Imagens das páginas
PDF
ePub

nicht statt suppliren durchwischen, wie auf einem der Bogen kurtz vor dem J. Dieser Druckfehler machte, daß ich die Feder 30g; ich hatte bald darauf auch würcklich das Vergnügen, ein herrliches frech wie die Göttinn der Jugend aus dem Bogen wieder in den Schrifftkasten zu jagen und mit frisch zu suppliciren. Auch habe ich einen kleinen Rechnungsfehler verbessert, welches Ihren Beyfall erhalten wird. Sie sagten: Ihr Herk (gnau erinnere ich mich der Worte nicht) stund nach Fahrenheits Thermometer wenigstens 10 Grad über dem Sied Punckt. Das sind über 220 Grade über dem Gefrier Punckt. Fahrenheits Gefrier Punckt steht aber nicht bey o, sondern bey 32 (denn o ist sein Schnee und Sal amoniac). Ich habe also gesagt, über 190 und, auf daß es hoch klänge, gesagt: über Einhundert und Neunzig Grade über pp. Es geht mir mit dieser Correcktur offt lustig. Ich seze mich nieder, zu corrigiren, und wenn ich 3 Blätter gelesen habe, so mercke ich, daß ich gar an die Correcktor Pflichten nicht gedacht, sondern blos gelesen hatte. Solcher Contre Märsche, mit Herrn Walther zu reden, thue ich bey jedem Marsch wenigstens 2. Wenn Sie einen Fehler finden, so sagen Sie ja nicht, daß Dieterich seinen Corrector zum Hause hinaus jagen solte; das würde für mich eine verfluchte Winter Campagne sezen.

Recht herßlich dancke ich für die grose Anzahl ausgesuchter Subskribenten. Ich werde so viel als möglich Sorge tragen, daß wir nicht nöthig haben, den Fächer vor manche Nasen zu halten. Diese Ostern aber konte unmöglich etwas daraus werden, auch wenn ich gewolt hätte. Es ist für die Kupferstiche keine Zeit gewesen, und die werden das beste bey der Charteke seyn. Mein Avertissement solte auch eigentlich nur einen ehrlosen Entrepreneur auf die Finger klopfen. Meine Freunde werden mir das verzeyhen.

Was das für eine Witterung ist! fast glaube ich selbst, was einmal eine Dame in meinem Vaterlande behauptete, daß die Welt näher nach Amerika gerückt ist! Da ich schlechterdings kein Holtz mehr kauffen mag, so habe ich mir vorgenommen, Bücher zu brennen, und morgen werde ich mit den Dogmaticis den Anfang machen, und sodann zu den Polemicis schreiten, und da hoffe ich doch einmal einen warmen Fuß zu kriegen.

Gant im Vertrauen, vielleicht wird Francks Stelle mit einem meiner besten Freunde und sehr nahen Bluts Verwandten, einem Vaters SchwesterSohne von mir, wieder besezt. Dieses würde das Ausfallen meiner Haare vielleicht hindern, und, wenn auch dieses nicht wäre, gewiß meinem Leben etwas zulegen, oder doch machen, daß ich es vergnügt beschlösse. Den Nahmen kan ich Ihnen noch jezt nicht sagen, und das ist auch hier noch in so fern entbehrlich, als ich nur blos will, daß Sie als Freund von mir Antheil daran nehmen; für den Freund von Göttingen hat es noch Zeit. Die Stelle ist ihm förmlich angetragen, allein er steht jezt zu gut, und dann ist die hiesige Lichtenbergs Briefe. II.

15

medizinische Fakultät mit ihren Uneinigkeiten zu bekant, um einen solchen Mann zu bewegen; indessen Hofnung ist da.

Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Sophie; ich weiß jezt keinen treffendern Nahmen für Ihre Frau Liebste; meinem lieben Pathen N. (das N. soll wegfallen, sobald Herr Wildmann taufen läßt) und allen Ihren und meinen. Freunden.

[blocks in formation]

Wenn ich ächten Goldstaub hätte, so würde ich ihn reichlich auf den neuen Titul, das Band, streuen, womit Sie, liebster Freund, uns mit so viel Güte immer näher zusammen zu schnüren suchen. Sie haben mir mit dieser Gevatterschafft eine Freude gemacht, die die jugendliche Würckung auf mich hatte, daß ich 4 Gläser Wein an dem Tage mehr getruncken habe, als ge. wöhnlich, und würcklich mit den Tapeten von Freundschafft zu sprechen an fieng. Haben Sie tausendfachen Dank für Ihre Liebe. Ich habe sie bis jezt unverdient besessen; so wie Ihre Kinder heranwachsen, sehe ich doch nach und nach die Möglichkeit ein, Ihnen dereinst zeigen zu können, daß Sie keinen Unwürdigen geliebt haben, wenn mir der Himmel das zum Beweiß gehörige Leben läßt. Empfehlen Sie mich Ihrer vortrefflichen Liebsten mit allen den Ausdrücken der Freundschafft, die Ihnen die Kentniß meiner Gesinnungen an die Hand geben muß. Und meinem lieben kleinen Pathchen zeigen Sie diesen Brief; vielleicht erinnert sie sich dereinst, daß ihr von Freude halb be thörter HErr (S. T.) Pathe mit zweyerley Dinte geschrieben hat und ein G. gemacht hat, das seit 1755 in keinem seiner MSS. angetroffen werden wird, ein wahres ana§ heyóμevov. Einen gröseren Beweiß, daß einen die Freude fast kindisch macht, konte ich Ihnen nicht geben, als dieses G., das mich Herr Keim ehemals lehrte.

