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bin also noch in Ihrer Schuld, welches ich aber mit dem übrigen berichtigen werde. Um die Schnürbrust Geschichte bitte ich recht sehr, doch hat es Zeit bis Sonntag Abend, oder Montag früh, ja es wäre so gar unnütz sie früher zu haben, Ich meine, ich würde sie bis auf Montag früh in meinem Pult liegen lassen müssen. Bey den Schnürbrüsten haben Sie doch die Güte den Leser etwas entfernt an die Gränzen zu erinnern zwischen welchen sie (das Bruststück wenigstens) zu liegen kommen wenn sie am Leibe sizen. Ich wolte die beyden Pestbeulen für die Sittlichkeit wie Vestungen zeichnen, sed aurem vellit Apollo. Nun

Süder

Das Zweyte. Das betrifft die bevorstehende Hof Rätherey. Ich fürchte fast, lieber Mann, Sie haben mich gestern ein wenig zum Besten gehabt. Mich interessirt die Sache in so fern, weil mir jemand aus Hannover der mir von Waldeck schreibt, er würde HofRath werden und Zu lage bekommen, auch von Meiners etwas sagt, räth, ich müste mich regen, ja (unter uns!!) so gar sagt: ich müste dem Herrn von Beulwiß zu Leibe gehen. Ich sah dieses als einen Griff an mir auf eine gute Weiße zu sagen, ich würde übergangen werden, denn daß ich nicht bettele, das weiß man in Hannover sehr wohl, und so hätte man nachher gar gut sagen können: warum ich nicht gesprochen hätte. Ich muß gestehen, daß ich an den selben Mann zurückschrieb daß ich schlechterdings mich nicht regen würde, daß wenn aber Meiners, auf Empfehlung des Don Pomposo Zimmermann und für seine erbärmliche Compilation neuer Zeit HofRath würde, so solte es mich nicht wundern, wenn der viel universellere Compilator Krünitz zum Generalfeldmarschall und Reichsgrafen gemacht würde, und daß, wenn dieses geschähe, nemlich nicht mit Krünitz, sondern mit Meiners, ich gewiß nicht schweigen würde. Hierauf erhielt ich keine Antwort, und ich fürchte, ich habe beleidigt. Denn nachdem ich den Brief gestern Abend wieder durchlaß, so kan das zu Leibe gehen auch hauptsächlich auf die Zulage gezogen werden. Sagen Sie mir also, liebster Freund, von wem, oder, wenn dieses nicht seyn kan, mit welchem Grad von Gewißheit wissen Sie, daß ich nicht übergangen werden würde, oder ob Sie gescherzt haben. Daß alles unter uns bleiben wird versteht sich gewiß von selbst, denn alles Cächerliche fiele ja bey der geringsten Ausplauderung allein auf mich. Ich erbitte mir hierüber nur ein Paar Worte gütige Antwort. Empfehlen Sie mich Ihrer liebsten Therese.

Wann geht die nächste Briefpost nach

Halled

G.C.L.

543. Un Forster.

[Göttingen, August oder September 1788.]

Liebster Freund, hiebey kömt 1) das lezte Stüd British Mercury 2) Eine physikalische Beschreibung von Taurien, die der Fürst Gallißin aus einem grösern Werck ausgezogen und dann Herr von Trebra für die Schrifften der Berg Academie, so wie sie hier ist, überschickt. Diese ließ Herr von Trebra vor geraumer Zeit ins Deutsche übersezen, und schickte mir die Übersezung zu, mit der Bitte, sie ein wenig durchzusehen. Ich versprach dieses auch, ließ aber die Sache, die ich in einem halben Tage abzuthun gedachte, liegen, bis kürzlich ein Mahnungsbrief erschien. Ich machte mich also diesen Morgen Glocke sechs daran. Mein Gott! was für eine Übersezung! Jch lege meine Bemerckungen bey. Ich fieng von Anfang an, leichte Fleckchen abzuwischen und abzublasen. Auf der zweyten Seite muste ich aber schon das Schabeisen gebrauchen, und endlich sah ich, daß ein scavenger geholt werden müsse, und da ließ ich den Quarck liegen. Eine Menge undeutsches, miserables Zeug habe ich in der Handschrifft selbst verbessert; mit einem Worte, das ist keine Übersezung zum ein wenig durchsehen, sondern zum ein wenig den A . . . . daran zu wischen.

