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hätte, so wäre damit in unserer ersten Blastomere die Normalzahl von Chromosomen hergestellt worden, und die Larve würde aller Voraussicht nach in allen Teilen gleich große Kerne aufweisen.

In solcher Weise läßt sich auch die auf p. 31 erwähnte disperme Larve erklären, die ich als einzige Ausnahme von unserem Gesetz beobachtet habe.

g) Der Satz vom proportionalen Kernwachstum. Junges und ausgewachsenes Chromatin. Zur Theorie der ChromosomenIndividualität.

Stehen unsere Befunde schon insofern zur Theorie der Chromosomen-Individualität in Beziehung, als sie die an anderen Objekten gewonnenen Erfahrungen bestätigen, daß sich abnorme Chromosomenzahlen durch den ruhenden Kern hindurch unverändert erhalten, so sind sie nun für diese Lehre noch in anderer Beziehung von großer Wichtigkeit. Obgleich ich mich hierüber schon in meinem Aufsatz über die Konstitution der chromatischen Kernsubstanz (18) eingehend geäußert habe, wird es doch nicht überflüssig sein, an der Hand des im speziellen Teil dargelegten Beobachtungsmaterials nochmals auf diese Beziehungen zurück

zukommen.

Die Tatsache, daß die gleiche abnorme Chromosomenzahl von einer Zellgeneration zur nächsten immer wieder auftritt, läßt zunächst zwei Erklärungen zu: einmal diejenige, welche in der Individualitätstheorie ausgesprochen ist, dann aber noch die zweite, daß bei Schaffung einer abnormen Chromosomenzahl in einer Zelle nicht diese Zahl, sondern die in ihr gegebene Menge von Chromatin für die Zukunft das Entscheidende ist, derart, daß diese in bestimmtem Verhältnis vermehrte oder verminderte Menge der Grund ist, daß bei der Vorbereitung des Kernes zur Teilung eine entsprechend größere oder geringere Zahl von Segmenten gebildet wird und damit die gleiche abnorme Zahl wieder auftritt, die in den Kern eingegangen war.

Schon die Tatsache freilich, daß die Chromosomen eines Echinidenkerns von ungleicher Größe sind (vgl. 18, p. 57), macht diese Annahme unwahrscheinlich. Was ihr aber vollends den Boden entzieht und zugleich in entscheidender Weise für die Individualitätstheorie spricht, das sind die Tatsachen der Chromatinvermehrung, welche uns durch die oben mitgeteiten Versuche bekannt geworden sind.

Wir wissen, daß das Chromatin in der Periode zwischen zwei Teilungen wächst. Da im Allgemeinen der Kern der Tochterzelle schließlich wieder so groß ist wie der der Mutterzelle, können wir als das typische Verhalten das angeben, daß jenes Wachstum die Chromatinmenge verdoppelt 1).

Fragen wir zunächst, von welchen Faktoren diese zwischen je zwei Teilungen eintretende Vermehrung des Chromatins abhängt, so bestehen hier von vornherein die beiden Möglichkeiten, daß entweder das der Zelle bei ihrer Entstehung zugefallene Chromatin die Menge des neu zu bildenden bestimmt, oder daß die Zunahme von etwas außerhalb des Chromatins Gelegenem normiert wird 2). Betrachten wir von dieser Frage aus die im speziellen Teil angeführten Tatsachen, so folgt aus ihnen, daß in unseren Fällen die Chromatinzunahme einer Zelle unter ganz gleichen protoplasmatischen Bedingungen ausschließlich von der Menge des ihr bei ihrer Entstehung zugeteilten Chromatins abhängt. Denn, wie uns die Vergleichung der amphikaryotischen Keime mit den hemiund diplokaryotischen lehrt, vermehrt sich das Chromatin nicht auf eine bestimmte, für die Zellenart typische Menge, sondern stets, mag die Zelle viel oder wenig erhalten haben, auf etwa das Doppelte der Anfangsmenge, also proportional zu sich selbst. Aus diesem „Satz des proportionalen Kernwachstums" geht nicht nur hervor, daß die Chromatinvermehrung eine Funktion des Chromatins selbst ist, sondern es nötigt uns überdies die darin ausgesprochene Tatsache zur Annahme eines in dieser Substanz ablaufenden cyklischen Wechsels, der sich am besten durch die Gegenüberstellung von jungem und ausgewachsenem Chromatin ausdrücken läßt. Das Chromatin, wie es in Gestalt der neuentstandenen Tochterchromosomen einer Zelle zufällt, ist junges Chromatin, es wächst nun bis etwa zum doppelten Volumen heran; jetzt ist es ausgewachsen, d. h. zu weiterem Wachstum unfähig, aber reif zur Fortpflanzung, in Gestalt der sich teilenden Mutterchromosomen. Ohne dieses Heranwachsen gibt es keine Teilungsfähigkeit, ohne Teilung kein neues Wachstum. Auch wenn eine Zelle, wie es in der diplokaryotischen Larve der Fall ist, so viele Tochterchromosomen in sich aufgenommen hat, daß

1) Ob dieser Satz für den jungen Echinidenkeim streng gilt, ist nicht sicher zu entscheiden, im Uebrigen aber für unsere Betrachtungen gleichgültig.

