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398. An G. H. Amelung.

Göttingen, den 18. Junii 1784.

Liebster Herzensfreund!

Sie können nicht glauben, wie sehr mich Ihre Liebe zur Naturwissen. schafft freut. Lassen Sie ja diese Neigung nicht unbebaut, Sie werden es sicherlich bald weit bringen.

Die Erscheinung die Sie gesehen haben ist den Physickern sehr wohl bekant, ob sie gleich nichts weniger als sehr gemein ist. Sie heißen halones, coronae, und sind mit dem sogenannten Hof um den Mond einerley Natur. Nur wird, wenn sie Farben haben sollen, eine besondere Disposition der obern Atmosphäre erfordert; vermuthlich sind es kleine in der dortigen Region schwimmende Eisnadeln, oder sonst Eistheilchen von besonderer Regelmäßig keit, auch muß die Schicht nicht allzu dick seyn, sonst verwirren die tieferen die Brechung der obern wieder; daher entsteht alsdann ein blos weißliches Licht, ein Hof. Man kan etwas ähnliches hervorbringen, wenn man die Dämpfe des heißen Wassers zwischen das Auge und die Flamme eines Lichts bringt pp. Jhre Bemerckung, daß sie von Wolcken bedeckt wurde, ist sehr schön; der grose Halley hat dieses zuerst angemerckt. Ich wünschte zu wissen, wie weit von Gersfeld weg man die Erscheinung noch gesehen hat. Man will bemerckt haben, daß sie öffters in einer ganz geringen Distank schon nicht mehr zu sehen sind. Zuweilen geht noch ein bunter Kreis durch die Sonne, der da, wo er den halonem schneidet, sehr helle Flecken hervor. bringt, die man daher Nebensonnen, parhelios, genannt hat, auch bekommt die ganze Erscheinung diesen Nahmen. Gar offt sieht man auch blos die Nebensonnen ohne den halo zu sehen, auch öffters nur eine Nebensonne. Ich will wetten, diese lezteren Erscheinungen werden Sie gewiß nun öffters sehen, denn man muß es wissen, um es zu bemercken.

Nun muß ich, liebster Freund, etwas an einem Ausdruck von Ihnen verbessern; ich weiß, Sie nehmen dieses wohl auf. Sie sagen, die scheinbare Entfernung des Circkels von der Sonne möchte 20 Schuhe gewesen seyn. Wenn von scheinbaren Grösen die Rede ist, so kan man nie absolute Maase gebrauchen, wenigstens nicht ohne die Einschränckung, die ich auf der andern Seite anführe. Scheinbare Grösen werden allzeit durch Winckel angegeben.

Wenn mein Auge in A steht, so haben alle die 5 parallel hinter ein ander stehende Circkel einerley scheinbare Gröse, obgleich der erste ein Groschenstück und der lezte ein Mühlenrad oder gar die Sonne selbst seyn kan. Hieraus ist offenbar, daß man scheinbare Grösen nicht in Fußen an

geben kan. Sezen Sie, Sie hätten eine Stange von 20 Fußen gehabt, so fieht ja die Stange kleiner aus, je weiter Sie dieselbe vom Auge weghalten; umgekehrt, halten Sie sie etwa nur einen Fuß weit vom Auge weg, so reicht sie über den ganzen Himmel hin. Will man aber ja scheinbare Grösen durch Fußmaaße ausdrücken, so muß man nothwendig sagen, wie weit man sich dieses Maaß vom Auge denckt. So ist es 3. E. gank ordent lich gesprochen, wenn ich sage: Der Mond sieht mir so groß aus, als ein zinnerner Teller, den ich 10 Fuß vom Auge weghalte; denn nun wird der Winckel, der die scheinbare Gröse ist, gleich gegeben, sobald mir der Durchmesser des Tellers gegeben ist. Sehen Sie künfftig wieder einmal etwas am Himmel, so haben Sie die Güte und vergleichen es mit dem Durchmesser der Sonne oder des Mondes; dieses ist das beste Maaß hierbey, 3. E. der Bogen schien mir um 20 Durchmesser der Sonne von derselben entfernt pp. Da nun der Durchmesser der Sonne immer ohngefähr 1/2 Grad beträgt, so hätte der Bogen 10 Grade abgestanden. Sie können nicht glauben, was die Schrifften sogar mancher Physicker von diesem Fehler wimmeln. Ein gantz berühmter Mann sagte einmal, die Blutkügelchen hätten ihm wie Erbsen geschienen unter dem Mikroskop. Das ist eigentlich gar nichts gesagt. Wenn Sie befehlen, so erkläre ich Ihnen dieses einmal umständlich.

