du über die „in Brüche zerstückte Einheit des Interesses" sagst, versteh' ich nicht recht. Wahrscheinlich dachtest Du an den Astrologen, der etwas durch Briefe zerrissen ist, und überhaupt als Composition nicht glänzt. Aber welche Personen enthält er! der alte Plydel ist nicht mit Gold zu bezahlen. Und was sagst Du zu Sampson, dem man unvermerkt immer ein neues Stück Kleid an den Leib legt, der das Fräulein in der „doppelten Buchhaltung“ unterrichtet; was zu MegMerrilis, und zu dem prächtigen Pachter mit den ganz entseßlich vielen Kindern?

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Baireuth, 6. August 1822.

Jeßo läßt mir wieder Dein Schweigen über das Schicksal des Kometen die Wahl unter trüben Vermuthungen; ob Deine Kränklichkeit sich nicht geho ben ob nicht der kleinere Werth des dritten Bandes Dir die Mittheilung Deines Urtheils erschwere

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ob nicht der Druck noch anstehe. Beruhige mich bald, Guter! - Lied wider welchen ich des glattzüngigen, alle shakspearischen Alpen nur umschiffenden, nicht ersteigenden Schlegels Überseßung verwarf gegen eure treudeutsche und deutschtreue,

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was Clodius schon gezeigt will eine neue Rezension Shakspeare's geben. Er glaubt an die unwahrs scheinlichste Möglichkeit, daß Shakspeare katholisch gewesen. Hoffmann hatte sich zuleht aus dem poetischen Wahnsinn in einen wirklichen hineingeschrieben. Sein Floh ist nicht wie der physische ein Miniaturelephant, sondern ein Insekt, das gutes Blut absaugt. Meine halbierte Gesundheit muß ich im Herbste -wegen des entschieden grimmigen Winters durch Gehen und Bluten restauriren wie einen alten Rock.

Heidelberg, 10. August 1822. (Lester Brief.)

Ich Böser mit meinem Schweigen! Aber ich bin gar nicht, wie ich sein soll, zu nichts aufgelegt, am wenigsten zur Freude. Eine große Mattigkeit sigt in meinem Körper, fein Hunger, wenig Schlaf, Efel gegen Fleisch, keine Lust am Wein u. s. w. Dagegen trink' ich meinen Krug Bier mit Brød und Zucker Nachmittags mit wahrer Gemüthsfreude. Arbeiten kann ich wenig, und das wäre schon gut, wenn das Faulenzen nur behagen wollte! - Nun, es wird gut werden, nur Geduld. Ich reise nach Kreuznach, sobald die Ferien da sind, und da hol' ich mir neue Lebenswärme.

Stark wird jest an meinem Heinrich IV gedruckt. Der, hoff' ich, hat Farbe und Leben. Ich habe noch zweimal vor dem Drucke daran gestimmt, und nach meinem Vermögen ihn rein gestimmt. Die Sprache des Humors hat mir am wenigsten Mühe gemacht.

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Verzeih dies wenige, Alter, edler Jean Paul. Ich kann heut nicht anders. Es ist doch ein Lebenss zeichen. Bald mehr von

Deinem recht treuen

Heinrich Voß.

Baireuth, 17. August 1822.

Mein herzlich geliebter Heinrich! Meine Bangigkeit vor Deinem Kranksein hat leider Recht gehabt. Leider weiß ich bei allen diesen bloßen Symptomen noch immer den Ort der Giftquelle nicht, wenn es nicht das Pfortadersystem ist. — Wie kann ich Dir für Deine Korrektor-Opfer unter Deinem Welt- und Schreibekel genugsam danken? Dies ist freilich mehr als blos Briefe schreiben, zumal da Du auch Transszendental-Korrektor dabei bist. Ich nehme alle Deine Vermuthungen und Leihungen als Geschenke an — hebe aber das Vergleichen für den Abdruck auf. Scott erscheint in seinem Piraten (in dem Geschicht, Bau ist er wahrer Künstler, wie in Charakteren

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