Nun, liebster Freund, wäre meine Bitte, mir ein Testimonium zu geben, daß diese Übersezung nicht zu gebrauchen ist, und daß, falls doch eine Übersezung gedruckt werden soll, eine andere gemacht werden müsse. Ich mercke wohl, unser lieber Trebra muß selbst kein sonderlicher Frankose seyn, denn sonst hätte er mir die Sache nicht übertragen, oder hätte wohl das ganze selbst übersezt. Ferner ihm, weil viel Zeit verlohren werde, mit mir anzurathen, das ganze französisch abdrucken zu lassen. Wolten Sie es aber, bester Mann, selbst übersezen, so wäre das freylich das sicherste. Herr von Trebra muß und würde bezahlen. Auf alle Fälle wird es Ihnen aber nicht unangenehm seyn, die Schrifft zu lesen. Künfftigen Donnerstag schreibe ich an Herrn von Trebra, und bis dahin darf ich wohl eine geneigte Antwort hoffen. Wielands Aufsaz, soviel davon im Julius steht, habe ich gelesen. Er enthält vortreffliche Gedancken. Es ist aber auch sehr viel, zu mal in der allgemeinen deutschen Bibliotheck, vorgearbeitet. Indessen scheint es mir doch, als wenn die Gränzlinien auch nicht scharf gezogen wären, welche das draussen ruhig stehen lassen von dem contrains les entrer scheiden. Glaube an einen Gott und an eine Unsterblichkeit der Seele, sagt er, sind nöthig, weil so viele Tausende unglücklich werden würden, wenn diese Grundsäulen erschüttert würden. Soll aber dieses das Kriterium der Unantastbarkeit seyn, so werden wir statt zwey Säulen bald wieder eine ganze

Colonnade haben. Ich habe einen sehr rechtschafnen Mann gekannt, dem Thränen des Entzückens die Backen herabrollten, wenn er dachte, daß er dereinst die fünf Wunden berühren und seine Finger hineinstecken würde pp. Man soll den innern Frieden der Gemüther nicht stöhren, aber wenn man ihn nun stöhrt, was geschieht einem? und quaeritur ferner, wo geht denn das stöhren an? und wer soll entscheiden, daß es angegangen sey? Mit einem Wort, es stellen sich hier alle die Plackereyen ein, die überall mit dem stehen bleiben auf halbem Wege verbunden sind.

Meine beste Empfehlung.

G. C. Lichtenberg.

544. An Friedrich August Lichtenberg.

Göttingen, den 16ten September 1788.

Hier kommen wieder ein Paar herrliche Briefträger, die Du die Güte haben wirst so aufzunehmen, als wäre es der Herr HofRath Lichtenberg (denn dieses bin ich seit gestern Morgen) selbst. Der eine ist Dr Creighton (lies Kreiton), ein sehr gelehrter junger Schottländer, und der andere Herr von Humboldt aus Berlin. Von dem lezteren kan ich Dir sagen, daß er einer der besten Köpfe ist, die mir je vorgekommen sind. Du kanst nicht glauben, was hinter dem etwas blassen Gesicht für ein Geist steckt. Wenn es anders unter dieser Regierung so geht, wie unter Friedrich II., daß nur allein Geistesvorzüge zu hohen Stellen führen, so wird er dereinst eine grose Rolle spielen, zumal da bey ihm res nicht angusta, sondern augusta zugleich ist. Er war vergangenen Sommer mein Zuhörer und wird es künfftigen Winter wiederum seyn. Du kanst mit ihm sehr frey über die jezige Berlinische Regierung sprechen, denn er ist in allem nur von der Seite des gesunden Menschenverstandes. Nimm doch ja diese Freunde gut auf. Solten Dir meine Rekommendationen dieser Art Unkosten machen, so melde es mir, ich werde alsdann gerne suchen, Dich auf irgend eine Weise zu entschädigen.

Einliegende Antwort auf Deinen vorigen Brief ist würcklich an dem Tage geschrieben, da sie datirt ist, aber einige Ausdrücke, die dem Verfasser des Reise Journals hätten mißfallen können, wurde ich erst am Ende gewahr; ich nahm mir also vor, den ganzen Brief abzuschreiben, da mir aber nichts entsezlicher ist, als meine eigene Sache abzuschreiben, so verschob ich es von Tag zu Tag, und weil der Brief in meinem Bureau auf dem Garten vor der Stadt lag, so wurde es gar vergessen. Hier lege ich ihn, etwas cor rigirt, gantz bey. Von der Riesen Harfe habe ich etwas in den Calender eingerückt. . . .

545. An A. L. F. Meister.

[Göttingen, etwa 20. September 1788.]