Schreiben Sie mir einmal, was Sie mit Ihrem jungen Sohn für Ab. sichten haben, und wann er wahrscheinlich hieher kommen wird, so können wir vielleicht alles wohlfeiler haben. Ich habe mich bisher noch für keinen Menschen verwendet, vielleicht kan ich hier thun, was andere nicht können, die zu offt kommen. Ich rede hier von Freytischen; in andern Dingen bin ich schon mit dieser Sparsamkeit glücklich gewesen, also hoffe ich es auch hier

zu seyn. Wenn der junge Mensch Anlage zur Naturkunde hat, so lassen Sie ihn Medicin studiren, daran fehlt es jezt in der Welt, und man sieht sehr darauf. Ferner, liebster Freund, glaube ich Ihnen versprechen zu können, Ihrem Herrn Sohn alle Collegia frey zu verschaffen. Eben wegen meiner Sparsamkeit in diesen Angelegenheiten. Nur ein einzigesmal habe ich in meinem Professor Leben einem Menschen, der es von Seiten des Genies sowohl, als des Beutels werth war, so durchgeholfen; daher greifft meine Bitte mehr ein. Ich hingegen habe jezt auf meiner Liste in der Physic, da sich bereits 82 aufgeschrieben haben, ob ich gleich erst in 3 Wochen zu lesen anfange, schon 7, die ich auf Empfehlung frey durchgehen lasse. Lassen Sie uns alles dieses wohl überlegen. Es ist jezt Zeit dazu. Ich gebe die Parole: Sprachen und Medicin; höchstens Jurisprudentz! Ja, ja keine Theologie! Leidet aber die Anlage nichts anderes, alsdann in Gottes Nahmen auch Theologie!

Was ich zu Ihrer Erziehungs Anstalt beytragen kan, werde ich mit dem grösten Vergnügen thun, und es hat mich sehr gefreut, daß Sie mir davon Nachricht gegeben haben.

Die Göttingschen Zeitungen bekomme ich, als bestallter Mitarbeiter, gratis. Geben Sie mir eine bequemere Gelegenheit an, können Sie sie monathlich von mir erhalten.

Reisen, mein Lieber, macht mich gesund, das weiß ich aus Erfahrung. Ich bin nie gesunder, als wenn mich das Posthorn aus dem Schlafe weckt. Heute ist hier das iste Stück des 4ten Jahrgangs Göttingischen Magazins ausgegeben worden, darin finden Sie den Orbis pictus weiblicher Bediente. Empfehlen Sie mich dem Wochenbette. . . .

451. An Friedrich August Lichtenberg.

Göttingen, den 20. May 1785.

Die Überbringer dieses Briefes sind Herr Görtz, ein sehr reicher Hamburger, der nach Strasburg geht, und unser Herr Professor Meyer, der zugleich Custos der Bibliotheck ist, mein sehr guter Freund, Hausgenosse und nächster Nachbar. Er hat mich sehr um einen Brief an Dich und meinen Bruder gebeten, und solche Bitten, wie Du weist, lassen sich nicht abschlagen. Da er aber Herrn Schleiermacher sehr gut kennt, so wird Dir dadurch die Last etwas erleichtert werden.

Daß drey königliche Prinßen hieher zu studiren kommen, wirst Du vielleicht schon gehört haben, die Particularia fan Dir Herr Professor Meyer erzählen, so wie er Dir von allen Universitäts Neuigkeiten Bericht abstatten

wird. Ich habe in meiner Physic diesen Sommer 112 Zuhörer und darunter 5 Grafen: einen Grafen von Bünau, 2 Grafen Telecky, einen Grafen von Kielmansegge und einen Grafen von Walmoden, den reichsten Mann dereinst im Lande. Dem Herrn Professor Meyer würde es sehr angenehm seyn, bey Herrn Gazert introducirt zu werden. Er ist sehr introducible, weil er ein wahrer Weltmann ist, nur bey sehr viel mehr Kentnissen, als Weltmänner gemeiniglich befizen. Er macht daher auch seit Diezens Abgang die Honneurs bey der Bibliotheck. Empfehle mich Deiner lieben Gattinn und dem kleinen Schelmen von Jungen gehorsamst. Wenn er nach Göttingen geht, so laß es mich doch 14 Tage vorher wissen, so will ich ihm bis Cassel entgegen reiten. Lebe recht wohl. . . .

452. An Johann Joachim Eschenburg.

Göttingen den 13. Juni 1785.

