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Die Karlsruher Einrichtung hatte neue Eintheilungen angestrebt:
So im Hamlet":

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Erster Akt. Einleitung. Hamlet empfängt die Mahnung des Geistes. Seiner eigenen fiebernden Stimmung folgend, fällt er auf den Plan des beobachtenden Wahnsinns.

Zweiter Akt. Spiel des Wahnsinns. Zweifel am Geist. Beschliesst die Prüfung durch ein Schauspiel.

Dritter Akt. Gewissheit durch das Schauspiel. Wendung. Gereizte Wuth. Ersticht den Unrechten, den Vater seiner Ge

liebten.

Vierter Akt. Gestörter Entschluss durch den Schmerz über seine erste Uebereilung. Froh hinwegzumüssen, der That entzogen zu werden. Verrath des Königs. Hamlet's Rettung und Rückkehr. Neue Selbstanklage beim Anblick des muthigen Fortinbras.

Fünfter Akt. Ophelia's Begräbniss. Hamlet gebrochen. Lösung. Hamlet lässt den Wettkampf über sich ergehen. Im Todeskampfe endlich die verspätete Rachethat.

In gleicher Weise in Richard II.":

Erster Akt. Einleitung. Richard's despotische Willkühr und Härte. Verbannung Hereford's. Richard geht in den irischen Krieg.

Zweiter Akt. Verschwörung Northumberland's. kehrt zurück.

Hereford

Dritter Akt. Richard kommt aus Irland heim. Sein Heer verlässt ihn. Wendung. Er unterwirft sich dem Vetter Boling

broke.

Vierter Akt. Richard's Abdankung und Abschied von seinem Weibe. Hereford König.

Fünfter Akt. Aumale's entdeckte Verschwörung beschleunigt Richard's Tod. Lösung.

Und in Romeo und Julia“:

Erster Akt. Einleitung. Streit der beiden Häuser. Romeo's Tändelei mit Rosalinden macht der ernsten Liebe zu Julia Platz. Ihre Geständnisse.

Zweiter Akt. Romeo's Heiterkeit. Heimliche Trauung in Lorenzo's Zelle.

Dritter Akt. Tybald's Tod. Wendung. Romeo verbannt. Klagen beider Liebenden.

Vierter Akt. Abschied. Julia soll den Paris heirathen. Sie nimmt den Schlaftrunk, den ihr Lorenzo brachte.

Fünfter Akt (wie im Originale). Die tödtlichen Folgen der L'ebereilungen.

Lösung. Tod des Romeo und der Julia. Versöhnung der feindlichen Häupter am Grabe der Kinder.

In Heinrich IV.":

Erster Akt. Einleitung. Percy vor dem König. Grund der Rebellion. Heinrich und sein Verführer Falstaff.

Zweiter Akt. Liederlichkeit des Prinzen. Percy nimmt Abschied von seinem Weibe. Die Rebellion wächst. Prinz Heinrich an Hof gefordert.

Dritter Akt. Prinz und König Heinrich. Versöhnung. Wendung. Prinz Heinrich auf dem Marsche. Die Rebellen im Lager. Percy der Heisssporn. Falstaff wirbt Rekruten.

Vierter Akt. Schlacht. Prinz Heinrich rettet seinen Vater. Percy's Tod. Sieg der Königlichen.

Fünfter Akt. Warnung an Falstaff. Tod König Heinrich's. Lösung. Prinz Heinrich's erwachte edle Gesinnung. Falstaff's Verbannung. König Heinrich V.

Im Coriolan".

Erster Akt. Einleitung. Aufruhr des Volkes. Marcius' Hochmuth. Der antiatische Krieg. Aufidius geschlagen, schwört Rache. Cajus Marcius Coriolanus.

Zweiter Akt. Coriolan soll Consul werden. Er gewinnt die Stimme des Volkes.

Dritter Akt. Aufwiegelung des Volkes durch die Tribunen. Wendung. Coriolan verbannt.

Vierter Akt. Coriolan sucht den Aufidius auf. Noth der Römer. Bittgang der Volumnia. Coriolan gewonnen.

Fünfter Akt. Einzug der Volumnia. Lösung. Mord des Coriolan durch Aufidius.

In Julius Caesar":

Erster Akt. Einleitung. Caesar weist die Krone ab. Cassius gewinnt den Brutus.

