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machen sie würcklich einen Winckel von 30 Graden mit dem Horizont, so ist aus der Trigonometrie bekant, daß der sinus des Winckels von 30o = dem halben radius ist, folglich müste das höhere Ende der Dräte wenigstens 160 Fuß von der Erde entfernt seyn*), eine ganz ansehnliche Höhe von einem Gebäude, das also durch mäßige Veränderungen in der Temperatur der Lufft Schwanckungen erleiden kan. Pater Boscovich hieng einmal an einer langen Kette aus einer Kuppel herab ein Fernrohr auf, und richtete es auf einen entfernten Gegenstand, der Tag war bedeckt, auf einmal schien die Sonne aussen auf die Kuppel des Gebäudes, und siehe, der Tubus wurde sogleich verrückt. Mayer sagte von dem hiesigen Stein, an welchem der Mauer Quadrant hängt, er verhielte sich zuweilen so, als wenn er Odem schöpfte. Wir achten hierauf im gemeinen Leben nicht, auch fehlen uns die Mikrometra dazu, allein so viel ist gewiß, daß unsre Häußer wenig ruhen, und die Zeit bedient sich dieses Hin und Herbiegens mit, den Pallästen ein Ende zu machen. Ist Holzwerck an dem Gebäude, so kan die Feuchtigkeit auch etwas dazu beytragen, so krachen unsere Kleiderschräncke und Treppen, und in den Glasschräncken klingts sogar. Ehemals bediente sich der Teufel dieser Hygrometer zu allerley Teufelszeug, wie aus der Physica anili ac ancillari hinlänglich bekant ist. Magnetisches muthmase ich darin nichts, doch ist freylich hierüber viel zu wenig bekant. Auch hier frage ich: ist es würcklich an dem, daß man die Saiten von Osten nach Westen gespannt hat, und hat man es gethan, waren die übrigen Umstände auch alle gleich? Hatte man zum Erempel auch gleich da Plaz, sie an ein 160 Fuß hohes Gebäude anzuhängen pp? Dergleichen Dinge kosten, und man geht schwer daran, zumal wenn man schon ein Liebchen von Hypothese unter seinem Herzen trägt. Man hat da selten Ruhe genug, die Widerlegung abzuwarten. Auch geht ja der magnetische Strohm nicht gerade von Süden nach Norden, sondern wird zu Basel mercklich abweichen. Doch respectire ich gern jede Muth. masung, und die Männer verdienen gewiß Danck wegen ihrer Riesen Harfe. Würden mehrere Versuche in das Riesenmäsige getrieben, wie weit würden wir nicht schon seyn! Weiter weiß ich keine Erklärung, ich müste denn noch die hierher rechnen, daß sich die Sperlinge und Krähen zuweilen darauf setzen oder die Weinschröter und Fledermäuse sich die Köpfe daran entzwey stiesen. Es ist allemal schwer, eine Erklärung über eine Sache zu machen, die man nicht selbst beobachtet und nach den jedesmaligen darüber gemachten Erklärungen wieder probirt hat.

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Das zweyte Problem von dem herausfliegen des Korcks ist gewiß ein Mißverständniß, es soll heisen: in die Bouteille hinein gedrückt. Dieser

*) Es müste denn seyn, daß die Dräte bergan gespannt wären.

leztere Versuch ist gar gemein zur See und würcklich ein Spiel der Matrosen. Die Wärme, wie Du meinst, kan es nicht seyn, denn so mercklich ist der Unterschied der Wärme nicht, und eine gut zugekorckte Bouteille kan man schon in die Ofenröhre bey groser Hitze stellen, ohne daß der Kord herausfliegt, ja in manchem Falle würde die Bouteille eher springen, dergleichen Beyspiele ich bey meinem Bier leider! nur zu offt erlebe, zumal da unter dem Wasser noch zu der Fricktion des Korcs der Druck der darüber stehenden Wassersäule kömt; allein das eindrücken ist sehr begreiflich, und will ich Dich damit nicht aufhalten. Ja wenn man vorher durch Gewichte versuchte, wie viel Krafft erfordert würde, den glatt oben abgeschnittenen Korck in die Bouteille zu treiben, so liese sich die Tiefe sehr gnau berechnen, auf die die Bouteille hinabgelassen werden müste. Nähme man den Kord etwas dünner und talgte ihn obendrein etwas, so könte man den Versuch auf dem großen Woog anstellen oder wenigstens in den drey Brunnen, von denen mir die seelige Frau Schwanholtzin einmal sagte, daß sie unergründlich wären. Sie sagte mir dabey aber auch, daß die Kinder dorther gehohlt würden, und wenn dieses so, würde nun freylich Herr von Haller auch nichts gegen die Unergründlichkeit einzuwenden haben, und ich als Professor Philosophiæ ordinarius et cælebs auch nicht.

Der elecktrische Versuch ist recht artig, nur wünschte ich ihn etwas gnauer beschrieben und mit einer kleinen Zeichnung erläutert zu sehen. Er wird aber wohl zu denen mit gehören, wo 3. E. ein Draht, der nicht schmilzt, offt am positiven und negativen Ende glühend wird, oder daß Löcher, die man durch Kartenblätter schlägt, auf beyden Seiten einen erhabenen Rand haben. Sehr Decisives kan daraus nicht gefolgert werden. Die Plaßungen der Lufft kommen dabey mit in das Spiel.