Ich dancke Ihnen auf das verbindlichste, theuerster Herr Professor, für die sinnreichen Bemerckungen, die Sie und Herr Hawkins, dessen angenehmer wiewohl leider nur einige Minuten genossener Gesellschafft ich mich mit Vergnügen erinnere, über meine Erklärung einiger Hogarthischen Kupferstiche gemacht haben. Ich finde sie so vortrefflich und die meisten darunter so simpel und natürlich, daß ich bey einigen kaum begreifen kan, wie ich sie habe verfehlen können. Doch mag der Grund davon hauptsächlich in folgenden Umständen liegen. Ich habe sehr vieles aus Büchern oder Unterredungen mit Engländern, die ich in diesem Stück gleichsam als gebohrne Judices competentes ansehen muste, und die noch dazu im Eifer öffters ihre Meinungen mit Zeugnissen belegten, deren Gültigkeit ich zwar annehmen oder verwerfen, aber nicht prüfen konte, und da wissen Sie wie viel schwerer es ist unter solchen Umständen das bessere zu finden, als wenn man gantz frey ist. Ferner habe ich vieles notirt ohne die geringste Bemerckung vom Grad der Richtigkeit desselben, und habe mich dabey offt so sehr auf mein Ge dächtniß verlassen, daß ich offt, wenn ich die Beschreibung machte, mich blos meiner Noten bediente ohne mir die Mühe zu nehmen, das Blatt selbst zur Hand zu nehmen, zumal, da alles für einen Calender bestimmt war, der offt in der nächsten Stunde schon von einem andern verdrängt wird, und gewiß am Ende mit sammt seinem Verdränger in den Kinderstuben sein Grab findet. Endlich da ich diese jährliche Beschäfftigung, die ich schon längst aufgegeben hätte, wenn ich nicht damit einen gantz beträchtlichen Hauszins bezahlte, ge. meiniglich aufs äusserste verschiebe, so schreibe ich gewöhnlich unter einem be ständigen Mahnen und Bitten des Verlegers, Seters und Druckers, daß ich

gewöhnlich die Last mehr abwerfe, als sanfft abseße, daher es denn, wenn der Pack aufgemacht wird, auch darin darnach aussieht. Daher rühren denn hauptsächlich die vielen Unterlassungs Sünden: die verhungerte Katze, das died aged 23, das vortreffliche beautified in der Kirche, das würcklich für Sinn und Ausdruck das ist, was das bekannte renofadum der deutschen Weißbinder blos für die Rechtschreibung gewesen wäre pp. In der Ausgabe meiner Schrifften werde ich sorgfältiger zu Wercke gehen, auch das gesagte nochmals sorgfältig prüfen, und mich Raths erholen in London und nunmehr sicherlich auch in Braunschweig.

Nun ein Paar Worte über Ihre Bemerckungen.

Daß der Jockey seine Dienste anbietet will mir doch nicht ganz einleuchten ob ich gleich gerne zugebe, daß ihn die Schwere des Gefäßes in diese Lage bringt, weil er auch so gar sein Käppchen nicht einmal abzieht. Denn da die Reiter die Gefäße nicht gewinnen, sondern die Besitzer der Pferde (ja erstere bekommen das Geschirr wohl gar nicht einmal zu sehen und noch weniger unter die Hände, als etwa in dem Falle vor uns, da der Herr beym Rennen nicht gegenwärtig war), so hätte er es zu diesem Gebrauch borgen müssen. Zum anbieten wäre vielleicht ein Empfehlungsschreiben mehr im Costume gewesen. Jedoch hat Jhre Erklärung sehr vieles für sich.

Ihre Gedancken über das Urtheil des Paris sind vortrefflich, man fühlt die Wahrheit derselben. Ich dachte, weil hier keine Mädchen vorkommen, so hätte Hogarth sagen wollen: Wie es hier bey Tage im Parlour zugeht, so geht es des Nachts auf dem Berg Jda in the bedchamber. Ich werde in der weiteren Ausführung von allen Ihren Erklärungen mit öffentlichem Danck Gebrauch machen. Doch wird es, glaube ich, nicht schaden hier und da wenigstens conjecturas variantes, wie Lectiones variantes beysammen stehn zu lassen. Denn wenn sie munter erzählt werden, so unterhalten sie allemal, eben deswegen weil sie den Geist des Lesers mit Abwägung des Gehalts beschäfftigen. Mir hat bey Lesung alter Schrifftsteller öffters die Vergleichung der Lesarten mehr Vergnügen gemacht, als die Stelle die ihr Licht von derselben erwartete.

Bey den Kayßer Köpfen kan Herr Hawkins gar wohl recht haben, allein meine Muthmaßung gewinnt, so bald man den Hogarth_nicht aus einem Blatt, sondern aus allen seinen Wercken und nach dem ganzen tenore seines drolligten Geistes erklärt, vieles, 3. E. daß er in der Marriage à la mode, in dem Bagnio, wo der Held erstochen wird und ein Urtheil Salomons die Tapete ausmacht, das Gemählde einer Frauensperson so anbringt, daß die Beine eines Kriegsknechts ihr zuzugehören scheinen, und selbst der Einfall mit den Hörnern der Kuh in dem Stück the Evening gehört ebenfalls hieher.

« AnteriorContinuar »