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Ein Beitrag zur Krebsspermatogenese.

Von

S. Prowazek.

Mit Tafel XXV und einer Figur im Text.

Da die Spermatogenese des Flusskrebses in der letzten Zeit unter Anwendung der neueren, vervollkommneten Untersuchungsmethoden nicht mehr Gegenstand einer eingehenden Bearbeitung war, so sollte auch sie in meinem ursprünglichen Plan einer systematischen Untersuchung der Spermatogenese der Hauptformen der wirbellosen Thiere aufgenommen werden; leider wurde ich durch die Übernahme anderer Arbeiten in der Ausführung dieses Planes gestört, und da sich in der Folgezeit kaum die Gelegenheit darbieten wird, an die Lösung der gestellten Aufgabe heranzutreten, so soll hier nur die Reifungserscheinung der Krebsspermatogenese, die ganz untersucht wurde, zur Darstellung gelangen.

1. Litteraturübersicht.

Die Spermatogenese des Flusskrebses erfuhr zuerst von GROBBEN (1878) eine sehr ausführliche und genaue Bearbeitung, wobei auch die ältere, vielfach zerstreute Litteratur über diesen Gegenstand sorgfältig zusammengestellt und besprochen wurde. Im Sinne unseres Themas interessirt uns zunächst die Angabe dieses Autors, dass neben den einzelnen Kernen der Spermatoblasten, die einen Kernkörper von bedeutender Größe und kugeliger oder sphärischer Gestalt führen, noch ein kleiner halbkugeliger Körper von mattem Glanze vorkommt, der bei Essigsäurezusatz zunächst gerinnt; ein analoger Körper, der vermuthlich einem Idiozom vornehmlich mit den Mitochondrien ent

1 C. GROBBEN, Beiträge zur Kenntnis der männlichen Geschlechtsorgane etc. Arb. aus dem zool. Inst. der Univ. Wien. Bd. I. 1878.

spricht, kommt nach GROBBEN auch beim Eupagurus Prideauxii und Eriphia spinifrons vor. —

Nächst GROBBEN beschäftigten sich die späteren Autoren in erster Linie mit der Umbildung der Spermatide in die fertige Spermie oder das Spermatozoon, so dass wir hier ihre Angaben übergehen können.

Nur M. NUSSBAUM1 (1884) beschreibt in der Folgezeit in den Spermatogonien des Flusskrebses einen excentrischen, neben dem Kern gelegenen färbbaren Körper, der wohl dem Körper der Beschreibung GROBBEN's entspricht, und der bei der Ausbildung der Kernspindel verschwindet. NUSSBAUM schildert auch genauer die Theilung der Spermatogonien, die aber nach der Zeichnung zu schließen, eher schon Spermatocyten sein dürften.

SABATIER 2 untersuchte 1885 die Spermatogenese von Astacus, Carcinus, Crangon, Pagurus, Scyllarus und glaubt gefunden zu haben, dass aus den »Spermatogonien«, den Wandzellen des Hodenschlauches durch direkte Zelltheilung die sogen. Protospermatoblasten entstehen; auch RATH3 beschäftigte sich mit dem Theilungsproblem an unserem Objekt und suchte daran die Bedeutung der amitotischen Kerntheilung zu ermitteln (1891). 1892 machte LA VALETTE ST. GEORGE die Angabe, dass das Cytoplasma der ruhenden Spermatogonien feinkörnig ist, während das Caryoplasma körnig erscheint und in der Folgezeit rasch wächst (0,043 mm Längendurchmesser gegen 0,026 mm, und 0,038 mm Breite durchmesser gegen 0,02 mm). Auch beschreibt der genannte Autor die sogen. Follikelkerne und die mitotischen Figuren der Bildungszellen; neben diesen findet man ihm zufolge in den Hodenabschnitten auch kleinere und größere Eier, die einen feinkörnigen Dotter, welcher das Keimbläschen in dichterer Anordnung umlagert, besitzen und außerdem durch die Osmiumsäure sich stark schwarz färbende Kügelchen enthalten. Offenbar sind jene Eier aus Spermatogonien hervorgegangen, welche ihrem ursprünglichen Berufe untreu geworden sind. Von den Spermatogonien des Junihodens bemerkt er, dass die Karyomikrosomen chromatophiler, dicker werden,

1 M. NUSSBAUM, Über Veränderungen der Geschlechtsprodukte bis zur Eifurchung. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIII. p. 202. 1884.

