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diesen Gefallen. Wenn auch das Buch noch so schlecht ist, so wird es gewißg ein geschickter Recensent zu nutzen wissen eine Wahrheit zu sagen, die mehr als ein Individuum interessirt.

Schicken Sie mir doch, liebster Freund, solche Bücher zu recensiren, die Titul meine ich, die ich leicht haben kan, ich will gewiß alsdann präciß seyn, oder haben Sie mich vielleicht gar pro incorrigibili erklärt und aufgegeben.

Ich hoffe, meine Noten zu Errlebens Physic werden keinem übelwollenden Recensenten in die Hände fallen. Ich habe, da ich darüber lese, alles, so wie es mir bey jedem Bogen vorkam, der neu gedruckt werden solte, nieder geschrieben, und mir die gehörigen Einschränckungen und Erläuterungen beym Vortrag vorbehalten. Es ist würcklich vieles darin, wie ich jezt täglich sehe, sehr unbestimmt, wird aber nicht leicht einen Lehrer irre machen können. Auch ist bey dem scharfen Trapp, den die Physic jezt reitet, vieles über der halbjährigen Dauer des Drucks entweder alt oder unbrauch bar geworden, was es, nach meiner Lage, nicht war als ich es schrieb.

Ich empfehle mich Ew. Wohlgebohren und Dero Herrn Sohn gehor samst, der ich die Ehre habe mit vollkommenster Hochachtung zu verharren Ew. Wohlgebohren

gehorsamster Diener

G. C. Lichtenberg.

447. Un Ebert.

Göttingen, den 23. März 1785.

... Mein Päckchen war zwar schon gepackt, als Herr Dieterich das seinige absendete, allein ich behielt es zurück, um es einem jungen Menschen mitzugeben, den ich Ihnen bey seinem kurzen Aufenthalt dort zu empfehlen wünschte, weil er es verdient. Er heißt Geißler und sein Vater ist der jezige Rector auf der Schulpforte. Er hat in Leipzig studirt und hier voll. endet, auf eine Weise die keiner Empfehlung bedarf. Können Ew. Wohlgebohren etwas für diesen guten jungen Menschen in der kurzen Zeit, die er bey Ihnen bleiben wird, thun, so werde ich es als mir gethan mit dem grösten Dand ansehen und mit gröster Bereitwilligkeit erwiedern.

Ich bedaure, daß ich von dem erstern Calender kein gebundenes Ex emplar habe erhalten können, auch bin ich nicht gewiß, ob ich das rechte schicke; Sie sprachen vom ersten Calender, der erste enthielt die Physiognomick, und ganz am Ende, wo sie die wenigsten Leute suchten, eine astronomische Abhandlung. Jrre ich mich, so erwarte ich Ihre fernern Befehle.

Den Übersezer des Noung muß ich besonders um Vergebung wegen der Erklärung von Hogarths Kupferstichen bitten, es ist viel triviales darin, das nur allein unter der Rubric: heiliger Christ und Goldschaum hingeht. In meinen vermischten Schrifften dencke ich die Sache ernstlicher zu tracktiren.

448. An Wolff.

Liebster Freund,

Hertzlichen Danck zuvor

für die Mühe, die Ihnen die Freundschafft mit mir jezt macht zu einer Zeit da Sie so sehr beschäfftigt sind. So viel ich von Ihren Fragen beantworten kan, beantworte ich, es wird aber wohl etwas für meinen Bruder zurückbleiben.

Offenbar scheinen mir die mit Dux Gothorum & Vandalorum be zeichneten die einzigen Instrumente zu seyn, die der Wittwe nicht gehören, den Electrophor pp ausgenommen. Die Frage aber soll mein Bruder noch beantworten. Die übrigen hat der Seelige zuverlässig theils lange selbst besessen, theils aus Strohmeyers Auction gekaufft. Daß kein Hygrometer dabey ist wundert mich, er selbst hat auch nie des Umstands gedacht. Es gehört, wo ich nicht sehr irre, dazu; doch dieses kläre ich noch vor Abgang des Briefs auf. Denn ich schreibe gleich heute den 26 März, da ich für die künfftige Zeit nicht repondiren kan. In meinem Bette, wo mir allerley einfällt, woran ich in einer verticalen Lage nicht dencke, kam mir in den Sinn, wie ein Traum, daß der Herzog von Gotha auch Instrumente habe machen lassen und sie Behuf der Manheimer - Academie vertheilt, auch hierüber muß mein Bruder richten, wenn Gatterer es nicht kan, den ich bereits schrifftlich befragt habe.

