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gering. Zweitens aber waren die Originale selbst, vor allem wegen der sehr geringen Zahl der gezeichneten Kerne bei beträchtlicher Schwankung der Kerngröße in jeder Larve, nichts weniger als glückliche Illustrationen des behaupteten Verhaltens. Es mag gestattet sein, zur Erklärung dieser Mangelhaftigkeit hier nachträglich noch einige Worte zu sagen. Als ich vor 15 Jahren während eines Osterferienaufenthalts an der zoologischen Station in Neapel jene Versuche anstellte und dabei die relative Kerngröße der Larven prüfte, führte ich dies in der Weise aus, daß ich gleich nach Fertigstellung der in Hämatoxylin gefärbten und in Glycerin eingebetteten Präparate aus entsprechenden Larvenregionen bei gleicher Vergrößerung vermittelst des Zeichenapparates eine größere Anzahl Kernkonturen skizzierte und die so erhaltenen Zeichnungen verglich. Diese Skizzen waren für mich ausreichend, um die Abhängigkeit der Kerngröße der Larven vom Chromatingehalt des Eies klar zu erkennen. Sie sollten dann bei der späteren Ausarbeitung durch neue, auch andere Verhältnisse berücksichtigende Zeichnungen nach den Präparaten ersetzt werden, und deshalb bewahrte ich sie gar nicht auf. Als dann aber nach einigen Monaten alle meine wichtigeren Präparate durch die Säurewirkung des Glycerins sowohl ihr Kalkskelett wie ihre Kernfärbung und damit ihre wesentlichsten Charaktere verloren hatten 1) und ich sie im ersten Mißmut, sehr voreilig, wegwarf, war diese Absicht vereitelt. Nur durch Zufall waren jene beiden mangelhaften Skizzen der Kernverhältnisse, da sie sich auf einem mir sonst wertvollen Blatt befanden, erhalten worden; und so kamen sie als das einzige noch vorhandene Dokument in die Arbeit von 1895.

Seit jener Zeit stand es mir als eine Aufgabe vor Augen, nochmals das zur Prüfung unserer Frage nötige Material zu gewinnen; und nachdem es mir möglich war, mit Unterstützung der Königl. preußischen Akademie der Wissenschaften den Winter 1901/2 an der zoologischen Station zu Neapel zuzubringen und neben anderen Versuchen auch diese wieder vorzunehmen, bin ich nun in der Lage, jene alte Angabe mit einer Reihe von Beweisstücken zu belegen, die an ihrer Richtigkeit keinen Zweifel mehr lassen werden 2).

1) Vgl. das in 10, p. 394 hierüber Gesagte.

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2) In Kürze habe ich hierüber schon in meinem Aufsatz Ueber mehrpolige Mitosen etc." (15) berichtet, sowie in der Schrift: Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns" (18), wo sich auch bereits einige zugehörige Abbildungen finden.

War mir aber damals jenes konstatierte Größenverhältnis der Kerne nur Mittel zu einem anderen Zweck, so tritt es hier rein für sich selbst als ein celluläres und entwickelungsphysiologisches Problem auf, das eine eingehendere Behandlung wohl zu verdienen scheint.

II. Nomenklatur.

Ich hatte diese Arbeit vollständig niedergeschrieben, ohne neue Namen einzuführen. Der allgemein angenommene Ausdruck ,,Merogonie" schien geeignet, der Nomenklatur zu Grunde gelegt zu werden; im übrigen suchte ich mich mit Umschreibungen zu behelfen. Allein die ganze Darstellung hatte so sehr unter diesem konservativen Verfahren zu leiden, daß ich mich am Ende doch genötigt sah, eine einheitliche Terminologie für unseren Zweck zu bilden.

Der Name „Merogonie" ist von DELAGE (19) für die Entwickelung von befruchteten Eifragmenten ohne Eikern eingeführt worden. Allein die Bezeichnung „Merogonie" soll nach DELAGE nicht etwa ausdrücken, daß nur ein „Teilkern" vorhanden ist, so daß der ,,Merogonie" die normale Entwickelung als ,,Amphigonie" gegenüberzustellen wäre, sondern die Verbindung mit uégos bedeutet bei DELAGE, daß die Entwickelung von einem Bruchstück des Eileibes ausgeht, und er unterscheidet je nach der Größe des Bruchstücks hemigonische, tritogonische Larven etc. Damit ist aber der Terminus zu einer konsequenten. Anwendung und Weiterbildung mit Rücksicht auf die Kernverhältnisse unbrauchbar. Er bedeutet, streng genommen: Entwickelung aus einem Teil des Eies, und es ist im Grund nur folgerichtig, wenn z. B. KATHARINER (33) die von ihm festgestellten Fortpflanzungsverhältnisse des Gyrodactylus als „,natürliche Merogonie" bezeichnet hat.

