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Vergleichung der Zellgröße von Riesen und Zwergen mit der von normal großen Individuen. Wie schon bei anderer Gelegenheit (18) mitgeteilt, habe ich die Größe und Zahl der Knochenkörperchen eines Phalangendurchschnittes des von LANGER beschriebenen "Grenadiers" (Skeletthöhe 208,7 cm), sowie abgeschabtes Epithel der Zungenschleimhaut des 238 cm hohen Riesen Feodor Machnow mit den entsprechenden Verhältnissen normal großer Individuen vergleichen können. Seither bot sich mir Gelegenheit, auch Zungenepithel des etwa 21-jährigen, 87 cm hohen Zwerges Smaun Sing Hpoo zu prüfen. Die Größe dieser Zellen beim Riesen- und Zwergwuchs stimmt mit denen von Individuen normaler Größe völlig überein. Die verschiedene Größe der Individuen beruht also auch hier auf verschiedener Zellenzahl.

Von großer Bedeutung für die kausale Analyse des hier vorliegenden Problems ist nun gerade unser Objekt, der Echinidenkeim, gewesen, an dem, schon vor den letztgenannten Untersuchungen von RABL und mir, MORGAN und DRIESCH zu wichtigen experimentellen Ergebnissen gelangt waren, von denen schon oben kurz die Rede war. Schon 1895 hat MORGAN (35) die Zellenzahl von Larven aus isolierten Blastomeren, aus Bruchstücken der Blastulawand, sowie aus Eifragmenten festzustellen gesucht. Er ist hierbei zu dem Resultat gelangt, daß die Zellenzahl der Larven aus isolierten Blastomeren ungefähr der Größe dieser Blastomeren proportional ist, daß Larven aus Eifragmenten im Durchschnitt um so weniger Zellen aufweisen, je kleiner sie sind. Er formulierte bereits den Satz, daß die bestimmte Zellgröße es sei, welche, wenn erreicht, der Teilung ein Ende setze, sowie den weiteren, daß die Grenze der Teilbarkeit jeder Zelle durch das Verhältnis von Kern und Protoplasma also die Kernplasmarelation bestimmt sei.

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Hat sonach MORGAN unzweifelhaft das Verdienst, die Wichtigkeit, die den Zerstückelungsversuchen an Echiniden keimen für unsere Fragen zukommt, zuerst klar und in ihrer ganzen Tragweite erkannt zu haben, so ist von der Sicherheit seiner tatsächlichen Ermittelungen bei jenen ersten Versuchen nicht etwas gleich Vorteilhaftes zu sagen. Ja, man wird DRIESCH (22) beistimmen müssen, wenn er nach eingehender Analyse der MORGANSschen Resultate sich darüber wundert, wie aus den von dem Autor ermittelten Daten die Schlüsse, die wir in den Zusammenfassungen finden, konnten gezogen werden.

DRIESCH hat nun das Problem selbst in Angriff genommen

(22) und dabei vor allem einen der schwächsten Punkte der MORGANSchen Untersuchungen glücklich überwunden: den Mangel einer sicheren Bestimmung der verglichenen Stadien. DRIESCH benützte bei seinen Vergleichungen vor allem das primäre Mesenchym, weil hier nicht nur die Zählung sehr leicht und sicher auszuführen ist, sondern auch die Aequivalenz der einzelnen Keime keinem Zweifel unterliegen kann. Ueberdies war DRIESCH bei seiner neueren Behandlung des Problems (24) in der Lage, die HERBSTSChe Methode der Blastomeren-Isolation zu benutzen und auf diese Weise tadellose Blastomeren aller Generationen in Fülle zu gewinnen. Seine Resultate bei der Mesenchymzellen-Zählung (und auch bei einer Vergleichung der Zellenzahl des Urdarmes einer -Gastrula mit der einer normalen) lieferten nun eine volle Bestätigung der allgemeinen MORGANSchen Sätze: die Larve aus einer 12-Blastomere besitzt nur ungefähr die Hälfte, die aus einer 1/4-Blastomere den vierten Teil, die 1-Larve 1/ etc. der Zellen einer gleich weit entwickelten Normallarve, die aus 2 Eiern gebildete Einheitslarve die doppelte Zahl (23), woraus unmittelbar folgt, daß alle diese in ihrer Größe so sehr verschiedenen Objekte trotz typischer Bildung und geometrischer Proportionalität Zellen von ungefähr gleicher Größe besitzen.

Diese Erfahrung hat DRIESCH als die Regel von der fixen Größe spezifischer Organzellen formuliert 1).

