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Tiefe des Hafens durch die Menge der Schiffe die Aussicht versteckt; Sie sehen die See da, so wie die Tanne am neuen Thor zu Darmstadt. Uber, liebster Freund, versuchen Sie ja eine kleine Seefahrt, wäre es auch nur auf einem Fischerboot, wenigstens 3 bis 4 Meilen vom Lande. Sie werden da Dinge sehen, wovon sich ein Mittelländer keinen Begriff machen kan. Ich bin sechsmal zur See gewesen, und einmal in Gefahr, allein im Jahr 1778, da ich nicht in Gefahr war, wiewohl der Wind hefftig wehte, hatte ich einen Anblick den ich nie vergessen werde. Das Meer schlug hohe Wellen, Muschelförmige tiefe Ausschnitte, die leicht 30 bis 40 Fuß in die Länge haben mochten; darauf schwebte unser Schiffchen sicher, aber wie ein Strohhalm. Ich stund auf dem Verdeck und hatte mich mit einem Strick an dem Haupt Mast fest gemacht. Etwas gröseres habe ich nie gesehn. Das unaufhaltsame im ganzen, die menschliche Verwegenheit und der Geist der sich hierin zeigt, verbunden mit dem Donner der Wogen, denn es ist ein wahrer Donner, was man aus der Ferne hört, haben mir in Wahrheit Thränen, ich weiß nicht wie ich sie nennen soll, der Andacht, des Entzückens oder der Demüthigung vor dem grosen Urheber ausgepreßt. In der Cajüte lagen Leute, die glaubten, es ginge zum Ende. Es ist kein größerer Anblick in der Natur. . . .

So eben werde ich wieder gestört, wiewohl auf eine sehr gute Art, es läßt sich der Herr ViceBerghauptmann von Trebra bey mir melden; ich breche also, um die Post nicht zu versäumen, kurt ab, und verbleibe . . . .

483. An Nicolai.

Wohlgebohrner,

Hochzuverehrender Herr,

Werthgeschäzter Freund,

Wenn Ew. Wohlgebohren die Einleitung zu diesem Brief, die ich Ihnen durch die Herrn von Moutach und von Tillier zu senden mir die Freyheit genommen habe, später erhalten solten, als diesen Brief selbst, so bitte ich gehorsamst einsweilen auf Credit meiner Rechtfertigung gegenwärtige beyden Bernischen Cavalliere, den Herrn von Kilchberger und von Gingins mit Ihrer gewöhnlichen Güte aufzunehmen. Sie gehören sicherlich, so wie die beyden erst erwähnten, mit unter die vortrefflichsten jungen Leute unserer Universität, zu welcher auch diese wieder zurückkehren, da erstere auf immer abgegangen sind. Ich will nicht hoffen, daß Sie sich meiner Empfehlungen wegen die mindeste Ungelegenheit machen, wäre dieses unvermeidlich, so klagen Sie nicht mich, sondern Ihren Ruhm an.

Das Denckmal, welches Sie Moses Mendelssohn in Ihrer Bibliotheck

errichtet haben, ist vortrefflich, und hat mich bis zu Thränen gerührt. Ich lese es täglich wieder. Die Häupter sterben hin und Gott weiß was die Erbprinten machen werden. Der Laudator temporis acti regt sich täglich stärcker in mir, ich fürchte fast, daß es Alter ist. Ich weiß nicht.

Allein Sie, werthgeschäzter Freund, Sie müssen Mendelssohns Biographe werden. Erlauben Sie mir einmal, daß ich frey rede, ́ man ist bey offnem Herzen nirgends besser aufgehoben, als bey Ihnen.