2 A. SABATIER, Sur la spermatogénèse des Crustacées décapodes. Compt. rend. des s. de l'acad. d. sc. Tome C. p. 391. 1885. Nach Neapler Jahresber 30. VOM RATH, Über die Bedeutung der amitotischen Kerntheilung im Hoden. Zool. Anz. XIV. Jahrg. 1891.

4 LA VALETTE ST. GEORGE, Über die Zwitterbildung beim Flusskrebs. Arch. für mikr. Anat. Bd. XXXIX. 1892.

häufig ein oder mehrere unregelmäßig geformte Körner hervortreten lassen, die sodann mit den übrigen durch feine Fäden netzartig verbunden sind.

Gelegentlich gedenkt auch BENDA1 der Mitochondrien als einer kleinen Anhäufung von Körnern um das Archiplasma in einem nicht funktionirenden Hoden des Flusskrebses; bei der Centralkörpertheilung bleiben sie von den Centrosomen durch die Archoplasmasubstanz getrennt und umgeben auf der Metakinese reichlicher die Seiten der Theilungsfigur.

II. Untersuchung.

Anfangs Juli findet man in den einzelnen Hodenabtheilungen des Flusskrebses (Astacus fluviatilis Rond.) neben den schon mehrfach beschriebenen chromatinreichen und mannigfach gestalteten Nährzellen bezw. ihren Kernen, die sich sicherlich zum großen Theil auf amitotischem Wege (Fig. 1) vermehren, zunächst noch einzelne Ursamenzellen, deren Kern fast in allen beobachteten Fällen auf ein und demselben Stadium vor der eigentlichen Spindelbildung steht. Die einzelnen Kernschleifen sind zwar recht groß, jedoch ziemlich dünn, sowie U-förmig gekrümmt und mit ihren freien Enden in einer sehr charakteristischen Weise gegen die Kernmembran gerichtet. Das Plasma ist sehr dicht strukturirt und besitzt fast ein körniges Aussehen; meist seitwärts vom Kern, der Peripherie etwas genähert, bemerkt man Anhäufungen von auf diesem Stadium schon zerstreuten Mitochondrien, die oft recht dicht sind, so dass man gar nicht im Stande ist, die ihnen zu Grunde liegende Struktur wahrzunehmen (Fig. 2). Seitlich ruht das bekannte, später schwindende Idiozom.

Neben diesen Samenmutterzellen bemerkt man in einzelnen selteneren Fällen große Eizellen, die vermuthlich mit den Samenmutterzellen gleichzeitig aus den Ursamenzellen hervorgegangen sind (Fig. 4). Um den großen Kern dieser Zellen ruhen im Plasma in einer dichteren Zone von Protoplasmagranulationen unregelmäßig zerstreut dunkle, dichtere Substanzinseln mit noch dunkleren Granulationen

peripher findet man sodann meistentheils noch eine analoge, allerdings viel schwächer entwickelte Zone. Die Substanzinseln unterliegen oft einer Art von Vacuolisationsvorgang (der wie bei den Drüsengranulationen und Nucleolen vom Centrum aus erfolgt), worauf die

1 BENDA, Vortrag: Weitere Mittheilungen über die Mitochondrien. VII. Sitzung am 10. Februar 1899. Verhandl. der Berliner physiol. Gesellschaft.

innere Körnelung peripher gedrängt wird und hier eine bestimmtere HE-Schwärzung hervorruft; indem nun mehrere derart veränderte Substanzinseln agglutiniren, entstehen oft Nebenkern-artige Gebilde mit dunkler Wabenstruktur. — Die hier besprochenen Granulationen entsprechen wohl den Mitochondrien der primären Ursamenzellen, während die Substanzinseln mit ihrem weiter in eigener Weise veränderten Gerüstplasma, das die Mitochondrien führt, zu vergleichen sind (Fig. 4).

Anfangs Juli findet man zumeist nur erste und zweite Spermatocyten sammt den zugehörigen Kerntheilungsstadien, wogegen die meisten Ursamenzellen sich nicht mehr weiter entwickeln, sondern degeneriren. Dieser Degenerationsvorgang nimmt nun folgenden Verlauf:

1) Zuerst treten in der Nähe der deutlicher ausgebildeten und selbst bei der ziemlich weitgehenden Degeneration noch persistirenden Zellmembran Vacuolen- und Lacunensysteme von diesen auf (Fig. 3).

2) Das Protoplasma zerfällt meistens in einzelne Portionen und wird sodann dicht körnig.