2) Gewisse von R. HERTWIG (32, p. 116/117) geäußerte Vorstellungen rechnen, wie mir scheint, mit dieser zweiten Alternative.

sie, der Menge nach, bei ihrer Entstehung schon so viel Chromatin besitzt wie eine normale Zelle, wenn sie sich wieder teilen will, unterbleibt doch nicht etwa das Wachstum. Das Heranwachsen ist eine in der Konstitution begründete Eigenschaft, die das Chromatin so wenig abzulegen vermag, wie etwa ein menschliches Kind. Und so bleibt die Chromatinmenge einer solchen Zelle in allen Stadien ihres Bestehens in gleichem Maße abnorm groß. Umgekehrt, wenn eine Zelle weniger zugeteilt erhält als normalerweise, so vermag das Chromatin nun nicht seine Wachstumsfähigkeit zu steigern, um damit die typische Menge zu erreichen, sondern auch hier findet nur ein Wachstum bis zu jener ganz bestimmten Grenze statt; dann ist der ausgewachsene Zustand erreicht. Die Chromatinmenge einer solchen Zelle bleibt dauernd abnorm klein.

Man könnte zur Erklärung dieser letzten Erscheinung auf den Gedanken verfallen, daß das Chromatin deshalb nicht zur typischen Menge heranwachse, weil ein außer ihm gelegener Trieb der Zelle, sich von neuem zu teilen, ihm hierzu nicht Zeit lasse. Allein wir brauchen uns nur die im speziellen Teil angeführten Tatsachen zu vergegenwärtigen, um diese Deutung sofort fallen zu lassen. Denn wir haben erfahren, daß gerade die Chromatinmenge es ist, welche die Zahl der Teilungen beherrscht. Die hemikaryotische Larve unserer Fig. 2 hätte, nachdem die typische Zellenzahl erreicht war, überreichlich Zeit gehabt, ihre Kerne zur Normalgröße heranwachsen zu lassen. Statt dessen haben ihre Zellen eine neue Teilung durchgemacht, die in der normalen Entwickelung gar nicht vorkommt.

Mit diesem Teilungsschritt, den die hemikaryotische Larve über die Norm hinaus tut, während ganz entsprechend die diplokaryotische um einen Teilungsschritt hinter der normalen Larve zurückbleibt, gelangen wir zu dem zweiten Hauptpunkt unserer Betrachtung: ohne Chromosomenteilung kein neues Chromatinwachstum. Wenn wir die Chromatinvermehrung vom Ei bis zum fertigen Organismus an das Alternieren von Wachstum und Teilung der chromatischen Substanz geknüpft sehen, so sind wir gewohnt, diese Teilung nur von dem Gesichtspunkte aus zu betrachten, daß die Embryonalentwickelung in ihrer allgemeinsten Grundlage eine Zellenvermehrung ist, und daß jede dieser durch successive Zweiteilung entstehenden Zellen eine Portion des Chromatins erhalten muß. Unsere abnormen Fälle belehren uns aber, daß die Teilung der Chromosomen nicht allein aus

diesem Grunde existiert, sondern daß sie schon deshalb unerläßlich ist, weil es ohne sie keine weitere Vermehrung des einmal ausgewachsenen Chromatins gibt. Hat ein Keim, der bereits die typische Zahl von Teilungen durchgemacht hat, in seinen Zellen zu wenig Chromatin, so kann dieser Defekt nicht anders beglichen werden als durch eine Teilung der Chromosomen und da diese Teilung infolge einer sehr festen Verknüpfung der Geschehnisse mit einer Kern- und Zellteilung Hand in Hand geht durch eine entsprechende über die typische Zahl der Species hinausgehende Vermehrung der Zellen 1).

