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diesen Mann gesehen und gesprochen hast. Endlich traf er ein, und zwar erst am 14 des Abends um 7 bey grimmiger Kälte. Demohngeachtet schrieb er mir noch an demselben Abend ein Billet aus der Krone, nebst einem Brief an De Luc, und fragte, wann er mich am morgenden Tage besuchen fönte. Er kam um 10 Uhr und blieb bey mir bis 1/4 nach 12. Ich bin über des Mannes Jugend erstaunt. Ich invitirte ihn auf den Dienstag zum Frühstück, er bat sich aus um 8 Uhr zu kommen, kam präcis und blieb bis um eilf. Abends bekam ich noch ein Billet von ihm, mit dem schmeichelhafften Ausdruck, er wolle so viel Zeit bey mir zubringen, als ihm nur zu entübrigen stünde.

Er kam also bey einer seit langer Zeit hier unerhörten Kälte, da nemlich das Fahrenheitische Thermometer 13 Grad unter o stand, um halb 9 zu mir und blieb bis um eilf, so daß ich also die Ehre hatte, daß der berühmte Herr Landriani mir mehr Zeit geschenckt hat, als irgend einem Gegenstand von Fleisch oder Geist hier. Am Mittewochen um 1 Uhr des Nachmittags reiste er nach Gotha ab. Er eilt sehr, um nach Wien zu kommen, und wird sich blos noch in Gotha, Weimar, Halle, Leipzig und Dresden, an jedem Ort etwa 112 Tag verweilen, und dann ohne anzuhalten nach Wien gehen. Ich bin würcklich über des Mannes vielfältige Kentnisse und Belesenheit erstaunt, auch habe ich noch keinen auswärtigen Gelehrten angetroffen, der so sehr bekant mit unserer Literatur gewesen wäre. Auch hört man ihm wohl an, daß er in physicalischen Dingen nicht blos gelesen, sondern überall die Hand selbst angelegt und über das nun auf seinen Reisen beständig in Gesellschafft der Entdecker gewesen ist. Da kan man freylich Fortschritte machen, auch wenn man nur ein mittelmäßiger Kopf ist. Hierzu komt des Mannes Gesundheit, Vermögen, die Confidence, die ihm seine Figur und früher Beyfall giebt, die sich sehr weit erstreckt pp. Seine Einwürfe gegen Crawford sind allerdings sehr starck, allein wir können dabey sehr ruhig bleiben, denn wir haben den Crawford nach seinen Versuchen beurtheilt, und ihm als einem ehrlichen Mann getraut. Denn es ist nicht jedermanns Sache, anderer Versuche zumal von der Nicety als diese nachzumachen, dazu gehören englische Künstler, Geld und über alles eine Übung, die sich sobald nicht erwerben läßt. Die Ehre, die Herr Landriani dem Herrn Crawford erzeigt, wird viel leicht vor 1800 ein anderer dem Herrn Landriani erzeigen.

Was mir Herrn Landrianis Gesellschafft so häuffig verschaft hat, war, wie ich glaube, mein Versuch über die Wärme, die der Gyps bey der Erhärtung äussert, die, wie ich ihm sagte, meiner Meinung nach daher rühre, weil nun das Wasser seine Flüssigkeit verlöhre, und daß ich glaubte, manches bey der thierischen Wärme könne einen ähnlichen Ursprung haben. Er sagte mir sogar den folgenden Tag, er habe sich die Nacht mit diesem Versuch

getragen, er hätte längst einen recht einleuchtenden Versuch von der Art gewünscht, ich übersezte ihm alle Momente des meinigen.