3) Das Chromatin des Kernes ballt sich entweder zusammen und zerfällt dann zu einzelnen dunklen Kugeln unter dem Bilde der Karyorrhexis, die von zahlreichen Degenerationen und carcinomatösen Entartungen bekannt ist, oder bildet in einigen selteneren Fällen eine Art von dunkler Gitterkugel, auch treten dabei noch feinere mit HE sich schwärzende Körnchen auf.

4) Die interessantesten Veränderungen erleiden zweifelsohne die Mitochondrien, die entweder in einigen selteneren Fällen in der Zelle weithin vertheilt werden oder sammt ihrem Mitochondriengerüstplasma, das den sogen. Mitochondrienkörper bildet, direkt auf folgende Weise degeneriren: Zunächst wird die ihnen specifische Gerüstsubstanz auf einzelnen Stadien ungemein deutlich, und bildet sodann ein korbartiges Flechtwerk, an dessen Knotenpunkten die nun zusehends dunkler sich tingirenden Mitochondrien ansitzen (Fig. 3, 7, 8, 9). Ist der Mitochondrienkörper kugelförmig gestaltet, so kommen in Folge der vielfachen Durchschneidungen des Gerüstes zierliche Figuren zu Stande (Fig. 7), die der Zeichnung mancher Uhrgehäuse ähnlich sind, und auch manchen organischen Gebilden z. B. Zähnen, Borsten etc. im Querschnittsbilde zukommen. Später wird durch die Resorption der einzelnen Querverbindungen das Gerüstwerk weitmaschiger und schwärzt sich mit HE unter dem Einfluss der sich nun auch verändernden Mitochondrien (Fig. 9), ja auf einzelnen seltener wahrnehm

baren Degenerationsstufen agglutiniren die Mitochondrien so dicht zusammen, dass sie einzelne schwarze, verschieden geschlungene Fäden bilden, die aus dem runden oder kappenförmigen Mitochondrienkörper in der Weise entstanden sind, dass in ihm die Querverbindungen vernichtet wurden, er selbst zunächst einen schalen- oder wirbelartigen Aufbau gewann (Fig. 10), worauf durch dessen successive Auflösung die besprochenen Mitochondrienfäden zu Stande kamen (Fig. 11).

Eine Agglutination von Granulationen zu Fadengebilden beobachtete ich auch einmal in einer am Objektträger unter dem Deckglase zu Grunde gehenden Chromatophorenzelle der Eledone moschata. - Von diesen hier besprochenen Degenerationsstadien nimmt die Zelldegeneration einen etwas unregelmäßigen und verschieden gearteten Verlauf an. Der gesammte Zellinhalt coagulirt schließlich zu einem undeutlichen Ballenkörper, von dem sich oft recht lange die Zellmembran abhebt und der sich nur von der Peripherie aus etwas dunkler färbt.

Zellen, die schon auf dem Spindelstadium standen, degenerirten in ähnlicher Weise, nur dass die Spindelfasern auffallend lange erhalten waren, wogegen das übrige Plasma schon eine dichte, undeutlich körnige Beschaffenheit annahm (Fig. 5, 6). In den degenerirenden Ursamenzellen bildeten die sich verkürzenden, stellenweise angeschwollenen Kernschleifen merkwürdigerweise zuweilen derartige Schlingen und Ringe, die von dem heterotypischen Theilungsmodus her bekannt sind. Auch bei den seltener degenerirenden Spermatocyten bleiben die Spindelfasern in auffallender Weise lange Zeit unversehrt (Fig. 6), eine Erscheinung, die für eine bestimmt geartete, solidere thatsächliche Fadennatur der »Spindelfasern spricht. In diesem Sinne sind auch die folgenden Beobachtungen zum Theile zu deuten:

I) Bei der Befruchtung des Seeigeleies und verschiedener anderer Objekte werden die Strahlen in Folge ihrer beständigeren Natur bei der Wanderung des Spermacentrums wirbelartig umgebogen (vgl. Zoolog. Anz. Bd. XXIII, 618, Versuche mit Seeigeleiern).

II) Analoge weitgehende Umbiegungen und Knickungen der Strahlen können auch künstlich im Seeigelei durch behutsam aufgelegte Baumwollfäden und hernach erfolgende Pressung erzielt werden.

III) Nach der erfolgten Theilung bleiben sowohl die Pol- oder Radiärfasern, als auch die Centralfasern noch für eine Zeit lang erhalten, die letzteren persistiren sogar längere Zeit in der

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