Suchen wir uns jetzt klar zu machen, zu welcher Auffassung der Kernkonstitution diese Feststellungen nötigen, so wird ein Vergleich sehr dienlich sein, das Wesentliche scharf hervortreten zu lassen. Denken wir uns 1 cmm lebender Paramäciensubstanz, so kann sich diese Menge, vorausgesetzt, daß sie aus lauter frisch aus der Teilung hervorgegangenen Individuen besteht, durch einfaches Wachstum auf das Doppelte vermehren, also auf 2 cmm. Darüber hinaus aber kann eine Vermehrung durch bloßes Wachstum nicht stattfinden. Sollen aus unseren 2 cmm Paramäciensubstanz nun 4 werden, so ist dies nur dadurch möglich, daß sich die einzelnen Tiere teilen. Erst die hierdurch geschaffenen jungen Tiere sind wieder zum Wachstum auf das Doppelte fähig und erreichen damit jene Menge.

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Das Chromatin verhält sich in seinen Vermehrungsgesetzen genau so, wie unsere Paramäciensubstanz"; und man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, daß die soeben kurz formulierte Vermehrungsweise dieser lebenden Substanz ihren Grund in der Zusammensetzung aus gleichartigen teilungsfähigen Individuen mit einer festen, autonom bestimmten Maximalgröße besitzt, um einzusehen, daß die gleichen Vermehrungsgesetze der chromatischen Kernsubstanz gar nicht anders als durch die Annahme erklärbar sind, daß auch sie aus ganz entsprechenden Individuen aufgebaut ist. Ich halte diese Betrachtungsweise und ihr Resultat für eines der stärksten Argumente dafür, daß wir uns die in der

1) Es ist ohne weiteres klar, daß die hemikaryotische Larve dem normalen Zustand noch näher käme, wenn die Chromosomen ihrer Kerne sich ohne Kern- und Zellteilung verdoppeln könnten. Allein die karyokinetischen Vorgänge vermögen sich, wie auch andere Erfahrungen, so z. B. diejenigen M. HEIDENHAINS (29) an den Riesenzellen des Knochenmarkes lehren, nicht voneinander zu emanzipieren.

Mitose unterscheidbaren Chromatinstücke im scheinbar einheitlichen Gerüst des ruhenden Kernes selbständig bleibend zu denken haben.

h) Die Proportion zwischen Chromosomenzahl und Kern

oberfläche.

Nachdem allgemein festgestellt ist, daß ein Kern um so größer ist, je mehr Chromosomen er enthält, erhebt sich die Frage, in welchem Maße die Kerngröße mit der Chromosomenzahl zunimmt. Da unsere Versuche nebeneinander Fälle mit x, mit 2 x und 4 x Chromosomen enthalten, verfügen wir hinsichtlich der Zahlenverhältnisse über ein völlig sicheres Vergleichsmaterial. Was jedoch die Berechnung nur in grober Annäherung ausführen läßt, ist einmal die geringe Größe der Kerne, so daß bei der Zeichnung schon die Dicke der Bleistiftlinie beträchtliche Unterschiede bedingt, und zweitens der Umstand, daß die Kerne sehr häufig nicht Kugeln, sondern verlängerte oder abgeplattete Ellipsoide sind und es im Allgemeinen unmöglich ist, mehr als zwei zueinander senkrechte Durchmesser zu ermitteln. Auch ist es ganz sicher, daß selbst die Größe benachbarter Kerne in der gleichen Larve bei ganz gleicher Chromosomenzahl nicht unerheblichen Schwankungen unterliegt.

Eine Forderung, auf welche besonders im Pluteusstadium zu achten ist, ist die, daß nur Kerne gleicher oder symmetrischer Larvenbezirke miteinander verglichen werden. Sehr häufig erscheinen die Kerne innerhalb der Wimperschnur, besonders diejenigen in der Umgebung des Mundes bei Oberflächenansicht bedeutend größer als die Kerne der Scheitelwand.

Die Vergleichung habe ich überall in der Weise vorgenommen, daß eine Anzahl benachbarter Kerne aus entsprechenden Bereichen der einzelnen Larven so genau wie möglich bei gleicher Vergrößerung mit dem Zeichenapparat skizziert wurden; an diesen Zeichnungen wurden die Messungen ausgeführt. Bei verschiedener Kerngröße wurden immer die kleinen Kerne mit den kleinen, die großen mit den großen verglichen. Das Oberflächenverhältnis — wir werden gleich sehen, daß es uns auf dieses ankommt wurde in der Weise berechnet, daß die Kerndurchmesser mit dem Maßstab gemessen, bei kreisförmigem Kontur die gefundene Zahl ins Quadrat erhoben, bei ovalem die des längsten und kürzesten Durchmessers miteinander multipliziert wurden. Die Fehler dieser Berechnung sind klar. Da sie aber für alle Objekte wesentlich die gleichen sind, können sie das Resultat nicht erheblich beinträchtigen.

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