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entstünde (M. VII. G. 270. V.);

Perf. ich habe gestanden (M. XIII. G. 59. V.). sterben, Conj. Impf. stürbe (M. XVI. G. 548. V.). verbergen, Conj. Impf. verbürge (M. III. G. 425. V.).

versenken versinken: tief in Gedanken versenket (M. I. G. 532. V.).

In neuerer Zeit macht sich bei einigen Verben das Streben bemerkbar, wieder zu den voller tönenden Formen früherer Zeiten zurückzukehren; besonders zeigt sich diess bei dem Conj. Impf.

Die Conjugation des Verbums hat von dem reichen Wechsel klangvoller Vokale und Diphthonge sehr viel eingebüsst; manche Formen, die sich durch Wohllaut über ihre monotone Umgebung erheben, haben sich zwar bis auf unsere Tage erhalten, doch sind sie nur mehr auf die Sprache der Poesie beschränkt. Hieher gehören z. B. die Formen mit dem Diphthong eu, der sich bei einer Anzahl von Verben im Praes. in der 2. und 3. Pers. Sing. und im Conj. des Imperativs noch vorfindet. Dass Klopstock, „der Tonsetzer und Klangwähler in der Poesie", diese schönen Formen ** den jetzt gebräuchlichen vorzog, ist leicht begreiflich.

bieten, beut (O. 123. An Johann Heinrich Voss. 10, 4);

anbieten, beutst an (M. VII. G. 83. V.);

gebieten, gebeutst (O. 123. An Johann Heinrich Voss. 9, 2); gebeut (O. 35. An Gleim. 7, 1);

verbieten, verbeut (O. 3. An Giseke. 2).

fliegen, fleug (O. 25. Die Königin Luise. 16, 1), fleugt (O. 74. Unsre Fürsten. 2, 4);

einherfliegen, fleugt einher (M. IX. G. 741. V.);

entfliegen, entfleugt (G. L. 2. Th. Einsegnung eines Sterbenden. 1, 6);

herfliegen, herfleugt (M. XX. G. 989. V.);

vorbey fliegen, fleug vorbey (O. 61. Der Eislauf. 10, 4).

fliehen, fleuch (O. 2. Wingolf. 5. L. 10, 1);

entfliehen, entfleuch (M. II. G. 710. V.).

* Jean Paul, Vorschule der Aesthetik.
Schleicher, Die deutsche Sprache, 191,

fliessen, fleuss (M. VII. G. 582. V.), fleusst (O. 37. Der Rheinwein. 12, 4);

überfliessen, fleusst über (G. L. 2. Th. Die Hoffnung der Auferstehung. 2, 6).

geniessen, geneuss (O. 44. Der Erbarmer. 13, 3).

giessen, geusst (M. XIV. G. 678. V.);

ausgiessen, geusst aus (M. XIII. G. 13. V.);

dahergiessen, dahergeusst (M. XVI. G. 662. V.);

ergiessen, ergeusst (M. V. G. 438. V.);

herabgiessen, geuss herab (O. 39. Für den König. 1, 1); hineingiessen, geuss hinein (G. L. 1. Th. Wie schön leucht't uns der Morgenstern. 3, 2);

vergiessen, vergeusst (Sal. 2. Handl. 2. Auftr.).

lügen, leugst (M. IV. G. 115. V.), leugt (O. 135. Der Gottesleugner. 5, 2).

schliessen,

aufschliessen, aufschleusst (M. XVII. G. 633. V.);

beschliessen, beschleusst (M. XIII. G. 635. V.), beschleuss (O. 47. Das neue Jahrhundert. 21, 1);

verschliessen, verschleuss (D. T. A. 2. Handl. 2. Auftr.); zuschliessen, schleusst zu (G. L. 2. Th. Einsegnung eines

Sterbenden. 4, 8).

ziehen, zeuch (M. XV. G. 473. V.), zeuchst (H. Schl. 11. Sc.), zeucht (O. 2. Wingolf. 2. L. 3, 4);

entziehen, entzeucht (G. L. 1. Th. Sollt ich meinen Gott nicht singen. 8, 2).