Es zeigt sich hier, wie mich dünckt, für Sie eine Gelegenheit, ein Zu sammenfluß von Umständen, Ihren bereits gegründeten Ruhm mit einem Werck zu krönen, die ich möchte fast sagen seltner sind, als das Genie sie zweckmäßig zu nüßen. Das Leben Mendelssohns müßte unter Jhren Händen ein Fundamental-Werck für die Menschheit werden. Tolerant, wahre GottesErkenntniß, wahrer Protestantismus, Ueberzeugung daß man, ohne Kayßer oder König von Preußen zu seyn, in dem einen bescheidenen Sprengel, ohne einen Groschen auszugeben, sehr viel gutes thun kan, wäre es auch nur der Almosen der Verträglichkeit und der der Zeit angemessnen Anschmiegung an Lehrmeinungen, die sich noch nicht umschaffen lassen; Hofnung, daß diese Almosen, in dem großen Schatz zur Besserung der Welt niedergelegt, dereinst sicher ihre Interessen tragen werden; Uebung eigner Denckkrafft der Mitglieder des Raths über Wahrheit und Irrthum ohne Rücksicht auf Nahmen, zu allem diesen würde sich Gelegenheit finden, und zwar eine, die vielleicht in Jahrhunderten nicht wieder kommen mögte. Es wird so bald kein Mendels sohn wieder sterben, und geschieht es in hundert Jahren etwa einmal wieder, wird da auch ein Nikolai wieder da seyn, der der Welt mit der Kenntniß und Überzeugungskrafft für die stärckern und mit dem Credit und Autorität für die schwächeren, also für alle auf einmal mit der Macht des Stils, die Sie besitzen, sagen können wird, das haben wir verlohren, so sieht es um unser Vaterland aus und das müssen wir thun. Sie können das alles sonst tausendmal sagen, aber das Publikum wird so leicht nie wieder die Disposition haben es so aufzunehmen. Man will jezt etwas lernen und annehmen und der Beyfall fliegt Ihnen entgegen. hätte ich doch Mendelssohn gekannt O wie Sie, hätte ich Ihre Erfahrung in der Welt und Ihre Thätigkeit. Ich schickte Ihnen wahrlich statt dieses gantzen aus dem Herzen fließenden Zurufs das Manuscript zum ersten Bogen. Mendelssohn wird auf diese Weiße vollenden, was er angefangen hat. Sie werden sein Leben fortleben, wenn Sie sich der Arbeit unterziehen. Glauben Sie, Jhres verstorbenen Freundes Seele hat sich Ihnen nicht vergeblich mitgetheilt. Im physischen lebt das zerstörte noch immer in Nachkommen fort, warum nicht auch hier? Ø nützen Sie diesen Zeitpunckt mit der Welt ein Wort zu reden. Sie hat ihre eigne Weiße und die Krafft der Lehre ihre Zeiten; geht diese vorüber, so

wird ein Augenblick im Kampf mit Aberglauben, falscher Religion und falscher Philosophie pp versäumt, den unsere Augen nie wieder haben werden.

Ich habe noch nie Subscribenten gesammelt; für dieses Werck verspreche ich Ihnen meinen ganz unbeschränckten Beystand von der Seite, ich will alles thun, was ich in der Welt kan, doch eines solchen Beystandes bedarf ein solches Werck nicht.

Lassen Sie sich doch ja dieses gesagt seyn, denn wer in aller Welt will es thun, wenn Sie es nicht thun?

Leben Sie recht wohl und vergeben Sie mir meine Zudringlichkeit, ich meine alles wohl, und verharre Hochachtungsvoll

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Antwort: Der Nahme Flintglas ist an sich sehr unschicklich, denn Flint heißt auf englisch ein Kiesel und so könnte man jedes Glas beynahe Flintglas nennen. Eigentlich wird hier darunter ein Glas verstanden, wovon der Cubic Zoll (französisches Maaß) 13 bis 1400 Gran wiegt. Dieses kan nur allein durch einen starcken Zusatz von Bleykalck möglich gemacht werden. Die Verhältnisse der Materien, die ich in Büchern finde, sind, daß gegen 24 Cheile reinen Kiesels 7 Theile Bleykalck und 8 Theile Salpeter genommen werden; doch haben andre aus einem Pfunde des weißesten Sandes, einem Pfund Bleykald, einem halben Pfund Pottasche, und einem Loth Salpeter ein vortreffliches Glas erhalten. Nach Herrn de la Lande hat ein gewisser Herr Passement ein solches Flintglas erhalten, da er 6 Ungen reinen Sandes mit 4 Ungen Pottasche, 5 Unzen Mennige und 8 Granen Braunstein ver. mischte. Das ist alles, was ich von den Ingredientzien sagen kan, alles kömt hier auf Versuche an, die auch gewiß in Grünen- Plan mit leichter Mühe, im Kleinen wenigstens, wiederholt werden können.

2) Wie die muß es seyn?

Antwort: Joll ist vollkommen hinreichend, etwas darüber oder darunter schadet nicht. Was die Größe überhaupt anbetrifft, so ist es hinreichend, wenn ein Quadrat verfertigt wird, dessen Seite 6 bis 7 Jolle beträgt. Ein kleineres würde schon willkommen seyn.

3) Welche Fehler müste man bey Derfertigung desselben vermeiden?

Antwort: Dieses ist die Hauptfrage. Man müste vermeiden, daß es, utrinque plan geschliffen, im Schatten des Sonnenlichts keine Streiffen zeigte, darauf kömmt alles an, und hierin liegt der Punckt, und ist das, was die besten Chymisten noch bis jezt nicht haben erreichen können. Es ist also, wie mich dündt, hier vorzüglich nöthig auf eine gleichförmige Mischung der Materialien zu dencken. Ob dieses durch feinreiben auf dem Reibstein, oder sonst auf eine Art erhalten werden könne, lasse ich Ew. Wohlgebohren anheim gestellt: Hierauf kömmt alles an, und ist eigentlich, was das große Problem verursacht hat. Keine Adern und Streifen, wenn man die Sonne durchscheinen läßt. Utrinque Plan, wie eine Spiegelplatte geschliffen, muß es, gegen die Sonne gehalten und den Schatten mit Papier aufgefangen, keine Adern zeigen. Kleine Blasen und selbst etwas Farbe thun nichts zur Sache, nur keine Streifen.

4) Wie viel wäre des Jahres abzuseßen?