Es scheint mir nun, daß die Ausdrücke, die ich im Folgenden vorschlage, nicht nur für die Verhältnisse, die uns hier beschäftigen, sondern allgemeiner brauchbar sein dürften. Ich bezeichne den einzelnen Vorkern des Eies, den ja schon E. VAN BENEDEN ,Halbkern", wenn auch in einem nicht ganz annehmbaren Sinne, genannt hatte, als Hemikaryon, im Speziellen den Eikern als Thelykaryon, den Spermakern als Arrhenokaryon. Auch alle Kerne, welche von isolierten Ei- oder Spermakernen ab

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stammen, sind Hemikaryen. Der erste Furchungskern und seine Abkömmlinge erhalten den Namen Amphikaryon. Durch die Reduktion in der Oo- und Spermatogenese entsteht aus dem Amphikaryon wieder das Hemikaryon. Ein normaler, aus einem befruchteten Ei entstandener Organismus ist sonach amphikaryotisch, ein aus einem befruchteten Ei ohne Eikern entstandener ist arrhenokaryotisch, ein durch künstliche Parthenogenese entstandener Seeigelpluteus ist thelykaryotisch. Die beiden letzteren sind in gleicher Weise hemikaryotisch.

Soll der Kernzustand eines solchen Keimes kurz bezeichnet werden, so lassen sich die Ausdrücke Amphikaryose, Hemikaryose etc. anwenden.

Haben sich die Chromosomen des ersten Furchungskerns ohne Kernteilung verdoppelt (siehe p. 16), so haben wir ein Diplokaryon, und es entsteht ein diplokaryotischer Organismus.

Organismen endlich, die im einen Bereich normale Kerne, im anderen nur Derivate eines Eikerns oder solche eines Spermakerns besitzen, heißen partiell-thelykaryotisch, bezw. partiellarrhenokaryotisch. Es versteht sich bei diesem Ausdruck von selbst, daß der andere Teil des Organismus typisch-normal amphikaryotisch - ist, wie wir ja auch, wenn wir z. B. von partiellem Riesenwuchs reden, ohne weiteres einen normalgroßen Teil des Körpers voraussetzen.

Dies wären die Ausdrücke, die im Folgenden Verwendung finden; es ist klar, daß die Art und Weise, wie sie gebildet sind, für weitere Spezialfälle Raum läßt.

III. Spezieller Teil.

Die Frage, ob die Chromatinmenge, mit der ein Organismus seine Entwickelung begonnen hat, in seinen späteren Zuständen noch nachwirkt, stellt uns vor die Aufgabe, gleichwertige Bereiche identischer Entwickelungsstadien zu gewinnen, die sich von äquivalenten Ausgangszellen, aber mit verschiedenem, und zwar bestimmt verschiedenem Chromatinbestand ableiten. Diese Bedingungen können bei Seeigellarven in zweierlei Weise erfüllt werden, einmal dadurch, daß man verschiedene Larven miteinander vergleicht, welche aus gleichwertigen Eiern, nur mit verschiedener Chromatinmenge, hervorgegangen sind, zweitens, indem man von einer und derselben Larve verschiedene und zwar

symmetrische Bereiche vergleicht, von denen sich feststellen läßt, daß sie von Blastomeren mit verschiedener Chromatinmenge abstammen.

Es gibt, soweit ich sehe, bis jetzt drei Möglichkeiten, sich Vergleichsobjekte der ersten Art zu verschaffen, zwei Modi, solche der zweiten Art zu gewinnen, im ganzen also fünf Versuchsanordnungen, die ich im Folgenden aufzähle.

1) Es werden vom gleichen einerseits kernhaltige, andererseits kernlose Fragmente, nach monospermer Befruchtung mit Samen des gleichen ♂, zu Larven aufgezogen (Amphi- und Arrhenokaryose).

2) Es wird durch einen experimentellen Eingriff die erste Teilung des Eies unterdrückt und dasselbe dadurch gezwungen, seine Entwickelung mit der doppelten der normalen Chromatinmenge zu beginnen; als Vergleichsobjekt dienen die normalen Larven der gleichen Zucht (Amphi- und Diplokaryose).