Was macht denn unser lieber Forster? Man hört und sieht ja nichts von ihm, er hängt gewiß an einem Riff der Pellio Islands. Dieterich hat mir aufgetragen, Herrn Geheimden Rath Forster doch hierbey anzeigen zu lassen, daß Herr Professor Meyer gesagt habe, er solle sein Exemplar der Wercke des Königs hier aufbewahren, dieses that Dieterich. Indessen wolte Malortie ein Exemplar haben, so gab Dieterich ihm dieses in der Hofnung wieder ein anderes anzuschaffen, ehe Meyer zurückkäme. Es sind auch Exemplare unterwegs, sobald diese kommen, erhält Herr Geheimde Rath Forster das seinige.

Den guten Fischer, der sich den ersten Tag sehr weise betrug, wieß ich nach Hannover; was konte ich besseres thun? Heyne war nicht hier und Kästner war hier. In den lezten Tagen hätte ich es nicht gerathen, denn er würde sich gewiß geschadet haben. - Einliegenden Brief bitte ich ihm doch sobald als möglich zustellen zu lassen.

Gestern Morgen ist endlich unser braver HofRath Meister von seinen 2jährigen Leiden durch den Tod befreyt worden. Behalten Sie mich recht lieb. Vielleicht schreibe ich in diesem Jahre noch einmal.

Gestern haben unsere Prinzen eine Staffette erhalten mit der Nachricht, daß es sich mit dem Könige sehr bessert, vielleicht ist das doch wohl nur ein Fieber gewesen. . . .

553. An Friedrich August Lichtenberg.

Mein lieber Vetter,

[Göttingen, Ende Dezember 1788.]

Herr von Humboldt und Herr von hinüber empfehlen sich Dir beyde bestens, und dancken Dir mit mir für die gütige Aufnahme. Du thust würcklich an meinen Dir empfohlenen zuviel, ich nehme mich daher auch sehr in acht, und Du kanst überzeugt seyn, wenn ich Dir jemanden zu schicke, so war es gänzlich unvermeidlich. Hier kommen nun endlich die Calender. Es hat lange gewährt und was das traurigste ist, so haben sie nicht einmal das Sprüchwort für sich: was lange währt, wird gut. Vorher, wenn ich Dieterichen darum mahnte, so sagte er: ich solte noch ein wenig warten, es wären jezt keine recht guten da, und nun habe ich so lange gewartet bis lauter recht schlechte da waren. Dieterich bat zwar wieder um Gedult, die ich ihm aber diesesmal nicht gewährte, weil ich nicht gerne warten wolte bis gar keine mehr da gewesen wären. Indessen bin ich nur froh, daß ich noch

2 Paar reinliche, für die Frauenzimmer, erhalten habe. Die Herrn Mannspersonen, als Juristen, werden sich nicht daran kehren, daß, zumal ihre Taschencalender, hier und da eine Archivarische Documenten Farbe im Backofen angezogen haben. Du bist ja wohl so gütig und besorgst ihre Bestellung, wegen des Porto's gedencke ich Dich auf eine andre Weiße schadlos zu halten. Bey meinem lieben Bruder entschuldige mich daß ich so wenig schreibe, es geht so, wenn man gar zu viel zu sagen hat; aber ich hoffe, wie die Quaker sagen, that the spirit shall soon move me, und dann will ich schreiben, so lange die Wirckung der Gnade dauert.