Forster, dem ich von Deinem Beyfall sagte, war hertzlich erfreut und grüßet Dich bestens. Er bleibt bis Michälis hier, und wird dann Darmstadt offt genug besuchen.

Empfehle mich Deiner Frau Liebsten und Deinem Dauphin, und meinen Bruder grüße recht hertzlich. An Zwiebacken fehlt es mir nicht, aber an Hassolden, die sie mit so viel Graçe hier empfangen und dort präsentiren. Ich schickte gerne welche durch Fuhrleute und schriebe darauf: optische Gläßer und mahlte gerne alle Zeichen der Zerbrechlichkeit auf den Deckel, allein solche Menschen respecktiren dergleichen Zuruf so wenig als die Postbedienten das cito, citissime. Nun das heise ich ein Procent versprochen und 2 bezahlen, aber in welcher Münze! Lebe recht wohl....

Da mein Magazin ehestens wieder in den Gang kommen soll, wenn Herr Dieterich Wort hält, so wünschte ich eine umständliche Nachricht von der Riesen Harfe zu haben. Vielleicht verschafft sie Herr Geheimde Tribunal Rath. Sie müste aber umständlich und gnau seyn, 3. E. es müste die Art

der Aufhängung, die Beschaffenheit der Gebäude, an denen sie befestigt ist, angegeben werden, welchem Winde sie am meisten ausgesezt ist, zumal ob fie der südliche bestreicht; nach welcher Seite sie inclinirt ist, nach der nörd lichen oder südlichen pp.

Nachschrift.

Den 16ten September.

Vor einigen Wochen laß ich die Reise eines Hannoverschen Offiziers von Stade nach Arcot, ein sehr magres Werckchen, darin wird gesagt, daß die Matrosen eine zugekorckte Bouteille in die See gelassen hätten, worin sie sich von selbst geöfnet habe. Dieser Ausdruck fiel mir sehr auf und erklärte mir die ganze Sache auf einmal, nemlich die lustigen, gemeiniglich auch schlauen Matrosen haben die Herrn Landmenschen zum besten, und machen ihnen weiß, daß sich die Bouteille öfne, worunter man dann ein Öfnen, wie am Schendtisch versteht, nämlich + heraus und nicht hinein. Das Öfnen + und auswärts ist vor Gott und der Welt in diesen Umständen unmöglich. . . .

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539. An G. H. Amelung.

Göttingen, den 28sten Juni 1788.

Der Überbringer dieses Briefs ist mein Hausherr, Verleger, Bücher und Wein Lieferant und Freund Herr Johann Christian Dieterich, der eine unglaubliche und für mich sehr schmeichelhaffte Begierde hat, alle meine Freunde kennen zu lernen, wenn er ihnen auch nur auf ein Paar Meilen nahe komt, und er hat mich deswegen um einen Brief an Sie gebeten. Da er diesen also selbst überbringt, so wird er nicht ermangeln selbst zu sagen, was er sonst noch ist, und deswegen breche ich hier ab, da ich an Hals und Ohrenweh laborire. Empfehlen Sie mich Ihrem ganzen werthesten Hause, vornehmlich meinem Kleinen, der doch wohl schon Kaffee wird sagen können, und lieben Sie fernerhin

540. An Ebell.

Verehrungswürdiger Freund,

Ihren treuen . . .

Mit der fahrenden Post werden Sie die deutsche Uebersetzung von De Lücs vortrefflichem Buch erhalten, einen Theil broschirt und den andern roh, die ich als ein geringes Andencken von mir gütigst anzunehmen bitte, ich hatte das Buch 2 mal. Die übrigen Bücher sind schwer zu erhalten, theils auf der Bibliotheck nicht zu Hause, theils gar nicht da, doch werde ich nach und nach sorgen. Es wird jezt so ungeheuer vieles über die Theorie des

Feuers geschrieben, daß einem alle Lust vergeht sich nur selbst die Titul anzumercken. Ich glaube aber, daß wenn man gelesen hat, was Boerhaave, Meyer, Scheele, Crawford, De Lüc, Lavoisier und de la Place darüber gesagt haben, so können das übrige nur Verschlimmrungen oder Wiederholungen seyn. Ew. Wohlgebohren sind auf den rechten Weg gerathen, nemlich jene wilden Massen nunmehr in Canäle zum Nutzen des gemeinen Lebens ab zuleiten. Mit einem sehr weitläufftigen Werck über das Feuer, das, wenn es so ausfällt, wie man hofft, das erste in seiner Art seyn wird, hat Landriani schon lange gedroht, auch soll ein gewisser Chevalier de Joycourt in einer gekrönten Preisschrifft alles latente Feuer unter die Undinge verwiesen haben. Ich wünsche ihm Glück dazu, wenn er es gethan hat, denn ich lerne sehr gerne etwas neues. Allein ich glaube noch nichts davon.

