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durchsetzt. Daraus leitet sich der Satz ab, daß die geometrische Form homologer Zellen je nach dem Chromatingehalt und der davon abhängigen Zellgröße eine verschiedene ist. In der Richtung der Zellenachse haben die Zellen gleiches Maß, die transversalen Durchmesser dagegen sind je nach der Zellgröße variabel 1).

Auch dieser Befund erscheint bei genauerer Betrachtung nur als eine Erweiterung dessen, was wir in den normalen Objekten vorfinden. Der axiale Durchmesser, welcher die Wandstärke der Larve bestimmt, ist bei gleichwertigen Zellen der gleiche, die transversalen Zelldimensionen sind in einer und derselben Zelle äußerst variabel, wie man sich an dem unregelmäßigen Netz der Zellgrenzen an Silberpräparaten leicht überzeugen kann. Es erscheint daher nur konsequent, daß bei Verkleinerung oder Vergrößerung der Zelle diese Volumänderung durch Veränderung der schon normalerweise variablen Zelldurchmesser geschieht. Das Zweckmäßige dieser Einrichtung ist klar; sie sichert den Keimen unter verschiedenen Bedingungen die normalen Proportionen.

Tatsachen der betrachteten Art führen leicht zu der Auffassung der Zelle als eines bloßen Bausteines. Die Form und Stärke der Larven wände erscheint als das Feste, durch etwas den Zellen Uebergeordnetes Bestimmte, und diesen gleichsam vorgezeichneten Raum füllen die Zellen aus, mögen sie groß oder klein sein. Genauere Analyse scheint mir jedoch eine solche Betrachtungsweise keineswegs zu fordern. Neben dem verwirklichten Zustand, daß bei verschiedenem Zellvolumen die Achse konstant, die übrigen Durchmesser variabel sind, wäre noch der zweite denkbar, daß die Zellen in allen Dimensionen proportional vergrößert oder verkleinert, also den typischen geometrisch ähnlich wären. Bei gleicher Ausgangsmenge von Protoplasma müßte dann im Fall der Hemikaryose die Larve entsprechend dünnwandiger und größer ausfallen als die amphikaryotische. Man würde, wenn diese Möglichkeit realisiert wäre, vielleicht geneigt sein, den Zellen eine aktivere Rolle bei der Gestaltung des Embryonalkörpers zuzuerkennen. Ob aber mit Recht, scheint mir zweifelhaft zu sein. Denn so gut wir den Zellen eine solche Struktur zuschreiben können, daß ihnen durch dieselbe bei verschiedener Größe die gleiche Form vorgeschrieben wäre, können wir uns ihre proto

1) Die „Regel von der fixen Zellform", die DRIESCH (24, p. 399) für verschieden große Larven realisiert gefunden hat, gilt also nur bei identischer Chromatinmenge.

plasmatischen Bedingungen auch so denken, daß sie eine bestimmte Achsenlänge, unabhängig von ihrer Größe, gewinnen müssen. Aber freilich bleibt, auch wenn dies zutreffen sollte, in diesem Feld fast alles im Dunkeln.

m) Die Versuche von GERASSIMOW. Ueber das Verhältnis von Protoplasmawachstum und Kernwachstum.

Schon bevor ich die Hauptresultate der oben beschriebenen Versuche mitgeteilt hatte (15), war eine Veröffentlichung von GERASSIMOW erschienen (26) 1), deren Ergebnisse zu den meinigen eine wichtige Ergänzung bilden. Es ist GERASSIMOW gelungen, Zellen von Spirogyra während ihrer Teilung so zu beeinflussen, daß die ganze Kernsubstanz in die eine Tochterzelle gelangte, die andere kernlos blieb. Es ist dies der gleiche, wenn auch nach der Natur der Objekte in seiner Wirkung verschiedene abnorme Vorgang, den ich früher für Seeigeleier beschrieben hatte (11), und wir werden uns das von GERASSIMOW nicht genauer verfolgte Schicksal des Chromatins in gleicher Weise zu denken haben, wie es für jenen Fall von Echinus durch M. BoVERI (2) festgestellt worden ist; nämlich so, daß sich die Chromosomen in ihre Tochterchromosomen spalten und diese alle in die eine Tochterzelle gelangen, deren Kern also mit der doppelten Elementzahl das Doppelte der normalen Chromatinmenge besitzt. Die abnorm große Kernmenge bewirkt nun bei Spirogyra, daß diese Tochterzelle sich nicht mit dem typischen Heranwachsen auf die Größe der Mutterzelle begnügt, sondern ein beträchtlich größeres Volumen erreicht, ehe sie wieder zur Teilung schreitet.