3) Es wird von dem gleichen ein Teil der Eier befruchtet und seiner normalen Entwickelung überlassen, ein anderer zu parthenogenetischer Entwickelung gebracht (Amphi- und Thelykaryose).

4) Eine vierte Möglichkeit ist in der von mir (5) unter dem Namen,,partielle Befruchtung" beschriebenen Abnormität gegeben, bei der in einem monosperm befruchteten Ei der ganze Spermakern in die eine Blastomere übergeht, während der Eikern in typischer Weise auf beide Zellen verteilt wird. Hier stammt also die Hälfte der Larve von einer Blastomere mit normaler, die andere von einer solchen mit der Hälfte der normalen Chromatinmenge ab (partielle Thelykaryose).

5) Einen ähnlichen Effekt hat Doppelbefruchtung in denjenigen Fällen, wo der eine Spermakern mit dem Eikern verschmilzt, der andere selbständig bleibt und wo dann zwei voneinander unabhängige dizentrische Figuren entstehen. Teilt sich ein solches Ei simultan in 4 Zellen, so enthalten 2 von ihnen doppelt so viel Chromatin als die beiden anderen (partielle Arrhenokaryose).

Voraussetzung für einwandsfreie Resultate bei allen diesen Versuchen ist, daß die Chromatinmenge in den Geschlechtszellen eines und desselben Individuums die gleiche und beim Männchen so groß ist wie beim Weibchen.

Ueber diese Verhältnisse habe ich bereits im Jahre 1890 (8) eingehende Beobachtungen mitgeteilt, welche unsere Forderung bestätigen. Ich vermochte damals bei Echinus microtuberculatus

für den sich isoliert teilenden Eikern, wie für den sich selbständig teilenden Spermakern 9 Chromosomen festzustellen, für die normale erste Furchungsspindel 18. Allerdings fand ich damals neben etwa 40 Fällen, welche diese Zahlen darboten, 4 mit einer größeren Chromosomenzahl, und wir müssen uns nach dieser Tatsache darauf gefaßt machen, daß durch solche Abnormitäten unsere Versuchsresultate unter Umständen getrübt werden könnten. Doch sei gleich hier bemerkt, daß mir in der Gesamtheit aller meiner Versuche nur ein einziges Objekt vorgekommen ist, welches in seiner Kerngröße anders beschaffen war, als ich nach den Kernverhältnissen bei Beginn der Entwickelung erwartet hatte.

Im Uebrigen glaube ich zu der Annahme berechtigt zu sein, daß der Prozentsatz, in dem bei Echiniden abnorme Chromosomenzahlen in der Natur vorkommen, viel geringer ist, als es nach meinen damaligen Zählungen scheinen könnte. Es sind die Chromosomen von Seeigelkeimen seither von verschiedenen Forschern. gezählt worden, so von MORGAN (34), R. HERTWIG (31), E. B. WILSON (50, 51), Y. DELAGE (19, 20), wobei sich, abgesehen von kleinen Schwankungen, welche vielleicht auf kaum zu vermeidende Fehler bei der Zählung zurückzuführen sind, eine vollkommene Konstanz ergab 1). Auch ich selbst habe neuerdings bei nicht wenigen Zählungen an Echinus-, Strongylocentrotus- und Sphaerechinus-Eiern immer annähernd die gleichen Zahlen gefunden.

Danach können die Fehlerquellen dieser Art als so gering bezeichnet werden, daß sie für die richtige Beurteilung der Versuchsresultate bedeutungslos sind.

a) Das Verhältnis der Kerngröße und Zellenzahl zwischen amphikaryotischen und arrhenokaryotischen (merogonischen)

Larven.

Zu diesen Versuchen eignet sich von den Neapler Species weitaus am besten Echinus microtuberculatus, weil sich seine Eier

1) Nur N. M. STEVENS (45) hat, wie ich, bei Echinus microtuberculatus einige Ausnahmezahlen gefunden und gleichzeitig mit mir im Jahre 1902 die merkwürdige Tatsache festgestellt, daß die typischen Zahlen bei dieser Species 36-18 sind, während ich 1888, als ich meine ersten Zählungen anstellte, die Zahlen 18-9 gefunden hatte. Danach wäre anzunehmen, daß dieser Seeigel gleich dem Pferdespulwurm in zwei Varietäten vorkommt, von denen die eine doppelt so viele Chromosomen besitzt als die andere.

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