Zweiter Akt. Die Verschwörungsnacht.

Dritter Akt. Der Tag der Idus. Erste Warnungen durch Calpurnia. Mord auf dem Capitol. Wendung. Die Rede Marc Anton's gewinnt das Volk.

Vierter Akt (wie im Originale). Lagerscenen. Brutus' Kum-
Caesar's Erscheinung.

Fünfter Akt (wie im Originale). Das Heer der Verschwornen geschlagen. Lösung. Brutus fällt bei Philippi. Octavius Caesar.

Mögen diese wenigen Beispiele das System bezeichnen, dem die Karlsruher Bearbeitung folgte.

Es ist hier selbstverständlich nicht möglich, alle Aenderungen, Kürzungen, Ergänzungen und Bemerkungen von der ganzen Zahl der siebenzehn Dramen anzugeben. Ich beschränke mich lediglich auf die Gesichtspunkte, welche die Karlsruher Aufführungen leiteten, und die ja aus kurzen Beispielen erhellen können.

Ein zweites Moment nahm die volle Aufmerksamkeit des Bearbeiters in Anspruch: Die Zusammenziehung der ze splitterten Scenen.

Die lokale Einheit, welche bei dem altenglischen Theater durch den Mangel an wandelbarer bildlicher Darstellung des Schauplatzes entstand, machte den häufigen scheinbaren Wechsel desselben leicht. Wenn ein Zettel das Publikum von Nord nach Süd, von Ost nach West schleudern, bald in Wald, auf offene Haide, in die dumpfe Schenkstube, in den säulengetragenen Palast versetzen, wenn man, wie ein Zeitgenosse spottend sagt, in dem leeren Gerüst bald einen duftigen Garten, bald ein blutrauchendes Schlachtfeld erkennen konnte, so löste die geflügelte Aufmerksamkeit jenes Musterpublikums alle die gewagten Aufgaben spielend, weil seiner Einbildungskraft gar kein Anhalt gegeben wurde, als der durch das Wort bezeichnete Begriff.

Die verwöhnte, müssige Hinnehmung unsers modernen Publikums muss bei dem realen Anhaltspunkt der Dekoration unbedingt auch Stabilität des Ortes, wie der inneren Situationen der Scenen verlangen.

Die häufigen Dekorationswechsel sind, so lästig für die Mechanik der Bühne, so unleidlich und zerstreuend für den Zuschauer. Es galt also, überall für die zersplitterten, hin und her geworfenen Scenen so zu sagen ein neutrales Lokal zu finden, auf dem die Handlungen der einen und der andern Auftritte statt haben können.

Laien haben hierin oft eine Hauptschwierigkeit für die Aufführung gefunden, der geübte Sachverständige findet sehr rasch, dass die Zersplitterung der Situation bei Shakespeare eben reine Formsache seiner Zeit ist, dass bei ihm die Gruppen für den Suchenden schon so bequem daliegen, dass er nur die Fäden aufzunehmen und zu schürzen braucht, um Situationen zu gewinnen, die unserm heutigen, verweilenden Interesse angemessen sind. Es liegt

hierin ein neuer Beweis für Shakespeare's Meisterschaft in der Technik des Drama's.

Dass es dabei vielfach der vermittelnden Worte bedurfte, versteht sich von selbst. Der Bearbeiter kam hierbei am leichtesten in Gefahr, zu viel von dem Seinigen hinzuzugeben. Wo es sein konnte, suchte er aus anderen, etwa gestrichenen Stellen des Dichters selbst die entstehenden Lücken zu füllen. Vornehmlich hütete er sich, inhaltsvolle Sätze, eigene Gedanken einzufügen.

In der besprochenen Weise liessen sich bei unserer Aufführung im Sommernachtstraum" die Verwandlungen für die Rüpelscenen vermeiden. Die Handwerker erschienen, wie von ihrer Arbeit kommend, im ersten Akte vor dem Palaste, zum Theil auf den Stufen eines Brunnens gelagert, und besprachen ihren Plan. Auch die zweite Scene in der Hütte liess sich in den Wald übertragen. Statt Zettel's Monolog und der darauf folgenden Verwandlung zu Ende des zweiten Aktes, kehrten die furchtsamen Handwerker am frühen Morgen mit frischem Muth in den Wald zurück, um ihren „transportirten" Freund zu suchen, ohne den „das Stück zum Henker ist und nicht vor sich gehen kann." Mit den Worten, mit denen sie den Eintretenden im Originale empfingen, riefen sie den noch in der Laube Schlafenden an.

