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die einzige bedeutende Leistung des P. Pithdus unten kurz zu besprechen ist. Im 17. Jahrhun dert, machen sich Lubinuš (1603) und Granɔ gaus (1614) um Erklärung des Dichters vers dient: Ersterer ist freylich mehr Paraphrast gez schwäßigster Art; Lehterer gelehrt, aber ohne neben der Gelehrsamkeit Feinheit in der Auffassung der Gedanken und Schärfe in Unterscheidung des Wahren vom Falschen zu besiten. Alles bis da: hin Geleistete vereinte der fleißige, aber Urtheilsund Geschmacklose, bey mangelhafter Kenntniß der Sprache wie der Antiquitäten hin und ber tappende Henninius (1685) in seiner weit schichtigen Collectivausgabe, und aus dieser uns tröstlichen Vorrathskammer ist denn wieder bis ins 19. Jahrhundert in kleineren Portionen den Lesern des Juvenalis gespendet, so viel in dem Behagen der einzelnen Herausgeber lag und ih= ren Zwecken zusagte. Die breite Ausgabe Rus perti's ist bekannt: sie ist in ihrer Flüchtigkeit u. unphilologischen Seichtigkeit gar bald durchschaut und wenn Heineckes bekannte Critik auch durch das magisteriale supercilium oftmahls Ekel ers regt, so ist sie doch nicht minder wahr und in der Sache selbst gerecht. Daß Heinrich die Gelegenheit, Ruperti's Dinge zu tadeln und zu verspotten, wozu auch nur zu oft eingeladen wird, nicht ungenuht vorüber gehen lassen würde, ließ sich schon nach dem Character des Mannes, wie nach den Aeußerungen in früheren Com. mentationen über Juvenalis erwarten. Von uns zähligen Fällen der Art nur einen; S. 335 der Mann macht bey jeder Gelegenheit einen Aus lauf, excurrit, kommt aber immer mit leeren Hånden wieder zurück; und wenn er einmahl etwas zurück bringt, so ist es nicht einmahl ein

Der

gekaufter Hase, sondern ein gestohlener'. französische Herausgeber U chaintre, dessen Ausgabe in zwey Bånden zu Paris 1810 erschien, kennt freylich keine höhere Auctorität als Ruper ti, oder, wie er zu sagen pflegt, Alexander. Mit eigenen Erklärungen seht er sich selten in Unkoften die Mittheilung der Lesarten aus seinen 36 Handschriften, unter denen manche ins 9. und 10. Jahrhundert zurück gehen, ist höchst ungenau und nur die Veröffentlichung der häufig Gua tes enthaltenden Noten der beiden Balesius verz dient den Dank der Gelehrten.

Am Terte des Juvenalis find seit Jahrhunderten keine wesentlichen Veränderungen vorges nommen, geschweige daß eine durchgreifende, auf Unterscheidung alter und junger, treuer und interpolierter Quellen begründete Recension vers sucht wäre. Jeder hat eben aufgerafft, was ihm wenige Handschriften zufällig boten. Seltsam ges nug, daß die allen Anzeichen nach besten Handschriften schlecht, die schlechteren genau verglichen find. Keinem der Herausgeber haben so viele und so alte Handschriften zu Gebote gestanden, wie Achaintre. Håtte er sich nicht begnügt, nur an einzelnen Stellen ihre Lesarten mitzutheilen, håtte er nur an eben diesen Stellen nicht in Bausch und Bogen von seinen Handschriften ges sprochen, sondern wenigstens die Lesarten der fünf oder sechs ältesten genau verzeichnet, so wåre eine sichere Unterlage für die Feststellung des Ter tes gewonnen. Dann würde sich auch mit Sis cherheit ermitteln lassen, ob wirklich, was Hein rich in der Commentat. I. von 1806 p. 14 und Achaintre II, p. 39 glaublich fanden, genügender Grund vorhanden ist, an eine vom Dichter selbst in verschiedenen Stellen vorgenommene Abånde

der

rung denken zu müssen, oder ob die Annahme zweyer Hauptfamilien von Handschriften aus reicht, die auffallenden Abweichungen einzelner Stellen zu erklären. Nur so viel ficht man auch jest, daß die älteren Handschriften in zwey Lis nien fich theilen; die'åltere und zuverlässigere Familie scheint der Budensis des Pithōus, Puteanus des Uchaintre und der Scholiast zu bilden (man sehe z. B. IX, 14.), an der Spike der andern, minder glaubwürdigen steht nach Achaintre der fo genannte codex Alexandrinus, jeht im Vatican. Alle unsere bis jetzt eingesehe= nen Quellen haben indeß mache Corruptelen ge= mein, die der Zeit såmmtlicher Urkunden voraus liegen müssen, wie IV, 96. sämmtliche Hand: schriften in dem den Vers zerstörenden destinata übereinstimmen, was deshalb der französische Her: ausgeber 'in re tam parvi pretii' gegen Lipfius entschieden richtige Emendation festinata gläubig im Texte belaffen hat. Ein durchgängig auf die beste Auctoritåt basierter Text gehört also immer noch zu den Wünschen der Philologen, und sollte fich auch diese Arbeit durch keinen überraschenden Gewinn belohnt sehen, so muß sie doch aus den entwickelten Gründen unternommen werden. Dem Vernehmen nach dürfen wir von Dr D. Jahn zu Kiel die Erfüllung dieses Wunsches nächstens hoffen.