Wir treffen hier also genau die gleiche Erscheinung wie bei meinen Versuchen: Ist das normale Mengenverhältnis von Kern und Protoplasma in einer Zelle gestört, so tritt ein Prozeß ein, der dasselbe auf die normale Proportion bringt. Hier wie dort zeigt sich die Chromatinmenge der Zelle als die feste unveränderliche Größe, der sich das Protoplasma in seiner Menge anzupassen hat.

1) Die Resultate GERASSIMOWs waren mir damals unbekannt; ich lernte sie erst aus seiner kurz nach meinem Aufsatz erschienenen zweiten Abhandlung (27) kennen. Eine dritte, kürzlich veröffentlichte (28) erweitert seine Befunde auch auf Zellen mit abnorm geringer Kernmenge. Auch diese Ergebnisse harmonieren, wie GERASSIMOW selbst schon erwähnt hat, aufs beste mit den meinigen.

Soweit es sich hierbei nm den Kern handelt, sind die in Betracht kommenden Tatsachen schon im Abschnitt g) ausführlich analysiert worden. Es sei daher hier nur betont, daß in den beiderlei Fällen, so verschieden sie im Uebrigen auch sind, das Mißverhältnis nicht dadurch ausgeglichen wird, daß der Kern, wo er zu klein ist, größer wird, oder wo er zu groß ist, im Wachstum zurückbleibt, sondern überall finden wir, daß der Zellkörper die der abnormen Kerngröße entsprechende Größe annimmt, im einen Fall durch abnormes Wachstum, im anderen (Hemikaryose der Echiniden) durch Teilung ohne darauf folgendes Wachstum.

Es steht mit dem eben Gesagten natürlich nicht im Widerspruch, daß bei den Echiniden im Fall der Hemikaryose das Mißverhältnis in letzter Instanz durch Chromatin vermehrung ausgeglichen wird. Denn das Wesentliche in der obigen Betrachtung ist eben, daß nicht in einem bestimmten Zellenindividuum die zu geringe Chromatinmenge durch Wachstum auf das zur Erreichung der Kernplasmarelation nötige Maß gebracht werden kann.

Das Chromatin zeigt sich in dieser Beziehung als unregulierbar und, im Fall der Verminderung, unregenerierbar, das Protoplasma dagegen bietet die nötige Regulationsfähigkeit in vollstem Maße dar. Bis zu einem gewissen Grad läßt sich dieser Gegensatz noch schärfer präzisieren. Die Unregulierbarkeit der Chromatinmenge liegt nach den Erörterungen im Abschnitt g) darin, daß das Chromatin aus einer festen Zahl von Individuen besteht, welche uns als Tochterchromosomen in ihrem Jugendzustand, als Mutterchromosomen in ihrem ausgewachsenen und nicht überschreitbaren Zustand bekannt sind. Alles über den ausgewachsenen Chromosomenzustand hinausgehende Chromatinwachstum ist sonach an die Vermehrung dieser Chromatinindividuen gebunden, und da diese Vermehrung ungemein fest mit der Verteilung der Tochterchromosomen auf 2 Zellen verknüpft ist, ist ein regulatorisches Wachstum des Chromatins in einer gegebenen Zelle - ohne das Eingreifen einer nicht zur Teilung führenden, also abnormen. Mitose unmöglich. Vergleichen wir damit das Protoplasma, so ist das, was wir sagen können, freilich nur negativer Natur. wissen nichts von Elementarindividuen, welche dem Protoplasmakörper zu Grunde liegen könnten; fehlen sie, so ist das Protoplasmawachstum überhaupt ein ganz anderer Vorgang als das Kernwachstum. Sollten sie aber, für unsere Mittel unerkennbar,

Wir

doch vorhanden und das Protoplasmawachstum ebenso an ihre Vermehrung gebunden sein, wie das Chromatinwachstum an die Vermehrung der Chromosomen, so würde die von GERASSIMOW festgestellte Regulierbarkeit der Zellgröße durch abnormes Wachstum wenigstens die eine Aussage gestatten, daß die Vermehrung dieser Protoplasmaelemente nicht mit der Zellteilung zu einem einheitlichen Prozeß verknüpft ist, wie die der Chromosomen, sondern sich unabhängig davon vollzieht.