Ich hoffe daß Ew. Wohlgebohren die Cur gut bekommen wird, freylich ist das lezte was man beym Gebrauch des Pyrmonter Brunnens thun solte, das Nachdencken über die Theorie des Feuers.

Ich habe die Ehre mit vollkommenster Hochachtung zu verharren
Ew. Wohlgebohren

Göttingen, den 30ten Junii
1788.

gehorsamster Diener

G. C. Lichtenberg.

541. An Reinhard Woltmann.

Göttingen, den 14. Juli 1788.

Ew. Wohlgebohren statte ich den verbindlichsten Dank für die besondere Güte ab, womit Dieselben meinen etwas zudringlichen Auftrag besorgt haben. Das Seewasser ist, wie es bey einer so äusserst sorgfältigen Packung nicht anders seyn konte, glücklich und wohlbehalten hier angekommen. Ich muß aber inständigst bitten, daß Sie mir gütigst anzeigen, was Sie ausgelegt haben, denn ob Ihnen gleich der Himmel Seewasser genug giebt, so läßt er doch fürwahr keine Nägel und abgetheilte Kisten regnen, auch die Leute nicht, die so etwas frey bis Hamburg mitnehmen. Ew. Wohlgebohren gänzliches Stillschweigen hierüber würde mich künfftig schüchtern machen.

Jhre zweyte Abhandlung habe ich richtig erhalten, und da jezt Herr Dieterich ernstlich entschlossen scheint, das Magazin fortzusezen, so sollen Sie dieselbe in dem ersten Stücke gedruckt sehen. Ich werde Ew. Wohlgebohren öffentlich einen Brief addressiren, über die Seebäder und warum Rizebüttel nicht eins anlegt. Ich weiß, was sich dafür und darwider sagen läßt, allein ich wolte gerne, daß die Sache öffentlich debattirt würde. Ich glaube nicht, daß Deutschland irgend ein besuchtes Seebad hat, so wie in England Brighthelmstone, Margate, Southampton pp sind. Freylich treten bey Ritze

büttel einige wichtige Gegengründe ein. Das Wasser ist da, obgleich nicht trincbar, doch nicht ächtes Seewasser, und dann tritt es bey der Ebbe zu weit zurück, welches, da die Badezeit in der Frühe seyn muß, zuweilen kleine Reisen erfordern würde. Doch da die Badmaschine ein Karrn ist, und seyn muß, so komt lezterer Umstand wenig in Betracht, ich habe zu Margate auch zuweilen einige Büchsenschüsse weit reisen müssen, um in See zu kommen, da sie bald darauf unter meinem Fenster lag. — Also ich hätte grose Neigung, hierüber etwas zu schreiben, oder eigentlich, ich habe es schon geschrieben. Ich würde also auf alle Weise damit herausrücken, den einzigen Fall ausgenommen, daß man schon dort einen vergeblichen Versuch gemacht hätte. So etwas wäre sehr ad hominem, aber doch auch selbst dann die Sache noch nicht aufzugeben. Man muß nur nicht gleich Tanksääle und Comödien Häußer bauen wollen. Nur bescheiden anfangen, das übrige giebt sich von selbst. Daß so manche Projeckte mißlingen, ist, daß man im ersten Jahre zu hoch hinaus will. Man muß anfangs nicht sowohl dafür sorgen, die Fremden mit Vergnügungen zu reizen, als denen willfahren zu können, die etwas mehr als Zeitvertreib suchen, Genüge zu leisten, wenn sie kommen. Ihre Lage zwischen den beyden Ströhmen ist wenigstens sehr vor theilhafft für die, die dahin wollen, auch für die Zufuhr fremder Wasser. Doch das sollen Sie alles in dem Briefe lesen. Mit einem Wort: wenn zu Curhaven oder auf dem Neuenwerk ein Seebad errichtet würde, das ist, daß man, wenn man deswegen dahin komt, gutes Quartier findet, so bin ich einer der ersten der komt, und Recruten bringe ich gewiß mit. Doch Sie sollen noch mehr hören, wenn ich Ihnen schreibe.

Ich bewohne jezt zuweilen einen Garten, wo ich eine vortreffliche Aussicht ringsherum habe, und da hatte ich am 5ten Juli dieses Jahrs das Glück eine Wasserhose zu sehen, die jedoch, so viel ich höre, keinen Schaden gethan hat, also nicht recht zum Ausbruche gekommen seyn muß. Sehen Sie wohl dergleichen öffters in Ihren Gegenden? . . . .

542. An Forster.

Liebster Freund,

[Göttingen, Juli oder August 1788.]

Herr Clarke war mir gestern ein etwas unangenehmer Gast weil ich noch sehr gerne etwas mit Ihnen geschwazt hätte, welches ich nun jedoch nur im Auszuge schrifftlich thun will.

Erstlich. Ich habe Ihnen gestern 3 Louisd'or bezahlt, und das muste nothwendig lassen als habe ich mich so numero rotundo abfinden wollen. Nein! Ich weiß, ich habe Ihnen 6 Thaler für den Bogen versprochen, und

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