Nun ad Quæstiones ipsas:

Der Bericht vom Zugießen bis an den Strich scheint mir offenbar nur für den Auspacker zu gehören (ob ich gleich gestehen muß, daß ich die Einrichtung gar nicht kenne) da, vermuthlich der größeren Transpor tabilität wegen, gar nichts, während der Reise, in der Kugel war. Ist ein Maasstab da, womit Sie die Distant unter dem Strich messen können, so ist alles gut und Sie suppliren per additionem was an Quecksilber abgeht. Auch können Sie auf meine Gefahr wieder Quecksilber bis an den Strich gießen, aber beym fallen wäre dann Subtractio nöthig u. s. w. Solten Sie nach vielem Zugießen mercken, daß es Luft bekäme über die Skale zu steigen,

so saugen Sie mit dem Munde oder mit einer Sprüße das überflüssige heraus. Das ist eben das Schöne bey der Delückschen Einrichtung, daß zwischen dem zuviel und zuwenig Quecksilber Millionen Fälle statt finden, wo es grade recht ist, und woraus man wählen oder tappen kan, ohne einen Fehler zu begehn.

Die Thermometra sind also Reaumurische Quecksilber Thermometer. Einen Sal amoniac Pundt pflegt man bey diesen nicht anzubringen, weil der Salmiacpunct blos eine Fahrenheitische Grille war, die jezt verworfen werden muß, weil wir jezt so vielerley Salmiac haben, daß der Punckt nicht mehr fir genannt werden kan. Wenn man also dem Fahrenheit zu Liebe noch jezt einen Salmiac-Punct setzt, so verfährt man so: nachdem die Röhre gut calibrirt ist, so theilt man die Linie zwischen Gefrier und Sied Punckt in 180 gleiche Theile; sezt beym Gefrier Punckt + 32 und beym Sied-Punckt +212, und 32 unter dem Gefrier Punckt getragen giebt Fahrenheits o, oder den Salmiac-Punckt, ohne sich darum zu bekümmern, ob, wenn man gleiche Theile Schnee und Salmiac mischt, das Thermometer darin auf o steht, welches wohl bey unsern manigfaltigen Salmiac-Fabriken nie mehr eintreffen möchte. Es ist freylich nicht gut, daß das freye Thermometer nur 15 Reaumürsche Grade unter Reaumurs o enthält. Das sind also grade nur 13/4 Fahren heitische Grade unter Fahrenheits Null oder 334 unter seinem Gefrier-Punckt (-13 Fahrenheit) und in Göttingen fiel das Thermometer 24 Grade unter Fahrenheits Null (auf — 24). Also vermuthlich in die Kugel bey Jhnen. Dafür kan der Beobachter nichts. Es ist Unsinn von den Leuten, denn bey uns ist 15 Grade unter Reaumurs o zwar eine hefftige aber um Neujahr ganz gewöhnliche Kälte. Dreymal habe ich in Göttingen das Reaumurische Ther. mometer 25 Grade unter seinem o gesehen. Tiefer aber nie.

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(Hierüber vor dem Schluß mehr)

Das Buch bitte ich mir gehorsamst grade zu auf der Post aus, jedoch allenfalls an Herrn Buchhändler Dieterich, weil ich mich gerne noch wegen der Einrichtung informiren wolte. Wegen des Electrophors habe ich folgende Einrichtung getroffen, der ehmalige Ummtmann, jezt Docent Bürger befindet sich zu Bissendorf ohnfern Zelle bey seinem Schwager, von woher er in Zeit von 14 Tagen oder 3 Wochen zurückkehren wird, dem werde ich schreiben, sich bey Ew. Wohlgebohren zu erkundigen und das In strument mit zu nehmen. Diese moderne Antike wünschte ich blos deswegen einmal wieder bey mir zu haben, weil nicht allein der gute Schernhagen sie so lange im Besitz gehabt hat, sondern weil auch unser großer Lessing, der nun nach Pastor Gößens Lehren im Phosphorus der Hölle ganz andere Versuche anstellt, sich bey mir über eine halbe Stunde damit beschäfftigt hat.

Ich würde nach diesem Instrument gar nicht einmal gefragt haben, wenn nicht bey meinem Apparat längst die Methode der Natur eingeführt wäre, daß, was heute ein schönes Mädchen war, morgen eine alte Frau wird, dann weggeworfen, Gras düngt, wovon eine Kuh frißt, die mir wieder Milch bringt, so gehts mit meinen Instrumenten.

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Den 28ten März.