Daß Zimmermann nach dem Haag ist geschickt worden, ist gank gewiß. Allein nicht leicht ist es zu erklären wofür und warum, so lange wenigstens als man nicht weiß von wem? Ich glaube in Wahrheit, daß der Mann bey kalten vernünfftigen Augenblicken, die er doch zuweilen haben muß, selbst nicht weiß wie er zu dieser Ehre kömmt, denn er thut nicht das mindeste, was ihm vor seinen Collegen im Lande einen Vorzug gäbe, ja grade umgekehrt, als Arzt übersehen ihn Vogel zu Ratzeburg, Lentin zu Lüneburg, Wichmann zu Hannover, und Richter und Strohmeyer bey uns hier sehr weit. Das einzige was ihn unterscheidet ist der gravitätische Tritt, und daß er Zötchen und Anecdötchen drucken läßt, woran sich die alten Weiber und die Mamsellen kitzeln, seine Aufwartungen an den gehörigen Orten macht, und das Rauchfaß gut zu schwingen weiß. Ich weiß nicht ob in eurer Gegend des Hosenmacher Meywercks Unterredung mit Friederich dem vielgeliebten bekannt geworden, dieses ist eine Satyre auf Zimmermanns Unterredung, und, etwa 10 bis 12 Zeilen abgerechnet, eine der besten Satyren, die wir haben. Man muß aber nothwendig dabey wissen, daß die Geschichte im strengsten Verstand wahr ist, was vielleicht die Zimmermannische nicht gant ist. Der König hat würcklich sich ein Paar Hosen von diesem Meywerd auf der Pinckenburg bey Hannover anmessen lassen, und ihn nachher nach Berlin verschrieben. Welch ein Hosenmacher und welch ein König! Man hat dem HofRath Kästner und mir die Ehre angethan uns für die Verfasser zu halten. Auch HofRath Heyne hält mich dafür, und zwar sezte er ebenfalls hinzu, das heißt doch einmal eine Satyre; allein ich habe es so wenig geschrieben als die Vorrede zu der neuen Ausgabe vom Kuhbach, und die Wahrheit zu sagen, obgleich vieles und das meiste in dieser kleinen Schrifft sehr vortrefflich ist, so ist doch auch manches darin, dessen ich mich schämen würde. Wer der Verfasser ist weiß ich indessen nicht, man wird es auch nicht erfahren, weil man jezt so viele Personen angiebt, (vermuthlich_ist dieses ein Pfiff des wahren Verfassers selbst) daß man es nicht glauben würde, oder wenigstens nicht darauf achten, wenn auch der wahre genennt würde. Ich habe nicht weniger als 8 Personen nennen hören: Unter hiesigen:

Kästnern, Bürgern und Mich, in Hannover Herrn von Knigge (mir der wahrscheinlichste), Lieutenant oder Hauptmann von Osten, Herrn Cantley Sekretär Höpfner, Herrn von Berlepsch, und den Schauspieler Großmann. Hat es indessen von Knigge geschrieben, so ist es das beste was er geschrieben hat: denn die Satyre besteht nicht in epigrammatischen Schwärmern, die man dem Zimmermann in die Perüque gesteckt hätte, sondern in der ganzen Anlage, und so was ist nicht leicht. Nun empfehle mich allen Freunden, zumal denen ich hier Calender schicke, und lebe recht wohl.

G. C. Lichtenberg.

Am 18 dieses haben wir unsern vortrefflichen Meister verlohren. So unersetzlich auch dieser Verlust unsrer Universität ist, so haben doch selbst seine Freunde diese seine Auflösung gewünscht, so unaussprechlich war sein Leiden dieses ganze Jahr über und so ohne die mindeste Hofnung es je auf eine andere Weiße geendet zu sehen.

554. An Sömmerring.

Göttingen, den 4. Jenner 1789.

Ueberbringer dieses, Herr Grösser, ein sehr fleisiger und geschickter Mann, hat mich gebeten, ihn bey Ihnen zu empfehlen, was ich auch mit sehr gutem Gewissen thun kan und hiermit freundschafftlichst thue. Der gute Mann hat mir freylich lange Zeit gegeben, umständlich zu schreiben, aber ich fange nun fast an im Ernst zu glauben, daß Rackebrands Pumpe eine kleine Wasser Ader hat, die zuweilen etwas Lethe hineinführt. — Als der gute Mann Abschied nehmen wolte, hatte ich die ganze Sache vergessen, und zwar wolte er in einer Stunde fort, sagte aber, er wäre gestern da gewesen, aber da hatten meine Leute vermuthlich aus Rackebrands Pumpe getruncken. Ich habe nichts davon erfahren. Also, liebster Freund, bleibt es dabey, ich schreibe Ihnen noch einen Brief, ehe ich einen von Ihnen erwarte. Empfehlen Sie mich allen guten Freunden herzlich.