Sollte dieser Satz nichts anderes sein, als ein kurzer Ausdruck für einen in einer Reihe von Fällen beobachteten Sachverhalt, so wäre nichts gegen ihn zu erinnern. Nachdem aber der Sinn, den DRIESCH ihm beilegt, der ist, daß die fixe Größe eine konstitutionelle Eigenschaft der Organzellen und nicht etwa nur nebensächliche Folge einer anderen Gesetzlichkeit sei, ist es nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, daß die Erfahrungen, auf welche sich DRIESCH allein gestützt hat, zu einer solchen Aussage nicht berechtigen. Für alle von ihm geprüften Objekte ist es nämlich charakteristisch, daß die Zellen, die er in Parallele stellt, vom Ei her gerechnet, die gleiche Zahl von Zellteilungen hinter sich haben, wie diejenigen einer Normallarve des gleichen Stadiums. Die Zellen der 1/2-Larve mit der Hälfte, die der 1/4

1) Ueber die von MORGAN, HERLITZKA und DRIESCH stammenden übereinstimmenden Erfahrungen an den Partiallarven anderer Organismen siehe bei DRIESCH (22). Auch hat MORGAN neuerdings nochmals Zählungen für Echinidenkeime mitgeteilt (37, 38), die mit denen von DRIESCH aufs beste übereinstimmen.

Larve mit dem Viertel der normalen Zellenzahl gehören unter sich und mit der Normallarve verglichen, der nämlichen Zellengeneration an, nnd das Gleiche gilt für diejenigen der 21Larven mit der doppelten Zellenzahl. Und wenn auch in der vegetativen 1-Larve vielleicht gewisse Zellen des Urdarmes, die sonst aus den Mesomeren hervorgehen, von den Mikromeren abstammen und damit einer früheren Zellengeneration angehören, als die normalen Entoblastzellen, so haben sie doch, rein als Larvenzellen betrachtet, die typische Zahl von Teilungsschritten hinter sich.

Außer dem von DRIESCH gezogenen Schluß ist also zunächst noch der zweite möglich die Zellen müssen, um die für ein bestimmtes Larvenstadium nötigen Eigenschaften zu gewinnen, entsprechend der Eiregion, aus der sie stammen, eine bestimmte Zahl von Teilungen durchmachen. Ist die bestimmte Zellengeneration erreicht, so ist damit auch die Fähigkeit zur Bildung des bestimmten Larvenzustandes gegeben. An die Stelle des Satzes von der fixen Zellgröße" hätte der von der „,fixierten Zahl der Teilungsschritte" zu treten. Die fixe Zellgröße wäre nur eine gleichgültige Folge dieses Gesetzes. Daß aber diese Alternative in Erwägung zu ziehen ist, dafür genügt der Hinweis auf streng fixierte Zellengenerationsfolgen mit successiver Eigenschaftsänderung, wie sie in der Oo- und Spermatogenese vorliegen.

Wenn aber auch durch die Versuche von DRIESCH die von ihm vertretene Auffassung nicht bewiesen ist, richtig ist sie allerdings. Es läßt sich an Echinidenkeimen streng experimentell die zweite Möglichkeit ausschließen, womit nur die erstere übrig bleibt. Das einfachste Verfahren zu diesem Behuf ist dieses, daß man anstatt Larven aus Blastomeren verschiedener Generation solche aus verschieden großen Eifragmenten vergleicht.

Alle Eifragmente stimmen darin untereinander und mit dem ganzen Ei überein, daß sie nach der gleichen Zahl von Teilungsschritten die gleiche Zellenzahl besitzen. Wäre also die Zahl der Teilungsschritte das Maßgebende, so müßten alle Fragmentlarven 1) gleiche Zellenzahl, aber je nach der verschiedenen Größe des Fragments verschieden große Zellen besitzen. Zeigen sie dagegen identische Zellgröße und also je nach ihrer Größe verschiedene

1) Natürlich dürfen bei dieser Vergleichung nur entweder Larven aus kernhaltigen oder nur solche aus kernlosen Fragmenten miteinander verglichen werden.

Zellenzahl, so ist damit bewiesen, daß es nicht auf eine bestimmte Zahl von Teilungen, sondern auf Erreichung einer bestimmten Zellgröße ankommt.

Schon bei MORGAN (35, 37), der das ganze Problem sehr klar durchgedacht hat, findet sich diese Ueberlegung, und dieser Forscher hat sich auch bereits 1895 auf Grund seiner Beobachtungen für die zweite Möglichkeit entschieden. Er ist neuerdings (38) nochmals auf die Frage zurückgekommen, mit ganz dem gleichen Resultat.