Antwort: Nicht sehr viel, indem es blos zu optischem Gebrauch dient, wo der Absatz nicht anders als gering für den Manufacturier seyn kan, so wichtig er auch für die Wissenschafft ist.

5) 3ft Cerussa oder Minium der stärckste Bley Kalch? Antwort: Ohnstreitig Minium, denn Cerussa (Bleyweiß) verdient nicht einmal den Nahmen von Bley-Kalch im eigentlichen Verstand.

6) Ob ich mich mit der Sache befangen wolle? Antwort: mit dem grösten Vergnügen, sobald ich durch Versuche gefunden habe, daß sich alles so verhält wie es der Physiker voraus sezt. G. C. Lichtenberg.

Göttingen den 14 May

1786.

485. An Kästner.

P. P.

Da ich Herrn Voigts Gedancken theils vor einigen Jahren aus seinem Munde, theils nunmehr deutlich aus Ew. Wohlgebohren Anmerckungen kennen gelernt habe, so war es mir kaum möglich seine Abhandlung durchzulesen. Ich weiß in der Welt nicht, wie der Mann so etwas für neu und wichtig genug halten kan, Ew. Wohlgebohren vorzulegen. Er hätte doch die Schrifften des Mannes erst befragen müssen, den er selbst befragt. Ausserdem hat sich auch Karsten sehr umständlich darüber erklärt, auch Röhl u. s. w. Der Versuch ist sehr schön Mariottens Gesetz zu prüfen, weil es sehr viel leichter ist Lufft auseinander zu ziehen (negativ zu comprimiren) als positiv,

Lichtenbergs Briefe. II.

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wo es mehr kostet und gefährlicher ist. Allein zu Eudiometrischem Gebrauch würde ich, aus Erfahrung, nie dazu rathen, da ist es immer wo nicht besser, doch bequemer, die Röhre so tief in Quecksilber zu tauchen, als es inwendig steht. Man muß, dünckt mich, das Instrument immer so viel thun lassen, als es thun kan, wie hier der Fall ist, zum Rechnen ist ohnehin Raum genug, wo man die Abhängigkeiten ohne Anwendung der Geometrie nicht mehr übersehen kan. Aber ich glaube aufferdem überhaupt, daß das Quecksilber zum Eudiometer nicht taugt, und zwar aus chemischen Gründen. Denn so bald Salpeter-Lufft sich mit einathembarer vermischt, so geht eine Scheidung der erstern vor; die Salpetersäure zeigt sich in Orange gelben Dämpfen und fällt nieder. Dieses hat nun bey dem Wasser Eudiometer nichts zu bedeuten, da vermischt sich die Salpeter Säure mit dem Wasser in der Tonne. Allein beym Quecksilber ist das ganz anders; die nieder fallende Salpeter-Säure legt sich auf das Quecksilber in der Röhre, greift solches an, und erzeugt von neuem Salpeter Lufft, grade die, die man zur Mischung und Prüfung gebrauchte. Die Herrn Gothaner (bey denen das Quecksilber-Eudiometer jezt eine rechte favourite Topick ist) wollen mit ihrem Quecksilber dem Umstand vorbeugen, daß bey dem Wasser-Eudiometer etwas Lufft aus dem Wasser der Tonne durch Schütteln sich herauf ziehen kan, und ich fürchte, sie begehen einen zehn mal größeren und nicht zu schäßenden Fehler. Als eine Methode die Elasticitäten der Lufftarten (unvermischt) zu prüfen lasse ich das Verfahren gelten, weil es so sehr bequem ist, und dem Geometrischen näher gebracht werden kan, als die Compressionen, die so viele entfernte Umstände erfodern. Aber allgemein läßt es sich auch nicht anwenden, denn es giebt Lufft-Arten, die einzeln das Quecksilber sogleich angreiffen, und da ist alles Schätzen am Ende.

Das Errlebensche Compendium ist nach anderthalb Jahren gänzlich verkaufft. Ich werde also die Ehre haben noch, wills Gott, vor Michälis Ew. Wohlgebohren mit einer 4ten Auflage aufzuwarten, wo die Errores tam vincibiles quam tunc invincibiles von meiner Seite begangen, nach Ver. mögen, ausgemerzt werden sollen. Die drey ersten Bogen sind schon in der Druckerey. Hierbey aber muß ich gehorsamst bitten, daß Ew. Wohlgebohren mir die Güte erweißen, die Sie mit von mir bewunderter Gedult Herrn Vogt erwießen haben, ich meine anzuzeigen, wo Sie Fehler gefunden haben. Auf Aenderung des Plans kan ich mich unmöglich einlassen, ich schreibe lieber ein neues Werck, so sehr ich auch die Unbequemlichkeiten des jetzigen fühle.

Hauptsächlich wünschte ich aber Ew. Wohlgebohren Meinung über die Sätze § 129 und § 130 (beyde am Ende) zu vernehmen. Ich muß gestehen, ich kan mich da nicht in Herrn Errlebens Behauptungen finden, wenigstens getraue ich mir das Gegentheil eben so starck zu erweißen.

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