Klopstock liess sich bei der Wahl der Wörter gar oft von ihrem Tonausdrucke leiten und wandte unserer Sprache manche „italienische Laute" zu; nichtsdestoweniger begegnet bei ihm das matte farblose e ziemlich häufig. Hiebei muss jedoch berücksichtigt werden, dass dieser Vocal im vorigen Jahrhunderte bei den Verbalformen, besonders bei dem schwachen Verbum, noch einen weit freiern Spielraum hatte, als heutzutage.

Bei starken Verben finden wir ihn im Auslaute des Ind. Imperf. nur mehr selten.

flohe (O. 8. Petrarcha und Laura. 19); Zus.:

entflohe (M. II. G. 116. V.).

geschahe (M. VIII. G. 172. V.).

sahe (O. 2. Wingolf. 2. L. 7, 3).

Sehr oft dagegen erscheint er in der 3. Pers. Sing. Präs., im Imperf. und im Part. Perf. schwacher Verba.

begrüsset (O. 86. Der Kamin. 3).

blinkete (O. 192. Winterfreuden. 12).

blühete (M. XVII. G. 204. V.).

durchströmetest (O. 199. Winterfreuden. 18).

eilete (O. 67. Braga. 13, 2).

entschlüpfete (0. 35. An Gleim. 10, 1).

entströmeten (M. XII. G. 145. V.).

erbarmete (M. XVII. G. 51. V.).

flehete (M. XIX. G. 40. V.).

führeten (M. XIX. G. 17. V.).

gekrönet (M. I. G. 386. V.).

gewölbet (O. 220. Zwey Johanneswürmchen. 19).

glänzeten (O. 79. Stintenburg. 5, 3).

glaubetest (M. XVII. G. 61. V.).

glüheten (O. 128. Die Vortrefflichkeit. 11).

halleten (O. 206. Wissbegier. 4, 1).

hörete (O. 4. Die künftige Geliebte. 42).
lehrete (O. 10. Bardale. 1, 2).

planzetest (O. 84. Mein Vaterland. 11, 1).
rauschetest (O. 87. Die Rosstrappe. 9, 3).

schauete (O. 174. Mein Thal. 2).

schwebete (O. 67. Braga. 10, 2).

spieleten (M. XVII. G. 224. V.).
strebeten (M. X. G. 477. V.).

stürzete (O. 178. Die Vergeltung. 11).

tönete (O. 67. Braga. 7, 2).

trübeten (O. 175. Die Bestattung. 2).
überströmete (M. XVI. G. 691. V.).

umarmet (O. 4. Die künftige Geliebte. 28).
umdränget (0. 67. Braga. 13, 4).
umkränzete (O. 67. Braga. 8, 1).

unbemerket (0. 4. Die künftige Geliebte. 74).
verjünget (0. 19. Friedrich der Fünfte. 5, 3).
verpflanzet (O. 4. Die künftige Geliebte. 57).

wähneten (M. XVII. G. 183. V.).

weheten (O. 4. Die künftige Geliebte. 77).
weinete (O. 87. Die Rosstrappe. 7, 2).

Dagegen wird das e gewöhnlich im Auslaute unterdrückt, wenn das darauffolgende Wort mit einem Vocale anfängt; dadurch wird der Hiatus vermieden. Auch im Inlaute wird das e bisweilen ausgestossen, z. B.

hattst (G. L. 1. Th. Vorbereitung zum Tode. 53);

besonders geschieht dies bei der Endung en, z. B.

sehns = sehen es (O. 16. An Bodmer. 26).

verstehns verstehen es (O. 35. An Gleim. 3, 2); ebendas.: entweihn. 3, 1.