Ich selbst hatte bei meinen verschiedenen Experimenten reichlich Gelegenheit, einwandsfreie Objekte der postulierten Art zu vergleichen. Hierüber sind bereits oben zu anderem Zweck einige Daten mitgeteilt worden. Ueberall zeigt sich, daß Gastrulae und Plutei aus verschieden großen Fragmenten auf gleicher Fläche annähernd gleich viele Kerne und also auch gleich viele Zellen besitzen, sonach je nach der verschiedenen Größe der Larve in verschiedener Zahl. Zur Illustration sei nochmals auf die amphikaryotischen Gastrulae der Figg. 13, 14a, 18b, auf die hemikaryotischen der Figg. 15 und 16a hingewiesen. Beschäftigen wir uns zunächst mit den beiden letzteren, so zeigt, wie oben erwähnt, die Skizze der kleineren Larve auf einer mittleren Fläche von 4 qcm 115 Kerne, die der größeren auf gleichem Bereich 104 Kerne, also nahezu die gleiche Dichtigkeit und somit ungefähr identische Zellgröße. Dagegen ist die Gesamtzahl der auf der oberen Hemisphäre des Ektoderms sichtbaren Kerne in der kleinen Larve 234, in der großen 345. Die drei amphigonischen Gastrulae bieten auf entsprechendem Bereich die Kernzahlen 134, 190, 378 dar.

Wir haben hier also den klarsten Beweis, daß, wie schon MORGAN es formuliert hat, nicht eine vorausbestimmte Zahl von Zellteilungen stattfinden muß, sondern daß es eine bestimmte Zellgröße ist, die erreicht werden soll und unter die der Keim nicht herabgeht 1).

1) Man könnte denken, daß schon der Vergleich der merogonischen mit der amphigonischen Larve gleicher Größe oder Vergleichung der Monasterlarve mit der normalen Larve erlaube, den Satz der fixierten Teilungsschritte auszuschließen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn wenn auch die Zellen der merogonischen Larve einen Teilungsschritt mehr hinter sich haben als die der amphigonischen, so wäre es eben sehr wohl denkbar, daß zwar eine bestimmte Mindestzahl von Teilungen durchgemacht sein muß, um die Befähigung zu einem bestimmten Stadium herzustellen, daß es aber dann ohne Schädigung auch mehr sein dürfen. Und was die

Boveri, Zellen-Studien V.

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Nach diesem Befund möchte man erwarten, daß es gleichgültig sein müsse, ob man eine Larve aus einer 14-Blastomere oder aus einem ebenso großen, normal befruchteten, kernhaltigen Fragment züchte. Sie sollten in Zahl und Größe der Zellen identisch sein. Allein schon MORGAN (35) hat gefunden, daß Eibruchstücke relativ mehr Zellen produzieren, als ihrem Volumen entsprechen würde, und ein Versuch, den ich selbst zur Prüfung dieser Frage angestellt habe, bestätigt diesen Befund. Einzelne Ergebnisse dieses Experiments sind zu anderen Zwecken schon oben verwertet worden; der ganze Versuch (vom 5. Dezember 1901) enthält Folgendes.

Von den Eiern eines Strongylocentrotus-Weibchens wurde ein Teil zu Fragmenten zerschüttelt. Dieses Material wurde im Ganzen befruchtet und in 3 Gefäßen seiner Entwickelung überlassen. Der andere Teil des Eimaterials wurde direkt befruchtet, sodann wurde durch Schütteln die Dotterhaut entfernt, und eine Anzahl dieser Objekte wurden durch Anwendung kalkfreien Wassers auf dem Vierzellenstadium in ihre 4 Blastomeren zerlegt. 120 solche isolierte 1/4-Blastomeren wurden gemeinsam in einem Schälchen gezüchtet. Es mag nebenbei erwähnt sein, daß sie, den DRIESCHSchen Feststellungen entsprechend, typische 1-Furchung darboten. Die Befruchtung der zweiten Portion, aus der die 1/4-Blastomeren isoliert wurden, war eine halbe Stunde früher vorgenommen worden als die der Fragmente. Die Keime aus den Blastomeren sind also, auf den Moment der Befruchtung berechnet, etwas älter.

Nach 48 Stunden hatten sowohl die Blastomerenkeime, wie die aus den kleineren Fragmenten entstandenen Larven das Stadium der fertigen Gastrula mit sekundärem Mesenchym erreicht und wurden nun gleichzeitig abgetötet. Schon oben (p. 14) ist darüber berichtet worden, daß die Zwerggastrulae des Schüttelmaterials in zwei Typen vorkommen, einem großkernigen und einem Monasterlarve anlangt, so haben ihre Zellen, wenn ein bestimmtes Stadium erreicht ist, zwar eine Teilung weniger durchgemacht, als die des normalen Keimes, aber ebenso viele karyokinetische Cyklen und Chromosomenspaltungen, und es ist ja bei jener Annahme von vornherein das zu Erwartende, daß nur die bestimmte Succession mitotischer Prozesse, nicht aber die Zahl der Protoplasmadurchschnürungen das Wesentliche ist, wofür wir übrigens in einigen Fällen, wo sich wirkliche Eigenschaftsänderungen an Zellteilung geknüpft finden, wie in der Furchung des Echiniden - Eies (vgl. das auf p. 17 Gesagte) oder in der Reifung des Eies von Ascaris (vgl. 3, 8), die schönsten Belege finden.

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