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Genius) als der größte und einzige Charakter-Schöpfer neuerer Zeit; und zwar im Individualisiren verwandter Charaktere (im Homer der tapfere), und was noch schwerer, im Schaffen und Individualisiren von Engeln. Minna im Piraten hat eine unbefleckte Empfängniß und ich bete sie an. Leider ist aber wieder die Einheit des Interesse gebrochen; anfangs hat es Mordaunt, zuleßt Cleveland. Lies doch die 5 kleinen Fahrten der Hammelburger Reise von Lang; Du erstaunst über die Fülle komischer Geburten, und ich beneide ihn oft. Fändest Du in der Rede Kains im 20sten Kapitel etwas zu ZYnisch; so änder' es gerade zu; denn Dein an Britten gewöhnter Geschmack würde gewiß nicht zu zärtlich Ärgerniß nehmen. - Die Eile drängt zum Schweigen. Der Winter schickt meinem Körper schon Vorboten. Ich werde ihn wenigstens nur mit Mühe überleben. Hätt' ich nur nicht noch so vielerlei den Menschen zu sagen! —

An Ernestine Voß.

Baireuth, 7. Februar 1823.

Verehrteste Frau! Eher als heute im alten Lodtenmonat fount' ich nicht an Sie schreiben

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aus Schmerz; denn mehr konnt' ich, wenn ich die

Meinigen abrechne, nicht verlieren als durch das Dahingehen meines Heinrich, dem ich schon die Fürforgen bei meinem Vorausgehen übertragen hatte. Ach Er und mein Mar liegen in meiner Seele in Einem Sarge; denn ich weiß, wie beide lieben konnten.

Wie viele andere Kräfte Ihr Heinrich auch hatte, Eine himmlische stralte und glühte in ihm allmächtig, die Johannes - Kraft der Liebe. Wie er Sie liebte, wie er seine Freunde liebte, dies weiß ich durch Schmerz und Freude. Auf der Erde erwart' ich niemand mehr, der mich zum zweiten male so liebt; and so darf wol noch mancher Freund von sich sagen. Seine Liebe war die eines Starken, die fest vertrauende, die fort opfernde, nicht die eines Weichlings zufälliger Aufwallungen; sein elastisches Herz schlug eben so gut und so stark wider als für. O du unerseßlicher Heinrich! Aber eben dieses Lieben verbürgt Dir und uns das Wiedersehen, weil ohne dieses alle Liebe nur eine von einem Nichts gégen ein Nichts sein würde! - Die Wissenschaft braucht zu ihrem Genusse keine Unsterblichkeit, aber die Liebe braucht zu ihrem die des Gegenstandes.

-

Mögen Gemahl und Söhne Ihr Mutterherz so lange trösten und verbinden, bis die Wunde sich schließt, indem es bricht!

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Baireuth, 7. November 1823.

Verehrteste Freundin! Mögen Sie die so späte Erfüllung Ihres mir so angenehmen Wunsches durch meine Geschäfte und meine Laufzerstreuungen

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für

die Gesundheit — entschuldigen! Ohne neue Durchsicht send' ich Ihnen alles zu, weil die Briefe dieses unerseßlichen Herzens an Brüder, Eltern, Freunde sich nie widersprechen, und keinem sagen, was nicht auch den andern Geliebten erfreuen würde. Sie er halten hiemit die vollste Freiheit ihres Gebrauchs, ja sogar die der öffentlichen Benußung meiner Antworten zum Erläutern. Ach, man kann nicht genug thun, um der Welt von dem licht und warm zugleich stralenden Geiste einen Widerschein nach der so eiligen Flucht zu geben! Aber auch bald *) muß man es thun, erstlich weil seine Erscheinung in ihrem Wirken noch am frischesten im Publikum lebt, und zweitens weil doch dieses sich an den Edeln, der einsam ohne Komplotschreier sprach, nicht genug erinnert, und drittens weil ja alle seine Liebenden den Trost seiner irdischen Palingenesie und den Genuß seiner gesammelten Ergießungen wünschen müssen.

*) Daß dieses nicht früher geschehen ist, hat weniger an dem Herausgeber, als an dem Zusammentreffen hemmender Umstände gelegen.

In meiner nächst künftigen,,Selina" (über die Unsterblichkeit) werd' ich wol seinem Grabbilde begegnen, aber ich weiß nicht, ob meine Schmerzen mir erlauben, es anzureden. O mein Heinrich, mein Heinrich! Heidelberg kann ich nun nicht mehr sehen. Es würden zwei Schwerter da durch meine Seele gehen.

Vater Voß sei herzlich gegrüßt, der sich seine Wunde an den Muser heilt; und die Mutter Voß. noch einmal, welche ihre in ihm und am Gedanken der Ewigkeit mildert.

Ihr

Jean Paul Fr. Richter.

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