Worauf hier weiterhin aufmerksam gemacht werden darf, das ist die Beleuchtung, in welche durch die beiderlei Versuche die normalen Prozesse treten, an die sie sich anschließen. Wenn wir sehen, daß die Unterlassung oder Einschaltung eines Teilungsschrittes in der Entwickelung der Echiniden davon abhängt, ob je nach der Menge des vorhandenen Chromatins die Kernplasmarelation in einer früheren oder späteren Zellgeneration erreicht ist, wenn wir also das Mißverhältnis zwischen Kern und Protoplasma als die Ursache der Zellteilung bezeichnen dürfen, so erscheint uns überhaupt der ganze rapide Zellteilungsprozeß der Furchung durch das Streben nach der Kernplasmarelation hervorgerufen. Im Ei finden wir ein ungeheures Mißverhältnis; die Kernmenge ist im Vergleich zu der des Protoplasmas viel zu klein. Indem die Zellvermehrung des Furchungsprozesses das Eigentümliche hat, daß zwar die Kernsubstanz durch das nach jeder mitotischen Halbierung eintretende Heranwachsen sich mit jedem Teilungsschritt verdoppelt, die Zellsubstanz dagegen im Ganzen nicht nur nicht wächst, sondern sogar durch das auf seine Kosten wachsende Chromatin sich vermindert, wird das Mißverhältnis bei jedem Teilungsschritt kleiner 1).

Nach diesem Ergebnis muß also schon dem unbefruchteten Ei eine sehr starke Tendenz zur Teilung, d. i. zu parthenogenetischer Entwickelung innewohnen, und wenn diese spontane Teilung typischerweise nicht erfolgt, so muß dies wohl an einer Hemmung in dem Teilungsapparat liegen, eine Auffassung, zu der ich ja bereits vor Jahren (4, 9) auf einem ganz anderen Weg, nämlich durch die Analyse der normalen und pathologischen Befruchtungsvorgänge gelangt bin.

1) Auf diese Bedeutung des Furchungsprozesses habe ich bereits 1892 (9, p. 468) hingewiesen; seither haben MORGAN (35), DRIESCH (22) und R. HERTWIG (32) sich eingehender mit dieser Frage beschäftigt.

In ganz ähnlicher Weise läßt sich die Abnormität bei Spirogyra auf normale Verhältnisse beziehen. Erscheint das abnorme Protoplasma wachstum bei abnormer Vergrößerung des Kernes als ein Streben nach Herstellung der Kernplasmarelation, so erklärt sich das normale Heranwachsen einer jeden Tochterzelle in der gleichen Weise. Ist nämlich in der typischen ausgewachsenen Zelle das richtige Verhältnis zwischen beiden Teilen annähernd vorhanden gewesen 1), so wird dasselbe nach der Teilung, wo Kern und Protoplasma sich halbieren, zunächst auch in der Tochterzelle bestehen. Allein nun wächst das Chromatin der Tochterzelle wieder zur Menge der Mutterzelle heran, die Relation ist gestört und muß sich durch entsprechendes Wachstum des Protoplasmas wiederherstellen. So erscheint uns also auch bei dem normalen Heranwachsen der Zellen nach vollzogener Teilung die Kernsubstanz als das führende Element.

n) Verwandte Erfahrungen. Der Satz von der fixen Zellgröße. Die Botaniker SACHS (41) und STRASBURGER (46) haben sich zuerst die Frage vorgelegt, ob verschieden große Organe des gleichen Baues bei einem und demselben Pflanzenindividuum Zellen in gleicher Zahl, aber verschiedener Größe enthalten, oder ob die Zellengröße fest ist und die Zellenzahl verschieden. Die Untersuchung ergab, daß das letztere zutrifft 2).

Für tierische Objekte hat, soweit ich sehe, zuerst DRIESCH (22) etwas Entsprechendes festgestellt, indem er aus Asterias-Eiern von verschiedener Größe Larven aufzog und die Zahl der Darmzellen ermittelte. Diese Zahl war ungefähr proportional dem Eivolumen, woraus also auch hier annähernd gleiche Zellgröße für verschieden große Organe folgt. Eine weitere Bestätigung dieses Satzes lieferte C. RABL (40) durch Vergleichung homologer Organe bei verwandten, aber verschieden großen Species; auch hier fand sich die Zellgröße konstant, die Zellenzahl nach der Organgröße wechselnd. Ein gleiches Resultat für eine und dieselbe Species, nämlich für den Menschen, ergab sich schließlich mir selbst durch

1) GERASSIMOW (27) hält es für wahrscheinlich, daß die Zellteilung dadurch veranlaßt wird, daß die Masse des Protoplasmas stärker wächst als die Kernmasse und daß dadurch das richtige Verhältnis gestört wird. Diese Annahme enthält keinen Widerspruch gegen das oben Geäußerte.

2) Vgl. auch E. AMELUNG (1).

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