Tausendfältigen Danck, liebster Herr HofRath, für Ihren gütigen Wunsch, was dergleichen Vorfälle, mir wenigstens, hauptsächlich angenehm macht, sind grade solche Äusserungen wahrer Freunde dabey, als Ew. Wohls gebohren Billet enthielt. Wenn man auch nicht die mindeste Ursache hat an jemandes Freundschafft zu zweifeln: so ließt man es denn doch auch zuweilen einmal gerne, daß man nicht Ursache habe zu zweifeln.

Für die gütigst gegebene Instruction dancke ich gehorsamst. Ich muß mich nur in acht nehmen, daß ich die Guinee nicht in den Brief an die Curatoren einsiegle, das wäre ein verzwickter Streich. So etwas könte ge schehen, was thut der Mensch nicht in den ersten Tagen, da er HofRath geworden ist!

Hier folgen noch einige Bücher, nicht zum gantz lesen, denn den Honig, womit die Herren Schweitzer Gesners Urne seit einiger Zeit bepinckeln, mag ich wenigstens nicht kosten. Unter Herrn Johan Grob's Sinngedichten sind einige recht gut, und daß sie cum creta und nicht cum Bleyweiß angestrichen sind läßt ihnen so übel nicht. Im Deutschen Merkur hat mir das Ehstnische Liedchen S. 421 vorzüglich gefallen. Schade nur, daß ich kein Wort davon verstanden habe. Allein daß es nach der Melodie:

fünf mal fünf ist fünf und zwantzig,
Fünf mal 6 ist 30 p,

geht, hat mich ungemein gerührt. Die blauen Bücher bitte ich mir etwa zwischen heute und Donnerstag Abend wieder gehorsamst aus, die braunen. gehören mir und stehen auf jede beliebige Zeit zu Befehl, vielleicht ließt sie auch wohl Jungfer Hanne einmal. Es war ein gewagtes Stückchen von Herrn Müller einen fündling post Fieldingium zu schreiben.

Nun will ich Ew. Wohlgebohren einige Bemerckungen von mir, die ich zufälliger Weiße vorigen Sommer auf dem Garten gemacht habe, mittheilen:

Am 5ten Julii Nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr sah ich die erste Wasserhose in meinem Leben. Es kam aus Westen eine würcklich fürchter

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liche Wolcke angerückt, nachdem ich diese mit Grausen wohl eine halbe Stunde betrachtet hatte, um mich zu überzeugen ob es ein Donnerwetter wäre, gieng ich endlich an das nördliche Fenster und da ward ich diese seltsame Erscheinung gewahr.

Aus einer schwarzen Wolce und vor einem dunckeln Grund hieng der Aschgraue Zapfen herab (1). Das untere Ende bewegte sich sehr sonderbar, wie ein Elephanten Rüssel, (schwäntzelte), nach einigen Minuten nahm er die Figur und Lage von (2) an, schwänzelte endlich wie in (3) hinauf und verschwand. Mir war nicht sonderlich zu Muthe dabey, mich in einem einzeln stehenden Hauße so belagert zu sehen. Indessen hörte ich keine Donner und sah auch keine Blize. Endlich kam die westliche Wolcke herüber, und das war der fürchterliche Regen, dessen sich vielleicht Ew. Wohlgebohren erinnern werden, es war ein Sonnabend, und es hat diesen ganzen Sommer nie so geregnet. Als die Wolcke über dem Heinberge gröstentheils weg war, fieng sie an zu donnern, an demselben Nachmittage wurde zu Halle ein Student auf einer Mühle vom Blitz getödet. Die Wasserhose hatte ein so bizarres Ansehen, daß alte Weiber auf der Chaussee mit mir herauf sprachen: Wat mag dat wohl syn? Ek weet et sülwest nich, war die Antwort.

Am sten und 10 August hörte ich eine Nachtigal schlagen. Ich hörte das schmaltzen und knurren derselben sehr lange an, mit dem ich so bekannt bin, daß es mir die Nachtigal so sicher verräth, als das Bellen den Hund, auf einmal brachte sie Töne hervor, keinen der gewöhnlichen, ich meine keine der gewöhnlichen Melodien, sondern mehr phantasirend traurig fast wie die Amsel, dieses frappirte mich ausserordentlich, sie flog bald darauf weg, allein den Sonntag hörte ich sie wieder und länger.

Nun ein lustiges Stück aus der Schaaftactics. Am 15 Junii Morgens unter der Kirche wurden Schaafe vor dem Garten vorbey getrieben, es mochten etwa 50 bis 60 Stück seyn. Diese reizte das vortreffliche Gras, welches neben an der Chauffee wächst; sie frassen also sehr gierig, allein dabey muste fort gegangen werden, Es wurde also von den Schaafen so ge halten. A A ist die Chaussee, B B der Grasstreifen, C C etwa 30 Schafe, n

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