So eben war der junge Gatterer bey mir. Die beyden bezeichneten Instrumente gehören dem Herzog von Gotha, so wie ich vorgestern gemuthmaset hatte. Es ist kein Hygrometer dabey. Also alle Instrumente ausser diesen können Sie kühnlich der Madame Schernhagen zurückgeben. Den Electrophor pp ausgenommen. Er denckt, daß es nur ein Wort kosten würde, so würden Sie ein Hygrometer erhalten. Er hat mir auch die Manheimsche Instruction gegeben, die ich auf meinen Posttag beylege. Gatterer sagt, er observire beym Barometer nur oben (daß Gott erbarme). Die Tabellen können Sie einschicken, wann Sie wollen, alle Jahre oder alle 1/2 Jahr. Sie fangen die Beobachtungen so bald an als Sie wollen. So wenig sich die Witterung nach den Beobachtern richtet, so wenig richten sich in solchen Fällen die Beobachter nach der Witterung. Eine Correspondenz zwischen Ihnen und dem jungen Gatterer würde sehr nützlich seyn. Es ist ein sehr guter Kopf, der künfftigen Winter Collegia zu lesen anfängt, dabey unermüdet dienstfertig. Da von Ihnen beyden künfftig doch unsere Witterung abhängen wird: so wäre dieses um so mehr wünschenswerth, ich will die Briefe besorgen. Gegen Ihre Aufhängung des Thermometers habe ich nichts, doch möchte nöthig seyn eine Vergleichung anzustellen. Hängen Sie Ihr Thermometer erst an dem bestimmten Ort auf nebst einem andern, vergleichen den Stand gnau, alsdann bringen Sie eines an ein ungeheiztes Fenster und sehen ob es einen Unterschied giebt. Anders wüste ich mir nicht zu helfen. Uebrigens glaube ich im voraus, daß Ihr Verfahren hinlänglich gut ist. Nochmals erinnere ich, halten Sie sich an den guten Abbt Hemmer, er ist ein für die Physic enthusiastisch eingenommener Mann, der bey dem PfalzBayrischen Churfürsten viel gilt, er wird Sie gewiß so unterstüßen, wie es ein Mann von Ihrem Geist und Denckungsart verlangt. Sie müssen ihm aber nicht übel nehmen wenn er wolf statt Wolf und fon statt von schreibt. Als ich den ersten Brief von ihm erhielt stiegen mir folgende Ferse, schreibe Verse, auf:

Dem f. gebührt der Rang, das kan ich leicht beweisen,

H. v. kan bloß Herr von, H. f. auch Hundsf --- heisen.

Von den Gläsern, die in Schernhagens Stube gehangen, ist mir wenig bekannt. Ich bin auf seinem Arbeits Zimmer nie anders als des Abends

gewesen, wenn ich von der Post kam. Logirte ich bey ihm, so war unsere Zusammenkunfft immer auf meiner Stube, weil ich ihn nicht zu stöhren getraute.

Das Glaß mit den Kugeln ist gewiß ein so genanntes Gewitter Glas, es sind Kugeln, wie Cartesianische Teufel, man giebt ihnen so viel Schweere, daß sie bey der Kälte finden, wird es warm, so treiben sie das Wasser aus und steigen, Dieses kan man nun so modificiren, daß man für jeden mercklichen Grad von Wärme eine eigne Kugel hat. Das Instrument ist nicht zu verachten, wenn es gut ist. Das mit den vielen Hälsen kenne ich nicht, geben Sie mir eine flüchtige Zeichnung, so kenne ich es vielleicht.

Die Beobachtung des Windes ist freylich eine Sache die alle Meteoro logen quält. Gatterer observirt die Wetterfahnen, der Alte Gatterer so wohl als der Junge. Ich würde noch rathen hauptsächlich sich der Wolcken zu bedienen, wenn welche sind, des Becker Rauchs pp. Wenn kein Rauch ist, so kan man allenfalls selbst welchen machen und eine Gans anbrennen lassen. Die Wolcken müssen so nahe am Zenith beobachtet werden, als möglich. Man fehlt da selten um 1/16 des Horizonts, und der Wind ist es eigentlich, den der Meteorologe nützen kan, die Privatwinde, lieber Gott! die wehen, und wehen in jedem Visiten Zimmer anders.

Die geographische Länge und Breite von Hannover nächstens. Ich weiß sie nicht auswendig, und die Bibliotheck ist heute zu, so wie hier mein Brief. Adieu

[Göttingen] Den 28 März 1785.

449. An J. G. Müller.

G.C.L.

Liebster Freund,

Keinen Stammbrief schreibe ich Ihnen heute, sondern ein bloses Schmaroßer Pflänzchen, das bestimt ist, sich an Dieterichs majestätisches Libell anzuhängen, und so unvermerckt durch die Finger der Post Sekretäre nach Jehoe zu schlüpfen.

Ihr Roman gefällt mir fast mit jedem Bogen besser, und ich bin nun überzeugt, daß meine neuliche Weissagung eintreffen wird. Die geheimen Gifftmischungen der Liebe und unschuldigen Ingredientzien habe ich fast nirgends schöner gelesen, als hier zwischen Sophie und Wildmann. Seit dem Bogen J inclusive habe ich die Ehre Jhr Corrector zu seyn. Ich bin zwar auch ein sehr elender Sterblicher in diesem Stück, allein suppliciren lasse ich doch

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