Vale cum Tuis et Tuabus. . . .

555. An Ebell.

Verehrungswürdiger Freund,

Für den übersandten schönen Aufsatz dancke ich Ew. Wohlgebohren auf das verbindlichste. Ich hatte ihn schon vorher mit vielem Vergnügen gelesen. Die Bemerckung ist, wie mich dünckt, neu, und der physische Grund recht sehr gut entwickelt.

Auf Ew. Wohlgebohren ausführliche Nachricht von Ihrem Versuche mit Öfen bin ich recht sehr begierig. Kein Fleiß kan leicht besser angewendet werden, als der auf das Herz der Häußer und diese dunckeln Repräsentanten der Sonne, um die wir armen Planeten und Cometen mit und ohne Schweife uns in halben Kreißen und Ellipsen und, Gott weiß, was für Linien drehen müssen. Ich habe es diesen Winter erfahren. Ich wohne sehr hoch, habe über mir Dieterichs Makulatur Cabinet (seinen Bücher Kirchhof) und unter mir eine Reihe Zimmer, die, wie die Gartenhäußer, nur im Sommer besucht werden. Ich bin daher auch selten aus meiner Ofennähe (лɛọi xαuivo) gekommen, und zuweilen näherte ich mich dieser Sonne so sehr, daß auf allen Schlafröcken, die ich habe, irgend ein Paar Sylben aus dem: Nec aspera terrent vorkommen, und doch habe ich eine fürchterliche Menge Holt verbrannt. Es ist der menschlichen Natur sehr angemessen, daß sie nur immer auf Verbesserung des bereits eingeführten denckt. Die Frage ist aber doch würcklich wenigstens des Anhörens werth: Solte nicht eine gant andere Einrichtung möglich seyn? Warum haben wir keine Hypocausta mehr? Wenn ich ein König wäre, ich würde entweder in einem Gewächshause wohnen, oder meine Zimmer wie die Gewächshäußer heißzen lassen. O, wenn wir doch die dephlogistisirte und inflammable Lufft so gemein machen könten als das Wasser! Ist es nicht schade, daß man des Lieben Gottes Eichen und Büchen niedermeßzelt um ein Bischen Ertrackt von Phlogiston zu erhalten, und wie die Maltheser mit den Türcken, mit den Wäldern in einem ewigen Krieg lebt, blos zu verhindern, daß unsere armen Seelen nicht verfrieren? Wir lächeln, wenn wir von Völckern lesen, die den Gebrauch des Feuers noch nicht kennen. O! was wird die Nachwelt nicht über uns lächeln! Hat doch jezt schon ein Mann ein ganzes Tafelzeug, so wie es vom Weber kam, in 2 Stunden gebleicht. Ich will nicht sagen welche Waschfrau, sondern welcher Physiker in der Welt würde dieses vor 5 Jahren für möglich gehalten haben. - Die Menge der Entdeckungen in den neusten Zeiten zeigt, was für Combinationen, Conternationen u. s. w. noch für uns zurück sind! Mich soll es in Wahrheit nicht wundern, wenn ich einmal höre, daß, so wie man eine Stadt in der grösten Kälte abbrennen kan, man irgend einmal eine einfrieren läßt, wenn die Sonne im Krebs steht. Die Dinge differiren nur wie und Zu Bath hat ein Chemiker, Walker, das Quecksilber ohne Beyhülfe von Eis am 20ten April vorigen Jahrs‡ gefrieren gemacht, eine Zeit wo die Bäume blühen. Was der menschliche Geist nicht vermögen würde, wenn man ihn gut anführte! Man schreibt so fürchterlich schön wider die Schnürbrüste, für den Leib den Geist sind erst des Henckers! Schnürbrüste überall!

eigentlich 1787.

Ach! die für

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