Die Hauptaufgabe der vorliegenden Ausgabe bildet nicht Critik, fondern Erklärung. Der vera storbene Heinrich hatte seit dem Jahre 1804, wo er nach Kiel berufen wurde, den Juvenalis zum Gegenstande eines nachhaltigen Studiums ge: macht. Eine erste öffentliche Probe davon gab er in einem Universitäts Programme von 1806, in welchem er die schwierigsten Stellen der ersten

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Satire erörtert: es folgten noch zwey Programme ähnlichen Inhalts 1810 und 1811. Schon daraus war zu ersehen, wie viel Treffliches von einer zusammen hångenden Auslegung des Dichters von Heinrich zu erwarten stehe. Der vora · liegende Commentar ist schon in den Jahren 1811 bis 1815 niedergeschrieben und Heinrich erklårte bereits in Wolf's Analecten I, S. 512, feine Ausgabe des Juvenalis liege fertig vor ihm. Indeß konnte er sich zu der Bekanntmachung nicht entschließen. Ein zweyter Reiz, kam er vor allem Feilen und Zweifeln und bey übertriebener Aengstlichkeit, seinem wohlerworbenen Ruhme ira gendwie Abbruch zu thun, oder die hoch gespanns ten Erwartungen derer, die in ihm einen zweyten F. U. Wolf sahen, der freylich sein unvers kennbarer Geistesverwandter und entschiedenes Vora bild namentlich in den leßten Decennien seines Lebens gewesen ist, nicht ganz zu befriedigen, hielt ihn zurück. Das vollständig ausgearbeitete Manuscript heraus zu geben, unternahm nach dem zu frühen Tode des Vaters auf den Rath Welder's und Nåke's und unter Schopen's thẳ tigem Beystande der Sohn des Verstorbenen, Hr Dr. phil. Heinrich, der, obwohl Mediciner, - rara avis in terris durch die Herausgas be des Juvenalis wie durch eine gelehrte Ubhandlung de Chryse seine angeerbte Liebe zur Phis lologie und seine Kenntnisse aufs Schönste bethås tigt hat. Kaum bedarf es der ausdrücklichen, auf genauem Studium des herrlichen Werkes bes ruhenden Versicherung, daß an feiner Kenntniß der Sprache, an Einsicht in die Antiquitäten und die ganze alte Welt und ihre Verhältnisse, an gesunder frischer Auffassung des oft kühn Gedanı ken verknüpfenden und drångenden Dichters, an

Scharfblick und, was die Hauptsache, dem echten philologischen, durch gewissenhafte Critik und Hermeneutik ausgebildeten Tact kein Einziger unz ter allen Herausgebern Heinrich verglichen werden darf. Gegen neuere Forschungen hat sich freylich der Verewigte zu sehr verschlossen: nur bier und da sieht man aus einzelnen Citaten, wie des Lobeck'schen Aglaophamus, daß hin und wies der nachgetragen worden. Der Verlust ist freylich nicht allzu groß, da im Ganzen nichts Bes deutendes für Juvenalis zu Tage gefördert wors den ist. Indeß immerhin hätte Einzelnes auf so schwieriger Bahn auf Berücksichtigung Anspruch gehabt, wie vor Allen die freylich scharfe, aber viel gediegenes Neue, auch für die Erklärung im Algemeinen gute Winke enthaltende erste Abhandlung von Madvig in den Opuscc. I, p. 210 sqq. Die zweyte ist freylich zu spät erschienen. Auch müssen manche Entdeckungen späterer Jahre von Heinrich nicht mehr ausgeführt worden seyn, wie II, p. 22. ein Verdacht gegen die Echtheit der XV. Satire nur obenhin erhoben wird, der der Versicherung des Hn Vorredners zufolge fpåterhin zu voller Ueberzeugung gediehen seyn soll.

Der erste Band enthält zunächst den Text. Dieser ist im Ganzen nach, Ruperti abgedruckt, nur die Interpunction ist nach des Verstorbenen ausdrücklichen Angaben berichtigt und die von ihm befolgte Orthographie so wie die aus Handschrif ten von ihm gewählten Lesarten in ihr Recht eingesetzt. Den zahlreichen Emendationen und Conjecturen Heinrichs ist indeß keine Aufnahme in den Tert gestattet worden. Mit Recht. Go finnreich und gelehrt gerechtfertigt sie alle und so überzeugend unter ihnen manche sind, so würde

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