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Wenn mein Stichwort kommt, ruft mich und ich will antworten," lallte er noch halb im Schlaf und mit Verschmelzung seines Monologs in die nächste Scene deutete er den Neugierigen an, was für ein äusserst rares Gesicht er gehabt."

In ,,Was Ihr wollt" spielten die erste Scene des Herzogs, sowie Viola's Landung in einem Walde am Meere. Sebastian's und Antonio's zwei Scenen waren zusammengezogen und spielten am Hafen. Mit Ausschluss der Trinkgelage und der Dunkelhaft Malvolio's liess sich nun der ganze übrige Theil des Lustspieles in einem Garten vor Olivia's Palaste abspielen. Eine Säulenhalle, die sich an den Palast schloss, gab den nothwendigen zweiten Eingang in denselben. In ihr harrte Cesario-Viola vorgelassen zu werden, in ihr belauschten die lustigen Verschworenen hinter den Säulen versteckt den Gecken Malvolio u. s. w., während um einen Gartensitz auf der anderen Seite sich die Scenen der Olivia gruppirten.

In ,,Coriolan" liess sich der antiatische Krieg auf zwei Dekorationen, vor Corioli und auf offenem Felde, beschränken.

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Im Kaufmann von Venedig" wurden die Werber: Marocco und Arragon sogleich im ersten Akte abgefertigt. Hierdurch blieben die Scenen in Belmont und jene in Venedig gesammelter.

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In Richard II." waren die beiden Streitscenen Hereford's und Norfolk's zusammengezogen. Beide Barone erschienen schon in voller Rüstung vor dem Könige, bereit, ihren Ehrenhandel auszufechten. Der Säulenbogen im Hintergrunde zeigte auf geöffnete Schranken. - Und was der Beispiele mehr sind.

Wie der häufige Wechsel des Schauplatzes, der ja also im Grunde genommen keiner war, im Gebrauche der Shakespeare'schen Zeit seine vollständige Erklärung und Entschuldigung findet, so sind gleichfalls die mannigfachen Rauheiten und Unsauberkeiten einerseits, die nicht seltene Ueberladung mit Wortwitzen, Silbenstechereien und Bilderjagden andererseits ja von ihm selbst oft genug als übler Brauch seiner Zeit gegeisselt worden. Wenn er sich als Kind seines Zeitalters nicht davon völlig frei machen konnte, so erschien es als die echteste Pietät gegen ihn,. ihm das für unsere jetzige Gewohnheit Zuviel jener Zeitfärbung bei der Wiedergeburt der Aufführung zu nehmen; denn wenn er bei uns populär wirken soll, wie zu seiner Zeit, so darf unser Publikum sich nicht an Dinge stossen, die nur ein kulturhistorisches, kein dramatisches Interesse haben. Vor Allem an jene Unfläthigkeiten, die sich nicht immer mit den Personen, die sie sprechen, entschuldigen lassen, immer aber mit der derben Gewohnheit seiner Zeit, hängt sich die Schaar der Widersacher. Eine vernünftige Bearbeitung musste beweisen, wie rein der Kern der Shakespeare'schen Dramen sei, der ohne Schaden all jenes Anhangs entbehren kann. Selbstverständlich ist hier nicht von prüden Uebertreibungen die Rede. Denn ein gebildetes Publikum wird weit mehr Anständigkeit damit erweisen, wie es ein anstössiges Wort hinnimmt, als wie es über jeden Anklang einer Zweideutigkeit die Nase rümpft.

So blieben bei der Karlsruher Aufführung Heinrich's IV. die Kärrnerscene, die Scenen der Frau Hurtig und Dortchens u. s. w. aus. Die zotige Gesprächigkeit der Amme war beschränkt, und so fort.

Das Wortspiel schien jedenfalls da zu vermeiden zu sein, wo die gekünstelte Uebersetzung Sinn und Situation beeinträchtigt. So der Anklang von kin und kind in Hamlet's erster Rede: ,,Mehr als befreundet, weniger als Freund."

Hier schien bei unserer Aufführung die einfache Uebersetzung: „Mehr als dein Vetter, weniger als dein Sohn,“

die des Oheims Worte absticht, angethaner zu sein.

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