Nun ums Himmelswillen stellen Sie sich vor: vor 8-10 Wochen oder wieviel - Sie wissen die Zeit gebe ich die Mettwürste an Dieterich, sie mit einem Fuhrmann zu schicken. Ich glaube, alles wäre geschehen. Da Sie mir aber nichts vom Empfang melden, so frage ich Dieterichen, wem er die Würste mitgegeben, denn ich befürchtete, sie seyen nicht an Ort und Stelle gekommen. Und siehe, da kam es heraus, Herr Dieterich hatte sie nicht ab. geschickt, weil der Kerl einen Thaler Porto bis Fulda verlangt hatte. Nun ist stricte Ordre gegeben, sie mit erster Post Franco fuld zu schicken. Eigent lich habe ich also die Ehre, Ihnen ein Geschenck mit Porto zu machen, das übrige ist nichts werth. Wenn sie nur nicht verdorben sind. Ich bleibe indessen unverdorben

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Es sind gestern Abend zwey Landsleute von mir eingetroffen, Herr Hauptmann Müller, der Erfinder der Rechen Maschine, und Herr Cammer

Rath Klippstein, der Verfasser der mineralogischen Briefe und der das Glück gehabt hat unter 500 Schrifften über den Kinder Mord die seinige gekrönt zu sehen. Ersterer hat seine vortreffliche Maschine bey sich, ja er hat die Reise ausdrücklich deswegen unternommen, sie Königlicher Societät zu zeigen. Ich wuste dieses schon einige Zeit, und habe daher mit dem Herrn HofRath Kästner darüber conferirt, der meinte damals schon, für eine gewöhnliche Versammlung mögte die Zeit zu kurtz seyn, auch hat man würcklich anno 1768 Herrn Alichs viel schlechterer Maschine wegen eine ausserordentliche Versammlung veranstaltet. Uebermorgen ist freylich eine ordentliche Versammlung, aber die Herren können nicht wohl länger bleiben als Sonnabend früh. Wäre also nicht wohl möglich eine ausserordentliche Versammlung etwa morgen um 6 oder halb sieben zu veranstalten? Die Maschine erfordert zu öffnen 11/2 Stunden Zeit und zuzumachen eben so viel, da dieses also in Königlicher Societät nicht angeht, so will er heute um fünf Uhr auf meinem Saal anfangen sie auseinander zu nehmen, und das will ich einigen Mitgliedern sagen lassen. Alsdann ist es genug sie in Königlicher Societät im Gang zu zeigen. Könten Ew. Wohlgebohren etwas hierin verfügen, so würden Sie sich einen vortrefflichen und bescheidenen jungen Mann sehr verbinden. Wolten Ew. Wohlgebohren alsdenn meinem Saal um 7 Uhr diesen Abend die Ehre erzeigen zu kommen, so könten Sie die Maschine eröffnet und in der Societät im Gange sehen. Der Gedancke von einer ausserordentlichen Versammlung ist nicht von mir, sondern von Herrn HofRath Kästner. Ich habe die Ehre Hochachtungsvoll zu verharren

Ew. Wohlgebohren

gehorsamster Diener
G. C. Lichtenberg.

400. Un die Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften.

Wohlgebohrner, Hochzuverehrender Herr Director
allerseits Wohlgebohrne, Hochzuverehrende Herrn!

Der Hessen-Darmstädtische Ingenieur Hauptmann Müller, der Erfinder einer sehr vollkommenen Rechenmaschine, hat, blos um dieselbe Königlicher Societät vorzuzeigen, eine Reise hieher gemacht, da ihm aber die Versammlungs Tage derselben nicht bekannt seyn konten, auch seine dortige viele BauGeschäffte ihm nicht verstatten nach Willkühr abwesend zu seyn, und länger, als künfftigen Sonnabend früh zu verweilen, so wolte ich, da in dergleichen Fällen ausserordentliche Versammlungen Königlicher Societät nicht ungewöhn lich sind, hierdurch gehorsamst anfragen, ob nicht morgen als den 25ten dieses