Die Ausstossung des Vocals i gehört bei den Verbalformen zu den grössten Seltenheiten:

geharnschte (M. XX. G. 219. V.).*

Hiemit sind wohl die wichtigsten Erscheinungen bei dem Verbum, wenn auch nur in Kürze, angegeben. Ich will hier noch eine Eigenschaft der Sprache unseres Dichters, die uns schon von früher her bekannt ist, an die wir aber gerade durch das Verbum recht gemahnt werden, besonders hervorheben. Wir haben bei dem Substantivum gesehen, dass Klopstock mit unerbittlicher Hand die fremdländischen Gewächse, die früher so üppig auf dem deutschen Sprachboden wucherten, entfernt und an ihre Stelle einheimische Triebe gepflanzt hat. Wenn dies schon von dem Substantivum gesagt werden konnte, so gilt es noch weit mehr von dem Verbum, und es begreift sich dies auch. Das Verbum ist der Hauptträger des Gedankens; wie soll nun dieser mit allen seinen feinen Beziehungen zum Ausdrucke kommen, wenn das wichtigste Wort im Satze nicht ganz klar und verständlich ist? Denn ** die Sprachen, aus denen du nimmst, sind den meisten Deutschen unbekannt, oder, welches hier beinah dasselbe ist, nicht bekannt genung. Sie verstehen daher die Schattierungen desto weniger, je feiner sie sind."

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Es liessen sich auch bei anderen Wortarten, wie bei dem Artikel, Pronomen, bei den Conjunctionen u. s. w. manche interessante Er

* Oefter findet sie sich bei Adj.: blutge (O. 112. An den Kaiser. 33); Geistl. Lied.: ewgen, heilgem, künftgen.

**Gramm. Gespr. Bildsamkeit.

scheinungen anführen; diese hätten jedoch hauptsächlich nur auf die Syntax Bezug, weshalb sie bei einer Arbeit, die sich die Darstellung des Wortreichthums eines Dichters, und die Vermehrung des Sprachschatzes durch denselben in erster Linie zur Aufgabe stellte, übergangen werden können.

Wenn wir uns das Sprachgebäude, das Klopstock aufgeführt, an dem er mit gewissenhaftester Sorgfalt und unermüdlichem Eifer sein ganzes Leben hindurch gearbeitet hat, in seinen Hauptumrissen vergegenwärtigen, so können wir uns zwar der Ueberzeugung nicht verschliessen, dass seinem grossen Werke auch kleine Gebrechen anhaften; er hat die Bildsamkeit der deutschen Sprache in einzelnen Fällen zu weit getrieben, der Ausdruck ist oft geschraubt und wird bei der allzufreien Wortstellung und dem übermässigen Streben nach Kürze mitunter selbst unklar; allein diese Mängel sind denn doch zu unbedeutend, um die zahlreichen, grossen Leistungen seiner sprachschöpferischen Thätigkeit verdunkeln zu können. War die Wiedergeburt der deutschen Dichterrede überhaupt möglich, ohne dass man im einzelnen manchmal zu weit gieng, ohne dass selbst dem deutschen Sprachgenius widerstreitende Wort- und Satzfügungen als staunenswerthe Freiheiten gefielen?... In ästhetischer Hinsicht mögen diese Ueberschreitungen Tadel verdienen, historisch sind sie gerechtfertigt: um das hart bekämpfte und endlich überwundene Uebel zu vermeiden, verfällt der eine neue Geisteswelt heraufführende Reformator in das entgegengesetzte Extrem, welches, an sich vielleicht fast ebenso verwerflich, hier durch die geschichtliche Entwicklung zu einem Fortschritte wird.“*

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Der deutschen Sprache zu der vollen Entfaltung ihrer reichen Anlagen verholfen und an der glänzenden Entwicklung, die dieselbe seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts genommen hat, in thätigster Weise mitgewirkt zu haben, ist ein Verdienst Klopstock's, das auch in unseren Tagen, in denen das überschwengliche Lob früherer Zeiten in mancher Hinsicht auf das richtige Mass zurückgeführt wurde, nicht angetastet werden darf.

Ich schliesse mit den Worten, die Wieland an seinen jungen Freund richtet: **

* Franz Muncker, Lessings persönliches und literarisches Verhältnis zu Klopstock. S. 12.

**Sendschreiben.

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