Abends um 6 oder 7 Uhr eine Versammlung deswegen veranstaltet werden könte. Ich habe, obgleich schon im hiesigen Magazin etwas von der Maschine vorgekommen, noch hier den Darmstädtischen Addreß Calender beylegen wollen, worin von S. 235—254 die ganze Beschreibung, aber auf S. 239. 40, 41 das wesentlichste von derselben steht. Weil sie viele Zeit zu eröffnen kostet, so wird er sie heute um 5 Uhr auf meinem Auditorio zu eröffnen anfangen, und eröffnet stehen lassen, den Gang derselben aber in der Königlichen Societäts Versammlung zeigen und so viel als möglich erklären. Ich habe die Ehre Hochachtungsvoll zu verharren

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Was Sie mir für eine Freude mit Ihrem Geschenck gemacht haben! Käme es auf mich an, so solten für diese präparirten Gehör Werckzeuge Jhre eignen mit der Göttermusick entzückt werden, die neulich London zum Andencken Händels aufgeführt hat. Geben Sie mir doch Gelegenheit, liebster Mann, Ihnen auch einmal mit etwas zu dienen.

Der Brief von Fischer war doch nicht der, den ich Ihnen zu schicken hatte; das wäre ja etwas entsezliches, nicht einen einzigen Posttag habe ich überhüpft, und mich dünckt, Sie hatten damals gesagt, Sie hätten ihn bes kommen. Ist es der meinige gewesen, so haben ihn gewiß meine Manns und Weibsstücke auf der Stube liegen lassen und ihn jezt nur von ohngefähr wieder gefunden.

Melden Sie mir doch, wo ich eigentlich jezt hinschreiben muß, um Herrn Forster anzutreffen. Ich habe es wahrlich vergessen.

Michälis macht im bewußten Campo sehr schlechte Progressen, wie ich merce. Es soll ihm überall so gegangen seyn, er frappirt von Anfang, ge fällt 14 Tage und wird dann unausstehlich. Er wird eine medicinische Bibliotheck und noch entsezlich viel andres schreiben, wie er Dieterichen gesagt hat. As soon You have read this Letter, to the Devil with it, as poor Richard says.

Osann ist am Donnerstag zu Eisenach begraben worden. Sie hatten doch auch gehört, daß er HofRath und LeibArzt mit 600 Reichsthalern geworden war, und daß er den Tag nach seiner Abreise von hier das Prädicat eines Hofmedicus von Hannover aus erhalten hatte. Es ist sehr traurig,

daß [man], wenn man, nach langem Sturm, Mühseeligkeit, Hunger und Durst, Scharbock, faulem Wasser, Hundsfleisch Fressen, Raßen Braten u. s. w. endlich in den Terel einlaufen will, noch am Terel scheitert.

Mein Saussurisches Hygrometer ist von Genf angekommen, noch fehlt aber das dazu gehörige Thermometer. Der grose Mann hat, als er von Herrn Paul, dem Mechanicus, erfuhr, daß ich eins haben wolte und er jezt keins machen konte, die Güte gehabt, sein eignes dazu herzugeben, an welchem schon Verbesserungen angebracht sind, die noch nicht in seinem Buche stehen. Nun Adieu, lieber Mann. . . .

402. An Heyne.

[Göttingen, Mitte Juli 1784.]

P. P.

Ew. Wohlgebohren

habe ich die Ehre, die Recension des zugleich zurückgehenden Buchs zu übersenden. Sie ist qua quantitatem der vom ersten Theil, wie billig, proportional. Man ließt es gern, wie ich höre. An dem Saussure arbeite ich fleißig. Ich habe das beschriebene Instrument jezt selbst von Genf erhalten, und zwar hat mir der brave Mann, vermuthlich, weil es für Göttingen war, sein eignes zukommen lassen, weil sein Künstler keines fertig hatte. Ich habe jezt meine schlimmste Zeit. Der Kalender, der mein Haußzins ist, 2 Stücke des Magazins und Errlebens Physic, wo ich ganze Capitel zugesezt habe, und wovon 15 Bogen gedruckt sind, drücken hart. Ausserdem die Ausgabe von den englischen Dichtern. Herr Kraßenstein hat mir auch seine Abhandlung von Lufftschiffen zur Recension zugeschickt, die ehestens kommen soll. Auch werde ich Herrn Moritzens englische Grammatic, die ich zu gleichem Zweck von ihm erhalten habe, recensiren, ich werde dabey etwas sagen, wozu ich schon lange Gelegenheit gesucht habe. Es ist mir doch erlaubt ? G.C.L.

405. Un Ramberg.

Wohlgebohrner Herr,

Hochzuverehrender Herr Kriegssekretär,

Ew. Wohlgebohren statte ich nochmals den verbindlichsten Danck für den gütigst vergönnten Gebrauch, (aus dem ich so unhöflichen Misbrauch ge

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